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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 111/03vom12. August 2003in der Strafsachegegenwegen Mordes- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.] am [X.]. Wahl,[X.],[X.],Richterin am [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenkläger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -- 4 -Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger ge-gen das Urteil des [X.] - [X.] vom 17. [X.] werden verworfen.Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem [X.] im Revisionsverfahren entstandenen notwendigenAuslagen trägt die Staatskasse. Die Nebenkläger tragen [X.] ihrer Revisionen.Von Rechts wegenGründe:Der Angeklagte und sein Bruder, der frühere Mitangeklagte [X.], wurden vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Die Revisionen [X.] und der Nebenkläger richten sich gegen den [X.] Angeklagten, hinsichtlich [X.] wurden sie wieder zurückge-nommen.Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf eine Verfahrensrüge und dienäher ausgeführte Sachrüge gestützt, die Revisionen der Nebenkläger auf [X.], wobei die Ausführungen hierzu im wesentlichen den [X.] Staatsanwaltschaft entsprechen.Die im Ergebnis auch vom [X.] vertretenen Revisionenbleiben erfolglos.- 5 -1. [X.] hat festgestellt:Die Angeklagten hatten Auseinandersetzungen mit [X.]. , der [X.] mit der [X.] eines Lokals durch die [X.] gegen sie erhob. Sollten die Angeklagten bis 9. [X.] nicht zahlen, so stand zumindest im Raum, sollte das Lokal [X.]. übertra-gen werden. Am späten Abend des 8. November wurde [X.]. telefonisch [X.] [X.] in das Lokal bestellt; er glaubte, er bekomme sein Geldund fuhr hin, obwohl er stark erkältet war. Seither wurde er nicht mehr lebendgesehen. Am 5. April 1999 wurde die Leiche des erschossenen [X.]. etwa achtkm von dem Lokal entfernt an einsamer Stelle aufgefunden. Sie war in [X.] gewickelt, die aus dem Lokal stammten. Der PKW [X.]. s, der am [X.] des 8. November 1998 noch vor dem Lokal gestanden hatte, war [X.] 10. November 1998 in der Nähe des Lokals auf einem Parkplatz gefundenworden.2. Den Angeklagten war vorgeworfen worden, daß entweder in dem [X.] oder in dessen Nähe einer von ihnen im Einverständnis und im Beisein desanderen [X.]. erschossen habe; möglicherweise habe aber auch eine [X.] ihn auf Veranlassung der Angeklagten und in deren Anwesenheit er-schossen.Nach umfangreicher Beweisaufnahme bejaht die [X.] einen [X.] ("gesteigerten") Verdacht gegen beide Angeklagte, insbesondereaber gegen den Angeklagten [X.] , daß sie den Tod [X.]. s zu verant-worten haben. Es bleibe aber völlig unklar, wer geschossen habe und ob diesauf Grund eines gemeinsamen Tatplans geschehen sei. Es sei möglich, daß[X.]. nur zum Zweck der Einschüchterung in das Lokal einbestellt worden sei.Immerhin habe der Angeklagte A. [X.]durch die Einbestellung [X.]. [X.] 6 -tels eines zunächst von einer Tochter [X.]. s angenommenen Telefonanrufs"fast automatisch" einen Tatverdacht auf sich gelenkt, was gegen eine geplanteTötung sprechen könne. Auf der Grundlage der Annahme einer Einbestellungnur zur Einschüchterung sei nicht auszuschließen, daß sich [X.]. , wofür ange-fallene Erkenntnisse zu seiner Persönlichkeit ("uneinsichtig, [X.] könnten, bei dieser Besprechung nicht habe beeindrucken lassen.Dann könne das Treffen auch eskaliert sein, wobei einer der Anwesenden [X.]. erschossen habe. Bei solchem Geschehensablauf könne dies dann aber nurdem Schützen selbst - gewissermaßen nach den Grundsätzen des "[X.] zugerechnet werden. Wer der Schütze aber sei, sei nicht festzustellen. Da [X.] Brüder seien, könne gemäß § 258 Abs. 4 StGB keine Bestrafungwegen einer Strafvereitelung durch Beseitigung der Leiche erfolgen.An dieser Beweiswürdigung könne insbesondere auch die Aussage [X.] [X.]nichts ändern. Dieser war lange V-Mann für die Polizeidi-rektion [X.]und andere Behörden und im Bereich Rauschgift- undFalschgeldkriminalität erfolgreich tätig. Er wurde am 6. April 1999 wegen [X.] verhaftet - inzwischen ist er deshalb rechtskräftig zudrei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt - und alsbald aus Sicherheitsgründen ausdem Raum [X.]nach [X.]verlegt. Er war ab 9. April 1999 für [X.] des an diesem Tag verhafteten Angeklagten M. [X.] . Im Juni 1999 meldete sich [X.] bei den Behörden undschilderte im einzelnen, daß sein [X.] ihm gegenüber eingeräumthabe, [X.]. sei von zwei zu diesem Zwecke gedungenen Mördern, [X.] [X.], erschossen worden, weil er wegen seiner Geldforderungen lästig ge-worden sei; er, [X.], sei aber [X.] 7 -[X.] konnte aber, auch nach Anhörung des gemäß § 220StPO in die Sitzung gestellten aussagepsychologischen [X.]. [X.] ([X.]) nicht ausschließen, daß [X.] absichtlich falscheAngaben gemacht habe, um sich eigene Vorteile im Zusammenhang mit demdamals gegen ihn anhängigen Verfahren zu [X.] Mit ihrer Verfahrensrüge macht die Staatsanwaltschaft geltend, [X.] habe einen Beweisantrag auf Vernehmung eines weiteren Sach-verständigen zu Unrecht zurückgewiesen. Gestützt war der Antrag auf [X.], das Gutachten von Prof. [X.] weise methodische Mängel auf.Ohne daß es auf weiteres ankäme, ist die Rüge entgegen § 344 Abs. 2Satz 2 StPO nicht zulässig erhoben:Das Gutachten ist in nicht unerheblichen Teilen durch Bezugnahmen,z.B. auf Seitenzahlen oder Abschnitte oder durch Zusammenfassungen (z.B."einige Realitätskriterien") wiedergegeben. Dies war im Rahmen des [X.] gegenüber dem [X.] unbedenklich, da diesem das Gutachtenbekannt war und vorlag. Das Revisionsgericht prüft dagegen die [X.] nur anhand des Revisionsvorbringens. Angesichts derdargelegten Art der Schilderung vermittelt die Revisionsbegründung nicht dieumfassende Kenntnis des Gutachtens, die erforderlich wäre, um in eine Prü-fung darüber einzutreten, ob das Gutachten von Prof. [X.], dessen gene-relle "Sachkunde und ... wissenschaftliche Reputation" die [X.] zu-treffend ("einer der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der [X.]") bewertet und belegt hat, Methodenfehler enthaltenkönnte. Der [X.] bemerkt jedoch, daß auch im übrigen das [X.] die Möglichkeit methodischer Mängel nicht naheliegend erscheinen [X.] 8 -Insoweit verweist er auf die Ausführungen des [X.]s im An-schreiben vom 12. Mai 2003.4. Das Vorbringen der Revision zur Begründung der Sachrüge richtetsich gegen die Beweiswürdigung.a) Kann der Tatrichter nicht die erforderliche Gewißheit gewinnen [X.] den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmä-ßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es [X.] darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders ge-würdigt oder Zweifel überwunden hätte (st. Rspr., vgl. zuletzt [X.], Urteil vom26. Juni 2003 - 1 [X.]; vgl. auch zusammenfassend Schoreit in [X.] Aufl. § 261 [X.]. 5 m.[X.]). Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenneine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd erscheinen" mag([X.] NStZ 1984, 180). Es gibt nämlich im Strafprozeß keinen Beweis desersten Anscheins, der nicht auf Gewißheit, sondern auf der [X.] Geschehensablaufs beruht (vgl. [X.] aaO, [X.], [X.] derStPO, 4. Aufl. [X.]. 104 m.[X.]).Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft,wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert,widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Er-fahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewiß-heit überspannte Anforderungen gestellt sind (st. Rspr., vgl. [X.] aaO; [X.], 2188, 2189 jew.m.[X.]). Dies ist auch dann der Fall, wenn eine nach [X.] naheliegende Schlußfolgerung nicht gezogen ist, ohne daßkonkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen können (vgl.[X.], Urteil vom 26. Juni 2003 - 1 [X.]; [X.] in Löwe/[X.],[X.]. § 261 [X.]. 47). Es ist weder im Hinblick auf den [X.] 9 -noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen,für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind ([X.] aaOm.[X.]).b) Soweit sich die Revision mit Einzelausführungen gegen die Beweis-würdigung wendet, stützt sie sich in weiten Teilen auf urteilsfremde Tatsachen.So wird etwa die Aussage des Zeugen [X.] eingehend dargelegt undein Rechtsfehler darin gesehen, daß das Urteil nicht "überprüft" werden könne,weil die Urteilsfeststellungen zu den Aussagen dieses Zeugen nicht deckungs-gleich mit der genannten Schilderung seien. Ähnlich heißt es in anderem Zu-sammenhang, die [X.] habe bestimmte "in den Urteilsgründen nichtwiedergegebene Angaben" eines Zeugen nicht in ihre Erwägungen einbezo-gen.Bei alledem ist verkannt, daß das Revisionsgericht weder den Gang unddas Ergebnis der Beweisaufnahme rekonstruiert, noch den [X.]teninhalt mit [X.] abgleicht (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Wahl in NJW -Sonderheft für [X.] 2002, 73 m.[X.]).c) Auch im übrigen ist ein Rechtsfehler in der Beweiswürdigung wedervon der Revision aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Die zentralen Erwägungender [X.], die Art der Einbestellung [X.]. s könne gegen eine geplanteTötung sprechen und die Möglichkeit einer Eskalation ergebe sich aus den zurPersönlichkeit [X.]. s angefallenen Erkenntnissen, knüpfen an konkrete [X.] an und überschreiten auch sonst die aufgezeigten Grenzen [X.] Beweiswürdigung nicht, selbst wenn eine geplante Tat wahr-scheinlicher erscheinen mag, als die "[X.]". Das [X.] - soweit es nicht, wie dargelegt, an urteilsfremde Feststellungen [X.] - beschränkt sich trotz seiner Ausführlichkeit letztlich insgesamt darauf,- 10 -aufzuzeigen, daß auch eine solche Beweiswürdigung möglich wäre. An [X.], wonach etwa bestimmte Überlegungen "nicht überzeugen", weil an-deren Gesichtspunkten nicht das "angemessene Gewicht" eingeräumt sei, wirddeutlich, daß die Revision ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle der Be-weiswürdigung des Tatrichters setzen will, ohne dabei jedoch Rechtsfehler [X.]) Auch die Ausführungen des [X.]s führen letztlich zukeinem anderen Ergebnis. So setzt er etwa den Erwägungen der [X.],die Beseitigung der Leiche spreche nicht gegen eine nicht geplante Tötung, daeine solche Beseitigung auch improvisiert sein könne, die Erwägung entgegen,das Nachtatverhalten spreche dafür, daß eine Tötung [X.]. s "zumindest [X.] eingeplant" gewesen sei. Auch insoweit ist lediglich eine andere Ge-wichtung der angefallenen Erkenntnisse vorgenommen. Ähnliches gilt für [X.], die daran anknüpfen, daß [X.]. damit rechnete, daß sein Aufent-halt in dem Lokal nicht von langer Dauer sein werde oder zu den [X.] den festgestellten Aussagen eines Zeugen Ü. gegenüber der Polizei.Die Urteilsgründe ergeben, daß die [X.] aus den Aussagen die-ses Zeugen keine für den Angeklagten nachteiligen Schlüsse zieht: Ü. , dersich im Ermittlungsverfahren "von Vernehmung zu Vernehmung genauer undbesser erinnert habe", sei "intellektuell und psychisch" überfordert [X.] Aussagen seien widersprüchlich, wobei der Zeuge [X.], ein Verneh-mungsbeamter, "offen und ehrlich eingeräumt habe, daß er eben den Zeugenhabe reden lassen" ohne den Widersprüchen in der Aussage nachzugehen.Mit Erwägungen, wonach etwa die Aussagen Ü. s auch anders erklär-bar seien und "keine essentiellen, unauflösbaren ... Widersprüche" aufwiesen,- 11 -wird zwar die Möglichkeit einer anderen Beweiswürdigung, nicht aber einRechtsfehler im dargelegten Sinne aufgezeigt.Angesichts der umfangreichen, wenn auch letztlich vergeblichen, wie [X.] ausdrückt, "Anstrengungen" der [X.], ihre Zweifel zu überwinden, inderen Rahmen sie eingehend auf die von ihr vorgenommene Gesamtwürdigungaller Indizien verweist, kann der [X.] schließlich auch nicht die Sorge teilen,die [X.] könnte gegen den Angeklagten sprechende Indizien aus [X.] verloren oder nur isoliert gewürdigt haben.[X.]Wahl [X.] Kolz Elf
Meta
12.08.2003
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.08.2003, Az. 1 StR 111/03 (REWIS RS 2003, 1937)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 1937
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