Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. III ZR 47/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14330

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[X.]:[X.]:BGH:2016:170316U[X.]IZR47.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
[X.]I ZR 47/15

Verkündet am:

17. März 2016

Freitag

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

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-

Der [X.]I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
17.
März
2016
durch die
Richter Seiters, [X.], [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird der Beschluss des 17. Zivilse-nats des [X.]s [X.]
vom 26. Januar 2015 auf-gehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.],
an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlage-beratung auf Schadensersatz in Anspruch.

Auf Empfehlung des Beklagten zeichnete der Kläger am 17. April 2008 nach drei Beratungsgesprächen Beteiligungen
an der H.

[X.] GmbH
& Co.
KG
([X.]) sowie der H.

[X.] VV GmbH & Co. KG ([X.]I) -
geschlossenen Schiffsfonds
-
über eine Summe von insgesamt 60.000

% Agio. Die hierfür be-nötigten finanziellen Mittel hatte er
aus der Auflösung einer privaten [X.] gewonnen. In den Jahren 2008 und 2009 blieben die von dem Be-1
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klagten
in Aussicht gestellten monatlichen Ausschüttungen
aus. Auf entspre-chende
Nachfragen des [X.] erklärte der Beklagte, dies beruhe darauf, dass der Kläger die Beteiligungen
erst
im
Laufe des
Jahres
2008 erworben habe
und
Ausschüttungen nur rückwirkend für ein ganzes Jahr geleistet
würden, so dass
erst Anfang 2010 mit einer Ausschüttung für den zurückliegenden [X.]raum zu rechnen sei. In diesem
Jahr
erfolgte eine Ausschüttung von 1,5
%. Nachdem weitere
Ausschüttungen ausgeblieben waren, ließ der Kläger den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 11.
Dezember 2012 auffordern, Schadensersatz zu leisten.

Mit der
dem Beklagten am 11. September 2013 zugestellten Klage hat der Kläger
in erster Linie
die Zahlung
von 74.560,33

Zug um Zug gegen Ab-gabe eines Angebots auf Abtretung der Rechte aus den
gezeichneten Beteili-gungen
verlangt. Er hat geltend
gemacht,
von dem Beklagten weder über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken noch über die zu erwartende Rendite zutreffend aufgeklärt worden
zu sein. Der Beklagte habe die Anlage als absolut sicher dargestellt und Ausschüttungen in Höhe von 8
% jährlich
in Aussicht ge-stellt, wobei monatliche Auszahlungen vorgesehen gewesen seien.
Das Vorlie-gen einer
unternehmerischen
Beteiligung mit erheblichen Risiken bis hin zum Substanzverlust und auch die mangelnde Fungibilität der Beteiligung seien
ihm
nicht deutlich gemacht worden; die Anlage sei nicht für die beabsichtigte [X.] geeignet gewesen.
Der Beklagte habe es im Übrigen
verstanden, ihn regelmäßig zu vertrösten und
in dem Glauben zu lassen, dass planmäßig [X.] mit den Ausschüttungen zu rechnen sei.

Der Beklagte hat Beratungsfehler in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.

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4

-

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss hat das [X.] die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des [X.] mit Beschluss gemäß §
522 Abs.
2 ZPO zu-rückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet; sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Nach Auffassung des
Berufungsgerichts ist der geltend gemachte
Scha-densersatzanspruch
wegen fehlerhafter Anlageberatung verjährt. Hierbei hat das Berufungsgericht entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass die [X.] Tatsachen dem
Kläger
jedenfalls seit Ende 2009 bekannt
gewesen
seien. Seitdem wisse er, dass die ihm empfohlene Fondsbeteiligung erhebliche Risiken berge und nicht als sichere Kapitalanlage mit regelmäßigen Ausschüt-tungen gelten könne, wie er dies angestrebt habe. Entscheidend sei dabei, dass entgegen den Äußerungen
des Beklagten sowohl nach der Zeichnung im Jahr
2008 als auch im [X.] die versprochenen monatlichen Ausschüttun-gen vollständig ausgeblieben seien. Ein sorgfältiger und aufmerksamer Anleger in der Lage des [X.] habe dies zum Anlass nehmen müssen, vordringlich der Frage einer Pflichtverletzung des Beklagten nachzugehen. Der
Kläger habe sich
jedoch
von einem Jahr auf das andere
vertrösten lassen, obwohl sich ihm allein aufgrund der ausgebliebenen monatlichen Ausschüttungen die Erkenntnis 5
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habe aufdrängen müssen, dass sein Anlagekapital gefährdet und ihm eine zur Altersvorsorge geeignete Anlage nicht vermittelt worden sei. Der Anleger sei in einem
Fall
wie dem vorliegenden, in dem sich
nach Zeichnung der [X.] ein dringender, den Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis rechtferti-gender Anlass für die nachträgliche Lektüre der [X.]
ergebe, zu
Nachforschungen im eigenen Interesse gehalten. Dem habe
sich
der Kläger
offenbar
verschlossen, indem
er die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen
-
Prospekt und insbesondere die
[X.], aus deren auf der Rückseite abgedruckten
Hinweisen
eine nicht anlegergerechte Beratung zu entnehmen gewesen sei
-
außer [X.] gelassen und sich
lediglich auf die Äuße-rungen des Beklagten
verlassen
habe. Dies
begründe
deshalb den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis.

[X.].

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision
nicht stand. Die Würdi-gung des Berufungsgerichts, nach Zeichnung der Anlage habe sich ein drin-gender, den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigender Anlass für den Klä-ger zur Lektüre insbesondere der von ihm am 22. September 2008 auf der Vor-derseite unterschriebenen [X.]
ergeben, ist nicht frei von [X.].

Auf der Grundlage des
Vorbringens des [X.] können entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts Schadensersatzansprüche wegen nicht an-leger-
und anlagegerechter Beratung
bezüglich der
gezeichneten Kommandit-beteiligungen
nicht ausgeschlossen werden. Solche -
revisionsrechtlich
zu un-terstellenden
-
Ansprüche des [X.] sind nach den getroffenen Feststellun-gen
jedenfalls
nicht insgesamt nach
§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
wegen grob fahr-8
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lässiger Unkenntnis des [X.] von den anspruchsbegründenden Umständen als verjährt
anzusehen.

1.
Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grob fahrlässi-ger Unkenntnis zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisions-gericht dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldens ganz wesentliche Umstände außer [X.] gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschrif-ten verstoßen hat
(vgl. Senatsurteil vom 8.
Juli 2010
-
[X.]I
ZR 249/09, [X.], 152 Rn.
27 mwN).
Davon ist im Streitfall auszugehen, weil das Berufungsge-richt den Vortrag des [X.] nicht erschöpfend gewürdigt und die Anforderun-gen an das Vorliegen grober Fahrlässigkeit rechtsfehlerhaft beurteilt hat.

2.
Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB, für deren Annahme die Beklagte die Darlegungs-
und Beweislast trägt (vgl. etwa Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25), liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht ange-stellt und das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuch-ten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "[X.] gegen sich selbst", vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben (vgl. nur Se-natsurteile vom 8.
Juli 2010 aaO Rn.
28 und vom 22. September 2011 -
[X.]I ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 8
jeweils mwN).

a) Die Revision
beanstandet
mit Recht, dass die Beurteilung des [X.] diesen Maßgaben nicht hinreichend gerecht wird, weil eine
grob fahrlässige Unkenntnis des
[X.] von der
behaupteten fehlerhaften Beratung
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allein
daraus hergeleitet worden
ist, dass er trotz des ihm bekannten Ausblei-bens monatlicher
Ausschüttungen in den Jahren 2008 und 2009 weiterhin auf die Beschwichtigungen
des Beklagten
vertraut
und dies nicht zum Anlass ge-nommen habe, seine Anlageentscheidung
anhand des Prospekts und insbe-sondere der [X.], aus der sich die
beanstandeten
Bera-tungsfehler ohne weiteres erschlossen hätten,
kritisch
zu überprüfen. Aus die-sem
Verhalten
lässt sich
noch keine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne
des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
herleiten.

b) Nach gefestigter Rechtsprechung des
[X.] genügt der Umstand, dass der [X.] den ihm überlassenen Emissionspros-pekt nicht gelesen hat, für sich allein nicht, um den Vorwurf einer grob fahrläs-sigen Unkenntnis von Auskunfts-
oder Beratungsfehlern, die aus der Lektüre des Prospekts ersichtlich wären, zu begründen. Denn der Anleger misst den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen seines Beraters oder Vermittlers, die dieser in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Wenn er deshalb auf den Rat
und die Angaben seines Beraters vertraut und davon absieht, den ihm übergebenen Prospekt durchzusehen und auszuwer-ten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht gro-bes Verschulden gegen sich selbst zu sehen (vgl. Senatsurteile vom 8.
Juli 2010 aaO Rn.
29
ff;
vom 22.
Juli 2010 -
[X.]I
ZR 99/09, [X.] 2011, 68
f Rn.
13
ff
und vom 7.
Juli 2011 -
[X.]I
ZR 90/10, [X.] 2011, 2087 Rn.
19 jeweils mwN).
Auch nach der Zeichnung hat der Anleger, sofern er auf den Rat und die Anga-ben seines Beraters oder Vermittlers vertraut, den ihm übergebenen Anlage-prospekt nicht zusätzlich durchzusehen und auszuwerten, es sei denn, es [X.] hierzu ein dringender -
den Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis rechtfer-tiger -
Anlass
(vgl. Senatsurteil vom 8.
Juli 2010 aaO Rn.
35).

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8

-

c) Ein
derartiger Ausnahmefall
kann jedoch vorliegend nicht angenom-men werden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des [X.] bestand für den Kläger in den Jahren 2008 und 2009 kein dringender [X.], den ihm nach seiner Darstellung erst Monate nach der Zeichnung über-sandten Prospekt sowie vor allem die [X.] durchzusehen. Eine solche Unterlassung kann nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn einge-stuft werden.

aa) Dem Kläger war angesichts des
Ausbleibens der monatlichen [X.] nach Zeichnung der Beteiligung und der diesbezüglichen Erläute-rungen des Beklagten frühzeitig bekannt, dass das von ihm in der Klage unter anderem angesprochene Ziel, regelmäßige monatliche Einnahmen zu erhalten,
nicht erreicht worden war. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einen Beratungsfehler geltend gemacht hat, hätte er bezüglich dieser Pflichtverlet-zung bereits damals Klage erheben können, begann insoweit die [X.]. Zur Klage benötigte er keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt [X.] der [X.]. Es bestand für ihn deshalb keine zwingende Veranlassung, diese Unterlagen daraufhin durchzuarbeiten, ob das Ausbleiben der monatlichen Ausschüttungen auch von deren Inhalt abwich.

bb) Ein dringender Anlass bestand nicht im Hinblick auf die anderen vom Kläger geltend gemachten Aufklärungs-
bzw.
Beratungsfehler des Beklagten.

Erhält ein Kapitalanleger Kenntnis von einer bestimmten Pflichtverlet-zung des Anlageberaters, so handelt er bezüglich weiterer Pflichtverletzungen regelmäßig nicht grob fahrlässig, wenn er die erkannte Pflichtverletzung nicht zum Anlass nimmt, die [X.] nachträglich durchzulesen, auch wenn er bei deren Lektüre Kenntnis auch der weiteren Pflichtverletzungen erlangt 14
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hätte.
Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung be-stimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf [X.] Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der [X.] Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitsverletzung vorliegt, auf-grund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlas-ses über einen bestimmten Umstand zu informieren, wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitsver-letzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der [X.] nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer an-derweitig angelegten -
und von ihm unterlassenen
-
Recherche hätte erlangen können (vgl. nur Senat, Urteile vom 22. Juli 2010 -
[X.]I ZR 203/09, [X.], 1690 Rn. 16 ff und vom 22. September 2011 -
[X.]I ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 13 ff).

Dass der Kläger sich in der [X.] bis Ende 2009 bezüglich der weiteren behaupteten Fehler jeweils einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen und das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem
Anleger
hätte ein-leuchten müssen, kann nicht festgestellt werden. Bezüglich der fehlenden [X.] der Beteiligung bestand keinerlei Zusammenhang mit den ausbleiben-den monatlichen Ausschüttungen und den hierzu erfolgten Erklärungen des Beklagten. Aber auch bezüglich der Anlageziele des Kapitalerhalts und der ge-sicherten Altersvorsorge lässt sich grobe Fahrlässigkeit nicht feststellen. Der Kläger hat
im Verlauf des Rechtsstreits wiederholt
vorgetragen, der Beklagte
habe ihm auf seine Nachfragen
zu den ausgebliebenen Ausschüttungen
erklärt, diese würden nur
jährlich beziehungsweise rückwirkend nur
für ein ganzes Jahr und damit erstmals Anfang 2010 ausgezahlt werden, er brauche sich keine Sorgen zu machen; der
Beklagte
habe es insoweit verstanden, ihn
davon zu überzeugen, dass planmäßig demnächst mit der Auszahlung der [X.]
-

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-

gen gerechnet werden könne. Wenn der Kläger sich auf diese beschwichtigen-den
Äußerungen, die der Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, verlassen hat, rechtfertigt dies noch nicht den Vorwurf eines völlig unverständlichen [X.]. Der Beklagte war -
entgegen der Auffassung des Berufungsgericht und des Beklagten -
insbesondere nicht verpflichtet, zur Vermeidung des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit die [X.] zu lesen, um zu überprüfen, ob er bezüglich der von ihm verfolgten weiteren Ziele des Kapitalerhalts
und der gesicherten
Altersvorsorge
falsch beraten worden war. Das Ausbleiben der mo-natlichen Ausschüttungen war insoweit kein Umstand, aufgrund dessen es je-dem Anleger zwingend hätte einleuchten müssen, dass er den Angaben des Beraters, aufgrund derer diese Ziele nicht in Frage gestellt waren,
keinesfalls mehr vertrauen kann, ohne diese anhand der [X.] zu überprüfen. Dies gilt umso weniger für das geforderte Durchlesen der
Beratungsdokumenta-tion, bei der Warnhinweise allein
auf der Rückseite abgedruckt sind, eine Un-terzeichnung durch den Anleger aber nur auf der Vorderseite vorgesehen ist und dort lediglich
auf
"Hinweise: (siehe Rückseite)", nicht aber etwa auf eine Beschreibung der Anlage und damit zusammenhängende Risiken aufmerksam gemacht wird.
Daraus lässt sich für einen durchschnittlichen Anleger wie den Kläger schon nicht erkennen, dass etwa auf der Rückseite maßgebliche Warn-hinweise gegeben werden, die eine Beurteilung der erfolgten Beratung und der Eignung der gezeichneten Anlage für die verfolgten Zwecke zulassen.
Die
Be-ratungsdokumentation
zielt
erkennbar
nicht darauf ab, rechtliche Wirkungen im Hinblick auf eine vertragliche Bindung zu erzeugen, wie auch die Revisionser-widerung einräumt;
sie soll nach
ihrem auch für den Anleger erkennbaren
Sinn und Zweck lediglich den Inhalt des Beratungsgesprächs wiedergeben, so dass nicht mit auf der Rückseite abgedruckten Warnhinweisen gerechnet werden
muss.
Deshalb musste auch
der Kläger
bei der
nur
auf der vorderen Seite
und damit als Abschluss vorgesehenen
Unterzeichnung nicht erkennen, dass mit ihr -

11

-

zugleich Warnhinweise
und eine Risikobeschreibung
verbunden sind,
aus de-nen er Beratungsfehler hätte erkennen können. Der Umstand, dass die [X.] im Vergleich zu einem umfangreichen Prospekt leichter verständlich sein mag und zusätzlich unterschrieben werden muss, führt unter diesen
Umständen deshalb nicht zu einer anderen Beurteilung. Es kann danach
auch nicht als grob fahrlässig angesehen werden, wenn
der
Kläger
das Bera-tungsprotokoll bei Unterzeichnung nicht gelesen hat.

Sofern die Revisionserwiderung meint, alternativ
sei
ohnehin
zu vermu-ten, dass der Kläger mit seiner Unterschrift die gesamte Dokumentation ein-schließlich
der
Warnhinweise auf der Rückseite sogar gelesen
und damit be-reits Kenntnis
von den behaupteten Beratungsfehlern vorgelegen
habe, kann dem
unabhängig davon, ob diese Warnhinweise überhaupt als ausreichend angesehen werden können,
ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn der Beklagte
ist für das Vorliegen von
Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des [X.] von den seinen Anspruch begründenden Umständen darlegungs-
und
be-weispflichtig.
Vortrag dazu
aber, dass
der Kläger
insbesondere die Rückseite
der Dokumentation
gelesen hat
und ihm deren Inhalt deshalb bekannt war,
ist
nicht aufgezeigt.

[X.]I.

Die auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen vorgenommene Beurteilung des Berufungsgerichts trägt danach die Folgerung nicht, der auf eine fehlerhafte Beratung gestützte [X.] sei gemäß § 199 Abs. 1 Nr.
2 BGB verjährt. Das Berufungsurteil ist deshalb
aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO). Eine eigene Entscheidung 19
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-

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des Senats war nicht möglich, weil das Berufungsgericht nunmehr über die von ihm offen gelassene Frage zu befinden haben wird, ob eine verjährungsrelevan-te Kenntnis des [X.] bereits am 26.
Mai 2008 vorgelegen hat, weil seiner Rechtsschutzversicherung schon
zu diesem [X.]punkt ein
Schadensfall mit dem Betreff "P.

J.

/A.

F.

(H.

[X.])"
gemeldet worden sein soll. Darüber hinaus wird es, sofern die Einrede der Verjährung nicht be-gründet
ist, über das Vorliegen der behaupteten Beratungsfehler und die weite-ren Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche, gegebenenfalls nach Erhebung der angebotenen Beweise,
zu entscheiden haben.

Seiters
[X.]
[X.]

[X.]
Reiter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.08.2014 -
8 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.01.2015 -
17 [X.] -

Meta

III ZR 47/15

17.03.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. III ZR 47/15 (REWIS RS 2016, 14330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14330

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 47/15

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