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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
2 StR 275/13
vom
14. Mai
2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schweren Raubs u.a.
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2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 14. Mai 2014, an der
teilgenommen
haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Prof.
Dr. Fischer,
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],
Oberstaatsanwalt
beim Bundesgerichtshof
,
als Vertreter der [X.],
Rechtsanwalt
als Verteidiger
des Angeklagten
M.
,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten A.
,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten S.
,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-
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-
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 9. Januar 2013 mit den [X.] aufgehoben.
Die Sache
wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten M.
wegen besonders schweren
Raubs in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen,
sowie in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen und Freiheitsberaubung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten A.
hat es wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung in drei tateinheitlichen Fällen auf
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
erkannt. Den Angeklag-ten S.
hat es wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit beson-
ders schwerer räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen und in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung in drei tateinheitlichen Fällen
zu ei-ner Freiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung
verur-teilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrü-ge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
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I.
Nach den Feststellungen des [X.] entschlossen sich
die Ange-klagten am 13. April 2012 dazu, den Zeugen R.
in dessen Wohnung zu
überfallen
und seinen
Vorrat an
Marihuana an sich zu bringen, den sie auf meh-rere hundert Gramm
schätzten. Sie lauerten mit Sturmhauben maskiert im Treppenhaus ein Stockwerk über
der Wohnung des Zeugen R.
dessen
Besuchern D.
und H.
auf, um diese in die Wohnung hineinzu-
drängen, sobald der Zeuge R.
ihnen die Tür öffnen würde. Dann sollte der
Angeklagte A.
sein mitgeführtes Klappmesser als Drohmittel einsetzen und
den Wohnungsinhaber
R.
dazu zwingen, seinen Drogenvorrat herauszu-
geben; während dessen sollten die Angeklagten M.
und S.
die
Besu-
cher
bewachen.
Als die Zeugen D.
und H.
an der Wohnungstür
klingelten,
stürmten die Täter herbei. Der Angeklagte A.
hielt D.
das Messer
in den Rücken und forderte ihn zum Stillhalten auf. Als
der Geschädigte
R.
die Wohnungstür öffnete, stießen die Angeklagten die Besucher
D.
und H.
in die Wohnung
hinein, so dass sie
in den Flur stürzten. Der Ange-
klagte A.
bedrohte sodann den Wohnungsinhaber
R.
mit seinem
Mes-
ser und verlangte die Herausgabe von Marihuana. R.
wies auf ein halbes
Gramm Marihuana hin, das auf dem Tisch im Wohnzimmer lag,
und betonte, er besitze nur dieses. Der Angeklagte A.
forderte jedoch
wiederholt die Her-
ausgabe eines halben Kilogramms. Im Wohnzimmer war auch der weitere Be-sucher
[X.]
anwesend, dem
der Angeklagte M.
damit drohte, er werde ihm
sei.
Der Angeklagte M.
ergriff ein auf dem Tisch liegendes Messer
und
drängte die Zeugen [X.]
, D.
und H.
ins Badezimmer. Er drohte
ihnen
damit, dass er sie umbringen werde, wenn sie etwas sagen, und 2
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fuchtelte mit dem Messer herum. Mit der Hand, in der er das Messer hielt, schlug er den Zeugen [X.]
ins Gesicht. Ferner schlug er den Zeugen
D.
ins Gesicht und
auf den Kopf, wobei
dieser
auch vom Messerknauf
getroffen wurde.
Die Angeklagten
handelten im Folgenden, ohne dass nähere Einzelhei-ten feststellbar waren,
in der Weise
arbeitsteilig, dass stets einer von ihnen die Zeugen [X.]
, D.
und H.
im Badezimmer und ein
anderer
den
Zeugen R.
im Wohnzimmer bewachte, während der
dritte
Täter die Woh-
nung durchsuchte. Sie
packten
ein Mobiltelefon, 80 Euro Bargeld und einen Laptop in eine Plastiktüte.
Der Angeklagte A.
verlangte weiterhin
von dem Zeugen R.
die
Herausgabe des angeblich vorhandenen halben Kilos Marihuana
und schlug ihn ins Gesicht. Als der Zeuge R.
erklärte, das halbe Gramm Marihuana
auf dem Wohnzimmertisch
stamme von
seinem Nachbarn B.
, packte
ihn der Angeklagte A.
am Kragen, hielt ihm das Messer an die Seite und
drängte ihn durch das Treppenhaus zur Wohnung des Hausbewohners B.
im Erdgeschoss. Er postierte
sich und den Zeugen R.
so vor der
Wohnungstür, dass durch den Türspion nur der Zeuge R.
zu sehen war.
Dann zwang er diesen
dazu, an der Wohnungstür zu klopfen. Tatsächlich hielt sich der Zeuge
B.
zufällig gerade in der gegenüberliegenden Wohnung
des Zeugen Pu.
auf und erblickte durch deren
Türspion nicht nur den Zeu-
gen R.
, sondern auch den Angeklagten; er erkannte daher die Bedro-
hungslage. Er versuchte,
durch vorsichtiges Öffnen der Tür
dem Geschädigten
R.
eine Gelegenheit zu verschaffen, dem Angeklagten A.
zu entkom-
men. Dieser
bemerkte dies und wollte
sich Zugang zu
der Wohnung des Zeu-gen Pu.
verschaffen. Es kam zu einem Gerangel,
bei dem der Zeuge R.
eine leichte Schnittverletzung an der Hand erlitt und zu Boden stürzte, während der Zeuge B.
die
Tür wieder schließen konnte. Als B.
rief, je-
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mand solle die Polizei anrufen, erkannte der Angeklagte A.
, dass die Tat
nicht weiter
durchführbar war. Er versetzte
dem Geschädigten
R.
zwei
Fußtritte und ging zurück zu dessen Wohnung.
Dort hatten die Angeklagten M.
und S.
von den Zeugen [X.]
,
D.
und H.
die Herausgabe ihrer Mobiltelefone und Geldbeutel er-
zwungen und dabei 555 Euro von D.
sowie 10 Euro von H.
erbeu-
tet, ferner hatten sie dem Zeugen D.
die Jacke weggenommen. Als
der Angeklagte A.
wieder erschien und mitteilte, dass die Polizei gerufen
worden sei, schloss
der Angeklagte M.
die Geschädigten D.
, H.
und [X.]
im Badezimmer ein und nahm den [X.] mit. Dann verlie-
ßen die Angeklagten den Tatort
mit den erbeuteten Gegenständen.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil ist begründet.
1. Das Rechtsmittel ist nicht beschränkt. Es nennt
in der [X.] alle drei Angeklagten und fügt einen Antrag auf umfassende [X.] hinzu. Die Begründung der auf die Sachrüge gestützten Revision
betrifft zwar
nur die Nichterörterung einer Qualifikation der Körperverletzung des Angeklag-ten M.
zum Nachteil des Zeugen D.
(vgl. unten [X.])
sowie
die
Handlungen des Angeklagten A.
vor der Wohnung des Zeugen B.
(vgl. unten [X.]). Daraus folgt
aber angesichts des eindeutigen Wortlauts des [X.] keine konkludente Revisionsbeschränkung auf diese Punk-te.
2. Die Sachrüge ergibt, dass das [X.] seine Kognitionspflicht ge-mäß
§
264 Abs. 1 StPO verletzt
hat
und
dass
seine Beweiswürdigung Rechts-fehler aufweist.
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a) Zu Recht rügt
die Beschwerdeführerin, dass das [X.] nicht ge-prüft hat, ob die Handlung des Angeklagten M.
zum Nachteil des Zeugen
D.
auch als gefährliche Körperverletzung durch Einsatz
eines gefähr-
lichen Werkzeugs im Sinne von
§
224 Abs.
1 Nr.
2 StGB zu bewerten ist, weil er diesen mit dem Messerknauf am Kopf getroffen hat.
Ein gefährliches Werkzeug im Sinne des
§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist je-der feste Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner Be-nutzung dazu geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. Senat, Beschluss vom 15.
Mai 2002
2 [X.], [X.], 594). Mit einer erheblichen Verletzung ist eine nach Dauer oder Intensität gravierende, [X.] nicht nur ganz leichte Verletzung oder Gesundheitsschädigung
gemeint. Nach den Urteilsgründen ist eine solche Gefahr beim
Einsatz
des [X.] durch einen
Schlag gegen den Kopf des Geschädigten nicht so fernliegend, dass auf eine Erörterung der Frage verzichtet werden konnte, ob deshalb §
224 Abs.
1 Nr. 2 StGB eingreift.
b) Die Strafkammer
hat ferner das Geschehen im Erdgeschoss des Hau-ses
nicht ausreichend
gewürdigt.
aa) In den dortigen Handlungen
des Angeklagten A.
kann
ein
(fehl-
geschlagener)
Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung zum Nachteil des Zeugen B.
gelegen haben (§§
253, 255, 250 Abs.
2 Nr.
1,
22 StGB). Obwohl dies nahe liegt, hat das [X.] keine Feststellungen dazu getroffen, welches Ziel der Angeklagte A.
verfolgte. Die Einlassung
des Angeklagten, er habe sich keine Gedanken gemacht, war
kein Grund,
da-von abzusehen, aufgrund des Gesamtgeschehens
nahe liegende
Schlüsse auf ein Handlungsmotiv
des Angeklagten A.
zu ziehen. Nach den Umständen
drängte sich die Annahme auf, dass es dem Angeklagten darum ging, sein ur-sprüngliches Ziel, mehrere hundert Gramm Marihuana zu erbeuten, durch er-11
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presserische Drohungen gegenüber dem Zeugen B.
weiter zu verfol-
gen.
[X.]) In diesem Handlungsabschnitt kommt ferner
eine Verurteilung wegen
Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen R.
durch Zufügung einer
Schnittverletzung an der Hand in Betracht, ebenso wegen
Körperverletzung (§
223 Abs.
1 StGB) durch Tritte. Auch dazu fehlen Erörterungen im angefoch-tenen Urteil.
c) Nicht erörtert
wurde schließlich die Frage, ob es sich bei dem [X.] vor der Wohnung des Zeugen B.
aus der Sicht der
Angeklag-
ten M.
und S.
um einen Mittäterexzess des Angeklagten A.
ge-
handelt hat, oder ob ihnen auch die Handlungen des Angeklagten A.
gemäß
§
25 Abs. 2 StGB zuzurechnen sind. Dies käme jedenfalls
in Betracht,
wenn
es bei den weiteren Handlungen des Angeklagten A.
darum ging, das ur-
sprüngliche
gemeinsame -
Tatziel der Erlangung von mehreren hundert Gramm Marihuana weiterzuverfolgen, und wenn die beiden Mitangeklagten
was möglich ist, aber bisher nicht festgestellt
ist
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Kenntnis davon hatten, dass A.
zusammen mit R.
die Wohnung verlassen hatte, um sich zur angeb-
lichen Quelle des erstrebten Marihuana zu begeben.
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Das Geschehen außerhalb der Wohnung des Zeugen R.
ist den
Angeklagten M.
und S.
zwar auch in der Anklageschrift vom 21.
Mai
2012 nicht ausdrücklich vorgeworfen worden;
es gehörte
aber zu derselben Tat im prozessualen Sinne
(§
264 Abs.
1 StPO).
Fischer [X.]
[X.]
Eschelbach [X.]
17
Meta
14.05.2014
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2014, Az. 2 StR 275/13 (REWIS RS 2014, 5627)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 5627
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 275/13 (Bundesgerichtshof)
Gefährliche Körperverletzung: Einsatz eines Messergriffs beim Schlag gegen den Kopf des Opfers
2 StR 160/16 (Bundesgerichtshof)
Schwerer Raub: Mitgeführter Schlüssel als sonstiges Werkzeug zur Überwindung des Widerstands des Opfers
36 KLs 57/19 (Landgericht Dortmund)
2 StR 522/15 (Bundesgerichtshof)
Schwere räuberische Erpressung: Nötigung eines Rauschgifthändlers zur Herausgabe von Drogen
2 StR 160/16 (Bundesgerichtshof)