Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.02.2021, Az. VI ZR 449/20

6. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 9002

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Gegenstand

Streitwert des Revisionsverfahrens: Beschränkung der Revision durch die Revisionsanträge


Leitsatz

Zur Beschränkung der Revision durch die Revisionsanträge.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 19. März 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben sowie das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 9. Juli 2019 insoweit abgeändert, als festgestellt worden ist, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des [X.] mit der [X.] seit dem 21. Dezember 2018 in Annahmeverzug befinde. Die Klage wird insoweit abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens nach einem Streitwert von bis 500 €.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 % aus einem Streitwert von 24.418,93 €.

Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 33 % und die Beklagte zu 67 % aus einem Streitwert von 35.278,97 €.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger erwarb im August 2011 einen [X.] mit einem [X.], der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung versehen war. Den Kaufpreis (32.278,97 € [X.] 500 € "Selbstabholerpaket") überwies der Kläger am 31. August 2011. Mit seiner Klage hat er von dem beklagten Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises abzüglich einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Nutzungsentschädigung nebst Verzugszinsen seit dem 21. Dezember 2018 Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie Deliktszinsen auf den vollen Kaufpreis seit dem 1. September 2011 bis zum 20. Dezember 2018 verlangt und Feststellung des Annahmeverzugs ebenfalls seit dem 21. Dezember 2018 beantragt.

2

Das [X.] hat der Klage bei Anrechnung einer Nutzungsentschädigung bis auf das sogenannte Selbstabholungspaket und zusätzlich geltend gemachte Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Höhe des anzurechnenden Nutzungsersatzes um die während des zweitinstanzlichen Verfahrens gefahrenen weiteren Kilometer angepasst; die weitergehende Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte, nachdem der Kläger seine Klage hinsichtlich der Deliktszinsen zwischenzeitlich mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat, allein gegen die Feststellung des Annahmeverzugs.

Entscheidungsgründe

I.

3

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, das die Hauptforderung des [X.] aus §§ 826, 31 BGB zugesprochen hat, befindet sich die Beklagte infolge der nicht erfolgten Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB seit dem 21. Dezember 2018 in Annahmeverzug. Der Kläger habe die Beklagte mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 erfolglos unter Fristsetzung bis zum 20. Dezember 2018 zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs aufgefordert.

II.

4

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.

5

1. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision in zulässiger Weise allein gegen die Feststellung des Annahmeverzugs.

6

a) [X.] ist von der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht nicht ausgenommen. Zwar hat das Berufungsgericht die Revision im Tenor der angegriffenen Entscheidung lediglich "in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang zugelassen" und dort ausgeführt, dass die Revision zugelassen werde, weil angesichts der divergierenden Rechtsprechung zum [X.] und der in der obergerichtlichen Rechtsprechung kontrovers erörterten Frage der [X.] aus § 849 BGB "insoweit" die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorlägen. Da die Entscheidung über den Annahmeverzug aber nur ein rechtlich unselbständiges Element der [X.] (vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2020 - [X.], juris Rn. 7 zur Streitwertrelevanz) und damit - auch - von dieser abhängig ist, ist sie von der insoweit ausgesprochenen Zulassung der Revision erfasst (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2011 - [X.]/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4; [X.], Urteil vom 8. März 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 877 Rn. 14).

7

b) Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Beklagte ihre Revision nicht willkürlich auf die Frage des Annahmeverzugs beschränkt, nachdem der Kläger die Klage hinsichtlich der [X.] während der noch laufenden [X.] zurückgenommen hatte. Die Beklagte hat vielmehr lediglich die ihr gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO für die Erklärung, inwieweit das Berufungsurteil angefochten wird, zustehende Überlegungsfrist (vgl. [X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 14. Februar 1978 - [X.], [X.]Z 70, 365, 370, juris Rn. 16) genutzt.

8

2. Der [X.] hat auch in der Sache Erfolg.

9

Das Berufungsgericht hätte den Annahmeverzug nicht feststellen dürfen. Der Kläger hat sein Angebot auf Rückgabe des Fahrzeugs von dem vorgerichtlichen Schreiben vom 6. Dezember 2018 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz als dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an eine unberechtigte Bedingung geknüpft, nämlich an die Zahlung von [X.] (§ 849 BGB) seit Kaufpreiszahlung. Dies schließt einen Annahmeverzug der Beklagten aus (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2020 - [X.], juris Rn. 4; vom 30. Juli 2020 - [X.], NJW 2020, 2806 Rn. 30; vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 1179 Rn. 85 m.w.N.). Dass der Kläger die [X.] unter einer gesonderten Ziffer seines Klageantrags aufgeführt hat, ändert an der [X.] nichts.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen des Rechtsmittelführers, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Beschränkung des Revisionsverfahrens auf die Frage des Annahmeverzuges für die Streitwertberechnung nicht außer Betracht zu lassen. Die Beklagte hat ihre Überlegungsfrist (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO) im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Senatsurteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 1179) sinnvoll genutzt, die Revision auf die Frage des Annahmeverzugs beschränkt und das Revisionsverfahren erfolgreich zu Ende geführt. Ein Ausnahmefall der willkürlichen Beschränkung des Rechtsmittels allein aus Kostengründen ohne Interesse an dessen Durchführung (vgl. hierzu [X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 14. Februar 1978 - [X.], [X.]Z 70, 365, 372, juris Rn. 21) ist offensichtlich nicht gegeben.

Die Kostenverteilung für das Berufungsverfahren erfolgt unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die [X.], bezüglich derer der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, im Berufungsverfahren teilweise - nämlich soweit keine entsprechende Hauptforderung mehr im Streit stand, sie also keine Nebenforderung gewesen sind - [X.] waren.

[X.]     

      

von [X.]     

      

[X.]

      

Klein     

      

Böhm     

      

Meta

VI ZR 449/20

02.02.2021

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 19. März 2020, Az: 7 U 199/19, Urteil

§ 551 Abs 2 ZPO, § 551 Abs 3 S 1 Nr 1 ZPO, § 47 Abs 1 S 1 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.02.2021, Az. VI ZR 449/20 (REWIS RS 2021, 9002)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 376 REWIS RS 2021, 9002


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VI ZR 449/20

Bundesgerichtshof, VI ZR 449/20, 02.02.2021.


Az. 7 U 199/19

Oberlandesgericht Köln, 7 U 199/19, 19.03.2020.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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