Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.05.2012, Az. II ZR 88/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6232

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Gegenstand

Verbrauchervertrag: Beginn der Frist für die Ausübung eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts


Leitsatz

1. Ist beim Abschluss eines Vertrags zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher von diesem eine Widerrufsbelehrung zu unterschreiben, bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass bei Fehlen der Voraussetzungen eines gesetzlichen Widerrufsrechts (hier: mangels Haustürsituation) die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) entspricht.

2. Für die Annahme, dass der Fristbeginn auch im Falle eines möglicherweise vereinbarten vertraglichen Widerrufsrechts von einer den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht genügenden Belehrung abhängig sein soll, reicht nicht aus, dass sich der Unternehmer bei der Formulierung der Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat und im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen erfüllen wollte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 7. April 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin trat mit Beitrittserklärung vom 1. Dezember 2005, die am 8. Dezember 2005 angenommen wurde, der Beklagten, einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Sie erklärte den Beitritt aufgrund der Vermittlung des [X.]     in ihrer Privatwohnung. Unter den in dem Beitrittsformular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten wählte sie das Beteiligungsprogramm Multi B und verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung in Höhe von 8.000 € zuzüglich 5 % Agio und monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 100 € zuzüglich 5 % Agio über einen Zeitraum von 30 Jahren (Vertragssumme: 46.200 €). Die Einmalzahlung und die erste Rate waren am 1. Februar 2006 fällig.

2

Mit Erklärung vom 30. Januar 2006, von der Beklagten angenommen am 1. März 2006, verringerte sie ihre versprochene Einmalzahlung auf 6.000 € zuzüglich 5 % Agio, so dass sich die Vertragssumme nunmehr auf 44.100 € belief; zudem war die Einmalzahlung nunmehr erst am 1. März 2006 fällig.

3

Beide Beitrittsformulare enthalten folgende, von der Klägerin unterschriebene Widerrufsbelehrung:

Widerrufsbelehrung

Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe. Die [X.] verzichtet auf ein etwaiges vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der [X.] nicht wirksam zustande.

Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.

Fristablauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Widerrufsbelehrung unterschrieben habe und [X.]

• ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und

• mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. meines [X.] zur Verfügung gestellt wurden.

Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an die [X.], [X.]. 54,     M.     , Telefon: (0 ) 6     , Fax: (0 ) 6

Widerruf bei bereits erhaltenen Leistungen

Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der [X.] und/oder der [X.] erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die [X.] bzw. [X.] zurückgewähren und der [X.] bzw. [X.] die von [X.] aus den Leistungen gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs.

Kann ich die von der [X.] bzw. P.              GmbH & Co. KG [X.] gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der [X.] bzw. [X.] erbrachten Leistungen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.

4

Die Klägerin erbrachte die Einmalzahlung und leistete 40 Monatsraten. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16. Juni 2009 erklärte sie den Widerruf ihrer Beteiligung und leistete keine Zahlungen mehr.

5

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - die Feststellung, dass der Gesellschaftsvertrag zwischen ihr und der Beklagten durch ihren Widerruf beendet sei und die Beklagte aus dem Gesellschaftsvertrag keine rechtlichen Verpflichtungen mehr herleiten könne.

6

Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der [X.] hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Die Klägerin habe mit Schreiben vom 16. Juni 2009 ihre Beteiligung an der [X.] wirksam widerrufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beitritt in einer sogenannten Haustürsituation erfolgt sei und ob der Klägerin deshalb ein gesetzliches [X.] zustehe. Denn die Beklagte habe der Klägerin ein vertragliches [X.] eingeräumt, hinsichtlich dessen dieselben [X.] bestanden hätten wie bei einem gesetzlichen [X.]. Da die erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche, sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden und die Klägerin habe am 16. Juni 2009 die Beteiligung noch wirksam widerrufen können.

II. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihre Beteiligung an der [X.] wirksam widerrufen, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein [X.] nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein [X.] vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 [X.] verweisen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2004], § 355 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2009 - [X.], [X.], 350 Rn. 16 f.).

2. Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen [X.] entnommen werden kann, kann hier dahingestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik [X.], Urteil vom 15. Oktober 1980 - [X.], [X.], 1386, 1387, insoweit in [X.]Z 78, 248 nicht abgedruckt; Urteil vom 30. Juni 1982 - [X.], [X.], 1027; Urteile vom 6. Dezember 2011 - [X.], [X.], 262 Rn. 17 und - [X.], juris Rn. 24; [X.], Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121; [X.], Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, juris Rn. 22 f.; [X.] Komm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 360 Rn. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; [X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 486 f.; Münscher, [X.]; [X.], EWiR 2009, 243, 244; [X.], [X.], 88). Denn die Klägerin hätte ein ihr vertraglich eingeräumtes [X.] jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt.

a) Die Klägerin war - ein vertraglich eingeräumtes [X.] unterstellt - nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, ihre Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nachdem sie die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihr ein Exemplar der Belehrung sowie ihr schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. ihres [X.] zur Verfügung gestellt worden waren, begonnen. Diese [X.], die demnach am 31. Januar 2006 zu laufen begonnen hätte, wäre am 16. Juni 2009, als ihr Prozessbevollmächtigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.

b) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches [X.] entspricht. Den Formulierungen des [X.] lässt sich - wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen [X.]s entnehmen wollte - im Wege der Auslegung jedenfalls nicht entnehmen, die Beklagte habe der Klägerin nicht nur ein vertragliches [X.] mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihr gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen [X.]s einzuhaltenden gesetzlichen [X.] erfüllen zu wollen und ihr bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes [X.] einzuräumen.

aa) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der gesetzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:

Die Fälle des gesetzlichen [X.]s, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschließend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und knüpfen an bestimmte gesetzliche Merkmale an (siehe insoweit auch [X.], Urteile vom 6. Dezember 2011 - [X.], [X.], 262 Rn. 17 und - [X.], juris Rn. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein [X.] eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer "Haustürsituation" erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewichtig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des [X.]s aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarung.

bb) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein [X.] eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das [X.] als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des [X.]s vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches [X.] (hier: §§ 312, 355 [X.] in der Fassung des [X.] vom 20. November 2001, [X.]l. I S. 3138) entspricht.

Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der [X.] konnte den Formulierungen der Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Beklagte sich für den Fall, dass ein gesetzliches [X.] nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger vertraglich ein unbefristetes [X.] einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des [X.]s nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches [X.] aufgestellten Anforderungen genügten.

Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Beklagte bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen [X.]s orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der [X.], nicht bestehende [X.] übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Beklagte selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen [X.]s mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt dafür, dass er sein (möglicherweise vertragliches) [X.] unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.

Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte unter Hinweis auf § 312d Abs. 3 [X.], § 355 Abs. 3 [X.] auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des [X.]s nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Beklagte die gesetzlichen [X.] auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in einer Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbelehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des [X.]s nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen mangels Vorliegens eines gesetzlichen [X.]s schon nicht anwendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes [X.] in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das [X.] in der besonders schutzwürdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation gewährt, selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht gegeben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein [X.] unter den in der Belehrung formulierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber formulierte [X.] (dadurch) nicht eingeschränkt wird.

cc) Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus der Entscheidung des [X.]. Zivilsenats des [X.] vom 23. Juni 2009 (- [X.] ZR 156/08, [X.], 1512 Rn. 17). Die Entscheidung betrifft den Umfang der zu erfüllenden [X.] bei einem gesetzlichen [X.] (§ 495 i.V.m. § 355 [X.]) durch die möglicherweise zur Belehrung nicht verpflichtete dortige Klägerin und nicht den Fall eines vertraglich eingeräumten [X.]s.

III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage getroffen, ob der Beitritt der Klägerin in einer sogenannten Haustürsituation gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] (in der hier anzuwendenden Fassung des [X.] vom 20. November 2001, [X.]l. I S. 3138) erfolgt ist. Diese Vorschrift findet auf Verträge über den Beitritt zu einer [X.], die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom [X.] bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - [X.], [X.], 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (siehe hierzu nur [X.], Urteil vom 12. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 167 Rn. 12 - [X.] II).

Die erforderlichen Feststellungen wird es in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung nach gegebenenfalls ergänzendem Vortrag der Parteien nachzuholen haben.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Sollte das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangen, dass die Klägerin unter den Voraussetzungen des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] der [X.] beigetreten ist, wäre der dann nach §§ 312, 355 [X.] grundsätzlich mögliche Widerruf vom 16. Juni 2009 nicht verfristet. Die Widerrufsbelehrung in dem Beitrittsformular entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen der auf den Fall (noch) anwendbaren § 312 Abs. 2, § 355 Abs. 3 [X.].

a) Der Schutz des Verbrauchers erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (siehe nur [X.], Urteil vom 4. Juli 2002 - [X.], [X.], 1730, 1731; Urteil vom 12. April 2007 - [X.], [X.]Z 172, 58 Rn. 13; Urteil vom 10. März 2009 - [X.] ZR 33/08, [X.]Z 180, 183 Rn. 14; siehe nunmehr § 360 Abs. 1 [X.]). Die Widerrufsbelehrung hat dem Verbraucher die ihm durch den Widerruf eröffneten wesentlichen Rechte und Pflichten bewusst zu machen; in ihr sind die tatsächlichen materiellen Rechtsfolgen der Erklärung des Widerrufs abzubilden (vgl. [X.], Urteil vom 12. April 2007 - [X.], [X.]Z 172, 58 Rn. 11, 13 ff.; Urteil vom 2. Februar 2011 - [X.], [X.], 572 Rn. 17).

b) Diesen Anforderungen genügt die der Klägerin erteilte Belehrung nicht, ohne dass der Senat an dieser Stelle entscheiden müsste, wie die Widerrufsbelehrung im Falle des Widerrufs einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft im Einzelnen formuliert werden muss (Probleme insoweit aufzeigend Podewils, [X.], 117 ff.; [X.], [X.] 2011, 397 ff.). Die Belehrung entspricht schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie lediglich auf aus dem Widerruf folgende Pflichten der Klägerin hinweist, nicht jedoch darauf, wie sich der Widerruf auf (etwaige) Rechte der Klägerin im Hinblick auf von ihr bereits an die Beklagte geleistete Zahlungen auswirkt. Ein solcher Hinweis war unentbehrlich, weil die Klägerin nach den vertraglichen Fälligkeitsbestimmungen Ratenzahlungen bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist leisten musste.

2. Sollte das Ergebnis der Feststellungen sein, dass die Klägerin wirksam widerrufen hat, wird das Berufungsgericht auf eine Klarstellung ihres Feststellungsantrags hinzuwirken haben.

Der Widerruf der Beitrittserklärung führt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften [X.] und zur Ermittlung des Wertes des [X.] im Zeitpunkt seines Ausscheidens (siehe nur [X.], Urteil vom 2. Juli 2001 - [X.], [X.]Z 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 167 Rn. 11 f. - [X.] II; Urteil vom 17. Mai 2011 - [X.], [X.], 1359 Rn. 14, 17). Die Anwendung der Grundsätze über den fehlerhaften Beitritt kann für den [X.] [X.]er zum einen dazu führen, dass ein Abfindungsguthaben wegen während seiner Mitgliedschaft eingetretener, von ihm mitzutragender Verluste der [X.] geringer ist als seine Einlageleistung; ihre Anwendung kann sogar dazu führen, dass wegen der von der [X.] während der Dauer der Mitgliedschaft des [X.] erwirtschafteten Verluste das Abfindungsguthaben negativ ist, der widerrufende [X.]er also nicht nur seine Einlage nicht zurückerhält, sondern seinerseits zu Zahlungen an die [X.] verpflichtet ist (st. Rspr., siehe nur [X.], Beschluss vom 5. Mai 2008 - [X.], [X.], 1018 Rn. 10 - [X.] I).

Angesichts dessen ist der bisherige Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch mehr aus dem [X.]svertrag hat, vor der Erstellung einer Auseinandersetzungsrechnung zu weit gefasst.

[X.]                              Caliebe                              Drescher

                         [X.]

Meta

II ZR 88/11

22.05.2012

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 7. April 2011, Az: I-6 U 134/10

§ 312 Abs 1 S 1 Nr 1 BGB vom 20.11.2001, § 355 Abs 1 S 1 BGB vom 20.11.2001

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.05.2012, Az. II ZR 88/11 (REWIS RS 2012, 6232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6232

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