Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.07.2012, Az. 5 PKH 8/12

5. Senat | REWIS RS 2012, 4184

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Gegenstand

Verfahrensfehler; nicht ordnungsgemäße Berufungsbegründung; Gebot, sich von einem Bevollmächtigten vertreten zu lassen


Gründe

1

Der Antrag auf [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts für eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde, über den der Senat zu befinden hat (vgl. [X.]eschluss vom 11. Juli 1983 - [X.]VerwG 1 ER 210.83 - [X.] 310 § 60 [X.] Nr. 133 S. 28 m.w.N.), ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 [X.] i.V.m. § 114 Satz 1 und § 121 Abs. 1 ZPO).

2

Die beabsichtigte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bietet nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Rechtssache grundsätzliche [X.]edeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), wenn der angefochtene [X.]eschluss von einer Entscheidung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 [X.] genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der angefochtene [X.]eschluss beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 [X.]). Dass die [X.]eschwerde in diesem Sinn Aussicht auf Erfolg bietet, muss innerhalb der für die [X.]egründung der [X.]eschwerde geltenden Frist so weit dargelegt werden, wie dies ohne anwaltlichen [X.]eistand möglich und zumutbar ist. Erforderlich ist, dass sich aus der [X.]egründung des [X.] das Vorliegen eines Zulassungsgrundes in groben Zügen erkennen lässt (vgl. [X.]eschlüsse vom 1. September 1994 - [X.]VerwG 11 PKH 4.94 - [X.] 436.36 § 17 [X.] Nr. 16 S. 3 und vom 8. September 2008 - [X.]VerwG 3 PKH 3.08 - juris Rn. 3, jeweils m.w.N.). Der Kläger meint, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen Verfahrensrecht verstoßen (1.) und die Rechtssache habe grundsätzliche [X.]edeutung (2.). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies der Fall sein könnte.

3

1. Weder dem Vorbringen des [X.] noch den dem Senat vorliegenden Verfahrensakten ist auch nur ansatzweise zu entnehmen, dass dem Verwaltungsgerichtshof ein Verfahrensfehler unterlaufen ist.

4

a) Dem [X.]erufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass eine ordnungsgemäße [X.]erufungsbegründung nicht fristgerecht vorgelegt wurde. Nach § 124a Abs. 3 Satz 1 [X.] ist die vom Verwaltungsgericht zugelassene [X.]erufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Daran fehlte es hier.

5

aa) Zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, die von dem Kläger persönlich eingereichten Schriftsätze könnten nicht als ordnungsgemäße [X.]erufungsbegründung ausgelegt werden, da dieser nicht postulationsfähig sei. Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 [X.] hat sich ein Verfahrensbeteiligter vor dem [X.] grundsätzlich - und so auch hier - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen. Dem [X.] unterliegen sämtliche Prozesshandlungen vor den von ihm erfassten Gerichten, also auch die bei dem [X.]erufungsgericht einzureichende [X.]egründung der [X.]erufung.

6

bb) Den Anforderungen an eine ordnungsgemäße [X.]erufungsbegründung wurde nicht durch den Schriftsatz von Rechtsanwalt [X.]. vom 23. September 2011 genügt, da sich dieser in der Genehmigung eines nicht bezeichneten Schreibens des [X.] und der Erklärung erschöpft, sich dessen Inhalt zu eigen zu machen. Darin liegt eine Umgehung des Gebots, sich von einem [X.]evollmächtigten vertreten zu lassen.

7

Der [X.] überantwortet dem [X.]evollmächtigten die eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs. Dem trägt er in der Regel nur dann Rechnung, wenn er die Rechtsmittelbegründungsschrift selbst verfasst. Daher genügt es den Anforderungen des [X.]s nicht, wenn der Rechtsanwalt sich Ausführungen der [X.] oder eines [X.] lediglich zu eigen macht (stRspr, vgl. z.[X.]. [X.]eschlüsse vom 6. September 1965 - [X.]VerwG 6 C 57.63 - [X.]VerwGE 22, 38 <39f.>, vom 13. Juli 1989 - [X.]VerwG 4 [X.] 140.88 - [X.] 406.11 § 236 [X.]auG[X.] Nr. 1 und vom 29. November 2010 - [X.]VerwG 6 [X.] 59.10 - [X.] 310 § 154 [X.] Nr. 15 S. 2, jeweils m.w.N.). Die Grundsätze, nach denen eine fehlerhafte Prozesshandlung durch nachträgliche Genehmigung geheilt werden kann ([X.] z.[X.]. Urteil vom 13. April 1978 - [X.]VerwG 2 C 5.74 - [X.] 237.2 § 79 L[X.]G [X.]erlin Nr. 2 S. 7, zur nachträglichen Genehmigung der Klageerhebung trotz Prozessunfähigkeit), sind hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht einschlägig. Dem [X.] wird - wie aufgezeigt - nicht dadurch Genüge getan, dass sich ein Rechtsanwalt für die [X.]egründung eines Rechtsmittels Ausführungen einer nicht postulationsfähigen Person zu eigen macht und in diesem Sinn "genehmigt".

8

cc) Der Kläger muss sich das Versäumnis von Rechtsanwalt [X.]. gemäß § 173 Satz 1 [X.] i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO als eigenes Verschulden zurechnen lassen. Umstände, die der Annahme des [X.]erufungsgerichts, an einer gültigen [X.]evollmächtigung des Rechtsanwalts bestünden jedenfalls für den Zeitraum bis zum Ablauf der [X.]erufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 3 Satz 1 [X.] keine Zweifel, entgegenstehen könnten, sind von dem Kläger nicht ansatzweise aufgezeigt. Auch im Übrigen fehlen dafür jegliche Anhaltspunkte.

9

Mit Vollmacht vom 14. Mai 2010 hat der Kläger Rechtsanwalt [X.]. zur gerichtlichen Vertretung "wegen Veröffentlichung LAG-[X.]eschluss in [X.] u.s.w." bevollmächtigt. Diese Vollmacht, an deren Wirksamkeit keine Zweifel bestehen, erstreckte sich auch auf das [X.]erufungsverfahren. Sie war gemäß § 173 [X.] i.V.m.§ 87 Abs. 1 ZPO für das [X.]erufungsgericht solange maßgeblich, bis ihm gegenüber die Kündigung des [X.] und die [X.]estellung eines neuen [X.]evollmächtigten angezeigt wird (vgl. Urteil vom 26. Januar 1978 - [X.]VerwG 3 C 83.76 - [X.]VerwGE 55, 193 = [X.] 303 § 87 ZPO Nr. 1; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 67 Rn. 76). Da dem Verwaltungsgerichtshof eine solche Anzeige nicht unterbreitet wurde, war von der [X.]evollmächtigung des Rechtsanwalts [X.]. auszugehen, ohne dass es darauf ankam, ob im Innenverhältnis - wie der Kläger meint - das Mandatsverhältnis gekündigt war. Schon deshalb war der Verwaltungsgerichtshof nicht gehalten, der Frage einer Mandatskündigung in Ausübung seiner Sachaufklärungspflicht nachzugehen. Der vom Kläger insoweit beanstandete Verstoß gegen § 86 Abs. 1 [X.] liegt nicht vor.

Davon abgesehen bestehen aus den Gründen des angefochtenen [X.]eschlusses keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bis zum Ablauf der [X.]erufungsbegründungsfrist der [X.] zwischen dem Kläger und Rechtsanwalt [X.]. gekündigt war.

b) Der angefochtene [X.]eschluss ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 [X.] wegen Versäumens der [X.]erufungsbegründungsfrist versagt wird.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet schon deshalb aus, weil eine ordnungsgemäße [X.]erufungsbegründungsschrift nicht innerhalb eines Monats nach der am 19. Dezember 2011 erfolgten Zustellung des [X.]eschlusses über die Gewährung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts vom 2. November 2011 eingereicht worden ist. Dies wäre aber nach § 60 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 [X.]. 2 [X.] geboten gewesen. Entgegen der Auffassung des [X.] ist der Lauf der vorgenannten Frist nicht nach § 173 Satz 1 [X.] i.V.m. § 241 Abs. 1 oder § 244 Abs. 1 ZPO unterbrochen worden.

Gemäß § 173 [X.] i.V.m.§ 241 Abs. 1 ZPO wird das Verfahren u.a. für den Fall, dass eine [X.] die Prozessfähigkeit verliert oder die Vertretungsbefugnis ihres gesetzlichen Vertreters aufhört, ohne dass die [X.] prozessfähig geworden ist, unterbrochen, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche Vertreter von seiner [X.]estellung dem Gericht Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht angezeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen zugestellt hat. Darauf kann die Annahme einer Unterbrechung der hier in Rede stehenden Frist schon deshalb nicht gestützt werden, weil sich aus dem Vorbringen des [X.] ergibt, dass die Vertretungsbefugnis seines vormaligen [X.]etreuers erst nach Ablauf dieser Frist geendet hat. So hat er mit Schriftsatz vom 28. Januar 2012 dem Verwaltungsgerichtshof mitgeteilt, dass in "absehbarer Zeit ein [X.]etreuerwechsel" erfolge. Auf den nach den Darlegungen des [X.] am 18. Januar 2012 gestellten Antrag des ehemaligen [X.]etreuers, ihn von der [X.]etreuung zu entbinden, kommt es insoweit nicht an.

Eine Unterbrechung der Frist ist auch nicht nach § 173 [X.] i.V.m. § 244 Abs. 1 ZPO eingetreten. Danach tritt u.a. für den Fall, dass in [X.] der Anwalt einer [X.] unfähig wird, die Vertretung der [X.] fortzuführen, eine Unterbrechung des Verfahrens ein, bis der bestellte neue Anwalt seine [X.]estellung dem Gericht angezeigt und das Gericht die Anzeige dem Gegner von Amts wegen zugestellt hat. Der Anwalt muss rechtlich gehindert sein, die Vertretung wahrzunehmen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 29. Januar 1976 - [X.] - [X.]GHZ 66, 59 <60f.>). Anhaltspunkte für eine solche Unfähigkeit von Rechtsanwalt [X.]enz, im hier maßgeblichen Zeitraum die Vertretung fortzuführen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Selbst wenn der [X.] gekündigt gewesen wäre, wovon der Kläger ausgeht, hätte dies eine Unfähigkeit im Sinne des § 244 Abs. 1 ZPO nicht bewirkt (vgl. [X.]aumbach/[X.]/ [X.]/[X.], ZPO, 70. Aufl. 2012, § 244 Rn. 11). Auch in diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof seine Pflicht zur Sachaufklärung im Sinne des § 86 Abs. 1 [X.] nicht verletzt.

Die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens nach § 173 [X.] i.V.m. § 246 Abs. 1 [X.]. 2 i.V.m. [X.]. 1 ZPO lagen entgegen der Auffassung des [X.] nicht vor. Dies folgt schon daraus, dass die Aussetzung nur auf Antrag erfolgt und ein solcher hier nicht gestellt wurde.

c) Dem Verwaltungsgerichtshof sind auch im Übrigen offensichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.

2. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Rechtssache grundsätzliche [X.]edeutung haben könnte. Da das [X.]erufungsgericht seine Entscheidung tragend auf die Unzulässigkeit der [X.]erufung des [X.] gestützt hat, müsste sich eine Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher [X.]edeutung in diesem Zusammenhang stellen. Dies wird von dem Kläger nicht geltend gemacht. Auch fehlt insoweit jeglicher Anhaltspunkt.

Soweit der Kläger der Auffassung ist, die [X.]erufung hätte Erfolg haben müssen, weil das erstinstanzliche Urteil gegen Verfassungsrecht verstoße, wendet er sich in der Sache gegen die Erwägung in dem angefochtenen [X.]eschluss, die [X.]erufung wäre auch nicht begründet gewesen. Darauf kann eine Frage von grundsätzlicher [X.]edeutung schon deshalb nicht bezogen werden, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf diesen Ausführungen beruht.

Meta

5 PKH 8/12

30.07.2012

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PKH

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 6. März 2012, Az: 1 S 2465/11, Beschluss

§ 67 Abs 4 S 1 VwGO, § 173 VwGO, § 87 ZPO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.07.2012, Az. 5 PKH 8/12 (REWIS RS 2012, 4184)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4184

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