Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.08.2008, Az. 4 StR 340/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 2443

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[X.]/08 vom 12. August 2008 in dem Sicherungsverfahren gegen - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 12. August 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 1. April 2008 mit den [X.], mit Ausnahme derjenigen zum äußeren [X.], die bestehen bleiben, aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psy-chiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beschuldigte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der [X.] weitgehend Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychi-atrischen Krankenhaus hält rechtlicher Prüfung nicht stand. 2 - 3 - a) Soweit das [X.] festgestellt hat, dass der Beschuldigte am 17. September 2007 zumindest die Tatbestände der Nötigung (§ 240 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB), des Diebstahls (§ 242 StGB) und des unbefug-ten Gebrauchs eines Fahrzeugs (§ 248 b StGB) rechtswidrig verwirklicht hat, weist dies keinen den Beschuldigten beschwerenden Rechtsfehler auf. [X.] des unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs hat das [X.] allerdings übersehen, dass auch im Sicherungsverfahren bei [X.] ein [X.] erforderlich ist (vgl. BGHSt 31, 132, 134; vgl. [X.] 55. Aufl. § 63 Rdn. 3). Zwar lässt sich ein solcher den Akten nicht entnehmen, dies ist hier aber für die Anordnung der Unterbringung deswegen unschädlich, weil das [X.] diese im Wesentlichen auf den mehrfach und massiv verwirklichten Tatbestand der Nötigung stützt. 3 Auch begegnet das Urteil keinen rechtlichen Bedenken, soweit sich das sachverständig beratene [X.] die Überzeugung verschafft hat, dass der Beschuldigte seit längerer [X.] an einer paranoiden Schizophrenie sowie einer leichten Minderbegabung mit Störung der Impulskontrolle leidet und dass zur Tatzeit eine akute Psychose mit wahnhaft überbautem Minderwertigkeitsgefühl und gestörter Impulskontrolle vorgelegen hat, die durch eigenmächtiges Abset-zen der verordneten Psychopharmaka ausgelöst worden ist ([X.]). Das [X.] konnte nicht ausschließen, dass auf Grund dieser krankhaften see-lischen Störung die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten zur Tatzeit vollständig aufgehoben war; jedenfalls beging er die Taten zumindest im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB. In Ü-bereinstimmung mit der Sachverständigen und den sachverständigen Zeugin-nen, die den Beschuldigten aktuell in einer psychiatrischen Klinik behandeln, hat das [X.] auch festgestellt, dass die Erkrankung fortbesteht und län-gerer konsequenter Behandlung bedarf. Dies trägt die für die Unterbringung 4 - 4 - nach § 63 StGB vorausgesetzte positive Feststellung eines länger andauernden Defekts im Sinne zumindest des § 21 StGB (st. Rspr.; BGHSt 34, 22, 27; 42, 385 f.). b) Der [X.] kann gleichwohl nicht bestehen bleiben, weil das [X.] die weiter vorausgesetzte [X.] nicht aus-reichend begründet hat: Die Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Betreffende infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Ta-ten begehen werde. Davon ist das [X.] zwar ausgegangen. Es stützt sich dabei auf die Ausführungen der Sachverständigen, die von den sachver-ständigen Zeuginnen bestätigt wurden, wonach der Beschuldigte ohne länger-fristige, konsequente Behandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit fremdaggressi-ves Verhalten gegenüber solchen Personen zeigen wird, die ihm vermeintlich Kränkungen oder Ungerechtigkeiten zufügen ([X.]). Diese Prognose reicht aber als Beleg für die vom Beschuldigten ausgehende konkrete Gefahr erhebli-cher Straftaten nicht aus. Schon im Hinblick darauf, dass - wie die [X.] erkannt hat ([X.]) - von den [X.] lediglich die Nötigung eine erhebli-che Straftat darstellt, hätte es jedenfalls eingehenderer Darlegung bedurft, wes-halb mit hoher Wahrscheinlichkeit Straftaten von erheblichem Gewicht zu er-warten sind, die die Anordnung einer zeitlich nicht befristeten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu rechtfertigen vermögen. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte in der Vergangenheit trotz seiner Erkrankung nur zwei-mal wegen im Bagatellbereich liegender Taten in Erscheinung getreten ist. Auch diesen Umstand hätte das [X.] bei seiner Gesamtwürdigung be-rücksichtigen müssen, da auch ein längerer unauffälliger Krankheitsverlauf ge-5 - 5 - gen eine Gefährlichkeit des Beschuldigten sprechen kann (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 11). 2. Über die Unterbringungsanordnung ist deshalb neu zu befinden. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus. 6 Maatz Kuckein Athing [X.] [X.]

Meta

4 StR 340/08

12.08.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.08.2008, Az. 4 StR 340/08 (REWIS RS 2008, 2443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2443

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