Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.07.2012, Az. V ZB 288/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4255

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Gegenstand

Notarkosten: Betreuungsgebühr für die Überwachung der vorab von den Parteien für den Vollzug oder die Rückabwicklung des Vertrages abgegebenen Erklärungen bei Ausfertigungssperre; unrichtige Sachbehandlung


Leitsatz

1. Die Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO wird schon mit der Annahme eines Auftrags durch den Notar ausgelöst, die von den Parteien vorab für den Vollzug oder die Rückabwicklung des Vertrags abgegebenen Erklärungen (Auflassung, Löschungsbewilligung) zu überwachen, wenn der Notar auf Grund einer von ihm zu beachtenden Ausfertigungssperre keine vollständigen Ausfertigungen erteilen darf.

2. Die eine solche Gebühr auslösende Vertragsgestaltung stellt grundsätzlich eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO dar, wenn der Notar beauftragt wird, die vertragsgemäße Verwendung einer für den Fall eines Rücktritts des Verkäufers wegen Zahlungsverzugs bereits von dem Käufer vorab erklärten Bewilligung zur Löschung der Auflassungsvormerkung zu überwachen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des [X.] vom 2. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 123,16 €.

Gründe

I.

1

[X.] beurkundete einen Vertrag, mit dem der Kostenschuldner ein bebautes Grundstück kaufte. In dem Kaufvertrag wurden zugleich die Auflassung und die Bewilligung des Verkäufers zur Eintragung einer den Anspruch auf Übereignung sichernden Vormerkung beurkundet. Der Kostenschuldner bewilligte zugleich die Löschung dieser Vormerkung, unabhängig von der Eigentumsumschreibung. [X.] war berechtigt, aber nicht verpflichtet, den Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung zu stellen, wenn der Kostenschuldner nicht nach Fälligkeit den Kaufpreis zahlte, der Verkäufer den Rücktritt von dem Vertrag erklärte, und der Kostenschuldner auch auf Aufforderung des [X.]s diesem gegenüber die Zahlung des Kaufpreises nicht nachwies. Vor der Beantragung der Umschreibung des Eigentums oder Löschung der Vormerkung sollte der [X.] den Vertragsparteien keine vollständige Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Vertrags erteilen.

2

[X.] erstellte gegenüber dem Kostenschuldner eine Kostenberechnung, in der er - hier von Interesse - auch eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.] für die Überwachung der [X.] für die Auflassungsvormerkung in Ansatz brachte. Der Präsident der [X.] hat im Rahmen der Geschäftsprüfung die Kostenberechnung hinsichtlich dieser Gebühr beanstandet und dem [X.] aufgegeben, im Wege der Beschwerde die Entscheidung des [X.] herbeizuführen. Das [X.] hat die Kostenberechnung abgeändert und unter Herausrechnung der [X.] für die Überwachung der Löschung der Vormerkung neu gefasst. Das [X.] hat die Beschwerde des [X.]s zurückgewiesen.

II.

3

Das Beschwerdegericht bejaht zwar die Entstehung einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.], weil diese nicht durch eine andere Gebühr abgedeckt sei und mit der Annahme des Auftrags ausgelöst werde, wenn der Notar auf Grund einer von ihm zu beachtenden [X.] den Parteien keine vollständigen Ausfertigungen habe erteilen dürfen. Die Gebühr müsse aber außer Ansatz bleiben, da sie nach § 16 [X.] wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben sei.

4

Das von den Vertragsparteien angestrebte Ziel, mit der Bewilligung der Auflassungsvormerkung für den Käufer zugleich auch den durch den Rücktritt bedingten Anspruch des Verkäufers auf deren Löschung zu sichern, könne auf verschiedenen Wegen erreicht werden, die für den Verkäufer gleich sicher, für den Käufer jedoch mit unterschiedlichen Kosten verbunden seien. Wenn der Notar, statt sogleich die [X.] des Käufers zu beurkunden, sich von dem Käufer bevollmächtigen lasse, erst nach einem Rücktritt des Verkäufers wegen Nichtzahlung des Kaufpreises die Löschung der Vormerkung zu bewilligen, werde bei ungestörter Vertragsabwicklung die Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.] nicht ausgelöst, so dass für die Parteien durch diese Sicherung keine zusätzlichen Kosten entstünden.

5

Die Wahl derjenigen Gestaltung, die auch für die Mehrzahl der problemlos abzuwickelnden Kaufverträge höhere Kosten entstehen lasse, sei nicht durch das einem Notar grundsätzlich zustehende Gestaltungsermessen gedeckt. Zwar gehöre es nicht zu dessen Amtspflichten, einen mit der Übernahme einer Vollmacht verbundenen [X.] anzunehmen. Auf das Fehlen einer dienstrechtlichen Verpflichtung könne sich der [X.] aber deshalb nicht berufen, wenn er für den Vollzug des [X.] seiner Angestellten in den Vertrag aufgenommen habe, sich aber ohne jede sachliche Begründung weigere, eine Bevollmächtigung für den von ihm selbst vorgesehenen Fall einer Rückabwicklung zu akzeptieren. Vor diesem Hintergrund verstoße das Verhalten des [X.]s gegen das Gebot, von mehreren, gleich sicheren Gestaltungen die für die Vertragsparteien kostengünstigste zu wählen.

III.

6

Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

7

Die angefochtene Entscheidung ist in allen Punkten rechtsfehlerfrei begründet worden. Das Vorbingen des [X.]s in der [X.] führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Auslegung des § 16 [X.] durch das Beschwerdegericht stellt insbesondere keinen unzulässigen Eingriff in ein dem Notar zuzugestehendes Gestaltungsermessen dar.

8

1. Richtig ist allerdings, dass ein Notar nicht verpflichtet ist, einen Betreuungsvertrag im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] anzunehmen. Daraus lässt sich jedoch nicht der von der Rechtsbeschwerde gezogene Schluss ziehen, dass ein Notar die für die Vertragsparteien teurere Gestaltung wählen dürfe, weil es keine Rechtsvorschrift gebe, die einen Notar zur Annahme einer Vollmacht verpflichte. Eine solche Norm kann es schon deshalb nicht geben, weil die Erteilung einer Vollmacht eine selbständige, einseitige Erklärung des Vollmachtgebers ist, die keiner Annahme durch den Bevollmächtigten bedarf (vgl. nur [X.], Urteil vom 5. Dezember 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 1202, 1203). Da für Notare nichts anderes gilt, kann ein Notar nicht die Erteilung der Vollmacht, sondern nur die Annahme des ihr zugrunde liegenden [X.]s ablehnen.

9

2. Es gibt keine anzuerkennenden Sachgründe für einen Notar, der eine Betreuungspflicht übernimmt, dabei die für die Parteien mit höheren Kosten verbundene Gestaltung zu wählen. Solche Gründe werden von dem [X.] auch in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht aufgezeigt.

a) Dem Notar ist es weder durch Rechtsvorschriften noch durch Standesrichtlinien untersagt, zum Zweck der Vertragsdurchführung oder -abwicklung [X.] mit solchen Vollmachten für sich oder seine Angestellten anzunehmen und von den erteilten [X.] gemäß dem Auftrag Gebrauch zu machen (Reithmann, [X.] 2005, 322, 326; [X.]/[X.], Richtlinienempfehlungen der [X.] Rn. 91).

b) Mit der Bevollmächtigung ist für den Notar weder ein höherer Prüfungsumfang noch ein größeres Haftungsrisiko als bei einer Vorabbewilligung der Löschung der Vormerkung durch den Käufer verbunden. Maßgebend dafür ist allein der Inhalt des [X.]s. Nach dessen Bestimmungen muss der Notar - wenn der Verkäufer ihm den Vertragsrücktritt wegen Nichtzahlung des Kaufpreises anzeigt - bei beiden Gestaltungen prüfen und entscheiden, ob er die Löschung der Auflassungsvormerkung herbeizuführen hat. Ob der Notar bei dem Grundbuchamt den Antrag auf deren Löschung unter Einreichung einer vom Käufer vorab erteilten Bewilligung oder unter Vorlage der von ihm auf Grund der Vollmacht des Käufers erklärten [X.] stellt, ist lediglich eine Frage der technischen Abwicklung des [X.]s, die für den Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen des Notars nicht wesentlich ist.

IV.

Gebühren und Auslagen werden in den auf Anweisung eines Gerichtspräsidenten eingeleiteten Beschwerdeverfahren nach § 156 Abs. 7 Satz 3 [X.] von dem Notar nicht erhoben ([X.]/[X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 56 Rn. 103). Die [X.] beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 [X.].

Krüger                                                   Lemke                                                 Schmidt-Räntsch

                          Stresemann                                                 Czub

Meta

V ZB 288/11

26.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Hamm, 2. Dezember 2011, Az: I-15 W 6/11

§ 16 Abs 1 S 1 KostO, § 147 Abs 2 KostO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.07.2012, Az. V ZB 288/11 (REWIS RS 2012, 4255)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4255

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

V ZR 213/17

II ZB 27/12

V ZB 288/11

V ZB 67/19

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