Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2004, Az. IX ZR 85/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3305

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 6. Mai 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 18 Abs. 1 Satz 1

Der ehemalige Rechtsanwalt ist als Gläubiger seiner Vergütungsansprüche auch nach dem Ausscheiden aus der Anwaltschaft berechtigt und verpflichtet, zur Einfor-derung dieser Ansprüche außerhalb eines Kostenfestsetzungsverfahrens entspre-chende Berechnungen zu unterzeichnen und den Auftraggebern mitzuteilen, wenn der bestellte Abwickler insoweit nicht tätig geworden ist.

[X.], Urteil vom 6. Mai 2004 - [X.]/03 - [X.]

AG [X.] - 2 -

Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2004 durch [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 13. Zivilkammer des [X.] vom 24. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Vergütung für die anwaltliche Vertretung in sechs Bußgeldverfahren, nachdem er zwischenzeitlich die Zulas-sung zur Rechtsanwaltschaft verloren hat. In der Berufungsverhandlung äußer-te das [X.] dagegen, daß die Vergütungen aufgrund von Berechnungen des nicht mehr zugelassenen [X.] einforderbar seien. Der Klägervertreter erbat und erhielt daraufhin eine Schriftsatzfrist, um sich zu der angesprochenen Rechtsfrage zu äußern. Mit dem nachgelassenen Schriftsatz trug der Kläger nunmehr jedoch vor, daß er die Vergütungsansprüche nach - 3 -

Schluß der mündlichen Verhandlung unter Vorbehalt der Einziehungsbefugnis an seinen Prozeßbevollmächtigten abgetreten habe, durch den der Beklagten die beigefügten neuen Vergütungsberechnungen erteilt worden seien.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelas-senen Revision verfolgt der Kläger seinen bisherigen Sachantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet.

[X.]

Das Berufungsgericht hat entsprechend seinem Hinweis in der mündli-chen Verhandlung angenommen, daß es an einer den Anforderungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] entsprechenden Berechnung der Vergütung fehle. Der Kläger habe eine solche nach Verlust seiner Anwaltszulassung nicht mehr [X.] können. Auch der Prozeßbevollmächtigte des [X.] sei zur [X.] nicht befugt, da er nicht Inhaber der Gebührenforderung sei. Die geltend gemachten Vergütungsansprüche des [X.] seien ihm mangels Zustimmung der Beklagten wegen Verletzung zwingender Geheimhaltungsvorschriften nicht wirksam abgetreten worden. Daran ändere auch die neu geschaffene Vorschrift des § 49b Abs. 4 Satz 1 [X.] nichts. Diese treffe keine Regelung über die Wirksamkeit von [X.] unter Rechtsanwälten, sondern setze sie voraus. - 4 -

I[X.]

Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben; denn es beruht auf fehlerhafter Auslegung von § 18 Abs. 1 [X.]. Diese Vorschrift erfaßt tatbe-standlich nur den Rechtsanwalt, der seine Vergütung einfordert. Sie gilt für an-dere Gläubiger, die den Anspruch auf Vergütung anwaltlicher Dienste (§§ 611, 675 BGB) geltend machen, selbst aber keine Rechtsanwälte (mehr) sind, [X.] entsprechend.

1. Das [X.] ([X.], 360; ebenso [X.], [X.] 33. Aufl. § 18 [X.] Rn. 16; kritisch [X.]/ [X.], Rechtsanwaltsvergütungsgesetz § 10 Rn. 25; widersprüchlich [X.]/[X.], [X.] § 18 Rn. 32, 35) hat die Ansicht vertreten, daß der Vergütungsanspruch eines ehemaligen Rechtsanwalts auch eingefordert werden kann, wenn sein Prozeßbevollmächtigter die zugehörige Berechnung unterzeichnet hat. Ähnlich hat das [X.] (Rpfleger 1972, 148) die Festsetzung der zweitinstanzlichen Anwaltskosten aufgrund einer Be-rechnung des erstinstanzlichen Bevollmächtigten für zulässig erachtet. Inwie-weit dem zuzustimmen ist, kann offenbleiben. Der Prozeßbevollmächtigte des [X.] hat hier erst nach Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung als angeblicher Zessionar aufgrund eigener Berechnung die rechtshängigen [X.] eingefordert. Für die revisionsrechtliche Beurtei-lung kommt dieser Sachverhalt schon nach § 296a Satz 1 ZPO nicht in [X.]. Denn eine Schriftsatzfrist war dem Kläger auf seinen Antrag nur bewilligt - 5 -

worden, um zu den vom Berufungsgericht angesprochenen Rechtsfragen des § 18 Abs. 1 [X.] noch Stellung nehmen zu können.

2. Der Senat hat bisher offengelassen, ob es für die Einforderbarkeit der Vergütung genügt, wenn ein Prozeßbevollmächtigter in einem bestimmenden Schriftsatz auf eine "vorläufige Kostenrechnung" Bezug nimmt, die der [X.] Rechtsanwalt selbst nicht unterzeichnet hat (vgl. [X.], Urt. v. 2. Juli 1998 - [X.] ZR 63/97, [X.], 1801, 1804 unter I[X.] 2. vor a). Diese Frage stellt sich auch hier nicht, weil der Klage Berechnungen beigefügt waren, die der Kläger unterzeichnet hatte.

3. Die Frage, ob § 18 Abs. 1 [X.] entsprechend anzuwenden ist, wenn infolge eines Erbfalls, einer Forderungsabtretung oder eines Erlöschens der Zulassung anwaltliche Vergütungsansprüche von einem nicht (mehr) be-rufsangehörigen Gläubiger eingefordert werden, kann nur nach Sinn und Zweck der genannten Vorschrift beantwortet werden. Diese Frage verlangt hier eine Prüfung jedoch lediglich für den Fall des Erlöschens der Zulassung.

Durch Unterzeichnung der Berechnung soll der Rechtsanwalt die zivil-rechtliche, strafrechtliche und standesrechtliche Verantwortung für die [X.] übernehmen ([X.]/[X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. § 18 Rn. 10; [X.], [X.]. 1991, 55; [X.], NJW 1992, 2449, 2453; allgemeine Ansicht). Die standesrechtliche Verantwortung scheidet aus, wenn [X.] ein Nichtanwalt ist. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines ehemals anwaltlichen [X.]s endet nicht damit, daß er nicht mehr nach dem leichteren Amtsdelikt des § 352 StGB zu bestrafen ist, sondern allgemeine Tatbestände, insbesondere der des Betruges (§ 263 - 6 -

StGB), eingreifen können. Aus dem Anwaltsdienstvertrag bleibt der beauftragte Berufsangehörige nachwirkend verpflichtet, obwohl seine Zulassung zur An-waltschaft erloschen ist. Das gilt gerade auch für die richtige und billige Einfor-derung noch offener Vergütungen und die dazu gehörige Mitteilung der Be-rechnung.

Letzteres läßt insbesondere § 18 Abs. 3 [X.] erkennen; denn da-nach kann die Mitteilung einer Berechnung noch gefordert werden, solange der Rechtsanwalt zur Aufbewahrung der Handakten verpflichtet ist. Jedenfalls eine vertragliche, wenn nicht die gesetzliche Pflicht zur Aufbewahrung der Handak-ten dauert auch für den früheren Rechtsanwalt fort, der seine Zulassung [X.] oder aufgegeben hat (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 50 Rn. 25). Der frühere Rechtsanwalt ist folglich ohne Schwierigkeiten imstande, eine nachwirkende Pflicht zur Mitteilung der Be-rechnung aus § 18 Abs. 3 [X.] mit Hilfe seiner Handakten zu erfüllen. Auch § 18 Abs. 2 [X.] spricht dafür, daß jedenfalls der ehemalige Rechtsanwalt eine den Vorschriften für Rechtsanwälte genügende Berechnung zu erteilen hat, wenn er noch ausstehende Vergütungen für seine frühere Anwaltstätigkeit einfordert. Denn es ist nicht erkennbar, weshalb der Auftraggeber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet sein sollte, ohne ihre Berechtigung anhand einer mitgelieferten Berechnung prüfen zu können, nur weil der von ihm beauftragte Rechtsanwalt die Zulassung verloren oder aufgegeben hat. Diesem Gläubiger fehlt weder die Sachkenntnis noch die Sachkunde, um eine ordnungsmäßige Berechnung nach § 18 Abs. 2 [X.] erstellen zu können.

Der hier zu entscheidende Fall kann auch nicht anders gelöst werden, als wenn die Berechnungen von dem Rechtsanwalt vorsorglich schon vor dem - 7 -

drohenden Verlust seiner Zulassung erstellt worden wären, dem Auftraggeber aber erst nach diesem Zeitpunkt mitgeteilt worden sind.

4. Im Streitfall waren der Klage Berechnungen des [X.] über die [X.] der eingeforderten Vergütungen beigefügt. Das entspricht den Anforderun-gen, die § 18 Abs. 1 [X.] sinngemäß an den ehemaligen Rechtsanwalt stellt, wenn er die ihm verbliebenen Vergütungsansprüche aus seiner früheren Berufstätigkeit geltend macht. Denn § 18 Abs. 1 [X.] begründet eine Oblie-genheit des Rechtsanwalts als [X.]. Der Gläubiger hat die Be-rechnung seiner Vergütungsansprüche folglich auch dann zu unterzeichnen, wenn er vor ihrer Einforderung aus der Anwaltschaft ausgeschieden ist.

Die Vergütungsberechnung muß in diesem Bereich der nur sinngemä-ßen Anwendung von § 18 Abs. 1 [X.] nicht notwendig durch einen Rechts-anwalt unterzeichnet sein (a.A. [X.], aaO). Das verbietet bei [X.] Verständnis ihr Zweck, der den Gläubiger nicht dazu zwingen kann, sich zur Einforderung seiner Vergütungsansprüche derselben zu entäußern. Die Unterschrift eines Rechtsanwalts könnte deshalb nur verlangt werden, wenn ein bestellter Abwickler diese Tätigkeit übernehmen müßte. Der [X.] ist dazu nach § 55 Abs. 3 Satz 2 [X.] außerhalb eines Kostenfestset-zungsverfahrens jedoch nicht verpflichtet (vgl. [X.], Urt. v. 17. Oktober 1996 - [X.] ZR 37/96, NJW 1997, 188; [X.]/[X.], [X.]. 1995, 224, 225; Hinweise für die Tätigkeit des Abwicklers Nr. [X.], [X.]. 1995, 238, 240; a.[X.], aaO Rn. 5); denn die Erteilung der Berechnung gehört bereits zu den Schritten, mit denen der berechnete Vergütungsanspruch gel-tend gemacht wird.
- 8 -

5. Das klageabweisende Berufungsurteil erweist sich nach gegenwärti-gem Sachstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig, weil - nach inso-weit zutreffender Auffassung des Berufungsgerichts - diese Ansprüche weder - 9 -

verwirkt noch verjährt sind. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, damit nach der Zurückverweisung die notwendigen Feststellungen über den Grund und die Höhe der streitigen Vergütungsansprüche getroffen werden können.

[X.]

[X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 85/03

06.05.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2004, Az. IX ZR 85/03 (REWIS RS 2004, 3305)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3305

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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