Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.06.2015, Az. VIII ZR 216/14

8. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9637

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MIETWOHNUNG MIET- UND WEG-RECHT

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Gegenstand

Wohnraummiete in Sachsen-Anhalt: Mieterpflicht zur Duldung des Einbaus bauordnungsrechtlich vorgeschriebener Rauchwarnmelder trotz bereits erfolgter Eigeninstallation


Leitsatz

Die Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern führt regelmäßig zu einer Verbesserung der Sicherheit, insbesondere dann, wenn ein Mehrfamilienhaus durch den Vermieter einheitlich mit solchen Geräten ausgestattet wird. Dadurch, dass Einbau und spätere Wartung der Rauchwarnmelder für das gesamte Gebäude "in einer Hand" sind, wird ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet, das zu einer nachhaltigen Verbesserung im Sinne von § 555b Nr. 4 und 5 BGB führt. Dies gilt auch im Vergleich zu einem Zustand, der bereits dadurch erreicht ist, dass der Mieter von ihm ausgewählte Rauchmelder eingebaut hat.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 30. Juni 2014 in der Fassung des [X.] vom 22. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Klägerin in [X.]. Die Klägerin will ihre Wohnungen einheitlich mit funkbetriebenen Rauchwarnmeldern ausstatten und kündigte der Beklagten deshalb Ende des Jahres 2012 an, Rauchwarnmelder im Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer sowie im Flur der Wohnung anbringen zu wollen. Die Beklagte berief sich darauf, die Wohnung bereits mit Rauchwarnmeldern ausgestattet zu haben.

2

Die auf Duldung des Anbringens von Rauchwarnmeldern in den vorgenannten Räumlichkeiten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 986) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

5

Die Beklagte sei zu Unrecht der Auffassung, Normadressatin des § 47 der Bauordnung des [X.] ([X.] LSA) sei nicht die Klägerin. Für die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften sei grundsätzlich der Bauherr zuständig. Dies betreffe auch laufende Instandhaltungen und Veränderungen aufgrund von (gesetzlichen) Auflagen. Jedenfalls sei der Mieter umgekehrt nicht Normadressat der Vorschrift, weil er lediglich die Nutzungsberechtigung an einer den maßgeblichen Vorschriften entsprechenden Wohnung habe.

6

Wenn ein Mieter eigenmächtig Rauchwarnmelder einbaue, die - wie hier - unstreitig nicht näher nach Art, Standard, Anbringung, Wirksamkeit sowie Wartung definiert seien, erfülle er keine Pflicht des Bauherrn. Soweit der Mieter seinen umgekehrt bestehenden Anspruch auf Einbau von Rauchwarnmeldern nicht geltend mache, könne ein vom Vermieter nicht genehmigter Einbau nicht dazu führen, dessen grundsätzlich weite Dispositionsrechte zur Ausstattung der Wohnung zu schmälern.

7

Das Anbringen von Rauchwarnmeldern stelle nämlich eine nach § 555b Nr. 5 und 6 [X.] zu duldende Modernisierungsmaßnahme dar, die aufgrund des unstreitig geringfügigen Eingriffs eine Bagatellmaßnahme im Sinne von § 555c Abs. 4 [X.] sei und deshalb keiner Modernisierungsankündigung bedürfte. Es handele sich einerseits um eine Maßnahme im Sinne des § 555b Nr. 5 [X.], die die Wohnverhältnisse auf Dauer verbessere, da sie den Sicherheitsstandard gleichermaßen nachhaltig für alle Bewohner erhöhe, und andererseits um eine Maßnahme im Sinne des § 555b Nr. 6 [X.], zu der der Vermieter - jedenfalls im Sinne eines Mindestmaßes - nach § 47 [X.] LSA verpflichtet sei.

8

Da die (unstreitig) nicht neuwertigen und nicht näher beschriebenen Rauchwarnmelder nur der willkürlichen Wartung und Auswahl der Beklagten unterlägen, könne diese aufgrund des Interesses der Vermieterin an einem eigenen, einheitlichen, von ihr zu kontrollierenden und zu wartenden Rauchwarnsystem nicht einwenden, dass bereits ein hinreichender Sicherheitszuwachs erfolgt sei.

9

Die Beklagte könne sich weder auf wirtschaftliche noch personale Härtegründe im Sinne des § 555d Abs. 2 [X.] berufen. Ein wirtschaftlicher Härtegrund entfalle mangels Mieterhöhung. Die geringfügige Betriebskostenumlage überwiege weder den Sicherheitszuwachs noch die Befreiung der Beklagten von Kontroll-, Wartungs- sowie gegebenenfalls Erneuerungs- oder Reparaturpflichten. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es den uneingeschränkten Versicherungsschutz des Gebäudes gefährde, wenn eine ordnungsgemäße Wartung der Rauchwarnmelder nach den maßgeblichen [X.] nicht nachgewiesen sei. Auch habe selbst die Beklagte eingeräumt, dass mit den Rauchwarnmeldern der Klägerin lediglich "lästige Auswirkungen" verbunden seien. Diese stünden in keinem Verhältnis zu der regelmäßig überprüften Sicherheit, so dass es im organisatorischen Ermessen der Klägerin als großer Wohnungsgesellschaft liegen müsse, wann sie Unternehmen zum Einbau von Rauchwarnmeldern einsetze.

Der Vermieter könne bestimmen, dass über die in § 47 [X.] LSA benannten (Mindest-)Räumlichkeiten hinaus [X.] in dem Umfang mit dem technischen Standard ausgestattet werden, den er für sinnvoll halte. Gerade die Ausstattung des Wohnzimmers, welches von der vorbezeichneten Bestimmung nicht umfasst werde, erscheine sinnvoll und sicherheitserhöhend, weil aufgrund der Lebenswahrscheinlichkeit dort gehäuft Brände aufträten, zum Beispiel durch Kerzen oder eine Vielzahl elektrischer Geräte.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte trotz der von ihr vorgenommenen Ausstattung der Wohnung die Anbringung von Rauchwarnmeldern durch die Klägerin zu dulden hat.

Der von der Klägerin geltend gemachte [X.] steht ihr gemäß § 555d Abs. 1, § 555b Nr. 4 und 5 [X.] bezüglich aller Räume unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts der Mietsache und der dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse zu. Daneben ergibt sich der [X.] jedenfalls für den Schlafraum, das Kinderzimmer und den Flur zusätzlich aus § 555d Abs. 1, § 555b Nr. 6 [X.] in Verbindung mit § 47 Abs. 4 [X.] LSA unter dem Gesichtspunkt einer vom Vermieter nicht zu vertretenden Maßnahme (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 290/14, unter [X.], zur [X.] bestimmt); offen bleiben kann, ob dies - wie die Klägerin in den Instanzen geltend gemacht hat - auch für das vom Wortlaut des § 47 Abs. 4 [X.] LSA nicht erfasste Wohnzimmer gilt, etwa im Hinblick auf eine mögliche und dem Eigentümer nicht unbedingt bekannte Nutzung als Schlafraum.

Die Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern führt regelmäßig zu einer Verbesserung der Sicherheit und damit auch zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts der Mietsache ([X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., § 555b Rn. 7; [X.] [X.]/Schlosser, Stand: 1. Mai 2015, § 555b Rn. 30; [X.]/[X.], Stand: 1. Juni 2015, § 555b [X.] Rn. 47 f.) sowie zu einer dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse ([X.]/Börstinghaus, Miete, 4. Aufl., § 555b [X.] Rn. 55; [X.] in Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., [X.]. [X.] Rn. 2669 "Rauchwarnmelder"). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - ein Mehrfamilienhaus durch den Vermieter einheitlich mit solchen Geräten ausgestattet wird. Dadurch, dass der Einbau und die spätere Wartung von Rauchwarnmeldern für das gesamte Gebäude "in einer Hand" sind, wird ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet, das auch für die Wohnung der Beklagten ausgehend von dem durch den von ihr selbst vorgenommenen Rauchwarnmeldereinbau erreichten Zustand zu einer nachhaltigen Verbesserung im Sinne von § 555b Nr. 4 und 5 [X.] führt. Mit Recht hat das Berufungsgericht deshalb entschieden, dass sich die Klägerin nicht darauf verweisen lassen muss, die Wohnung der Beklagten mit Rücksicht darauf von der beabsichtigten Modernisierung auszunehmen, dass die Beklagte sie mit von ihr ausgewählten Rauchwarnmeldern ausgestattet hat. Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte (§ 555d Abs. 2 Satz 1 [X.]) hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.

Dr. Milger                           Dr. Hessel                         Dr. Fetzer

                    Dr. Bünger                           Kosziol

Meta

VIII ZR 216/14

17.06.2015

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Halle (Saale), 30. Juni 2014, Az: 3 S 11/14, Urteil

§ 555b Nr 4 BGB, § 555b Nr 5 BGB, § 555d Abs 1 BGB, § 47 Abs 4 BauO ST

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.06.2015, Az. VIII ZR 216/14 (REWIS RS 2015, 9637)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2488 REWIS RS 2015, 9637

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