Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.07.2016, Az. IX ZR 291/14

9. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 8173

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Gegenstand

Belehrungspflichten eines Rechtsanwalts bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs; Verteilung der Darlegungs- und Beweislast


Leitsatz

Zu den Belehrungspflichten eines Rechtsanwalts bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs über die Vergütung geleisteter Dienste (Sanierung eines Wohnhauses).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 13. November 2014 in der Fassung des [X.] vom 20. November 2014 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts [X.] vom 25. September 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ließ durch Leiharbeitnehmer, die ihm von einem Arbeitsvermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt wurden, Renovierungsarbeiten an seiner denkmalgeschützten Villa in [X.] ausführen. Nach Unstimmigkeiten über die Anzahl der von den Arbeitnehmern geleisteten Stunden und Kündigung des [X.] nahm ihn das Vermittlungsunternehmen gerichtlich auf Restzahlung von 60.226,09 € in Anspruch. In diesem Prozess vertrat der beklagte Rechtsanwalt den hiesigen Kläger und dortigen Beklagten (nachfolgend nur Kläger) im ersten Rechtszug. In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 13. September 2010 wies der Einzelrichter auf die Darlegungs- und Beweislast des [X.] für den Abschluss einer Sondervereinbarung hin, nach der ein zeitliches Limit für den Arbeitseinsatz bestehen sollte. Sodann schlug er den Parteien den Abschluss eines Vergleichs auf einen Betrag von 30.000 € vor, welchen das klagende Arbeitsvermittlungsunternehmen angenommen hätte. Nach Beratung mit dem Beklagten lehnte der Kläger einen Vergleichsschluss ab. In der sich anschließenden Beweisaufnahme konnte er seine Behauptung einer vertraglich vereinbarten zeitlichen Beschränkung der [X.] nicht beweisen. Seine Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung eines Betrages von 59.238,03 € blieb erfolglos.

2

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm pflichtwidrig nicht zum Abschluss des Vergleichs geraten. Er sei deshalb verpflichtet, ihm Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem vom [X.] vorgeschlagenen Vergleichsbetrag und dem Betrag seiner Verurteilung im Vorprozess zu leisten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] den Beklagten zur Zahlung von 29.238,03 € verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision ist begründet. [X.]ie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

4

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der [X.] sei zum [X.]chadensersatz verpflichtet, weil er dem Kläger zu dem Abschluss des gerichtlich angeregten Vergleichs hätte raten müssen. Nach den Ausführungen des [X.], der ein pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts darzulegen und zu beweisen habe, auch wenn es um [X.] gehe, habe der [X.] ihm einen entsprechenden Rat nicht gegeben. Der [X.] hätte sich nicht damit begnügen dürfen, die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung zu bestreiten. Vielmehr hätte er den Gang der Besprechung im Einzelnen schildern und konkret angeben müssen, wie er beraten habe. Dem Mandanten obliege dann der Beweis, dass diese Darstellung nicht zutreffe. Diesen Anforderungen habe der [X.], der bei seiner persönlichen Anhörung nur pauschal ausgeführt habe, dem Kläger aufgrund seiner Erfahrungen zum Abschluss des Vergleichs geraten zu haben, nicht genügt. Zu einzelnen Umständen, etwa dem Risiko einer durchzuführenden Beweisaufnahme, fehlenden Informationen zu den Einzelheiten der Baustelle oder den Gefahren des Festhaltens an der werkvertraglichen Argumentation fehle trotz Hinweises des Prozessbevollmächtigten des [X.] in der mündlichen Verhandlung jeglicher Vortrag. Bei dieser [X.]achlage habe offenbleiben können, ob die Prozessführung des [X.]n in dem vorausgehenden Verfahren vor dem [X.] auf einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung beruht habe, in deren Folge er die Verteidigung nicht wenigstens hilfsweise auf die fehlerhafte Auswahl der von dem Leiharbeitsunternehmen entsandten Arbeitnehmer und die nicht korrekt abgerechneten [X.]tunden gestützt habe.

II.

5

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Von einer Verletzung anwaltlicher Pflichten kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den [X.]n auf [X.]chadensersatz aus § 280 Abs. 1 [X.].

6

1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht für die [X.]chadensersatzklage gegen einen Rechtsanwalt von der Beweislast desjenigen - hier des [X.] - ausgegangen, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] werden die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen [X.]chwierigkeiten dadurch ausgeglichen, dass die andere [X.] die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten oder aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft ([X.], Urteil vom 9. Juni 1994 - [X.], [X.]Z 126, 217, 225; vom 11. Oktober 2007 - [X.], [X.], 2351 Rn. 12; jeweils mwN; vom 24. Januar 2006 - [X.], [X.]Z 166, 56 Rn. 15 für den Fall der Anlageberatung). Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gilt auch, wenn der Mandant den Rechtsanwalt wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Ablehnung eines Vergleichs in Anspruch nimmt.

7

2. [X.]oweit das Berufungsgericht von der Haftung des [X.]n ausgegangen ist, weil er die behauptete Fehlberatung nicht substantiiert bestritten und den Gang der Beratung des [X.] in Bezug auf den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 13. [X.]eptember 2010 nicht hinreichend dargetan habe, hat das Berufungsgericht unter Außerachtlassung wesentlicher Teile des Vorbringens des [X.]n die Anforderungen an ein substantiiertes Vorbringen überspannt. Nach dem schriftsätzlichen Vortrag des [X.]n und seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. [X.]eptember 2014 hat der [X.] seinen anwaltlichen Beratungspflichten genügt.

8

a) Im Rahmen von Verhandlungen zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Interessen des Mandanten umfassend und nach allen Richtungen wahrzunehmen und ihn vor vermeidbaren Nachteilen zu bewahren. Um dem Mandanten eine eigenständige Entscheidung über den Abschluss des Vergleichs zu ermöglichen, muss er ihm dessen Vor- und Nachteile darlegen. Auch ein ausdrücklicher gerichtlicher Vergleichsvorschlag vermag den Rechtsanwalt nicht von seiner Verantwortung bei der Beratung der [X.] zu entbinden ([X.], Urteil vom 11. März 2010 - [X.], [X.], 815 Rn. 8 mwN). Der Anwalt hat von einem Vergleich abzuraten, wenn er für die von ihm vertretene [X.] eine unangemessene Benachteiligung darstellt und insbesondere begründete Aussicht besteht, im Falle einer streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen ([X.], Urteil vom 14. Januar 1993 - [X.], NJW 1993, 1325, 1328; vom 7. Dezember 1995 - [X.], NJW-RR 1996, 567, 568; vom 11. März 2010, aaO; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.]/Rinkler/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 282). In diesem Fall greift die Vermutung ein, dass der Mandant dem Vorschlag des Anwalts, von einem [X.] abzusehen, gefolgt wäre ([X.], Urteil vom 14. Januar 1993, aaO [X.]. 1329). Nimmt der Mandant auf Anraten seines Rechtsanwalts eine günstige Vergleichsmöglichkeit nicht wahr, kommt es für einen Pflichtverstoß darauf an, ob im Zeitpunkt der Vergleichsverhandlung objektive Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, die den Vergleich günstiger erscheinen ließen als dessen Ablehnung (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Anwaltshaftung, 5. Aufl., [X.] IV Rn. 115).

9

b) Nach dem von ihm dargestellten Verlauf und Inhalt der Beratung des [X.] im Vorprozess hat der [X.] diesen Anforderungen entgegen der Entscheidung des Berufungsgerichts genügt. [X.]chon in der Klageerwiderung, deren Inhalt das Berufungsgericht in seinem Urteil unbeachtet gelassen hat, hat der [X.] ausgeführt, dem Kläger im Vorprozess schon in der ersten mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2010 zum Abschluss des von dem damals amtierenden [X.] vorgeschlagenen Vergleichs auf hälftiger Basis geraten zu haben, ohne dass der Kläger vergleichsbereit gewesen sei. Die [X.]achlage habe sich zu diesem Zeitpunkt für den Kläger noch offener dargestellt, weil der [X.] noch nicht zu erkennen gegeben habe, ob er die Rahmenvereinbarung der [X.]en über die Begrenzung der von den Leiharbeitnehmern zu leistenden [X.]tunden für wirksam oder für unwirksam halte. Diese Ausgangslage habe sich bis zu dem zweiten Termin am 13. [X.]eptember 2010, in dem der nun mit der [X.]ache befasste neue [X.] vor Durchführung der Beweisaufnahme erneut einen Vergleich auf hälftiger Basis vorgeschlagen habe, für den Kläger verschlechtert gehabt. Entsprechend dem [X.] habe der [X.] nun darauf hingewiesen, dass er die Darlegungs- und Beweislast für eine [X.]ondervereinbarung, nach der ein zeitliches Limit des Arbeitseinsatzes bestehen sollte, beim Kläger sehe. Nach Unterbrechung der Verhandlung habe der [X.] den Kläger in der Pause darauf hingewiesen, dass er ihm dazu rate, den Vergleich abzuschließen, weil Gewährleistungsansprüche oder ähnliches durch ihn nicht geltend gemacht werden könnten und die im Ablehnungsfall folgende Beweisaufnahme Unsicherheiten aufweise. Der Kläger sei demgegenüber jedoch der Ansicht gewesen, den nach Mitteilung des [X.]s von ihm zu führenden Beweis mit den von ihm benannten Zeugen erbringen zu können. Den Abschluss eines Vergleichs habe er abgelehnt, er habe eigentlich gar keine Diskussion darüber führen wollen. [X.]inngemäß habe er erklärt, pokern zu wollen und auf das Ganze zu gehen.

Diese schriftsätzliche Darstellung hat der [X.] bei seiner Anhörung durch das Berufungsgericht im Termin am 18. [X.]eptember 2014 bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass er auch im zweiten Termin für den Abschluss eines Vergleichs gewesen sei, weil er nicht habe einschätzen können, wie der Zeuge [X.].  aussagen würde und er immer noch keine ausreichenden Informationen zu den Einzelheiten der Baustelle gehabt habe, so dass er gehindert gewesen sei, mehr vorzutragen. Der Kläger sei aber siegessicher gewesen und habe es weiterhin abgelehnt, einen Vergleich zu schließen.

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe lediglich pauschal ausgeführt, aufgrund seiner Erfahrungen zum Abschluss eines Vergleichs geraten zu haben, ist nach dessen Vortrag zum Gang und Inhalt der Belehrung des [X.] nicht haltbar.

aa) Unter Einbeziehung des Vorbringens des [X.]n in der Klageerwiderung hat der [X.] hinreichend dargelegt, warum er dem Kläger schon im ersten Verhandlungstermin am 31. Mai 2010 und erst recht im zweiten Termin am 13. [X.]eptember 2010 zum Abschluss des vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs auf hälftiger Basis geraten habe. Die Darlegungs- und Beweislast für den Abschluss der [X.]ondervereinbarung, aus welcher der Kläger für sich das Recht herleiten wollte, nur einen Teil der abgerechneten [X.]tunden zu bezahlen, war ausschlaggebend für den Ausgang des Rechtsstreits. Die Beweislast hierfür trug der Kläger, wie ihm der [X.] schon vor der Unterbrechung der [X.]itzung zur Erörterung des [X.] mit dem [X.]n mitgeteilt hatte. Damit musste dem Kläger klar sein, dass er den Rechtsstreit verlieren würde, wenn er auf das Ganze ging und die Beweisaufnahme zu seinem Nachteil ausfiel. Einer zusätzlichen Belehrung durch den [X.]n bedurfte er insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mehr. Dieser konnte ihm allenfalls noch einmal die Risiken der durchzuführenden Beweisaufnahme vor Augen führen, wie er es nach seiner Darstellung auch getan hat. Eine besonders eindringliche Belehrung, wie sie das Berufungsgericht für erforderlich zu halten scheint, schuldete der [X.] dem Kläger nicht (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 1994 - [X.], [X.]Z 126, 217, 220). Es reichte aus, dass der [X.] den Kläger auf die Risiken der anstehenden Beweisaufnahme hinwies und die weiteren Unsicherheiten im Fall der streitigen Durchführung des Verfahrens deutlich machte.

bb) Der Vortrag des [X.]n zum Inhalt seiner Belehrung ist widerspruchsfrei. Der [X.] hatte keinen nachvollziehbaren Grund, dem Kläger von dem Abschluss des Vergleichs abzuraten. Dass er die Aussage des Zeugen [X.].  nicht einschätzen konnte und deshalb schon im Hinblick auf diese Unsicherheit zu einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits riet, ist im Gegenteil durchaus plausibel. Nachvollziehbar ist auch der Vortrag des [X.]n zum Verhalten des [X.], der von einem Vergleich nichts wissen wollte, weil er auf einen für ihn günstigen Ausgang der Beweisaufnahme vertraute. Dies ist der Darstellung des [X.]n zu beiden Terminen, in denen die Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses erörtert wurde, zu entnehmen. Nach den unmissverständlichen Ausführungen des [X.]n war es der Kläger und nicht der [X.], der es auf eine streitige Entscheidung ankommen lassen wollte. Mehr brauchte der [X.] zum Inhalt seiner Beratung nicht vorzutragen. Vielmehr war es nunmehr [X.]ache des [X.], den Nachweis zu führen, dass der [X.] ihn von dem [X.] abgehalten und trotz der bestehenden Risiken zu einer streitigen Entscheidung geraten habe.

cc) [X.]oweit das Berufungsgericht Vortrag des [X.]n zur Untauglichkeit der überlassenen Arbeitskräfte vermisst, kommt es hierauf für den Abschluss des Vergleichs nicht an. Abgesehen von der Angabe des [X.]n, er habe dem Kläger auch wegen seiner immer noch nicht ausreichenden Informationen über die Einzelheiten der Baustelle zum [X.] geraten, die darauf hindeutet, dass auch dieser Gesichtspunkt Gegenstand der Belehrung war, war die Erörterung dieser Fragen für das Für und Wider des abzuschließenden Vergleichs nicht erheblich. Entscheidend waren die Fragen der Beweisbarkeit und Beweislast für die Vereinbarung einer Begrenzung der abrechenbaren [X.]tunden. Insoweit waren dem Kläger die Risiken der streitigen Fortsetzung des Verfahrens bewusst.

d) Der [X.] ist der ihn treffenden sekundären Darlegungslast für den Inhalt seiner Beratung somit gerecht geworden. Allein wegen des fehlenden substantiierten Bestreitens der vom Kläger behaupteten Fehlberatung und mangelnder Darlegung der Einzelheiten des Inhalts seiner Beratung und Aufklärung durfte das Berufungsgericht ihn nicht verurteilen. Der Kläger hat die Darstellung des [X.]n nicht widerlegt und damit den ihm obliegenden Nachweis einer Falschberatung durch den [X.]n bei der Entscheidung über die Annahme des vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs nicht geführt.

3. [X.]oweit das Berufungsgericht offengelassen hat, ob dem [X.]n eine Verletzung anwaltlicher Pflichten im Hinblick auf eine fehlerhafte Prozessführung im Vorprozess vor dem [X.] vorzuwerfen ist, kommt ein [X.]chadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 [X.] ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger hat im [X.] nicht vorgetragen, dass seine Rechtsverteidigung gegen die Klage des Vermittlungsunternehmens erfolgreich gewesen wäre, wenn der [X.] im Ausgangsrechtsstreit vorgetragen hätte, die von dem Unternehmen gestellten Arbeitnehmer seien für den nach den Überlassungsverträgen vereinbarten Zweck nicht tauglich und geeignet gewesen.

a) Bei einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag handelt es sich um einen Unterfall des [X.], der keinem der im Besonderen [X.]chuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelten Vertragstypen zuzuordnen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Mai 2015 - 19 U 21/15, juris Rn. 8; [X.] in [X.] Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 12 [X.] Rn. 5). Anders als bei einem Werkvertrag haftet der Verleiher nicht für einen Erfolg, sondern nur für die sorgfältige Auswahl und Bereitstellung von Arbeitskräften ([X.], Urteil vom 9. März 1971 - [X.], NJW 1971, 1129; vom 13. Mai 1975 - [X.], NJW 1975, 1695; [X.], aaO; [X.] in [X.] Kommentar zum Arbeitsrecht, aaO, § 1 [X.] Rn. 12; [X.]/[X.], [X.], 2014, § 278 Rn. 72). Der verleihende Unternehmer hat bei einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht dafür einzustehen, dass die überlassenen Arbeitnehmer die ihnen von dem entleihenden Unternehmer übertragenen Arbeiten ordnungsgemäß verrichten. Er haftet vielmehr nur dafür, dass die von ihm gestellten Arbeitnehmer für den nach dem Vertrag verfolgten Zweck tauglich und geeignet sind.

b) Der Kläger hat im [X.] die Voraussetzungen für einen [X.]chadensersatzanspruch wegen der Auswahl und Entsendung ungeeigneter Leiharbeitnehmer und die fehlerhafte Abrechnung geleisteter [X.]tunden nicht hinreichend dargelegt. Er hat lediglich pauschal vorgetragen, die entsandten Arbeitnehmer hätten sich zum Teil als fachlich ungeeignet erwiesen, zum Teil seien Arbeitnehmer erschienen, für die es keine Überlassungsverträge gegeben habe, und Arbeitszeiten seien unzutreffend dargestellt worden. Ferner seien Zeit- und [X.] aus der Tabelle nicht eingehalten worden, woraufhin der Architekt [X.]  die Tätigkeitsberichte des Überlassungsunternehmens beanstandet habe. [X.]chließlich sei der Vertrag fristlos gekündigt worden und der Kläger habe die Rechnungen nur in der aus seiner [X.]icht gerechtfertigten Höhe beglichen.

aa) Welchen Leistungsanforderungen die von dem Leiharbeitsunternehmen gestellten Arbeitnehmer genügen sollten und aus welchen Gründen wenigstens ein Teil der auf die Baustelle entsandten Arbeitnehmer diesen Anforderungen nicht entsprach, ist dem Vortrag des [X.] nicht zu entnehmen. Konkrete Umstände, die dafür sprechen könnten, dass die überlassenen Arbeitnehmer nicht sorgfältig ausgesucht und für den nach dem Vertrag verfolgten Zweck nicht geeignet waren (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 1971, aaO), sind dem Vorbringen des [X.] nicht zu entnehmen. Der Kläger hat lediglich ein Konvolut von [X.]tundenzetteln vorgelegt, ohne im Einzelnen vorzutragen, welche davon nicht in Ordnung sind, inwiefern Zeit- und Obergrenzen aus einer Tabelle (welcher?) überschritten wurden und welche Folgen sich daraus für die Abrechnung der Leistungen des [X.] ergeben. Zur Höhe der angeblich fehlerhaft in Rechnung gestellten Beträge wird nichts ausgeführt.

Zwar hat der Kläger sich zum Beweis für seinen Vortrag auf das Zeugnis des Architekten [X.].  berufen. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung dieses Zeugen kam jedoch mangels konkreten Vortrags zu den Pflichtverstößen des [X.] nicht in Betracht. Eine Beweisaufnahme wäre auf eine Ausforschung des Zeugen [X.].  hinausgelaufen. [X.]oweit der Kläger zur weiteren Konkretisierung auf die Beiziehung der Akte des Verfahrens [X.], 14 O 87/10, Bezug genommen hat, in dem der [X.] Vortrag zu den Pflichtverletzungen des klagenden [X.] schuldig geblieben sein soll, liegt eine unzulässige Bezugnahme vor. Der Kläger durfte seinen schriftsätzlichen Vortrag nicht ohne eigene [X.]achdarstellung durch die nicht weiter konkretisierte Bezugnahme auf eine beizuziehende Akte, ohne nähere Angabe der [X.]chriftstücke, auf die er sich bezieht, ersetzen. Die Bezugnahme auf bestimmte Teile der beigezogenen Akten hätte allenfalls zur Erläuterung seines Vortrags dienen können, konnte diesen aber nicht ersetzen (vgl. für die Bezugnahme auf Anlagen, [X.], Urteil vom 2. Juli 2007 - [X.], [X.], 69 Rn. 25; Musielak/[X.], ZPO, 13. Aufl. 2016, § 130 Rn. 10; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 130 Rn. 2).

bb) [X.] Hinweise auf die fehlende [X.]ubstanz des Vorbringens des [X.] zu den vermeintlichen Pflichtverstößen des [X.] bedurfte es nicht. Der [X.] hat schon in der Klageerwiderung auf die fehlende Einlassungsfähigkeit der Ausführungen des [X.] zu den Pflichtverstößen des Überlassungsunternehmens hingewiesen. Die weiterhin unterbliebene substantiierte Darstellung in der Berufungsbegründung hat der [X.] in der [X.] gerügt. Damit kann dahingestellt bleiben, ob der [X.] seine Pflicht verletzt haben könnte, sich die für die Rechtsverteidigung des [X.] im Vorprozess erforderlichen Informationen geben zu lassen, oder ob der vom Kläger beauftragte Architekt [X.].  bei Erteilung von Auskünften über die vermeintlichen Pflichtverletzungen des Überlassungsunternehmen nicht mitgewirkt hat.

III.

Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Weiterer Feststellungen bedarf es nicht. Der [X.]enat kann in der [X.]ache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das Urteil des [X.] wiederherstellen.

Kayser                     Gehrlein                          Pape

                Grupp                        [X.]

Meta

IX ZR 291/14

14.07.2016

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 13. November 2014, Az: 27 U 167/13

§ 280 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.07.2016, Az. IX ZR 291/14 (REWIS RS 2016, 8173)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 3430 WM2017,675 REWIS RS 2016, 8173

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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