Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.03.2011, Az. 3 C 19/10

3. Senat | REWIS RS 2011, 8883

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Gegenstand

Widerruf einer Subvention; Erstattungsanspruch; Schuldbeitritt; Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid; Abgrenzung zur Bürgschaft


Leitsatz

Wer aufgrund eines Schuldbeitritts für eine Erstattungsschuld i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG (juris: VwVfG TH) haftet, kann nach § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Tatbestand

1

Der beklagte [X.] nimmt den Kläger aufgrund eines Schuldbeitritts für die Rückzahlung einer Zuwendung in Anspruch, die er einem Wirtschaftsunternehmen gewährt hatte, an dem der Kläger als Mitgesellschafter beteiligt war. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Inanspruchnahme des [X.] nicht durch [X.] hätte erfolgen dürfen.

2

Mit Zuwendungsbescheid vom 30. Dezember 1997, unter anderem geändert mit [X.] vom 8. April 1998, bewilligte der Beklagte der [X.] für die Erweiterung einer Betriebsstätte zur Maßanfertigung von Prothesen, Orthesen und Bandagen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe ([X.]) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und des [X.] (EFRE) einen Zuschuss von 45,71 % der bis Ende 1999 anfallenden förderfähigen Investitionskosten, höchstens von 960 000 DM (= 490 840,21 €). Die Zuwendung stand unter der "Bedingung", innerhalb von drei Jahren nach Auszahlung nachzuweisen, dass mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aus der Maßanfertigung von Prothesen, Orthesen und Bandagen im überregionalen Bereich erzielt würden. Der Zuschuss wurde bis Ende 1999 in Höhe von 708 403 DM (= 362 200,70 €) ausgezahlt. Da das Unternehmen den geforderten überregionalen Umsatz nicht zu erreichen vermochte, widerrief der Beklagte den Zuwendungsbescheid mit [X.] vom 6. März 2003 und forderte 362 200,70 € nebst Zinsen seit dem jeweiligen Tag der Auszahlung zurück.

3

Der Kläger ist an der [X.] mit einem Anteil von 11,75 % beteiligt. Im Zuwendungsbescheid war bestimmt worden, dass sich neben der [X.] auch deren [X.]er persönlich zur anteiligen Rückzahlung der Zuwendung verpflichten, wenn der [X.] wegen Zweckverfehlung widerrufen werden müsse. Mit "öffentlich-rechtlichem Vertrag" vom 8./9. April 1998 hatte der Kläger mit dem Beklagten einen entsprechenden "öffentlich-rechtlichen Schuldbeitritt" vereinbart. Der [X.] sollte Zinsen und Kosten einschließen, aber auf 125 000 DM (= 63 911,49 €) begrenzt sein. Insoweit sollte der Kläger gesamtschuldnerisch neben der [X.] haften; der Beklagte sollte nicht verpflichtet sein, vor der Inanspruchnahme des [X.] andere Befriedigungsmöglichkeiten zu nutzen. Weiter war vereinbart:

"Mit dem Wirksamwerden des Schuldbeitritts wird der (Kläger) neben dem Zuwendungsempfänger und evtl. weiteren Beitretenden zum Pflichtigen der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen (Beklagtem) und Zuwendungsempfänger aus dem genannten Subventionsrechtsverhältnis. Dies hat zur Folge, dass der (Beklagte) den (Kläger) mittels Leistungsbescheid in Anspruch nehmen kann."

5

Der Beklagte gab dem Kläger von dem an die [X.] gerichteten Widerrufsbescheid Kenntnis. Nach vorheriger Anhörung forderte er ihn mit Leistungsbescheid vom 29. September 2003 zur Zahlung von 47 158,52 € - einem Anteil an der Hauptforderung, der dem Verhältnis des Schuldbeitrittsbetrages zum ursprünglichen Subventionsbetrag entspricht - zuzüglich 6 % Zinsen seit dem Widerruf auf.

6

Dagegen richtet sich die Klage. Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen: Die Subvention sei rechtswidrig gewährt worden, weil sie dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbot widerspreche und weder notifiziert noch von der [X.] genehmigt worden sei. Ferner liege der behauptete [X.] nicht vor. Des Weiteren gehe der Schuldbeitritt ins Leere: Nach dessen Vereinbarung sei der Zuwendungsbescheid ohne sein Wissen mehrfach geändert worden; der Zuwendungsbescheid sei nur in seiner letzten Fassung vom 13. Dezember 1999 widerrufen worden, auf die sich der Schuldbeitritt nicht beziehe. Der Verzicht auf die Einrede der [X.] sei ebenso unwirksam wie die Unkündbarkeit des Schuldbeitritts, zumal er bereits im Jahre 2000 aus der [X.] ausgeschieden sei. Schließlich habe der Beklagte beim Erlass des angefochtenen [X.]s ermessensfehlerhaft gehandelt, indem er ihn in voller Höhe in Anspruch nehme, die [X.] selbst aber verschone und anderen [X.]ern, die der [X.] ebenfalls beigetreten seien, durch Vergleich einen großen Anteil ihrer Verbindlichkeit erlasse.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und den angefochtenen Leistungsbescheid aufgehoben. Es hat offen gelassen, ob der Kläger durch den mit dem Beklagten geschlossen Vertrag der [X.] der [X.] beigetreten sei oder lediglich eine Bürgschaft übernommen habe. Im einen wie im anderen Falle setze seine Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid eine hierauf bezogene gesetzliche Grundlage voraus. Diese könne nicht in § 49a Abs. 1 [X.] gesehen werden; die dortige Ermächtigung beziehe sich nur auf den [X.], nicht auf einen mithaftenden Dritten. Der Kläger habe sich der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid auch nicht unterworfen. Es müsse schon bezweifelt werden, ob die einschlägige Klausel des Vertrages eine solche Unterwerfung begründen und nicht lediglich auf eine beiderseits angenommene Rechtslage hinweisen sollte. Jedenfalls sei die Klausel unwirksam, weil sie einer unzulässigen Umgehung von § 61 [X.] gleichkomme. Wollten die Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Vollstreckung aus dem Vertrage erleichtern, seien sie auf die von § 61 [X.] vorgesehene Möglichkeit der Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung beschränkt.

8

Der Beklagte rügt mit der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass § 49a Abs. 1 Satz 2 [X.] auch zur Inanspruchnahme eines mithaftenden Dritten durch Leistungsbescheid ermächtige. Im Übrigen habe sich der Kläger durch den Schuldbeitritt selbst in ein Subordinationsverhältnis gestellt und der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid ausdrücklich unterworfen. Das stelle keine Umgehung von § 61 [X.] dar, schon weil die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung viel einschneidendere Folgen habe.

9

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Er hält die Vertragsklausel über die Zulässigkeit eines [X.]s zudem für eine unzulässige allgemeine Geschäftsbedingung des Beklagten.

Der Vertreter des [X.] sieht die gesetzliche Grundlage für den angefochtenen Leistungsbescheid in § 49a Abs. 1 Satz 2 [X.], der zwar nicht unmittelbar, wohl aber analog auf mithaftende Bürgen und Schuldübernehmer anzuwenden sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils.

1. Das Berufungsgericht hat zugunsten des [X.]n unterstellt, der Kläger sei der [X.] beigetreten, und hat auch für diesen Fall angenommen, dass dem angefochtenen Leistungsbescheid die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. Das verletzt revisibles Recht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Wer für eine [X.]. § 49a Abs. 1 Satz 1 [X.] infolge Schuldbeitritts haftet, kann nach § 49a Abs. 1 Satz 2 [X.] durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden.

a) Der [X.] hatte der [X.] durch Verwaltungsakt eine Zuwendung als sog. verlorenen Zuschuss bewilligt. Wird ein solcher Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, so verlieren erbrachte Leistungen ihren Rechtsgrund; sie sind zu erstatten. Der Erstattungsanspruch ist im Wege des [X.] geltend zu machen. Dies besagt § 49a Abs. 1 [X.] ausdrücklich.

Die Vorschrift ermächtigt die Behörde dazu, den Erstattungsanspruch gegen jeden [X.] mit den Mitteln hoheitlicher Verwaltung geltend zu machen. Voraussetzung ist hiernach nur, dass der Erstattungsanspruch besteht und dass er sich gegen den Adressaten des [X.] richtet. Voraussetzung ist nicht, dass der [X.] auch der Zuwendungsempfänger ist. Es genügt, dass der Erstattungsanspruch seine Wurzel in der Zuwendung hat. Natürlich kommt der Zuwendungsempfänger in erster Linie als [X.] in Betracht. Sofern neben ihm oder an seiner Stelle aber Dritte die Erstattung schulden, ermächtigt § 49a Abs. 1 [X.] auch zu deren Inanspruchnahme (ebenso [X.], in: [X.]/Bonk/[X.], [X.], 7. Auflage 2008, Rn. 31 f. zu § 49a [X.]; a.A. [X.][X.], [X.], 9. Auflage 2010, Rn. 10 zu § 49a [X.]; zweideutig [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage 2010, Rn. 10a zu § 49a [X.]). Hierbei ist gleichgültig, ob der Dritte - etwa als Rechtsnachfolger - an die Stelle des Zuwendungsempfängers getreten ist oder gesamtschuldnerisch neben diesem für die Erstattung haftet. Ebenso wenig kommt es auf den Rechtsgrund für die gesamtschuldnerische Mithaftung an; insofern unterscheidet sich die Rechtslage nach den [X.] von derjenigen nach §§ 191, 192 A[X.]

Das Berufungsgericht möchte den Anwendungsbereich des § 49a Abs. 1 [X.] demgegenüber auf die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers beschränken. Dazu besteht kein Anlass. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich diese Einschränkung nicht. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber offenbar allein den Zuwendungsempfänger im Auge hatte. Das wird nicht nur durch die Gesetzesbegründung zu § 44a der Bundeshaushaltsordnung i.d.F. vom 14. Juli 1980 belegt, auf den § 49a [X.] zurückgeht (vgl. BTDrucks 8/3785 [X.] f.), sondern auch durch systematisch zugehörige weitere Vorschriften wie § 49a Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 [X.], die den Begünstigten ansprechen, sowie durch die ergänzende Vorschrift des § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X, demzufolge die Festsetzung der zu erstattenden Leistung mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden soll, die regelmäßig - wenn auch, wie der Erbfall zeigt, nicht zwingend - an den Begünstigten zu richten ist. Diesen Gesichtspunkten stehen aber Sinn und Zweck der Vorschrift gegenüber, auf die der Vertreter des [X.] mit Recht hinweist und welche die vom Berufungsgericht befürwortete einschränkende Auslegung verbieten. Die Verwaltung soll im Interesse der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel berechtigt und grundsätzlich sogar verpflichtet sein, zu Unrecht ausgereichte Subventionen möglichst rasch und effektiv wieder einzuziehen. Das naheliegende Mittel hierzu ist der Leistungsbescheid. Das Gesetzesziel würde aber nur unvollkommen erreicht, dürfte die Verwaltung dieses Mittel nur gegenüber dem Begünstigten einsetzen, nicht hingegen gegenüber [X.], die gleichermaßen erstattungspflichtig sind.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung des § 49a Abs. 1 [X.] bestehen nicht. Durch die hoheitliche Inanspruchnahme wird der seinerseits erstattungspflichtige Dritte nicht unzumutbar beschwert. Er wird nicht grundlos in Anspruch genommen; in Rede stehen nur die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung einer ohnehin bestehenden Erstattungspflicht. Allein damit, dass dies auf hoheitliche Weise - durch Leistungsbescheid - erfolgt, ist aber kein ins Gewicht fallender Nachteil verbunden. Hierzu müssen nicht sämtliche Eingriffswirkungen der [X.] in den Blick genommen werden (dazu etwa [X.], Urteil vom 15. März 1988 - 10 A 14/87 - NVwZ 1989, 880; [X.], in: [X.]/Bonk/[X.], a.a.[X.] Rn. 25 ff. zu § 35 [X.]; [X.][X.], a.a.[X.] Rn. 40 vor § 35 [X.]; [X.], [X.], Diss. [X.] 1999, [X.] ff.); es genügt der Vergleich mit der alternativen Leistungsklage. Richtig ist, dass der Leistungsbescheid gegenüber der Leistungsklage für die Verwaltung den Vorteil mit sich bringt, sich selbst einen vollstreckbaren Titel verschaffen zu dürfen; der Gegner muss demzufolge im [X.] die Prozessrolle des [X.], nicht des [X.]n einnehmen. Sollte hierin überhaupt ein Nachteil zu sehen sein (zweifelnd bereits Senatsurteil vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 [X.] 33.86 - BVerwGE 89, 345 <350>), so stünden dem doch erhebliche Vorteile gegenüber. Ein Leistungsbescheid kann nur auf der Grundlage eines Verwaltungsverfahrens ergehen, in dem der Betroffene gesetzlich bestimmte Verfahrensrechte wie insbesondere das Recht auf Anhörung genießt; und er unterliegt im vom Bundesgesetzgeber vorgesehenen Regelfall gemäß § 68 VwGO der Überprüfung in einem Widerspruchsverfahren durch eine zumeist höhere Behörde (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a [X.] - [X.], 209 <212 f.>; zustimmend [X.], NVwZ 1993, 27 <28 f.>; vgl. ähnlich [X.], in: [X.]/Bonk/[X.], a.a.[X.] Rn. 28 zu § 35 [X.]). Das führt dazu, dass Einwände des Betroffenen schon im Leistungsbescheid Berücksichtigung finden, so dass es der - zeitaufwendigen und teuren - Inanspruchnahme der Gerichte oft gar nicht mehr bedarf. Schließlich verursacht der Leistungsbescheid als solcher weit geringere Kosten als ein Leistungsurteil.

b) Wer einer öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung beitritt, wird selbst in gleicher Weise zur Erstattung verpflichtet.

Der [X.] übernimmt durch den Schuldbeitritt eine Haftung, die inhaltlich mit der Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers identisch ist. Er wird dadurch selbst Schuldner der öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderung und möglicher Adressat eines auf § 49a Abs. 1 [X.] gestützten [X.]. Insofern liegt es nicht anders als in der gesetzlichen Folge einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. Dies hat der Senat für die Pflicht zur Erstattung von Ausgleichsleistungen nach dem [X.] bereits entschieden (Urteil vom 29. März 1984 - BVerwG 3 [X.] 18.83 - [X.] 427.7 § 40 [X.] Nr. 2; Beschluss vom 26. Juli 2007 - BVerwG 3 B 5.07 - [X.] 427.3 § 349 [X.]). Das findet entgegen der Ansicht des [X.] seine Begründung nicht in Besonderheiten des Lastenausgleichsrechts, sondern gilt allgemein (vgl. ebenso BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a [X.] - [X.], 209 <210>).

Wie die Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. kraft Gesetzes, so bewirkt der Schuldbeitritt kraft Vertrages eine Schuldmitübernahme; er schafft eine gesamtschuldnerische Haftung des [X.]n neben dem ursprünglichen Schuldner für die gegen diesen zur [X.] bestehenden - ggf. künftigen oder bedingten - Ansprüche des Gläubigers. Der [X.] schafft keinen neuen Anspruch, sondern setzt den Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner voraus und begründet für diesen Anspruch lediglich die Mithaftung des [X.]n. Der Anspruch gegen den [X.]n ist damit inhaltlich identisch mit dem Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner. Er teilt dessen Rechtsnatur; ist dieser öffentlich-rechtlich, so gehört auch die Haftschuld des [X.]n dem öffentlichen Recht an (Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 [X.] 11.68 - BVerwGE 35, 170 <172>; unter Bezugnahme hierauf [X.], Urteil vom 22. Juni 1978 - [X.]/76 - [X.]Z 72, 56 <59 f.>, ebenso dann Urteil vom 16. Oktober 2007 - [X.]/06 - [X.]Z 174, 39 und Beschluss vom 17. September 2008 - [X.]/08 - [X.], 2153). Er teilt dann aber auch dessen verfahrensrechtliche Implikationen; der Gläubiger kann seinen Anspruch auch dem mithaftenden [X.] gegenüber in gleicher Weise geltend machen wie gegenüber dem Haupt- oder Urschuldner selbst. Wohnt dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eine hoheitliche Komponente inne, so gilt dies jedem Erstattungspflichtigen gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a [X.] - [X.], 209 <210>).

Damit unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der Bürgschaft. Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verbindlichkeit des Bürgen, für die Erfüllung durch den Hauptschuldner einzustehen. Sie ist keine bloße Haftungsübernahme. Ihr [X.] bestimmt sich nicht aus der Art der Hauptschuld. Sie trägt ihren Rechtsgrund vielmehr in dem Sinne in sich, dass sie keiner weiteren Rechtfertigung mehr bedarf ([X.], Urteil vom 16. Februar 1984 - [X.] - [X.]Z 90, 187 <189 f.>). Typisch für die Bürgschaft ist deshalb ein auf die Person des Schuldners bezogenes [X.] des [X.], während Motiv für den Schuldbeitritt typischerweise ein spezifisches Eigeninteresse des [X.] am Hauptschuldverhältnis ist ([X.], Urteil vom 25. September 1980 - [X.] - NJW 1981, 47). Damit ist nicht entschieden, ob eine Bürgschaft stets privatrechtlicher Natur ist, wie der [X.] annimmt (so - ihm folgend - auch [X.], Urteil vom 23. November 1989 - 22 [X.] - NJW 1990, 1006 m. zust. [X.] [X.]), oder, weil und sofern sie einem öffentlichen Zweck dient, auch als öffentlich-rechtliche zu qualifizieren sein kann (so [X.] in: Festschrift für [X.], 1997, S. 1193 <1208>). Auch mag bezweifelt werden, ob eine öffentlich-rechtliche Besicherung, die wegen Nichtbeachtung des § 57 [X.] formnichtig ist, in eine formgültige privatrechtliche Bürgschaft umgedeutet werden kann (so [X.], Urteil vom 16. Oktober 2007 a.a.[X.] und Beschluss vom 17. September 2008 a.a.[X.]). Das [X.] hat zu diesen Fragen bislang nicht Stellung genommen. Es hat lediglich entschieden, dass eine Bürgschaft, mit der eine ihrerseits privatrechtliche Darlehensschuld besichert wurde, privatrechtlicher Natur ist (Urteil vom 30. Oktober 1997 - BVerwG 3 [X.] 8.97 - BVerwGE 105, 302 <305>; anders zuvor Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 [X.] 11.68 - BVerwGE 35, 170 <171 f.>). Für eine Besicherung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs durch Bürgschaft folgt hieraus nichts. Erst recht folgt hieraus nichts zu der weiteren Frage, ob der aus einer öffentlich-rechtlichen Bürgschaft Verpflichtete im Wege des [X.] herangezogen werden dürfte. § 49a Abs. 1 [X.] ermächtigt hierzu jedenfalls nicht.

c) Dass der Schuldbeitritt durch Vertrag erfolgt, steht dem Bisherigen nicht entgegen. Richtig ist, dass durch Vertrag begründete Pflichten grundsätzlich nicht durch den Erlass von Verwaltungsakten durchgesetzt werden dürfen, wenn nicht eine zusätzliche gesetzliche Grundlage dies erlaubt (Urteile vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 [X.] 44.74 - BVerwGE 50, 171, vom 26. Oktober 1979 - BVerwG 7 [X.] 106.77 - BVerwGE 59, 60 und vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 [X.] 33.86 - BVerwGE 89, 345). Eine solche gesetzliche Grundlage bietet aber § 49a Abs. 1 [X.]. Auf sie zurückzugreifen, wird auch durch die Vertragsform nicht wiederum ausgeschlossen. Es ist gerade Gegenstand des Vertrages, dass der Dritte die Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers einschließlich ihrer öffentlichen Rechtsnatur und ihrer hoheitlichen Implikationen übernimmt. Deshalb wurde in dem Umstand, dass die Schuldmitübernahme durch Vertrag begründet wird und werden muss, niemals ein Hindernis gesehen.

Aus § 61 [X.] ergibt sich nichts anderes. Hiernach kann sich jeder Vertragschließende der sofortigen Vollstreckung aus einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag unterwerfen. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der [X.] die einzige zulässige Form der zwangsweisen Durchsetzung vertraglicher Ansprüche sei. Die Vorschrift besagt lediglich, dass ohne eine solche Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Vollstreckung unmittelbar aus dem Vertrag selbst unzulässig ist. Ihr lässt sich aber nicht entnehmen, dass über die vertraglichen Ansprüche nicht auch ein Leistungsbescheid ergehen und dieser alsdann mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden dürfte. Auch auf diesem Wege wird nicht auf ein zusätzliches Erkenntnisverfahren verzichtet, es tritt nur an die Stelle der Leistungsklage ein Verwaltungsakt mit der Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.

Keiner Entscheidung bedarf, ob sich der Vertragspartner der Behörde in einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag der Durchsetzung in diesem Vertrage übernommener Pflichten durch Leistungsbescheid auch dann wirksam unterwerfen könnte, wenn das Gesetz eine Befugnis der Behörde zum Erlass eines solchen [X.] nicht vorsähe (verneinend [X.]/[X.], a.a.[X.] Rn. 6 zu § 61 [X.]; [X.], a.a.[X.] Rn. 74 zu § 44 [X.]; allgemein [X.], "[X.] non fit iniuria", [X.] 1985, 398).

2. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Leistungsbescheid erweist sich vielmehr als rechtmäßig. Dafür bedarf es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen.

a) Der Kläger ist der bedingten künftigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung der [X.] beigetreten. Sein Vertrag mit dem [X.]n enthält einen Schuldbeitritt und nicht lediglich die Übernahme einer Bürgschaft. Hierfür ist nicht nur die ausdrückliche Bezeichnung im Vertrage maßgeblich, sondern auch der Umstand, dass der Kläger als - zudem im Unternehmen [X.] - [X.]er persönlich an der Gewährung der Subvention und an der Erfüllung des damit verbundenen [X.] interessiert war; wie erwähnt, ist der entscheidende Unterschied des Schuldbeitritts zur Bürgschaft darin zu sehen, dass den [X.]n ein spezifisches Eigeninteresse am Hauptschuldverhältnis leitet, während beim Bürgen ein auf die Person des Schuldners bezogenes [X.] im Vordergrund steht ([X.], Urteil vom 25. September 1980 - [X.] - NJW 1981, 47). Dahinter tritt die Bedeutung einer eher bürgschaftstypischen, einem Verzicht auf die Einrede der [X.] ähnelnden Vereinbarung, dass der [X.] vor der Inanspruchnahme der Klägerin keine anderen Befriedigungsmöglichkeiten nutzen muss, zurück.

Der Schuldbeitritt ist wirksam vereinbart worden. Die Schriftform (§ 57 [X.]) wurde gewahrt. Dass der Vertrag nicht den späteren Verminderungen des [X.] angepasst wurde, schadet nicht; dadurch wurde die Verpflichtung des [X.] nur verringert.

Der Vertrag hält auch der [X.] stand. Namentlich steht die Verpflichtung des [X.] in sachlichem Zusammenhang mit der dem Unternehmen gewährten Zuwendung und deren öffentlichem Zweck und ist auch den Umständen nach nicht unangemessen (vgl. § 56 Abs. 1 [X.]). Ferner ist nicht ersichtlich, dass die persönliche Haftung für den Kläger wirtschaftlich unzumutbar sein könnte, zumal sie auf einen seinem [X.]santeil entsprechenden Teil der möglichen Erstattungsforderung beschränkt wurde. Hierfür bedarf es keiner Erörterung der Frage, inwiefern die Maßstäbe, die der [X.] für eine sittenwidrige Überforderung eines [X.]ers mit bloßer Minderheitsbeteiligung durch eine Bürgschaftsübernahme entwickelt hat (vgl. etwa [X.], Urteil vom 10. Dezember 2002 - [X.] - NJW 2003, 967 m.w.N.; [X.], Urteil vom 4. Oktober 2000 - 8 K 2185/99.We - [X.] 2001, 91), auf die Würdigung eines öffentlich-rechtlichen Besicherungsvertrages übertragen werden können. Neben §§ 56, 59 [X.] findet § 307 BGB (= § 9 [X.] a.F.) keine Anwendung mehr (Urteil vom 6. März 1986 - BVerwG 2 [X.] 41.85 - BVerwGE 74, 78 <83>).

Schließlich ist der Schuldbeitritt nicht deshalb rechtswidrig, weil das Subventionsverhältnis selbst rechtswidrig wäre. Der Kläger meint zwar, die Zuwendung sei unter Verstoß gegen Art. 87, 88 [X.] (heute Art. 107, 108 AEUV) gewährt worden und daher gemeinschaftsrechtswidrig gewesen. Es kann dahinstehen, welche Folgen dies für die Wirksamkeit des [X.]s zu der Erstattungsverpflichtung des [X.] gehabt hätte. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Zuwendung von der [X.] genehmigt wurde. Der behauptete Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht liegt daher nicht vor.

b) Der Erstattungsanspruch des [X.]n ist entstanden und fällig.

Wie erwähnt, setzt die Rechtmäßigkeit eines auf § 49a Abs. 1 [X.] gestützten [X.] voraus, dass die zu erstattende Leistung aufgrund eines Bewilligungsbescheides erbracht und dieser später aufgehoben, widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam wurde. Auf den Widerspruch oder die Klage des in Anspruch genommenen [X.] hin ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Wurde der Bewilligungsbescheid dem Zuwendungsempfänger gegenüber zurückgenommen oder widerrufen, so ist zusätzlich die Rechtmäßigkeit des Rücknahme- oder [X.] zu prüfen. Dabei mag offen bleiben, ob der Dritte dahingehende Einwendungen schon gegen den Rücknahme- oder [X.] selbst geltend machen darf (die Klagebefugnis verneint etwa [X.], Urteil vom 15. November 2000 - 2 K 353/98.Me - [X.] 2001, 111 <113>) und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen geltend machen muss oder ob er sie - ggf. ungeachtet einer etwaigen Unanfechtbarkeit des Rücknahme- oder [X.] - auch oder allein gegen den Leistungsbescheid vorbringen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 12. August 1998 - 4 [X.]/98 - NJW 1998, 3513 unter Berufung auf § 62 Satz 2 [X.] i.V.m. § 417 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der [X.] ist hier jedenfalls rechtmäßig. Wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen näher dargelegt hat, wurde der Zuwendungszweck innerhalb der [X.] nicht erreicht; damit lag ein [X.] vor (§ 49 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Der begünstigten [X.] stand ferner kein Vertrauensschutz zur Seite. Schließlich hat der [X.] sein Widerrufsermessen fehlerfrei ausgeübt, indem er auf seine Pflicht zur sparsamen und nur zweckentsprechenden Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel verwiesen hat; da besondere Umstände des Einzelfalles nicht vorliegen, erübrigten sich weitere Erwägungen (sog. intendiertes Ermessen, vgl. Urteil vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 [X.] 22.96 - BVerwGE 105, 55; stRspr). Auch gegen die Zinsforderung bestehen keine Einwände.

c) Die Inanspruchnahme des [X.] war schließlich rechtmäßig. Die [X.] hat die Erstattungsforderung ihrerseits nicht beglichen. Die Inanspruchnahme des [X.] leidet auch nicht an Ermessensfehlern.

Nach § 49a Abs. 1 Satz 1 [X.] "sind" die [X.] erbrachten Zuwendungen zu erstatten. Es ist zweifelhaft, ob der Behörde damit zwingend vorgeschrieben ist, die Erstattung zu verlangen - wodurch haushaltsrechtliche Möglichkeiten der Stundung, der Niederschlagung oder des Erlasses unbenommen blieben -, oder ob sie hiervon nach ihrem Ermessen absehen könnte (vgl. [X.], in: [X.]/Bonk/[X.], a.a.[X.] Rn. 37 zu § 49a [X.] m.w.N.). Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Erörterung. Selbst wenn der Vorschrift eine Verpflichtung der Behörde zu entnehmen wäre, den Erstattungsanspruch überhaupt geltend zu machen, so ließe dies doch jedenfalls ihre Befugnis und ihre Verpflichtung unberührt, bei der Inanspruchnahme mithaftender Dritter den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

Der Kläger hat zum einen geltend gemacht, der [X.] greife auf die [X.] zurück, obwohl er die Zuwendungsempfängerin selbst verschone. Daraus allein lässt sich kein Ermessensfehler ersehen. Dieses Vorgehen findet seinen Grund zwanglos darin, dass der Erstattungsanspruch beim Kläger leichter durchsetzbar erscheint. Dem Kläger steht der Rückgriff gegen die [X.] aus übergegangener öffentlich-rechtlicher Forderung offen (vgl. § 426 BGB).

Zum anderen hat der Kläger behauptet, der [X.] habe ihn schlechter gestellt als die anderen Schuldübernehmer; diesen habe er einen Großteil der Schuld erlassen. Auch dies kann die Rechtmäßigkeit des gegen ihn gerichteten [X.] nicht berühren. Ob eine durch Bescheid festgesetzte [X.] erlassen wird, ist erst Gegenstand des [X.], hat seinen Grund allein in einer Härte für den jeweiligen Schuldner und wäre auch beim Kläger unbenommen. Dass der Erlass gegenüber anderen Gesamtschuldnern die eigene Rechtsstellung des [X.] verschlechtern könnte, ist ausgeschlossen. Eine solche Verschlechterung droht auch nicht beim Innenregress. Weil ohnehin jeder [X.]sschuldner nur mit einem seinem [X.]santeil entsprechenden Anteil an der Schuld des Unternehmens haftet, scheidet ein Innenregress unter den [X.]sschuldnern aus; jeder Erlass einem von ihnen gegenüber kommt nur ihm selbst und mittelbar dem Unternehmen zugute, lässt aber die Stellung der anderen [X.]sschuldner unberührt.

Meta

3 C 19/10

03.03.2011

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Thüringer Oberverwaltungsgericht, 4. März 2010, Az: 3 KO 591/08, Urteil

§ 49a Abs 1 S 1 VwVfG TH, § 49a Abs 1 S 2 VwVfG TH, § 61 VwVfG TH

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.03.2011, Az. 3 C 19/10 (REWIS RS 2011, 8883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8883

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

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M 8 K 15.3460

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