Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2007, Az. IV ZR 70/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 740

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[X.] BESCHLUSS IV ZR 70/07 vom 21. November 2007 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] und [X.] am 21. November 2007 einstimmig beschlossen: 1. Es ist beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.], [X.] in [X.] vom 1. März 2007 durch [X.]schluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen. 2. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen sechs Wochen.

Gründe: Auf die Rechtsfrage, die dem [X.]rufungsgericht Anlass zur Zulas-sung der Revision gegeben hat, kommt es nicht an. Der Anspruch des [X.] gegen den beklagten Versicherer, um den es allein noch geht, scheitert schon daran, dass kein Versicherungsfall im Sinne der [X.]din-gungen für die genommene Transportversicherung vorliegt. 1 I. Der [X.]klagte zu 2 war Geschäftsführer der mittlerweile in [X.] geratenen [X.]

GmbH. Diese um-2 - 3 -

schrieb ihren Geschäftsbereich wie folgt: "[X.], Objektschutz, Personenschutz, Geldverarbeitung, Helikopter-Flugdienst, kommunale Verkehrsüberwachung, [X.]".
Die [X.] unterhielt bei dem beklagten Versicherer eine Geld- und [X.]-Versicherung mit auszugsweise folgenden [X.]-dingungen: 3 2. Gegenstand der Versicherung und versicherte Sachen 2.1 Versichert sind alle Sachen wie z.B. [X.], Akkreditive, Aktien, Anleihen, [X.]rechti-gungsscheine, [X.]zugsrechte, Briefmarken, Datenträger aller Art, [X.], [X.], [X.], Edelmetalle aller Art und Form sowie daraus hergestellte Artikel, – Münzen, Obligationen, Pfandbriefe, Quittungen, Rabattmarken –, Schecks (insbesondere [X.], LZB- und Reiseschecks) – sowie andere Unterlagen von Wert und alle [X.]n, 2.1.1 die dem Versicherungsnehmer übergeben oder von ihm übernommen, befördert, bearbeitet oder verwahrt werden; 2.1.2 die Eigentum des Versicherungsnehmers sind und als Poolgelder in den eigenen Räumlichkeiten verwahrt werden. 2.2 Versicherungsschutz besteht ebenfalls für [X.], in denen versicherte Sachen transportiert werden. 3. Umfang der Versicherung Versichert sind die in Ziffer 2 beschriebenen Sachen ge-gen - 4 -

3.1 alle Gefahren und Schäden, gleichviel aus wel-cher Ursache, denen sie ausgesetzt sind und soweit der Versicherungsnehmer gegenüber dem Auftraggeber ver-traglich oder gesetzlich für die versicherten Sachen haftet. 3.1.1 Insbesondere besteht Versicherungsschutz für: 3.1.1.1 Transporte mit gepanzerten und ungepanzerten Fahrzeugen sowie für die [X.]arbeitung und Verwahrung. 3.1.1.2 Schäden durch Veruntreuung, Unterschlagung oder Diebstahl, die von Mitarbeitern des Versicherungs-nehmers, seinen ehemaligen Mitarbeitern oder dem [X.] selbst oder seiner Repräsentanten oder von gemäß Ziffer 12 beauftragten anderen Unternehmen, deren Mitarbeitern oder ehemaligen Mitarbeitern [X.] werden. ... 5. [X.]ginn und Ende der Versicherung 5.1 Der Versicherungsschutz beginnt mit der Überga-be oder Übernahme der versicherten Sachen an bzw. durch den Versicherungsnehmer und endet, wenn diesel-ben in die Obhut des berechtigten Empfängers übergeben worden sind. – – 5.3.2 endet in dem Augenblick, in dem die Tür der ver-einbarten Räumlichkeit hinter der mit der [X.]förderung be-auftragten [X.]gleitperson geschlossen und die versicher-ten Sachen an einen Mitarbeiter des berechtigten [X.] übergeben werden und die Übergabe quittiert ist. – 7.2 Prämien Für die nachstehend genannten Tätigkeiten: 7.2.1 Geld- und [X.]e, Notengeldbearbeitung und -verwahrung, Hartgeldbearbeitung und -verwahrung, [X.]/Kurierdienste, Service von [X.] - 5 -

beträgt die Prämie – .

[X.] Aus einer Zusammenschau dieser Versicherungsbedingungen folgt: 4 1. Versichert sind Sachen (Edelsteine, Münzen, Geldscheine) ein-schließlich ihrer [X.] (2.2); bei "[X.]" ist deren ge-genständliche Verkörperung gemeint (d.h.: Frachtbrief, Schecks, Pfand-briefe). 5 Diese Sachen sind grundsätzlich gegen "alle Gefahren und [X.]" versichert, gleichviel aus welcher Ursache, soweit der Versiche-rungsnehmer gegenüber seinem Auftraggeber vertraglich oder gesetzlich für die versicherten Sachen haftet. 6 Diese im Grundsatz weit gefasste "Allgefahrendeckung" wird nach-folgend beispielhaft erläutert (3.1.1: "Insbesondere besteht [X.] für –"). Dabei geht es um die Art des Zugriffs und um den [X.]punkt des Zugriffs, wobei jeweils Gefahren abgedeckt sind, die sich auf einen stofflichen Zugriff auf die versicherte Sache beziehen. 7 2. Den beispielhaften Erläuterungen ist zu entnehmen, dass die Versicherung (lediglich) Schutz vor den typischen Transportrisiken vor, bei und während des Transports bis zu dessen Abschluss bieten soll. Das allein entspricht auch dem Charakter als Valoren-Transport-Versicherung. Es geht demnach nicht um eine "Geldversicherung" oder um eine "Geldwertversicherung", sondern um eine Geld- und Werttrans-port-Versicherung, wobei die Revisionserwiderung zutreffend darauf 8 - 6 -

verweist, dass sich diese nicht aufteilen lässt in eine Geldversicherung einerseits und eine [X.]versicherung andererseits. Vielmehr ist beim beklagten Versicherer insgesamt eine Valoren-Transport-Versiche-rung genommen worden als (Sach-)Versicherung von Gütern (vgl. Se-natsurteil vom 7. Mai 2003 - [X.] - VersR 2003, 1171 unter II 1 a Tz. 7). Gegenstand einer solchen Versicherung sind die einzelnen Valoren während des Transportes durch das fördernde Unternehmen (vgl. Thume/de la Motte/Eckhardt, [X.] XVI [X.]. 1106). Kennzeichen der danach versicherten Transportge-fahr ist, dass die Sache während ihrer [X.]förderung fremder und wech-selnder Obhut überlassen werden muss ([X.], 356, 359) und da-durch einer erhöhten Gefahr des (Sach-)Zugriffs ausgesetzt ist.
3. Folgerichtig wird Versicherungsschutz versprochen "insbeson-dere für" 9 - Transporte mit gepanzerten oder ungepanzerten Fahr-zeugen sowie für die (stoffliche) [X.]arbeitung und die Verwahrung (zum Zwecke des Transports); - Schäden durch Veruntreuung (§ 246 Abs. 2 StGB), Un-terschlagung (§ 246 Abs. 1 StGB) oder Diebstahl (§ 242 StGB) auch von Mitarbeitern oder Repräsentanten des Versicherungsnehmers, also für Schäden infolge von Eigentumsdelikten, die sich in einem körperlichen Zugriff auf die versicherte Sache manifestieren, und nicht etwa aufgrund von [X.]. - 7 -

10 Das wird nochmals deutlich anhand der Regelungen unter 3.3, 5.1 und 5.3 [X.]. Versicherungsschutz wird dort auch versprochen für die [X.] - während des [X.], [X.] und Wartens von Geldautomaten einschließlich des Transports von oder zum [X.]nkautomaten (3.3 [X.]), - während der Entnahme aus [X.]hältnissen bis zum [X.] des Transports, d.h. bis die Sachen in die Obhut eines berechtigten Empfängers gelangen (5.1 [X.]), - wobei typische Risiken wie das "Bürgersteigsrisiko" ein-bezogen sind (5.3 [X.]).
[X.] Ereignisse sind das Abhandenkommen von Schlüsseln (3.3.3.1 [X.]), der Verlust der Zugangskombination für [X.]-hältnisse, in denen die versicherten Sachen verwahrt und/oder transpor-tiert werden (5.2 [X.]), oder die (technische) Falschbefüllung von [X.] (3.3.3.2 [X.]). Deutlich sind schließlich die [X.]stimmungen unter 3.4.3 [X.]: Der Versicherer ersetzt [X.] des Auftraggebers, die daraus resultieren, dass wegen eines defekten [X.]schlosses oder wegen [X.]schädigung der versicherten Sache z.B. durch ein ausgelöstes Transportsicherungssystem auf die versicherten Sachen kein (körperli-cher) Zugriff genommen werden kann. 11 4. Auch die Gefahrausschlüsse unter Ziffer 4 [X.] beziehen sich auf körperliche [X.]schädigungen oder auf die körperliche Entziehung der versicherten Sachen z.B. aufgrund hoheitlicher [X.]schlagnahme. Ebenso werden unter Ziffer 8 [X.] Obliegenheiten formuliert, die [X.] beinhalten, die auf die Durchführung von Transporten der versi-cherten Sachen zugeschnitten sind (Anzahl der [X.]gleitpersonen, Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen pp.). 12 - 8 -

13 5. Abschließend ist unter 7.2.1 [X.] beschrieben, für welche unter Versicherungsschutz genommenen Tätigkeiten Prämien berechnet wer-den, nämlich für Geld- und [X.]e, Notengeldbearbeitung und -verwahrung, Hartgeldbearbeitung und -verwahrung, [X.]/ Kurierdienste, Service von Geldausgabeautomaten. Genau das be-schreibt den typischen Geschäftsbereich der [X.], der aber im gegebenen Fall nicht berührt ist.

I[X.] Vielmehr lässt sich der hier zu entscheidende Sachverhalt nicht unter die bei der [X.] unterhaltene Transportversicherung einord-nen. Dabei muss der Kläger darlegen, dass der geltend gemachte Scha-den in den vertraglich abgesteckten Schutzbereich der Versicherung fällt ([X.], Urteil vom 14. Januar 1985 - [X.] - [X.], 541 unter 1; [X.]Z 23, 355, 358). Nach seinem Vorbringen ist jedoch ein Versiche-rungsfall zu verneinen; es liegt kein bedingungsgemäßer (körperlicher) Zugriff auf eine gegenständliche und zudem für einen Transport vorge-sehene Sache vor. 14 1. Schon eine Übergabe zum Zwecke des Transports ist zu vernei-nen. 15 a) Dem Kläger zufolge sollte der der [X.] überlassene Geldbetrag deponiert (d.h. nur verwahrt) werden, und zwar als Sicherheit im Rahmen eines in Aussicht genommenen [X.]. Die [X.] erfolgte zum Nachweis des Eigenkapitals gegenüber der Initiato-rin, nicht etwa sollte der Geldbetrag "das Eigenkapital" darstellen. Eine spätere körperliche Verbringung eines Geldbetrages in betreffender [X.] - 9 -

he nach [X.]. war ungewiss. Selbst wenn das ins Auge gefasste Darle-hensgeschäft zustande gekommen wäre, hätte es dem [X.], den deponierten [X.]trag wieder abzuholen und das benötigte Eigenkapital auf anderem Wege nach [X.]. zu transferieren. b) Die [X.] war dem Kläger durch die Initiatorin als "[X.]" (Hinterlegungsstelle) benannt worden. Aus diesem Grunde ist der Kläger von [X.]. nach [X.].

gereist, um den Geldbetrag gerade bei der [X.] zu deponieren. Die betreffenden Anleger, die den Nachweis für das Eigenkapital durch [X.]rdepot erbringen sollten, waren zudem der [X.] zuvor avisiert worden. Die Depotdauer und die geschätzte [X.]arbeitungszeit für den [X.] waren aufeinander abgestimmt (50 Tage). Der eingezahlte [X.]trag sollte einerseits das [X.] von Eigenkapital belegen, andererseits aber - so der [X.] Vortrag - ohne Weisung des [X.] nicht nach [X.]. transfe-riert werden. Im Falle des Scheiterns des [X.] sollte der Kläger zur Rückforderung berechtigt sein. 17 c) Es ging also um keinen Transport oder eine Verwahrung im [X.] eines beabsichtigten Transports; stattdessen war eine Verbrin-gung nach [X.]. - wie ausgeführt - offen. Die [X.] handelte nicht als Valoren-Transportunternehmen, sondern nahm gegenüber dem Ein-zahler und gegenüber der Initiatorin treuhänderische Funktionen ein. Das fällt indes nicht in den dargestellten Schutzbereich einer Valoren-Transport-Versicherung, wobei offen bleiben kann, ob hier durch die [X.] (erlaubnispflichtige) Finanztransfergeschäfte i.S. des § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG vorgenommen worden sind, wie dies in der [X.] ausgeführt wird (vgl. dazu [X.]/[X.]/Schulte-Mattler/Fülbier, Kreditwesengesetz § 1 [X.]. 139). 18 - 10 -

19 2. Es stand zum anderen nicht der Transport einer [X.] oder auch nur die Verwahrung einer [X.] an. Der Kläger hatte der [X.] zwar einen (grundsätzlich versicherten) [X.]rbetrag übergeben. Dabei handelt es sich indes um eine Summenverwahrung und nicht um eine Stückverwahrung. Diese diente Sicherungszwecken, also dem Nachweis des Eigenkapitals, ohne notwendig schon "das Eigenkapital" zu sein. Die Revisionsbegründung spricht in diesem Zusammenhang selbst von einem [X.], über das ein bestimmter Geldbetrag zur Verfügung stehen sollte. Rechtlich handelte es sich um eine unre-gelmäßige Verwahrung bzw. um ein [X.]S. des § 700 Abs. 1 Satz 2 BGB ([X.], 4. Aufl. § 700 BGB [X.]. 3/4), das den Regeln des Darlehens folgt. Mit der Verwahrung oder gar dem Transport einer konkreten Sache hatte das nichts zu tun. Der rechtlichen Einordnung als depositum irregu-lare steht auch nicht entgegen, dass der übergebene [X.]rbetrag von der [X.] in einen "Safe-bag" genommen worden ist. Nach dem unwi-dersprochen gebliebenen Vortrag der B.

GmbH bzw. des [X.] zu 2 diente diese Vorgehensweise allein dazu, den Identifizierungspflichten nach § 3 Abs. 1 [X.] nachzukommen (das gemäß § 3 Abs. 2 [X.] auf gewerbliche Geldbeförderungsunternehmen keine Anwendung findet, was dafür spricht, dass die B.

GmbH selbst davon ausging, nicht in ih-rem eigentlichen - versicherten - Geschäftsbereich tätig zu werden). Die Vorkehrungen der [X.] änderten nichts am Gegenstand der [X.] mit dem Kläger, die auf ein depositum irregulare gerichtet war. Der Kläger wollte nach Ablauf der 50 Tage einen bestimmten Geldbetrag zurückerhalten. 20 - 11 -

21 Der Kläger hat gegen die [X.] einen Anspruch aus §§ 700, 488 BGB, der allein wegen der eingetretenen Insolvenz der [X.] nicht realisiert werden kann und nicht etwa deshalb, weil körperliches Geld in der geschuldeten Größenordnung abredewidrig nach [X.]. transferiert worden ist. Die Uneinbringlichkeit dieser Darlehensforderung ist nicht versichert. Soweit nach Auffassung des [X.]rufungsgerichts ge-gen den Geschäftsführer der [X.] ein Anspruch aus § 826 BGB gegeben ist, resultiert dieser aus einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, die gegen das Vermögen des [X.] gerichtet war.
[X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.04.2006 - 3 O 2483/04 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 01.03.2007 - 14 U 379/06 -

Meta

IV ZR 70/07

21.11.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2007, Az. IV ZR 70/07 (REWIS RS 2007, 740)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 740

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