Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2014, Az. V R 1/10

5. Senat | REWIS RS 2014, 5832

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden


Leitsatz

1. Bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes richtet sich die Vorsteueraufteilung im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel.

2. Vorsteuerbeträge sind aber dann nach dem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Vorsteuern auf [X.] zur Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes im Streitjahr (2004) nach dem Verhältnis der [X.] aufgeteilt werden konnten.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie errichtete von 2002 bis 2004 ein gemischt genutztes Gebäude. Das Erdgeschoss vermietete sie plangemäß umsatzsteuerpflichtig an Betreiber eines Coffeeshops, Kioskes und [X.], das Obergeschoss umsatzsteuerfrei an private Mieter. Die auf die Herstellungskosten entfallenden und nicht direkt zuzuordnenden Vorsteuerbeträge des [X.] teilte sie [X.] wie in den [X.] nach einem sog. [X.] auf. Im Streitjahr betrugen die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten (Baukosten des Gebäudes) insgesamt 82.075,79 €.

3

Nach Eingang der Umsatzsteuer-Voranmeldungen [X.]/2004 führte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) eine [X.] durch, deren Feststellungen er folgte. Das [X.] kürzte dementsprechend die Vorsteuerbeträge auf 49.939 €. Deren Höhe ermittelte es, indem es Vorsteuerbeträge in Höhe von 29.212 € direkt dem Erdgeschoss zurechnete. Die verbliebenen Vorsteuerbeträge von 39.256,79 € teilte es nach Abzug der direkt dem Obergeschoss zugeordneten, nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge entsprechend dem steuerpflichtig vermieteten Flächenanteil von 52,8 % auf.

4

Das [X.] erließ am 14. September 2005 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung [X.]) geänderten [X.]/2004, in dem die Änderungen zusammengefasst berücksichtigt wurden. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 17. November 2005 als unbegründet zurück.

5

Nach Klageerhebung und Abgabe der [X.] 2004 erging am 23. Oktober 2006 ein --die Prüfungsfeststellungen berücksichtigender-- [X.] 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO). Dieser Bescheid wurde vom [X.] --aus den Streitfall nicht betreffenden [X.] am 12. April 2007 erneut geändert und nach § 68 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) Gegenstand des Verfahrens.

6

Die Klägerin beantragte mit ihrer Klage zunächst einen um 7.852 € höheren Vorsteuerabzug aus der Herstellung des gemischt genutzten Gebäudes. Auf den Hinweis des Finanzgerichts ([X.]) auf die Rechtsprechung des [X.] ([X.]), wonach die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit der Herstellung eines Gebäudes einheitlich und insgesamt aufzuteilen sind, erweiterte die Klägerin ihren Klageantrag, indem sie nunmehr um 9.813 € höhere Vorsteuerbeträge begehrte. Diese ergeben sich bei Anwendung des [X.] auf die gesamten Vorsteuern (82.075,79 € x 72,8 % = 59.751,18 €) abzüglich der bereits im angegriffenen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr berücksichtigten 49.939 €. Zur Begründung ihrer Klage berief sie sich auf den Anwendungsvorrang des in der Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) vorgesehenen [X.] und machte geltend, § 15 Abs. 4 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. des [X.] (UStG) sei wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig.

7

Das [X.] gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 604 veröffentlichten Urteil statt. Die Klägerin sei zur Vorsteueraufteilung nach dem [X.] berechtigt. Die Anwendung des [X.] sei zwar nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG i.d.[X.] 2003 ab 1. Januar 2004 ausgeschlossen, diese Norm stehe aber nicht mit dem Unionsrecht in Einklang, sodass sich die Klägerin unmittelbar auf die Regelungen der Richtlinie 77/388/[X.] berufen könne.

8

Mit der Revision macht das [X.] Verletzung materiellen Rechts geltend. Aufgrund der Neuregelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG sei die Aufteilung der streitbefangenen Vorsteuerbeträge nach dem sog. [X.] ab dem 1. Januar 2004 ausgeschlossen.

9

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2009  15 K 5079/05 U aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf das ihrer Ansicht nach zutreffende Urteil des [X.]. Die Richtlinie entfalte unmittelbare Wirkung. [X.] nationales Recht sei wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht mehr anzuwenden.

Die Anwendung eines Flächenschlüssels führe nicht zu einem präziseren Ergebnis, da die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Geschosse erheblich voneinander abweiche. Die Ausrichtung auf gewerbliche Mieter im Erdgeschoss habe erhebliche Investitionen in Brandschutz, Hygiene und Lüftung erfordert.

Mit Zustimmung der Beteiligten hatte der Senat durch Beschluss vom 8. Dezember 2010 ein Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) in der Rechtssache [X.] ([X.]/10, [X.], 968) angeordnet, die am 8. November 2012 erging.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 [X.]O).

Das Urteil ist aufzuheben, weil die Vorentscheidung § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG i.d.[X.] 2003 nicht angewandt und die Vorsteuern, um die es hier geht, stattdessen unmittelbar nach Art. 17 Abs. 5 der [X.]/[X.] zugeordnet hat. [X.] ist nicht spruchreif, weil Feststellungen des [X.] dazu fehlen, ob die Anwendung des [X.]s im Streitfall zu einer präziseren Bestimmung des Pro-rata-Satzes führt.

1. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG regelt schließlich für die ab dem 1. Januar 2004 bezogenen [X.], dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

2. Das Unionsrecht gibt für die [X.] gemäß Art. 17 Abs. 5 der [X.]/[X.] (seit 1. Januar 2007: Art. 173 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 --MwStSystRL--) vor: Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 2 und 3 der [X.]/[X.] besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, darf nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze "entfällt". Dieser Pro-rata-Satz wird nach Art. 19 der [X.]/[X.] (Art. 173 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 174 MwStSystRL) für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

Jedoch können die Mitgliedstaaten nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] (Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL) (...)

        

"c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen".

3. Das UStG enthält in § 15 Abs. 4 Satz 1 als Zuordnungselement die "wirtschaftliche Zurechnung". Der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge ist nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Der unbestimmte Rechtsbegriff "wirtschaftliche Zurechnung" ist nach den Vorgaben des Unionsrechts auszulegen (BFH-Urteile vom 5. September 2013 [X.] R 4/10, [X.], 60, [X.], 95; vom 17. August 2001 V R 1/01, [X.], 345, [X.] 2002, 833, unter [X.], sowie vom 18. November 2004 V R 16/03, [X.], 461, [X.] 2005, 503, unter [X.]).

a) Wenn das Gesetz den Teil der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge den Umsätzen wirtschaftlich zurechnet, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, so sagt es nichts darüber aus, in welcher Weise dies geschehen soll. Bereits nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG sind die Vorsteuerbeträge deshalb nicht zwingend gegenstands- oder bereichsbezogen aufzuteilen; die Vorschrift lässt vielmehr auch einen auf die gesamten Umsätze des Unternehmens bezogenen Aufteilungsschlüssel zu.

Dem so verstandenen Zuordnungselement widerspricht es nicht, wenn frühere Fassungen des § 15 Abs. 4 UStG (z.B. § 15 Abs. 4 UStG 1980 i.d.F. bis zur Aufhebung des Abs. 5 durch Art. 7 Nr. 4 des Wohnungsbauförderungsgesetzes, [X.] 1989, 2408) die Zurechnung möglicherweise eher --verwendungsabhängig-- auf den Gegenstand bezogen. Denn diese Vorschriften standen in einem gegenüber der aktuellen Rechtslage andersgearteten normativen Kontext. Demgegenüber ergibt sich aus § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, dass das Gesetz mit "wirtschaftlicher Zurechnung" alle dort genannten [X.] umfasst, also sowohl die Aufteilung nach den (beiden) [X.] wie auch z.B. einen [X.] als "andere wirtschaftliche Zurechnung".

Soweit der [X.] bislang ein gegenstandsbezogenes Verständnis des § 15 Abs. 4 UStG vertreten und auf die Nutzung des jeweiligen Gegenstandes (Gebäudes) abgestellt hat (z.B. BFH-Urteile vom 10. Dezember 2009 V R 13/08, [X.], 960; in [X.], 345, [X.] 2002, 833, und vom 12. März 1998 V R 50/97, [X.], 530, [X.] 1998, 525; Wagner in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 684, m.w.N.), hält er daran nicht mehr fest, sodass auch die [X.] nach den Gesamtumsätzen des Unternehmens gemäß Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 der [X.]/[X.] als Methode wirtschaftlicher Zurechnung i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG anzusehen ist.

Der Senat weicht damit nicht von der Rechtsprechung des [X.]. Senats im Urteil vom 13. August 2008 [X.] R 53/07 ([X.], 228) ab. Dieses Urteil betrifft die Abzugsfähigkeit von Vorsteuern aus der Errichtung eines Treppenhauses und der Installation einer Fahrstuhlanlage. Die dafür bezogenen [X.] betrafen ausschließlich den für steuerfreie Ausgangsumsätze verwendeten Wohnteil des neu errichteten Gebäudes. Der [X.]. Senat entschied unter Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.]s, dass der Kläger den nach einem objektbezogenen [X.] ermittelten Vorsteuerabzug für die Fahrstuhlanlage und das Treppenhaus beanspruchen könne. Die dafür angefallenen Aufwendungen gehörten zu den Herstellungskosten eines Gegenstandes (Gebäudes), der für Zwecke besteuerter Umsätze verwendet werde. Das Urteil enthält jedoch keine Ausführungen zur Zulässigkeit eines Vorsteuerabzugs nach den Gesamtumsätzen des Unternehmens, obwohl dieses Unternehmen unstrittig aus mehreren Mietobjekten bestand (Objekt "B" und Objekt "A-Straße").

b) Da das Unionsrecht in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und Art. 19 der [X.]/[X.] (Art. 173 Abs. 1, Art. 174 MwStSystRL) den gesamtunternehmensbezogenen [X.] als Regel-Aufteilungsmaßstab vorschreibt, geht der Senat bei [X.] Auslegung davon aus, dass es sich bei dem [X.] um eine sachgerechte Aufteilungsmethode i.S. von § 15 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 UStG handelt (BFH-Urteil in [X.], 461, [X.] 2005, 503, unter [X.]).

Nach den Ausführungen des Senats im Vorlagebeschluss vom 22. Juli 2010 V R 19/09 ([X.], 280, [X.], 2367, unter [X.]) ist die Bestimmung des Pro-rata-Satzes nach dem Gesamtumsatz des Unternehmers in einer Fallkonstellation wie der des Streitfalls indes unpräzise, da sie außer Betracht lässt, für welchen Bereich des Unternehmens die [X.] bezogen wurden. Obwohl diese Unzulänglichkeiten bekannt waren, als Art. 17 Abs. 5 der [X.]/[X.] (Art. 173 MwStSystRL) geschaffen wurde, ist der [X.] nicht verworfen, sondern den Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Ungleichmäßigkeiten gestattet worden, spezielle Pro-rata-Sätze zu regeln (vgl. dazu [X.] in Umsatzsteuer-Berater 2001, 309 ff., unter V.1.).

c) Eine von dem [X.] abweichende [X.] ermöglicht das Unionsrecht in den bereichs- und gegenstandsbezogenen Fällen des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] (entspricht Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL). Diese Regelungen sollen "für ganz bestimmte Fälle gelten", da sie "unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Tätigkeit des Steuerpflichtigen darauf abzielen, es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs zu präziseren Ergebnissen zu gelangen" ([X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 968, Rdnr. 18; so auch [X.]-Urteil vom 18. Dezember 2008 [X.]/07, [X.], Slg. 2008, [X.], Rdnr. 23).

d) Der nationale Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG zwar von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht (vgl. Regierungsentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2003, BTDrucks 15/1562, S. 51 "zu Buchstabe d"), ist aber über den Ermächtigungsrahmen hinausgegangen, indem er die Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur dann für zulässig erklärt, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

Der Senat hat daher in seinem Urteil vom 22. August 2013 V R 19/09 ([X.], 8, [X.], 278, unter II.2.) entschieden, dass § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG insoweit nicht den Erfordernissen des Unionsrechts entspricht. An dieser Begründung hält der Senat indes nicht mehr in vollem Umfang fest, sondern ergänzt sie um folgende Erwägungen: Wie die Auslegung des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG zeigt (siehe oben unter [X.]), weicht das Gesetz nicht in allen Fällen von dem auf die Gesamtumsätze des Unternehmens bezogenen Pro-rata-Satz nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 der [X.]/[X.] (Art. 173 Abs. 1, Art. 174 MwStSystRL) ab. Es lässt in § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG eine derartige Aufteilung implizit zu, beschränkt sie aber in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG auf Fälle, in denen keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Was "möglich" ist, muss indes richtlinienkonform ausgelegt werden.

4. Ist nach dem [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 968 (Leitsatz sowie [X.]. 18 und 24) die Ermittlung des Pro-rata-Satzes für den Abzug von Vorsteuern vorrangig nach einem --von den [X.] zulässig, wenn sich dieser Aufteilungsschlüssel auf einen "bestimmten Umsatz" bezieht und die herangezogene Methode eine "präzisere Bestimmung" des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die Bestimmung anhand der [X.] gewährleistet, so gilt danach für die richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG: Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere --präzisere-- wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Soweit der Senat mit Urteil in [X.], 8, [X.], 278 (Leitsatz 1) die Vorschriften des § 15 Abs. 4 UStG weitergehend teleologisch reduziert hat, indem sie nur Vorsteuerbeträge erfassen, die zugleich nach § 15a UStG berichtigungspflichtig sind, hält er daran nicht fest.

a) Nach Auffassung des [X.] (im Urteil [X.] in [X.] 2012, 968, Leitsatz sowie unter Rdnr. 19) können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz "wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes" vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den auf die Gesamtumsätze des Unternehmens bezogenen [X.] nach Art. 19 Abs. 1 der [X.]/[X.] (Art. 174 MwStSystRL) vorschreiben. Der Streitfall betrifft die Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes und fällt damit ersichtlich in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG.

b) Der [X.] als andere wirtschaftliche Zurechnung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG beruht auf Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der [X.]/[X.] und ist objektbezogen. Als solcher ermöglicht dieser Aufteilungsschlüssel   in der Regel   eine "präzisere" Bestimmung des Pro-rata-Satzes als die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Gesamtumsätzen des Unternehmens (Art. 19 Abs. 1 der [X.]/[X.], Art. 174 MwStSystRL). Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil in [X.], 8, [X.], 278 (Rz 41). Der [X.] schließt deshalb gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG als im Regelfall präzisere mögliche Zurechnung die [X.] aus, und zwar sowohl den gesamtunternehmensbezogenen wie auch den objektbezogenen.

c) Die Vorsteuerbeträge sind aber nicht nach dem Verhältnis der Flächen [X.], wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten, die verschiedenen Zwecken dienen (z.B. wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist (vgl. BFH-Urteil vom 12. März 1992 V R 70/87, [X.], 447, [X.] 1992, 755; vgl. hierzu auch [X.] vom 21. Mai 1987 V S 11/85, [X.] 1987, 536, unter II.2.; BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 [X.], [X.], 255, [X.] 1988, 1012, Abschn. 208 Abs. 2 Satz 9 der [X.] 2000 und Abschn. 15.17. Abs. 7 Satz 6 des [X.]). In solchen Fällen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die [X.] gleichmäßig auf die Fläche verteilen, sodass der [X.] sich nicht als genauere Aufteilung erweist. Da das Gebäude als der herzustellende oder der hergestellte Gegenstand endgültiges Zuordnungsobjekt ist, müssen in die [X.] nach § 15 Abs. 4 UStG sämtliche der Herstellung des Gebäudes dienenden Aufwendungen einbezogen werden (BFH-Urteile vom 28. September 2006 V R 43/03, [X.], 335, [X.] 2007, 417, Leitsatz 3, sowie vom 22. November 2007 V R 43/06, [X.], 450, [X.] 2008, 770; Abschn. 15.17. Abs. 5 UStAE).

d) Ist keine präzisere wirtschaftliche Zurechnung durch den [X.] möglich, gilt der [X.]. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG regelt nicht ausdrücklich, ob sich das dort bestimmte Verhältnis --wie der Pro-rata-Satz nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 sowie Art. 19 Abs. 1 der [X.]/[X.] (entspricht Art. 17 Abs. 1 Satz 1, Art. 174 MwStSystRL)-- an dem Gesamtbetrag der Umsätze des Unternehmens oder an den Umsätzen des einzelnen Objekts orientiert. Um den Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs "möglichst präzise" zu berechnen ([X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 968, Rdnr. 23), gilt die Methode, die eine genauere Aufteilung ermöglicht. Die Vorsteuerbeträge sind dann anhand des objektbezogenen [X.]s aufzuteilen, wenn sie den Gegenstand selbst --wie hier das [X.] betreffen und die objektbezogene gegenüber einer gesamtumsatzbezogenen Aufteilung genauer ist, weil ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu den [X.] durch Verwendung (Nutzung) dieses Gebäudes besteht (z.B. durch Vermietung) und es nicht um seine Verwendung für Umsätze des gesamten Unternehmens (wie z.B. bei einem Verwaltungsgebäude, vgl. dazu Abschn. 15.17. Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UStAE) geht. Im letzteren Fall gehören die Aufwendungen zur Herstellung des Gebäudes zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers und hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen. Dies rechtfertigt es auch, Vorsteuerbeträge nach dem allgemeinen [X.] gesamtumsatzbezogen aufzuteilen (BFH-Urteil vom 24. April 2013 [X.] R 25/10, [X.], 451, [X.], 346, Rz 27, 28; so jetzt auch Schreiben des [X.] vom 10. April 2014, [X.], 802; Abschn. 15.16. Abs. 2a UStAE).

5. Das Urteil des [X.] widerspricht diesen Maßstäben und ist deshalb aufzuheben. Die Vorsteuerbeträge, um die es hier geht, sind gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG aufzuteilen. Mangels [X.] ist die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

a) Das [X.] ist bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes wegen Richtlinienwidrigkeit nicht anwendbar ist und sich der Unternehmer daher auf die für ihn günstigere Anwendung des [X.]s nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Art. 19 der [X.]/[X.] berufen kann. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG sind die Vorsteuerbeträge nur dann nach [X.] zu verteilen, wenn keine andere präzisere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das [X.] nicht geprüft.

b) [X.] ist nicht spruchreif und deshalb zum Nachholen der erforderlichen Feststellungen an das [X.] zurückzuverweisen. Nach den Feststellungen des [X.] hat das [X.] den Vorsteuerabzug dahingehend korrigiert, dass es die insgesamt angefallenen Vorsteuerbeträge von 82.075,79 € um direkt dem Erd- und Obergeschoss zugeordnete Vorsteuerbeträge vermindert und nur die verbliebenen 39.256,79 € nach dem steuerpflichtig vermieteten Flächenanteil von --unstrittig-- 52,8 % aufgeteilt hat. Wie das [X.] zu Recht entschieden hat, sind in die [X.] nach § 15 Abs. 4 UStG jedoch sämtliche der Herstellung des Gebäudes dienenden Aufwendungen einzubeziehen. Ob die Vorsteuerbeträge insgesamt nach dem (objektbezogenen) [X.] aufzuteilen sind und deshalb statt der im angegriffenen Umsatzsteuerbescheid 2004 bereits berücksichtigten 49.939 € nach der Vorentscheidung weitere Vorsteuerbeträge von 9.813 € abzuziehen sind, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des [X.]s vorliegen. Ob dies der Fall ist, hat das [X.] auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nicht geprüft. Hierfür könnten jedoch die im Rahmen der [X.] (Anhang 4 bis 10) getroffenen Feststellungen zur erheblich voneinander abweichenden Höhe der Baukosten für die beiden Geschosse sprechen. Das [X.] wird dem in einer neuen Verhandlung und Entscheidung nachzugehen haben.

Meta

V R 1/10

07.05.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 8. Dezember 2009, Az: 15 K 5079/05 U, Urteil

§ 15 Abs 4 UStG 1999, Art 17 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 17 Abs 2 EWGRL 388/77, Art 17 Abs 5 EWGRL 388/77, Art 19 Abs 1 EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2014, Az. V R 1/10 (REWIS RS 2014, 5832)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5832

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V R 19/09 (Bundesfinanzhof)

Zulässigkeit des Flächenschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden


XI R 31/09 (Bundesfinanzhof)

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden


XI R 31/09 (Bundesfinanzhof)

EuGH-Vorlage zu Fragen der Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude, …


XI R 4/10 (Bundesfinanzhof)

Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen - Anforderungen an einen "sachgerechten" Aufteilungsmaßstab - Keine Bindung …


V R 36/10 (Bundesfinanzhof)

Vorsteueraufteilung in einer Spielhalle - Anwendung eines Flächenschlüssels zur Vorsteueraufteilung bei Grundstücken


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.