Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2002, Az. I ZR 86/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2600

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:27. Juni 2002WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] § 3Eine Bank handelt wettbewerbswidrig, wenn sie die automatisierte Konto-standsauskunft an ihren Geldautomaten so einrichtet, daß [X.] am Monatsende schon vor der Wertstellung als Guthaben [X.] mit der Folge, daß Kunden über den Stand ihrer Konten irregeführt unddadurch zu [X.] veranlaßt werden können, die sie zur Zahlungvon Überziehungszinsen verpflichten.[X.], [X.]. v. 27. Juni 2002 - [X.]/00 - [X.] LG Berlin- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 27. Juni 2002 durch [X.] v. Ungern-Sternberg,Prof. [X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 1. Februar 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurück-gewiesen.Von Rechts [X.]:Eine Kundin der beklagten Bank hob am 29. September 1997, also amvorletzten [X.], in einer Filiale der zum Konzern der [X.] am Geldautomaten 1.000,-- DM ab. Zuvor hatte sieden Kontostand abgefragt und dabei die [X.] erhalten, ihr Konto weise [X.] in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe auf. Diese [X.] trafaber nicht zu, weil die Wertstellung einer bei der [X.] schon als gutge-schrieben berücksichtigten Rentenzahlung erst zwei Tage später [X.] 3 -Dieser Vorfall stellte keinen Einzelfall dar, sondern beruhte darauf, daßdie Rentenversicherungsträger die Datenbänder mit den Überweisungsaufträ-gen den Banken bereits vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Renten mit [X.] zuleiten, deren Wertstellung erst zum Fälligkeitszeitpunkt vorzu-nehmen, die Beklagte aber die Bänder wegen des Umfangs der auf ihnen ge-speicherten Daten bereits früher einspielt.Der klagende [X.] und [X.] beanstandet diese Verhaltensweise als wettbewerbswidrig. [X.] würden durch die irrige Annahme, über ein Guthaben zu verfügen, [X.] verleitet, die bei Mitteilung des richtigen [X.] unterblie-ben wären. Im Hinblick auf diese müßten sie dann [X.] zahlen, die [X.] zutreffenden [X.]angabe nicht angefallen wären.Der Kläger hat beantragt,die Beklagte unter Androhung von [X.] zu verurteilen,es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken [X.] Kunden, mit denen ein Girovertrag geschlossen [X.] ist, im Rahmen der Nutzung der eigenen Geldautomaten [X.] mitzuteilen, die aufgrund von [X.] ohneBerücksichtigung der Wertstellung berechnet worden sind.Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das mit der Klage beanstan-dete Verhalten beeinträchtige ihre Wettbewerber nicht. Jedenfalls handele sienicht mit der erforderlichen [X.]absicht.Das Berufungsgericht hat der in erster Instanz erfolglosen Klage stattge-geben ([X.], 1099).- 4 -Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt [X.] ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat den Kläger als nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWGklagebefugt angesehen und den Klageantrag gemäß § 3 UWG zugesprochen.Hierzu hat es ausgeführt:Die Beklagte vermittle dem Kunden bei der [X.]auskunft [X.] durch die vorzeitige Ausweisung der Rentenzahlung als Gutha-ben den unzutreffenden Eindruck, Schuldnerin des angegebenen [X.] sein. Sie täusche ihn dadurch über die Höhe des Betrages, den er ohne Be-lastung mit Überziehungszinsen abheben könne. Dieses Vorgehen sei geeig-net, die Überziehung des Kontos zu fördern und so Überziehungszinsen aus-zulösen, die bei Angabe des tatsächlichen Guthabens nicht angefallen wären.Die Beklagte handele bei der Irreführung der Kunden im geschäftlichenVerkehr zu [X.]zwecken. Dafür spreche hier eine Vermutung, die nichtwiderlegt sei. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte darauf, daß die von ihr ein-gesetzten Datenverarbeitungsprogramme ein anderes Verhalten nicht zuließen.Es sei kaum vorstellbar, daß ihr eine Umstellung nicht möglich sei, obwohl [X.] Problem seit mindestens zwei Jahren kenne. Die Beklagte sei an den ent-stehenden Zinsmehreinnahmen auch ersichtlich interessiert; denn sie gehenicht von ihrer Praxis ab, den irregeführten Kunden Überziehungszinsen [X.] zu stellen und - selbst auf entsprechende Nachfrage - an dem sich- 5 -daraus ergebenden Saldo festzuhalten. Die Beklagte handele auch dann [X.], wenn viele ihrer Wettbewerber oder gar alle sich ebensoverhalten sollten, da sie auch in diesem Fall ihre Marktstellung durch die Zins-mehreinnahmen stärke.I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision habenkeinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die [X.] wettbewerbswidrig handelt, wenn sie die automatisierte [X.]aus-kunft an ihren Geldautomaten so einrichtet, daß [X.] am [X.] schon vor der Wertstellung als Guthaben ausgewiesen werden unddadurch Kunden über den Stand ihrer Konten irregeführt und so zu Kontoüber-ziehungen veranlaßt werden können, die sie zur Zahlung von [X.] verpflichten (§ 3 UWG).1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daßdie Beklagte bei dem beanstandeten Vorgehen im geschäftlichen Verkehr [X.]) Die Beklagte verletzt ihre vertraglichen Pflichten aus den [X.], wenn sie Rentenempfängern jeweils in den letzten Tagen des Monats auf[X.]abfragen am Geldautomaten unrichtige Auskünfte über den [X.] Girokonten erteilt (§§ 676f, 675 Abs. 1 i.V. mit § 666 BGB). Diese Irrefüh-rung von Kunden ist ohne weiteres vermeidbar, sei es durch aufklärende Hin-weise oder - als zuletzt in Betracht zu ziehende Möglichkeit - durch (teilweisen)Verzicht auf den zusätzlichen Kundenservice einer automatisierten [X.]über den [X.] 6 -b) Das Verhalten der Beklagten ist nicht lediglich eine Vertragsverletzungim Verhältnis zu den betroffenen Kunden, sondern zugleich eine [X.]-handlung.(1) Die Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten ist allerdingsals solche keine [X.]handlung, auch wenn sie geeignet ist, dem Kauf-mann Vorteile zu verschaffen. Ein solches Verhalten bei der Abwicklung [X.] weist in aller Regel keinen Bezug auf die Mitbewerber auf und [X.] keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb. Eine Wett-bewerbshandlung kann aber dann anzunehmen sein, wenn [X.] sei-nen Vorteil dadurch sucht, daß er eine Irreführung seiner Kunden zum [X.] macht (vgl. [X.]Z 123, 330, 333 - [X.]; [X.],[X.]. v. 10.12.1986 - I ZR 136/84, [X.], 180, 181 = [X.], 379- Ausschank unter [X.], m.w.N.; vgl. auch - zu § 1 UWG - [X.]Z 147,296, 302 f. - [X.]) Auch im vorliegenden Fall beinhaltet das Vorgehen der Beklagtennicht lediglich eine Verletzung ihrer Vertragspflichten, sondern zugleich einHandeln im Wettbewerb.aa) Die [X.]auskunft am Geldautomaten ist durch die [X.] vor ihrer Wertstellung als Guthaben so eingerichtet,daß eine Vielzahl von Kunden bei einer [X.]abfrage irregeführt [X.]. Die Kunden können durch diese im Geschäftsverkehr mit allen Kunden,die Rentenzahlungen erwarten, wirksame Einrichtung der [X.]auskunftveranlaßt werden, durch ungewollte [X.] Kreditleistungen [X.] in Anspruch zu nehmen, die sie bei zutreffender [X.]angabenicht in Anspruch genommen hätten. Die Beklagte erzielt dadurch Vorteile in- 7 -Form von Überziehungszinsen. Diese werden zwar bei den einzelnen Kundennur gering sein, da sie nur für einen Tag oder allenfalls wenige Tage anfallen.Aufgrund der Vielzahl solcher Vorfälle handelt es sich aber doch um einen ins-gesamt gesehen nicht unerheblichen und daher auch nicht zu [X.] Geldbetrag.Die Beklagte beruft sich zudem selbst darauf, sie wolle auch den Kun-den, die Rentenzahlungen erwarteten, die Abfrage des [X.] ermögli-chen. Ein zusätzlicher Kundenservice dieser Art ist im allgemeinen eine werbe-wirksame Maßnahme.bb) Das vom Kläger beanstandete Verhalten ist weiterhin geeignet, sichzum Nachteil von Mitbewerbern der Beklagten auszuwirken. Dabei ist es- entgegen der Ansicht der Revision - unerheblich, ob eine solche Vorgehens-weise in der Branche verbreitet oder gar üblich ist. In jedem Fall [X.] Vorgehen die Lauterkeit des [X.], weil es Mitbewerber in ihremVerhalten bestärken oder diese veranlassen kann, ebenso zu verfahren, umnicht im Wettbewerb zurückzufallen.c) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß die [X.] in [X.]absicht gehandelt hat. Ein Handeln im Wettbewerb istgegeben, wenn ein objektiv als [X.]handlung zu beurteilendes [X.] in der Absicht erfolgt, den eigenen oder fremden Wettbewerb [X.] eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter ande-ren Beweggründen zurücktritt (st. Rspr.; vgl. [X.]Z 136, 111, 117 - Kaffee-bohne; [X.], [X.]. v. 6.12.2001 - I ZR 14/99, [X.], 956, 963 - Wir Schul-denmacher, m.w.N.). Bei einer objektiv auf den Wettbewerb bezogenen [X.] gilt eine tatsächliche Vermutung für ein- 8 -Handeln zu Zwecken des [X.] (vgl. [X.]Z 136, 111, 117 - Kaffee-bohne; [X.], [X.]. v. 25.6.1992 - I ZR 60/91, [X.], 707, 708 = [X.], 770 - Erdgassteuer; [X.]. v. 22.4.1993 - I ZR 75/91, [X.] 1993, 761, 762= WRP 1993, 619 - Makler-Privatangebot; [X.]. v. 15.5.1997 - I ZR 10/95, [X.]1997, 761, 763 = [X.], 940 - Politikerschelte). Diese Vermutung ist hiernach den festgestellten Umständen nicht als widerlegt anzusehen. Das ergibtsich schon daraus, daß es der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen dar-um geht, auch denjenigen ihrer Kunden, die Rentenzahlungen erwarten, mit derautomatisierten (allerdings vor der Wertstellung der [X.] un-richtigen) Kontoauskunft einen werbewirksamen Service zu bieten. Die durchdas Vorgehen der Beklagten insgesamt erzielbaren Vorteile in Form von Über-ziehungszinsen sind zudem nicht so gering, daß anzunehmen wäre, die wett-bewerbliche Zielsetzung sei neben anderen Beweggründen völlig nebensäch-lich.2. Ohne Erfolg bleibt auch das Vorbringen der Revision, die [X.] Beklagten zur Unterlassung sei zu weit gefaßt.Der Klageantrag und der ihm entsprechende [X.]eilsausspruch erfassenden Kern der als wettbewerbswidrig zu beanstandenden Verhaltensweise [X.]. Sie betreffen die Einrichtung der [X.] über den Kontostand [X.] in der Weise, daß Überweisungen schon vor ihrer Wertstellungals Guthaben ausgewiesen werden, so daß Kunden darüber getäuscht werdenkönnen, daß sie nach einer Geldabhebung Überziehungszinsen zu [X.]. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, daß sich die [X.] dieser Einrichtung zur Irreführung nicht in jedem Fall auswirken wird. Die[X.]widrigkeit des Vorgehens der Beklagten ergibt sich daraus, daßsie an der Art und Weise ihrer Einrichtung der [X.]auskunft festhält,- 9 -obwohl sie dadurch eine Vielzahl von Kunden irreführen und so zur Inan-spruchnahme von Kreditleistungen der Beklagten veranlassen kann (vgl. dazuauch [X.], [X.]. v. 26.11.1997 - I ZR 109/95, [X.] 1998, 415, 416 = WRP1998, 383 - [X.] der Ansicht der Revision schränkt die Fassung des [X.] auch nicht die Möglichkeiten der Beklagten, die beanstandeteIrreführung zu beseitigen, in unzulässiger Weise ein. Der [X.]eilsausspruch [X.] trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, daß es grundsätz-lich Sache des Verletzers ist zu entscheiden, wie er das ihm [X.] (vgl. [X.]Z 123, 330, 336 - [X.]; [X.], [X.]. v. 26.1.1995- I ZR 39/93, [X.] 1995, 358, 360 = [X.], 389 - [X.]I).II[X.] Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 [X.]. Ungern-Sternberg[X.][X.]BüscherSchaffert

Meta

I ZR 86/00

27.06.2002

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2002, Az. I ZR 86/00 (REWIS RS 2002, 2600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2600

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