Bundessozialgericht, Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 2/10 R

1. Senat | REWIS RS 2010, 2964

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Krankenversicherung - Leistungen bei Beschäftigung im Ausland - Gewährung von Krankenbehandlung durch den Arbeitgeber nur bei familienversicherten Angehörigen - Abtretung des Erstattungsanspruchs des Arbeitgebers an den Familienangehörigen - Kostenprivilegierung bei Klage eines Familienangehörigen in der Sozialgerichtsbarkeit


Leitsatz

1. Ein Arbeitgeber muss den mit einem Beschäftigten in das vertragslose Ausland mitreisenden Familienangehörigen Krankenbehandlung nur gewähren, wenn diese familienversichert sind.

2. Kann ein Arbeitgeber die Kosten einer Auslandsbehandlung für einen Familienangehörigen seines Auslandsbeschäftigten von der Krankenkasse erstattet verlangen, darf er den Erstattungsanspruch zur Geltendmachung an den Familienangehörigen abtreten.

3. Klagt ein Familienangehöriger eines Auslandsbeschäftigten in der Sozialgerichtsbarkeit Erstattungsansprüche gegen seine Krankenkasse ein, die ihm der Arbeitgeber des Beschäftigten abgetreten hat, ist der Familienangehörige kostenprivilegiert.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der Leistungspflicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) nach § 17 [X.]B V für Zeiten des Aufenthalts in der [X.].

2

Die Ehefrau des 1934 geborenen, bei der beklagten [X.] in der Krankenversicherung der Rentner ([X.]) versicherten [X.] war von Oktober 2005 bis Oktober 2008 in [X.] bei einer Zweigstelle des [X.] beschäftigt und bei einer anderen Krankenkasse ([X.]) als der Kläger versichert. Der Kläger behielt seinen Wohnsitz in [X.] bei. Er hielt sich dort jeweils für mehrere Wochen auf, überwiegend jedoch in der [X.] bei seiner Ehefrau. Seit 2009 ist die Ehefrau in [X.] eingesetzt.

3

Der Beigeladene machte dem Kläger gegenüber von einem bestimmten Zeitpunkt an die Erstattung der Kosten der in der [X.] in Anspruch genommenen Krankenbehandlung davon abhängig, dass die Beklagte ihm (dem Beigeladenen) Kostenerstattung gewähre; zudem trat der Beigeladene seine Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger ab. Im Januar 2006 machte der Kläger dann gegenüber der Beklagten geltend, er habe gegen den Beigeladenen als Arbeitgeber seiner Ehefrau Anspruch auf Leistungen analog § 17 Abs 1 Satz 2 [X.]B V wie ein nach § 10 [X.]B V versicherter Familienangehöriger; daher sei die Beklagte gemäß § 17 Abs 2 [X.]B V verpflichtet, ihm aus abgetretenem Recht die Behandlungskosten zu erstatten. Die Beklagte trat dem entgegen, da der Kläger nicht als Familienangehöriger seiner im Ausland beschäftigten Ehefrau versichert sei und eine Familienversicherung wegen seiner vorrangigen Pflichtversicherung in der [X.] ausscheide (Bescheid vom 16.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 3.3.2006).

4

Die auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gerichtete Klage hat das [X.] mit gleicher Begründung abgewiesen (Urteil vom 13.10.2008). Das L[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen: Sein [X.] - inzwischen umgestellt auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage - sei zulässig (Wiederholungsgefahr; Schadensersatzprozess wegen der Kosten einer abgeschlossenen privaten Auslandskrankenversicherung). Die Beklagte sei aber nicht zur Kostenerstattung gemäß § 17 Abs 2 [X.]B V verpflichtet, weil der Kläger nicht als Familienangehöriger seiner Ehefrau versichert sei, sondern als versicherungspflichtiger Rentner. § 17 Abs 1 Satz 2 [X.]B V gelte insoweit auch nicht analog. Das noch unter Geltung der [X.] ergangene Urteil des B[X.] vom 9.3.1982 (B[X.]E 53, 150 = [X.] 2200 § 222 Nr 1) sei auf die Rechtslage nach dem [X.]B V nicht übertragbar. Das somit eintretende Ruhen des Leistungsanspruchs bei Auslandsaufenthalten verstoße weder gegen Art 2 Abs 1 und 2 GG noch gegen Art 6 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG(Urteil vom 10.12.2009).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 17 [X.]B V und Art 3 Abs 1 GG. Während seines Aufenthalts in der [X.] habe § 17 Abs 1 Satz 2 iVm Satz 1 [X.]B V entsprechend angewandt werden müssen. Da der [X.] bereits zu Zeiten der [X.] gegolten habe, lasse sich aus der Entstehungsgeschichte zu §§ 16 ff [X.]B V nichts gegen eine Analogie und Weitergeltung des B[X.]-Urteils vom 9.3.1982 (aaO) herleiten. Der von dieser Rechtsprechung geforderte entsendungsähnliche Sachverhalt, der die Inpflichtnahme des Arbeitgebers für begleitende Ehegatten rechtfertige, sei auch zu bejahen, wenn der Ehegatte in der [X.] pflichtversichert sei, der Abschluss einer privaten Auslandskrankenversicherung einem ohnehin bereits beitragsbelasteten Rentner dagegen unzumutbar. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 10 [X.]B V sei kein geeignetes Abgrenzungskriterium für das Bestehen von Leistungsansprüchen, weil Ehegatten mit dem Status pflichtversicherter Kleinrentner vom Entsandten ähnlich finanziell abhängig sein könnten wie Familienversicherte.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 10. Dezember 2009 und des [X.] vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2006 rechtswidrig war.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das L[X.]-Urteil für zutreffend.

9

Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass er die begehrte Feststellung, die beklagte [X.] sei bis Oktober 2008 für ihn leistungspflichtig gewesen, nicht beanspruchen kann; denn die ursprünglich angefochtenen, zwischenzeitlich erledigten Bescheide der [X.] waren nicht rechtswidrig. Der beigeladene Arbeitgeber der Ehefrau des nicht familienversichert gewesenen [X.] konnte von der [X.] während der [X.] in die [X.] in den Jahren 2005 bis 2008 keine Erstattung der dem [X.]läger in der [X.] entstandenen Aufwendungen für [X.]rankenbehandlung nach § 17 Abs 2 iVm Abs 1 [X.] verlangen. Der [X.]läger hat gegen die Beklagte keinen entsprechenden Anspruch aus der vom Beigeladenen abgeleiteten Rechtsstellung.

1. Das [X.] lässt in prozessrechtlicher Hinsicht Rechtsfehler nicht erkennen.

a) Das vom [X.]läger im Berufungsverfahren in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte [X.] ( § 131 Abs 1 Satz 3 [X.]) ist zulässig. Die ursprünglich angegriffenen Bescheide haben sich nämlich dadurch erledigt, dass der [X.]läger und seine vom beigeladenen [X.] in der [X.] eingesetzt gewesene Ehefrau sich dort nicht mehr aufhalten. Der [X.]läger hatte ursprünglich eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhoben, gerichtet auf Änderung der ihm gegenüber ergangenen Bescheide und auf Feststellung der (aktuellen) Leistungspflicht der [X.] während seines Aufenthalts in der [X.]. Die Bescheide haben sich mit dem Verlassen der [X.] und dem anschließenden Einsatz der Ehefrau in einem [X.] erledigt, weil insoweit nun die den [X.]läger begünstigenden Regelungen des [X.] und des § 13 Abs 4 ff [X.] eingreifen. Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse an einer trotz des erledigenden Umstands gleichwohl noch begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide ist hier zu bejahen. Dieses Interesse ist hier schon wegen der nicht entfernt liegenden Möglichkeit einer erneuten Tätigkeit der Ehefrau im [X.] Ausland und damit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage gegeben (vgl zum Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr allgemein [X.], 207, 209 = [X.]-1500 § 54 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 131 Rd[X.] 10b ff mwN).

b) Auch scheitert die Zulässigkeit der [X.]lage nicht daran, dass sie gegen die beklagte [X.] gerichtet ist. Zwar würde sich ein Leistungsanspruch des [X.] nach § 17 Abs 1 Satz 2 iVm Satz 1 [X.] grundsätzlich unmittelbar gegen den beigeladenen Arbeitgeber seiner Ehefrau richten (vgl zB [X.] in JurisP[X.]-[X.], § 17 Rd[X.] 33 ; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand Juni 2010, [X.] § 17 Rd[X.] 1c); der Beigeladene hätte dann wiederum gegen die beklagte [X.] einen Anspruch auf [X.]ostenerstattung nach § 17 Abs 2 [X.](vgl [X.], 150, 157 = [X.] 2200 § 222 [X.] 1). Gleichwohl hat das BSG - letztlich aus Gründen der Vereinfachung - eine unmittelbare Inanspruchnahme der [X.] durch den Versicherten in Bezug auf [X.]ostenerstattungsansprüche zugelassen ([X.], 150, 157 f = [X.] aaO; ebenso: [X.] in [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung [X.], 19. Aufl, Stand Oktober 2009, § 17 Rd[X.] 29; [X.] in G[X.]-[X.], Stand 2002, § 17 Rd[X.] 15; [X.] in ders, Handbuch des Sozialversicherungsrechts [X.] [X.]rankenversicherungsrecht, 1994, § 6 Rd[X.] 145 f; Zipperer in [X.] ua, G[X.]V-[X.]omm, Stand Februar 2010, § 17 Rd[X.] 28; Auktor in [X.]/[X.], LP[X.]-[X.], 3. Aufl 2009, § 17 Rd[X.] 9; [X.] in JurisP[X.]-[X.], aaO, § 17 Rd[X.] 33; [X.] in [X.], [X.] für die Praxis, Stand April 2010, § 17 [X.] Rd[X.] 21; ähnlich für [X.]ostenerstattungsansprüche gegen den Träger des Aufenthaltsstaats nach [X.] [X.] 98, 257 = [X.] 4-6928 Allg [X.] 1, Rd[X.] 21, 24; [X.] in Wagner/[X.]nittel, Soziale [X.]rankenversicherung Pflegeversicherung, Stand März 2010, § 17 Rd[X.] 11; [X.] in: Wannagat/Eichenhofer, [X.], Stand Februar 2008, § 17 Rd[X.] 25).

Ob dem hier zu folgen ist, kann dahinstehen, denn der Beigeladene hat seine möglichen [X.]ostenerstattungsansprüche gegen die Beklagte jedenfalls an den [X.]läger wirksam zur Geltendmachung abgetreten. Da die Abtretung von der [X.] im Verwaltungsverfahren oder im Rechtsstreit nicht beanstandet wurde, kann dies nach den Umständen als Zustimmung der [X.] gewertet werden. In einem solchen Fall, in dem der Erstattungsanspruch an Leistungen an den Versicherten anknüpft, kann ein Versicherter wie der [X.]läger jedenfalls aus dem aus der Rechtsstellung des Beigeladenen abgeleiteten Recht gegen die Beklagte vorgehen (für die Möglichkeit einer Abtretung von [X.]ostenerstattungsansprüchen: [X.], aaO, [X.] § 17 Rd[X.] 10 f mwN; [X.], aaO, § 17 Rd[X.] 11). Da eine Verschiebung der wechselseitig bestehenden Rechte und Pflichten im Dreiecksverhältnis Versicherter-Arbeitgeber-[X.] nicht zu befürchten ist (vgl zur Grenze der [X.] eines sozialrechtlichen Anspruchs durch Abtretung [X.] 97, 6 = [X.] 4-2500 § 13 [X.] 9, Rd[X.] 12 ff), weil der Erstattungsanspruch sich auf Leistungen an den Versicherten bezieht, ist dies hinzunehmen. Das Bestehen eines Erstattungsanspruchs des Beigeladenen gegen die Beklagte ist hier von denselben Voraussetzungen abhängig und betrifft in gleicher Weise die Rechtssphäre des [X.], zumal nach den Feststellungen des [X.] der - nur als Durchgangsstation agierende - Beigeladene die Gewährung von (zunächst gewährten) Leistungen an den [X.]läger nach § 17 Abs 1 [X.] von einem bestimmten [X.]punkt an davon abhängig machte, dass die Beklagte wiederum gegenüber dem Beigeladenen nach § 17 Abs 2 [X.] leistete.

2. Der [X.]läger hat in der Sache jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide der beklagten [X.]. Entgegen seiner Auffassung ist die Beklagte nicht verpflichtet, dem Beigeladenen - bzw hier dem [X.]läger aus der vom Beigeladenen abgeleiteten Rechtsstellung - [X.]osten der [X.]rankenbehandlung gemäß § 17 Abs 2 [X.] zu erstatten. Das ist den einschlägigen Regelungen weder unmittelbar zu entnehmen (dazu a) noch kann eine analoge Anwendung zu diesem Ergebnis führen (dazu b). Auch verfassungsrechtliche Gründe gebieten keine davon abweichende Auslegung (dazu c).

a) § 17 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.](eingeführt durch Art 1 [X.] vom 20.12.1988, [X.] 2477; zuletzt mW vom 30.3.2005 geändert und hier anzuwenden idF von Art 4 Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005, [X.] 818) lauten wie folgt: "Mitglieder, die im Ausland beschäftigt sind und während dieser Beschäftigung erkranken, erhalten die ihnen nach diesem [X.]apitel und nach den [X.] der [X.] zustehenden Leistungen von ihrem Arbeitgeber. Satz 1 gilt entsprechend für die nach § 10 versicherten Familienangehörigen, soweit sie das Mitglied für die [X.] dieser Beschäftigung begleiten oder besuchen". Nach § 17 Abs 2 [X.] hat die [X.] dem Arbeitgeber die ihm nach Absatz 1 entstandenen [X.]osten bis zu der Höhe zu erstatten, in der sie ihr im Inland entstanden wären.

Aus diesen Regelungen lässt sich ein Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte auf Erstattung von krankheitsbedingten [X.]osten des [X.] nicht unmittelbar herleiten; denn die Voraussetzungen für einen Anspruch des [X.] gegen den Beigeladenen als Arbeitgeber seiner Ehefrau nach § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] liegen nicht vor. Der [X.]läger war in der [X.] seines Aufenthalts in der [X.] von Oktober 2005 bis 2008 - anders als von § 17 [X.] gefordert - nämlich nicht nach § 10 [X.] als Familienangehöriger seiner Ehefrau versichert, sondern auf Grund eigener Versicherungspflicht in der [X.]VdR (§ 5 Abs 1 [X.] 11 [X.]).

b) Entgegen der Ansicht des [X.] ist § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] auf einen auf Grund eigener Versicherungspflicht - hier als versicherter Rentner der [X.]VdR - nicht analog anzuwenden (aA [X.], aaO, [X.] § 17 Rd[X.] 6a; Zipperer, aaO, § 17 Rd[X.] 17). Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung stehen einer Erweiterung des Wortlauts im Wege der Analogie entgegen. Der Wortlaut sieht Leistungsansprüche von Familienangehörigen eines im Ausland beschäftigten Mitglieds gegen den Arbeitgeber ausdrücklich nur vor "für die nach § 10 versicherten Familienangehörigen".

aa) Schon die Gesetzessystematik schließt eine Erweiterung des § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] auf den Personenkreis aus, dem der [X.]läger angehört.

Gemäß § 30 Abs 1, § 37 Satz 1 [X.] I fanden für den ursprünglich allein in [X.] wohnhaften (und hier krankenversicherten) [X.]läger in Bezug auf die Frage, welche Sozialleistungen ihm wegen [X.]rankheit zustehen, die Vorschriften des [X.] Anwendung. Sein vorübergehender Aufenthalt in der [X.] änderte nichts an seiner Mitgliedschaft bei der beklagten [X.]. Das [X.] sieht indessen eine Leistungspflicht der [X.]n bei einer im Ausland stattfindenden [X.]rankenbehandlung nur ausnahmsweise vor (dazu bereits [X.] 98, 257 = [X.] 4-6928 Allg [X.] 1, Rd[X.] 17). Der Anspruch auf Leistungen generell und speziell auf [X.]rankenbehandlung ( § 27 [X.] ) ruht gemäß § 16 Abs 1 [X.] 1 [X.], solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, "soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist". Zwar kann die nationale Rechtsordnung durch vorrangige Regelungen des supranationalen Rechts sowie durch Regelungen internationalen Rechts überlagert oder ergänzt werden (vgl § 30 Abs 2 [X.] I , § 6 [X.] IV ). Eine solche Überlagerung der [X.] Rechtsordnung durch Vorschriften des supranationalen Rechts (etwa durch die [X.] 1408/71) oder des bilateralen Vertragsrechts scheidet indes im Fall eines Aufenthaltes in der [X.] aus. Das nationale Recht räumt Versicherten einen Anspruch auf Auslandskrankenbehandlung im [X.] - abgesehen von dem Fall, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nur außerhalb [X.]s und außerhalb des [X.] möglich ist ( § 18 Abs 1 [X.] ) - hier nur unter den Voraussetzungen des § 17 [X.] ein. Wenn danach aber Leistungsansprüche des [X.] bei seinem Aufenthalt in der [X.] grundsätzlich nach § 16 Abs 1 [X.] 1 [X.] ruhten, hätte es für eine Abweichung von diesem Grundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft. Diese ist wiederum nur "für die nach § 10 versicherten Familienangehörigen, soweit sie das Mitglied für die [X.] dieser Beschäftigung begleiten oder besuchen" vorgesehen; ein solcher Familienversicherter war der [X.]läger kraft seiner Zugehörigkeit zur [X.]VdR nicht (§ 5 Abs 1 [X.] 11 iVm § 10 Abs 1 [X.] 2 [X.]).

bb) Insbesondere ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 17 [X.] und dem dort zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck der Regelung, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt, die Voraussetzung dafür wäre, § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] auf nicht nach § 10 [X.] versicherte Familienangehörige des im Ausland beschäftigten Mitglieds wie den [X.]läger auszudehnen.

So sah der Regierungsentwurf des [X.], mit dem § 17 [X.] zum 1.1.1989 eingeführt wurde, Leistungsansprüche für Familienangehörige eines im Ausland beschäftigen Mitglieds zunächst gar nicht vor. Vielmehr sollte nach den ursprünglichen Vorstellungen (Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen <[X.]>, BT-Drucks 11/2237 [X.] zu § 17) der Anwendungsbereich der Regelung auf "versicherte Arbeitnehmer" beschränkt bleiben, "aber nicht Familienangehörige des Arbeitnehmers" erfassen. Erst auf Empfehlung des zuständigen Ausschusses wurde dann noch § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] mit der Begünstigung für "familienversicherte Angehörige, die den im Ausland beschäftigten Angehörigen begleiten oder besuchen" in den Entwurf aufgenommen; nur dieser Personenkreis sollte bei der Übernahme der [X.]rankheitskosten so behandelt werden wie der Arbeitnehmer selbst, wobei von einer zusätzlichen [X.]ostenbelastung der [X.]n von [X.] ausgegangen wurde (Bericht des [X.] und [X.] <11. Ausschuss>, BT-Drucks 11/3480 [X.] unter [X.]). Darüber hinaus wird im [X.] dargestellt, dass die Mitglieder der Fraktionen der [X.] sogar die Ansicht vertraten, dass zusätzliche private Reisekrankenversicherungen "jedem zumutbar" seien, während die Mitglieder der [X.] davon ausgingen, dass die Tragung des Risikos für entsprechende [X.]rankheitsaufwendungen den [X.]n aufzuerlegen sei (BT-Drucks 11/3480, aaO). Die dann vom Ausschuss empfohlene und schließlich Gesetz gewordene Regelung bezog sich schließlich nur auf "familienversicherte" Angehörige, die den im Ausland beschäftigten Versicherten begleiten oder ihn besuchen und dabei erkranken (BT-Drucks 11/3480 [X.] zu § 17 Abs 1; vgl zur Entstehungsgeschichte bereits BSG [X.] 4-2500 § 17 [X.] 1 Rd[X.] 21 mwN).

Dass der Gesetzgeber des [X.] über die Fälle des § 17 [X.] hinaus grundsätzlich den Abschluss von privaten Auslandskrankenversicherungen für zumutbar hält, lässt sich - wie schon das [X.] ausgeführt hat - mittelbar auch § 18 Abs 3 Satz 1 [X.] entnehmen. Danach hat die [X.] die [X.]osten einer erforderlichen unverzüglichen Behandlung während eines - gleich aus welchen Gründen - vorübergehenden Aufenthalts im [X.] Ausland, die auch im Inland möglich wäre, nur insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die [X.] dies vor Beginn des Auslandsaufenthalts festgestellt hat. Auch wenn ein in dieser Regelung angesprochener Sachverhalt im Falle des [X.] nicht vorlag, verfügte er jedenfalls eine private Auslandskrankenversicherung zu finanziell nicht unzumutbar erscheinenden [X.]onditionen.

cc) Die analoge Heranziehung des § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] lässt sich - anders als der [X.]läger meint - auch nicht mehr auf Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage unter Geltung der [X.] stützen (Urteil vom 9.3.1982 - 3 R[X.] 64/80 , [X.], 150 = [X.] 2200 § 222 [X.] 1). Das BSG hatte zwar entschieden, dass sich die Verpflichtung einer [X.] zur Erstattung von [X.]osten der [X.]rankenbehandlung während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Ausland auch auf die Behandlung eines Ehegatten beziehen kann, der nicht familienhilfeberechtigt war, sondern einen anderweitigen gesetzlichen Anspruch auf [X.]rankenbehandlung hatte ([X.], 150, 156 ff, insbesondere 159 f = [X.] aaO, missverständlich Leitsatz 1). Allerdings liegen diesem Urteil rechtliche Rahmenbedingungen zugrunde, die unter Geltung des [X.] nicht mehr in gleicher Weise gelten. Dabei kommt es nicht darauf an, dass - worauf der [X.]läger hinweist - auch schon nach dem Rechtszustand der [X.] nach dem Territorialitätsprinzip grundsätzlich bei Auslandsaufenthalten keine [X.]rankenbehandlung auf [X.]osten der [X.] [X.] beansprucht werden konnte. Entscheidend ist vielmehr, dass das BSG seinerzeit eine Rechtsfortbildung auf der Grundlage der §§ 221, 222 [X.] vorgenommen hatte, die ihrem Regelungsgehalt nach gar keine entsprechenden Ansprüche für Familienangehörige angesprochen hatten. Unter Geltung des [X.] sind Ansprüche demgegenüber nach § 17 [X.] auch für Familienangehörige vorgesehen, allerdings nur unter besonderen, im Falle des [X.] nicht erfüllten Voraussetzungen. Bei dieser Sachlage aber kann vor dem dargestellten Hintergrund der Regelung nicht davon ausgegangen werden, dass für Familienangehörige noch eine unbeabsichtigte und durch eine Analogie zu schließende Regelungslücke existiert. Die Regelung lässt vielmehr bereits selbst hinreichend genau erkennen, wie weit der Gesetzgeber des [X.] bei der Begünstigung von mitreisenden Familienangehörigen eines im Ausland beschäftigten Versicherten zu gehen bereit war. Eine über die aufgestellten Voraussetzungen hinausgehende Begünstigung im Wege richterlicher Rechtsfortbildung kommt insoweit nicht in Betracht. Der gesetzgeberische Wille nach einer umfassenden Absicherung des Versicherten und seiner Familie für jegliche Art von Auslandsaufenthalten zu [X.] lässt sich aus § 17 [X.] nämlich nicht herleiten (so bereits BSG [X.] 4-2500 § 17 [X.] 1 Rd[X.] 21; vgl auch BSG , Urteil vom [X.] - 1 R[X.] 32/94 - US[X.] 96177, bestätigt durch [X.] Erster Senat 2. [X.]ammer, Beschluss vom 13.6.1997 - 1 BvR 2447/96 mwN ).

c) Eine analoge Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] auf den [X.]läger ist schließlich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.

Die aus Art 2 Abs 1 und 2 [X.] folgende Pflicht des Gesetzgebers zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung sowie eines effektiven Schutzes des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit ist auch während eines Aufenthalts im [X.] Ausland gewahrt, weil der Gesetzgeber insoweit über einen weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum verfügt. Die G[X.]V ist von [X.] wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was im Inland und Ausland an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl zB [X.]E 115, 25, 46 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.] 27). Der Gesetzgeber kann - ohne gegen das [X.] zu verstoßen - [X.]rankheitskosten in Grenzen durchaus der Eigenverantwortung der Versicherten zuordnen; er ist grundsätzlich frei, in welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen er Betroffenen - ggf typisierend - sozialversicherungsrechtliche Ansprüche einräumen will ( vgl [X.] 102, 30 = [X.] 4-2500 § 34 [X.] 4, Rd[X.] 17 ff mwN). Unbeschadet dessen entfällt der krankenversicherungsrechtliche Leistungsanspruch beim Aufenthalt des Familienangehörigen eines Versicherten im [X.] Ausland nicht völlig, sodass selbst ohne abgeschlossene private Auslandskrankenversicherung eine Basissicherung in der G[X.]V besteht: Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber Ausnahmen vom Ruhen des § 16 Abs 1 [X.] 1 [X.] vorgesehen hat ( § 13 Abs 4 bis 6, §§ 17 , 18 [X.] ), kann der Betroffene zum Zwecke der Behandlung - insbesondere bei schwerwiegenden Erkrankungen - ggf das Inland aufsuchen und sich hier auf [X.]osten seiner [X.] behandeln lassen; davon hat der [X.]läger nach seinen Angaben in den Vorinstanzen auch Gebrauch gemacht.

Aus Art 6 Abs 1 [X.] lässt sich ein Anspruch des [X.] auf entsprechende Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] nicht herleiten.Nach der Rechtsprechung des [X.] ist der Staat durch das Schutzgebot dieser Regelung nämlich nicht gehalten, alle eine Familie treffende Belastungen auszugleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf andere öffentliche Belange zu fördern (vgl [X.]E 97, 332 , 349; [X.]E 87, 1 , 35 = [X.]-5761 Allg [X.] 1 S 6, mwN; [X.]E 117, 316 = [X.] 4-2500 § 27a [X.] 3 Rd[X.] 40; vgl schon BSG, Beschluss vom [X.] - B 1 [X.]R 29/06 B , juris Rd[X.] 6).

Ebenso gebietet Art 3 Abs 1 [X.] keine erweiternde Auslegung des § 17 Abs 1 Satz 2 [X.], weil die vom Gesetzgeber gewählte Anknüpfung an das Bestehen einer Familienversicherung nach § 10 [X.] als sachliches und verhältnismäßiges Differenzierungskriterium für die Gewährung von Leistungsansprüchen für Familienangehörige anzusehen ist. § 10 Abs 1 [X.] 2 [X.] macht die Einbeziehung Angehöriger in die vom Hauptversicherten abgeleitete Familienversicherung ua davon abhängig, dass diese keinen Versicherungsschutz genießen - etwa als Rentner nach § 5 Abs 1 [X.] 11 [X.]. Zudem darf das Gesamteinkommen des Familienangehörigen ein Gesamteinkommen von 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreiten (§ 10 Abs 1 [X.] 5 [X.]). Die darin typisierend zum Ausdruck kommende Beschränkung der Familienversicherung auf Fälle einer vom Gesetzgeber unterstellten Bedürftigkeit und Schutzbedürftigkeit der Betroffenen erscheint auch im Rahmen des § 17 [X.] plausibel, indem den davon nicht erfassten Familienangehörigen der Abschluss einer privaten Auslandskrankenversicherung zugemutet wird. Die nach gesetzgeberischem Ermessen vorgenommene Einschränkung der Anspruchsvoraussetzungen und Leistungsbegrenzung ist angesichts der Begrenztheit der Ressourcen der G[X.]V im Interesse der Gewährleistung ihrer Stabilität und Funktionsfähigkeit hinzunehmen (vgl erneut [X.]E 115, 25, 46 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.] 27).

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]. Obwohl der [X.]läger seine Ansprüche im Rechtsstreit nicht aus seiner eigenen, sondern aus der Rechtsstellung des beigeladenen Arbeitgebers seiner Ehefrau herleitet, liegt ein Fall des § 197a Abs 1 iVm § 184 [X.] nicht vor. Ein Arbeitgeber, der aus eigenem Recht gegen eine [X.] um Fragen des Leistungsumfangs nach § 17 Abs 2 [X.] nachsuchen würde, müsste ebenfalls als kostenprivilegierter "Leistungsempfänger" iS von § 183 Satz 1 und 3 [X.] angesehen werden (vgl entsprechend BSG [X.] 4-1500 § 183 [X.] 2 ; BSG [X.] 4-1500 § 183 [X.] 3 und [X.] 9 ). Zwar fehlt es sowohl an einem Fall der [X.] von § 183 Satz 1 [X.] iVm § 56 [X.] I als auch an den Voraussetzungen des § 183 Satz 2 [X.]. Mit Blick auf die unter [X.]) beschriebene, bei § 17 [X.] bestehende atypische Sonderkonstellation, in der Erstattungsansprüche des - nur als Durchgangsstation agierenden - Beigeladenen gegen die Beklagte in gleicher Weise die Rechtssphäre des [X.] erfassen würden, ist es indessen gerechtfertigt, den [X.]läger selbst auch insoweit als "Leistungsempfänger" im prozessualen Sinne anzusehen.

Da der Beigeladene sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt und keinen eigenen Antrag gestellt hat, scheidet eine [X.]ostenerstattung zu seinen Gunsten aus.

Meta

B 1 KR 2/10 R

28.09.2010

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Mainz, 13. Oktober 2008, Az: S 7 KR 66/06, Urteil

§ 10 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 5, § 16 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 17 Abs 1 S 1 SGB 5, § 17 Abs 1 S 2 SGB 5, § 17 Abs 2 SGB 5, § 18 Abs 1 SGB 5, § 18 Abs 3 S 1 SGB 5, § 131 Abs 1 S 3 SGG, § 183 S 1 SGG, § 183 S 3 SGG, § 30 Abs 1 SGB 1, § 37 S 1 SGB 1, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 2/10 R (REWIS RS 2010, 2964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2964

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 12 KR 4/11 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Beitragszuschuss für privat krankenversicherten Beschäftigten gegen seinen Arbeitgeber umfasst nicht Beiträge für freiwillige …


B 1 KR 26/15 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Übernahme der Krankenbehandlung für nicht versicherungspflichtigen Sozialhilfeempfänger - kein Wechselrecht, solange die gewählte …


B 1 KR 12/14 R (Bundessozialgericht)

(Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattungsstreit zwischen Sozialhilfeträger und Krankenkasse - Erstattungsanspruch bei Beauftragung einer Krankenkasse zur …


B 12 KR 4/10 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Familienversicherung - Wahrnehmen von auf Kapitalbeteiligungen beruhenden gesellschaftsrechtlichen Pflichten - Beschäftigung von Arbeitnehmern


B 1 A 2/15 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Qualifizierung des Verhaltens der Krankenkassen für eine Aufsichtsmaßnahme durch die Aufsichtsbehörde und Überprüfung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.