26. Senat | REWIS RS 2013, 8970
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Markenbeschwerdeverfahren – "Klimawabe" – fehlende Unterscheidungskraft -
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 056 414.8
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 16. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 20 des [X.] hat die Anmeldung der für die Waren
„Klasse 20: Rollo, aufrollbare Vorhänge aus Kunststoff, Holz
Klasse 24: Rollo, aufrollbare Vorhänge aus Textilien“
bestimmten Marke
Klimawabe
mit Beschluss vom 27. September 2011 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, bei dem in der angemeldeten Marke enthaltenen Grundwort „[X.]“ handele es sich um einen Begriff, der in technischen Zusammenhängen als Bezeichnung für ein Element mit einer wabenförmigen Struktur stehe. Im [X.] finde sich zudem die Werbung eines [X.] mit „Klimawaben“, der dort alternativ zu dem eingeführten Begriff „Klimazonen“ verwendet werde. Auf Grund dieser Sachlage fehle der angemeldeten Marke die Eignung, die in der Anmeldung aufgeführten Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Der angesprochene Verkehr werde in der angemeldeten Marke vielmehr nur eine den Sprach- und Werbegewohnheiten entsprechend gebildete Sachaussage über die Art und die Ausstattung der betreffenden Waren mit klimatisierenden [X.]nelementen sehen.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Marke weise bei Zugrundelegung des gebotenen großzügigen Beurteilungsmaßstabs für die in der Anmeldung aufgeführten Waren das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft auf. Die in der angemeldeten Marke enthaltenen Begriffe „[X.]“ und „Klima“ seien mehrdeutig und stellten bereits für sich gesehen keine eindeutig beschreibenden Angaben für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren dar. Auch sei die Zusammensetzung dieser beiden Begriffe originell und es gebe kein Produkt, das sich mit diesem Begriff eindeutig beschreiben lasse. Zumindest sei die angemeldete Marke interpretationsfähig und -bedürftig. Sie weise für die beanspruchten Waren keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt auf. Das Wort „Klimawabe“ sei auch nicht lexikalisch erfasst. Zur Stützung ihrer Ansicht verweist die Anmelderin ergänzend auf die Eintragung der Wortmarke „Doppel-Kraft-[X.]n“ für Aluminium und Grillpfannen durch das HABM.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des [X.] vom 27. September 2011 aufzuheben.
II
Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 2 [X.] zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die in der Anmeldung beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).
Ausgehend von der im angegriffenen Beschluss von der Markenstelle zutreffend dargestellten Definition der Unterscheidungskraft und der Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durch den [X.] und den [X.], auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann, fehlt der angemeldeten Marke auch bei Einbeziehung des Vorbringens der Anmelderin in der Beschwerdebegründung die Eignung, die beanspruchten Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden, weil es sich bei ihr um eine die Beschaffenheit dieser Waren beschreibende Angabe handelt.
Die Waren, für die die Anmelderin die Eintragung der Bezeichnung „Klimawabe“ als Marke begehrt, richten sich sowohl an den Endverbraucher, der ein Rollo oder einen aufrollbaren Vorhang erwirbt, um dieses Rollo bzw. diesen Vorhang selbst anzubringen, als auch den [X.], wie z. [X.] oder Dekorateure, die diese Waren weiterverkaufen und ggf. auch für den Endverbraucher installieren. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob die angemeldete Marke Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] aufweist, ist deshalb einerseits das Verständnis des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ([X.] GRUR 2004, 943 - SAT.2) von Rollos und aufrollbaren Vorhängen und andererseits das Verständnis der mit den fraglichen Waren befassten Fachkreise. Dabei darf die [X.] des angesprochenen Publikums nicht zu gering veranschlagt werden und insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass das breite Publikum über keine Allgemeinbildung verfügt ([X.], [X.]/08 - [X.]). Andererseits ist zu beachten, dass für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke auch das Verständnis der am Handel beteiligten Kreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, weil der [X.] die maßgeblichen Verkehrskreise als „den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“ definiert ([X.] GRUR 2006, 411 - Matratzen [X.]/[X.]; [X.], [X.] 2006, 433, 435).
Die vorliegend angemeldete Marke vermag sowohl der inländische [X.] als auch der inländische Endabnehmer der maßgeblichen Waren ohne Weiteres in ihrem Begriffsgehalt zu erfassen, weil sie aus Wörtern der [X.] Umgangssprache gebildet ist. Die Marke lässt ohne gedankliche Analyse sofort erkennen, dass sie aus den Begriffen „Klima“ und „[X.]“ zusammengesetzt ist. Der normal informierte Verkehr kennt die Bedeutung dieser Begriffe und weiß auch, dass der Begriff „Klima“ nicht nur eine meteorologische Bedeutung hat, sondern auch in anderem Sinnzusammenhang zur Bezeichnung beispielsweise des Zustands zwischenmenschlicher oder zwischenstaatlicher Beziehungen oder zur Bezeichnung der Atmosphäre innerhalb von Räumen verwendet wird. Diesbezüglich sind dem Verkehr im Zusammenhang mit der Schaffung eines gesunden und angenehmen Raumklimas insbesondere Begriffe wie „Klimaanlage“ und „Klimakammer“ bekannt (vgl. [X.], die [X.] Rechtschreibung, 21. Auflage, [X.]). Des Weiteren ist dem normal informierten Verkehr auch bekannt, dass mit dem Begriff „[X.]“ nicht nur eine Bienenwabe, sondern in anderem, meist technischem Zusammenhang die typische [X.]nform bezeichnet wird. Auf Grund dieser Vorkenntnisse wird der Durchschnittsverbraucher und erst recht der mit Rollos und [X.] befasste [X.] die angemeldete Marke ohne Weiteres dahingehend verstehen, dass es sich bei den so bezeichneten Waren um solche handelt, die eine [X.]nstruktur bzw. einen wabenförmigen Aufbau aufweisen, mittels derer/dessen das Raumklima beeinflusst werden kann. Dieses Verständnis drängt sich dem Verkehr auf, wenn er der angemeldeten Marke auf bzw. im Zusammenhang mit Rollos und aufrollbaren Vorhängen begegnet, die bekanntermaßen u. a. dazu dienen, die Aufheizung von Räumen durch direkte Sonneneinstrahlung zu verhindern. Angesichts dieses erkennbar beschreibenden [X.] ist nicht zu erwarten, dass der Verkehr der angemeldeten Marke einen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen entnimmt; denn die angemeldete Marke ist [X.] gebildet und weist keine über den rein beschreibenden Begriffsgehalt hinausgehenden grammatikalischen oder sprachlichen Besonderheiten auf, die trotz ihres beschreibenden Inhalts ein Verständnis als betriebliches Herkunftskennzeichen nahelegen könnten.
Allein die Tatsache, dass die angemeldete Marke theoretisch auch andere Bedeutungen aufweisen kann, ist entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht geeignet, deren Unterscheidungskraft zu begründen, denn einer Angabe fehlt bereits dann die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sie in einer ihrer Bedeutungen für die beanspruchten Waren eine beschreibende Bedeutung hat, unabhängig davon, ob sie noch andere, auch nicht beschreibende Bedeutungen haben kann ([X.], 257, 258 – Bürogebäude; [X.], 952 - Deutschland-Card).
Die angemeldete Marke weist entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Ansicht auch keine Interpretationsbedürftigkeit auf. Ob eine schutzbegründende Bedeutungsvielfalt vorliegt, darf nicht [X.] beurteilt werden, sondern muss im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen gesehen werden ([X.], 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Hierbei kann sich waren- und [X.] der Kreis lexikalisch möglicher Begriffsgehalte auf einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt reduzieren ([X.], 882, 883 - [X.]). Davon ist auch im Fall der angemeldeten Marke bei einer Benutzung im Zusammenhang mit Rollos und aufrollbaren Vorhängen auszugehen, bei der die von der Anmelderin in der Beschwerdebegründung angeführten weiteren theoretischen Verständnismöglichkeiten der Bezeichnung „Klimawabe“ zum Teil nicht ernsthaft in Betracht kommen bzw. deutlich ferner liegen als das von der Markenstelle zutreffend angenommene beschreibende Verkehrsverständnis.
Auch die Berufung der Anmelderin auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Markenvoreintragungen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da selbst identische Voreintragungen keinerlei verbindliche Bedeutung für die rechtliche Beurteilung von späteren Markenanmeldungen haben und es für die Frage der Eintragung einer angemeldeten Marke allein darauf ankommt, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schutzhindernisses gegeben sind (vgl. u. a. [X.] [X.], 667, Nr. 13 ff. - [X.] u. [X.]; [X.] 2011, 230, Nr. 10 - [X.]). Die Prüfung der angemeldeten Marke ist auch ausschließlich auf diese Marke selbst zu beziehen ([X.] GRUR Int. 2011, 400, Nr. 77 - Zahl 1000). Rechtliche Feststellungen zu anderen Markeneintragungen sind daher weder geboten noch zulässig. Die von der Anmelderin in der Beschwerdebegründung angeführten, mit der angemeldeten Marke nicht identischen, aber angeblich vergleichbaren Voreintragungen sind deshalb für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der vorliegend angemeldeten Marke rechtlich unbeachtlich. In Bezug auf die von der Anmelderin konkret benannte Voreintragung der Gemeinschaftsmarke „Doppel-Kraft-[X.]n“ für Aluminium und Grillpfannen wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass diese für das vorliegende Beschwerdeverfahren schon deshalb keine indizielle Bedeutung haben kann, weil die Eintragung sowohl eine andere Marke als auch andere Waren zum Gegenstand hatte, so dass schon keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen.
Der Beschwerde der Anmelderin musste aus den dargelegten Gründen der Erfolg versagt bleiben.
Meta
16.01.2013
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.01.2013, Az. 26 W (pat) 564/11 (REWIS RS 2013, 8970)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 8970
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