Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2009, Az. I ZB 36/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 154

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[X.] vom 10. Dezember 2009 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 900 Abs. 4, § 765a Abs. 1 Satz 1 a) Der Schuldner kann seinen Widerspruch nach § 900 Abs. 4 ZPO auch dar-auf stützen, dass die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für ihn eine sittenwidrige Härte i.S. von § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO bedeute. b) Der Umstand, dass dem Schuldner im Falle der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] der Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft droht, rechtfertigt nicht ohne weiteres die Annahme einer mit den guten Sitten unvereinbaren Härte i.S. von § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO. [X.], [X.]uss vom 10. Dezember 2009 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 10. Dezember 2009 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbe[X.] gegen den [X.]uss des [X.] - 7. Zivilkammer - vom 6. April 2009 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 1.500 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Gläubigerin betreibt gegen den als Rechtsanwalt tätigen Schuldner aus dem Teilanerkenntnisurteil des [X.] vom 15. August 2007 ([X.].: [X.]), mit dem der Schuldner gesamtschuldnerisch zur [X.] von 20.121,56 • nebst Zinsen verurteilt wurde, die Zwangsvollstreckung. Am 6. September 2007 erteilte sie dem Gerichtsvollzieher einen Zwangsvoll-streckungsauftrag verbunden mit dem Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung. Nachdem der Gerichtsvollzieher den Schuldner weder am 11. noch am 20. September 2007 in seiner Wohnung angetroffen hatte, blieb auch 1 - 3 - der gemäß § 807 Abs. 1 Nr. 4 ZPO fristgemäß angekündigte weitere [X.] am 27. September 2007 erfolglos. Ab dem 29. Oktober 2007 leistete der Schuldner mehrere Raten in Höhe von jeweils 1.000 • an den [X.]. Die letzte Zahlung erfolgte am 13. Oktober 2008. Zu diesem [X.]punkt betrug die restliche Forderung der Gläubigerin noch 14.687,97 • nebst Zinsen. Da weitere Zahlungen des Schuldners ausblieben, beantragte die Gläubigerin, dem Schuldner die eidesstattliche Versicherung abzunehmen. Der Gerichtsvollzieher hat daraufhin Termin zur Abgabe der [X.] auf den 23. Januar 2009 bestimmt. In diesem Termin hat der Schuldner gemäß § 900 Abs. 4 i.V. mit § 765a ZPO Widerspruch gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erhoben und zugleich Terminsaufhebung beantragt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er habe mit der Gläubigerin eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen. Die Ab-gabe der eidesstattlichen Versicherung stelle für ihn eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende Härte dar. Er müsse im Falle der Abgabe der eidesstatt-lichen Versicherung mit einem Widerruf seiner Zulassung als Rechtsanwalt rechnen. Er werde die noch offene Forderung auch künftig durch [X.] erfüllen. 2 Das Vollstreckungsgericht hat den Widerspruch des Schuldners zurück-gewiesen. Seine dagegen gerichtete sofortige Be[X.] ist erfolglos geblie-ben. 3 Mit der - vom Be[X.]gericht zugelassenen - Rechtsbe[X.] ver-folgt der Schuldner seinen Widerspruch und seinen Antrag auf Terminsaufhe-bung weiter. Die Gläubigerin beantragt, die Rechtsbe[X.] zurückzuweisen. 4 - 4 - I[X.] Die aufgrund ihrer Zulassung durch das Be[X.]gericht statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbe[X.] ist unbegründet. 5 1. Das Be[X.]gericht hat angenommen, die Abgabe der eidesstatt-lichen Versicherung stelle für den Schuldner keine mit den guten Sitten unver-einbare Härte i.S. von § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO dar. Bei § 765a Abs. 1 ZPO handele es sich um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung, die nur in ganz besonders gelagerten Fällen zur Anwendung komme. Die für die Beurteilung des Falls maßgeblichen Umstände müssten eindeutig sein und derart stark zu-gunsten des Schuldners sprechen, dass für Zweifel kein Raum bleibe. Ein sol-cher Ausnahmefall liege hier nicht vor. 6 Der Schuldner könne seinen Widerspruch nicht mit Erfolg auf den [X.] Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft stützen. Ein Wider-ruf träfe den Schuldner zwar besonders hart, weil er dessen gegenwärtige [X.] Existenz vernichtete. Hierin liege aber kein Einzelfall, in dem die [X.] zu einem untragbaren Ergebnis i.S. von § 765a Abs. 1 ZPO führte. Das Gesetz sehe diese Rechtsfolge in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ganz allgemein für den Fall vor, dass es gemäß § 915 ZPO zur Eintragung eines Rechtsanwalts in das Schuldnerverzeichnis komme. Die Erklärung des [X.], zu weiteren Ratenzahlungen bereit zu sein, rechtfertige ebenfalls nicht die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a Abs. 1 ZPO, da er seine [X.]en seit Oktober 2008 ohne Angabe von Gründen eingestellt habe, obwohl die Restforderung noch mehr als 14.687,97 • betrage. Ebenso wenig könne der Widerspruch erfolgreich darauf gestützt werden, dass die Zwangsvollstreckung wegen der von der Gläubigerin bewilligten Ratenzahlung gemäß § 775 Nr. 4 ZPO eingestellt worden sei, da ein Einstellungsbeschluss im Sinne dieser [X.] - 5 - schrift bislang nicht ergangen sei. Die Gläubigerin müsse schließlich auch keine - wie vom Schuldner angeboten - außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfah-rens abgegebene Vermögensaufstellung akzeptieren. 2. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbe-[X.] haben keinen Erfolg. 8 a) Mit Recht hat das Be[X.]gericht die Begründetheit des Wider-spruchs des Schuldners gegen die Verpflichtung zur Abgabe der [X.] bezogen auf den [X.]punkt seiner neu zu treffenden Ent-scheidung geprüft. Die Be[X.]instanz ist eine vollwertige zweite [X.] (§ 571 Abs. 2 ZPO; vgl. [X.] 169, 17 [X.]. 19; [X.], [X.]. v. 27.3.2008 - [X.] 144/07, [X.], 1034 [X.]. 6; [X.]/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 571 [X.]. 3; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 571 [X.]. 2). Dementsprechend hat das Be[X.]gericht seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei zugrunde ge-legt, dass der Schuldner in der [X.] vom 19. Oktober 2008 bis 6. April 2009, also über einen [X.]raum von mehr als fünf Monaten, keine Raten zur Erfüllung der titulierten Forderung mehr an die Gläubigerin gezahlt hatte. 9 b) Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Be[X.]gericht den Widerspruch des Schuldners gegen seine Verpflichtung zur Abgabe der eides-stattlichen Versicherung nach § 807 Abs. 1 Nr. 4 ZPO mit Recht für unbegrün-det erachtet. 10 aa) Das Be[X.]gericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Schuldner einen Widerspruch nach § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO auch darauf stützen kann, dass die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für ihn eine sittenwidrige Härte i.S. von § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO bedeute (vgl. [X.]/11 - 6 - [X.] aaO § 900 [X.]. 22; MünchKomm.ZPO/[X.], 3. Aufl., § 900 [X.]. 22; Prütting/[X.]/Olzen, ZPO, § 890 [X.]. 50). [X.]) Zutreffend hat das Be[X.]gericht auch angenommen, dass § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. Der Ge-setzgeber hat mit der restriktiven Fassung der Vorschrift klargestellt, dass nicht jede Vollstreckungsmaßnahme, die für den Schuldner eine unbillige Härte be-deutet, die Anwendung der Härteklausel rechtfertigt. Anwendbar ist die Be-stimmung nur dann, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Ab-wägung der beiderseitigen Belange zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führt (vgl. [X.] 44, 138, 143; 161, 371, 374; [X.]/[X.] aaO § 765a [X.]. 5 ff.; [X.]/[X.] aaO § 765a [X.]. 5 ff.; Prüt-ting/[X.]/[X.] aaO § 765a [X.]. 8). 12 cc) Die vom Schuldner und der Rechtsbe[X.] vorgebrachten Um-stände sind nicht derart schwerwiegend, dass sie den vom Schuldner erhobe-nen Widerspruch (§ 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO) gegen die Abgabe der [X.] rechtfertigen. 13 (1) Mit Recht hat das Be[X.]gericht angenommen, dass eine be-sondere Härte i.S. des § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht darin liegt, dass dem Schuldner im Falle der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung der Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft droht. 14 Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass die Interessen der Rechtsuchenden dadurch nicht gefährdet 15 - 7 - sind. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] dient ausschließlich den Interessen der Rechtsuchenden und nicht denjenigen des [X.] gewordenen [X.]. Geschützt wird damit das berechtigte Interesse des rechtsuchenden Publikums vor der Gefahr von [X.] durch Einschaltung eines [X.]en Rechtsanwalts. [X.] in der generellen Möglichkeit des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft schon per se eine sittenwidri-ge Härte, liefe die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] weitgehend leer, weil aufgrund der Schutzvorschrift des § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO schon von [X.] weder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung noch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechtsanwalts erfolgen könnte. Diese Konsequenz läuft ersichtlich dem Schutzzweck des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zuwider. Das Be[X.]gericht hat zudem mit Recht darauf abgestellt, dass auf-grund des Vortrags des Schuldners nicht festgestellt werden kann, dass die Rechtsfolge des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] durch ein Zuwarten der Gläubigerin über einen zumutbaren [X.]raum vermieden werden könnte. Denn der Schuld-ner hat nicht substantiiert dargelegt, zu welchem bestimmten späteren [X.]-punkt er die titulierte Restforderung der Gläubigerin erfüllen könne. Zum [X.]-punkt des Erlasses der Be[X.]entscheidung waren bereits mehr als fünf Monate seit der letzten Zahlung an die Gläubigerin vergangen. 16 (2) Ohne Erfolg macht die Rechtsbe[X.] des Weiteren geltend, eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung scheide allein schon mit Blick auf die zwischen der Gläubigerin und dem Schuldner [X.] aus. Entgegen der Auffassung der [X.] - 8 - [X.] hatte das Be[X.]gericht bezogen auf den [X.]punkt seiner neu zu treffenden Entscheidung zu prüfen, ob der Widerspruch des Schuldners ge-gen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung begründet ist (s.o. unter [X.]). Bei Erlass der Entscheidung des Be[X.]gerichts hat eine Ratenzahlungsabrede zwischen der Gläubigerin und dem Schuldner nicht mehr bestanden, weil die Gläubigerin von einer solchen Vereinbarung jedenfalls mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9. Februar 2009 aufgrund der ausgebliebenen Ratenzahlungen des Schuldners über einen [X.]raum von etwa vier Monaten wirksam zurückgetreten war. Denn im Schriftsatz der Gläu-bigerin vom 9. Februar 2009 heißt es, bei dem bestehenden Ratenrückstand von über vier Monaten sei sie, die Gläubigerin, jedenfalls nicht mehr an die Ra-tenzahlungsvereinbarung gebunden. (3) Da zumindest zum [X.]punkt der Entscheidung des Be[X.]ge-richts keine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung mehr bestanden hat, kann der Schuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versiche-rung auch nicht § 775 Nr. 4 ZPO mit Erfolg entgegenhalten. 18 (4) Entgegen der Auffassung der Rechtsbe[X.] kann der Schuldner seinen Widerspruch auch nicht erfolgreich darauf stützen, dass er ausdrücklich bereit ist, der Gläubigerin außerhalb des gerichtlichen Verfahrens Auskunft zu erteilen und die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Auskünfte an Eides statt zu versichern. Das Be[X.]gericht hat mit Recht angenommen, dass die Gläubigerin das Angebot des Schuldners nicht zu akzeptieren braucht, da nur die eidesstattliche Versicherung nach den § 807 Abs. 1, §§ 899 ff. ZPO einem Gläubiger die größtmögliche Sicherheit der Vollständigkeit und Richtigkeit der Erklärung des Schuldners bietet (vgl. [X.]/[X.] aaO § 807 [X.]. 7 a.E.; [X.]/[X.] aaO § 807 [X.]. 39 m.w.N.). 19 - 9 - II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 20 Bornkamm Pokrant [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.02.2009 - 41 M 10166/09 - [X.], Entscheidung vom 06.04.2009 - 7 [X.]/09 -

Meta

I ZB 36/09

10.12.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2009, Az. I ZB 36/09 (REWIS RS 2009, 154)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 154

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