Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2011, Az. 5 StR 161/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 6321

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5 StR 161/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 24. Mai 2011
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am
24. Mai 2011
beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a)
soweit der Angeklagte wegen schweren sexuellen [X.] in Tateinheit mit Verbreitung porno-grafischer Schriften verurteilt
worden
ist,
und

b)
im [X.].

Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Verbreitung pornografischer Schriften (Einsatzstrafe zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe) und wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften (zehn Monate
Freiheitsstra-fe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verur-teilt. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] er-1
-
3
-

sichtlichen Teilerfolg.
Im Übrigen ist das Rechtsmittel
unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StP[X.]

1. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

a) Der unter
anderem
am 22. August 2001 durch das [X.] wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilte Angeklagte hatte im
November 2000 in [X.] ein Garten-grundstück gepachtet. Mit den Kindern

[X.]

,

S.

und

D.

setzte er ab [X.] 2001 bis 17. Juni 2002 Schuppen und Garten in Stand. Er filmte die Jungen
bei Gartenarbeiten, die sie

auf seinen Wunsch

nackt ausführten. Der Angeklagte stellte FKK-Filme

her und verkaufte diese an die Firma P.

in Lübeck, die sie an Pädophile weiter
veräußerte. Darüber hinaus veranlasste er die Kinder, sich vor laufen-der Kamera gegenseitig an den Geschlechtsteilen zu manipulieren und sich selbst zu befriedigen, wobei sie auf Geheiß des
Angeklagten Massagegeräte zur Selbstbefriedigung benutzten. Auch dem kamen die Kinder freiwillig nach, da sie hierfür vom Angeklagten entlohnt wurden. Diese Aufnahmen dienten der eigenen sexuellen Stimulation des Angeklagten, ebenso
wie die am 1.
Juli
2010 auf dem nämlichen Grundstück in der Hütte des Angeklagten sicher gestellten etwa 1.000
Datenträger mit kinderpornografischen Bildern und der Darstellung sexueller Handlungen von Knaben.

b) Auf
nicht aufgeklärte Weise gelangten vom Angeklagten gefertigte Abbildungen sexueller Handlungen der Zeugen [X.]

und S.

ins Ausland und von dort wieder nach [X.]. Bei einem Verdächtigen in [X.] kam es zur Sicherstellung solcher Bilder. Das [X.] hat die Einlassung des Angeklagten, er habe Bilder und Filme mit sexuellen Handlungen selbst nicht verkauft oder verschenkt, nicht zu widerlegen ver-mocht. Der Angeklagte hatte hierzu angegeben, dass sein späterer

im Feb-2
3
4
-
4
-

ruar 2010 verstorbener

Geschäftspartner

D.

heimlich solche Bil-der und Filme verkauft haben könnte. Das [X.] hat aus dem vom [X.] eingestandenen Umstand, er habe

etwa im Jahr 2000UA
S.
8)
seinem
zwei Jahre später verschollenen [X.] Geschäftspartner

M.

beim Vertrieb der FKK-Filme sein gesamtes Filmmaterial steu

(UA S.
8) ungesichtet überlassen und er könne nicht ausschließen, dass dieser auch

absprachewidrig

pornografisches Materi-al verkauft habe, darauf geschlossen, dass der Angeklagte zumindest billi-gend in Kauf genommen habe, dass

M.

auch das pornografische Material weiter verbreiten werde. Zu einer Zahlung durch Letzteren an den Angeklagten kam es nicht.

2. Diese Feststellungen tragen das ausgeurteilte Verbrechen gemäß §
176a Abs. 2 StGB aF
und das tateinheitlich hiermit verbundene Vergehen gemäß §
184 Abs. 3 und 4 StGB aF nicht.

a) Eine Strafbarkeit des Angeklagten gemäß §
176a Abs. 2 StGB aF scheitert bislang daran, dass der Angeklagte nach den Feststellungen
bei Veranlassung der sexuellen Handlungen der Kinder
nicht die Absicht hatte, die von den Taten gefertigten pornografischen Schriften im Sinne des §
184 Abs. 3 StGB aF
zu verwenden (vgl. [X.], Urteil vom 27. Juni 2001

1 [X.], [X.]St 47, 55, 58). Die [X.] hat vielmehr festgestellt, dass die gefilmten sexuellen Handlungen lediglich der eigenen sexuellen Stimulation des Angeklagten dienten.

b) Auf dieser Grundlage war das [X.] mangels Feststellung
der Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns auch gehindert, eine Straf-barkeit gemäß § 184 Abs. 4 StGB aF anzunehmen.

Darüber hinaus stößt schon die Annahme des [X.]s, der [X.] habe kinderpornografische Schriften über

M.

im Sinne 5
6
7
8
-
5
-

des §
184 Abs. 3 Nr. 1 StGB aF verbreitet, unter mehreren Aspekten auf durchgreifende Bedenken.

Die nach der vom [X.] als unwiderlegt angesehenen Einlas-sung

M.

übergebenen Filme und Bilder können nur tatbestandsrelevant sein, falls es sich um solche handelt, die im Tatzeitraum [X.] 2001 bis 17. Juni 2002 gefertigt worden sind. Hierzu mangelt es an näheren Darlegungen.

Des Weiteren beruht die Annahme, der Angeklagte habe eine Weiter-verbreitung durch

M.

in Kauf genommen, auf einer den Angeklag-ten belastenden Fehlinterpretation von dessen teilgeständiger Einlassung. Der Angeklagte hat gerade keinen Willen hinsichtlich einer Verbreitung be-kundet, sondern im Gegenteil auf eine Absprache hingewiesen, aufgrund derer

M.

die kinderpornografischen Abbildungen nicht weiterge-ben sollte. Das [X.], das alle weiteren Einlassungen des Angeklagten beweiswürdigend bestätigt gesehen hat, ist auf diesen Umstand in seiner Beweiswürdigung nicht eingegangen. Es hat das behauptete Motiv für die Übergabe auch nicht zur Widerlegung der Einlassung herangezogen. Der Schluss auf einen bedingten Vorsatz des Angeklagten ist somit ohne eine argumentative Überwindung eines wesentlichen
Details aus der Einlassung des Angeklagten und ohne die notwendige
eigenständige Begründung aus anderen Umständen gezogen
worden.

3. Der Senat schließt nicht aus, dass bei weitergehenden sorgfältige-ren
Feststellungen

insbesondere unter Heranziehung der belastenden tat-zeitnahen Umstände aus der Vorverurteilung
des Angeklagten hinsichtlich eines gewinnbringenden Verkaufs solcher Bilder
(UA S. 5)

es möglich
er-scheint,
die Voraussetzungen des
Verbrechenstatbestandes
des §
176a Abs.
2 StGB aF
in subjektiver Hinsicht noch
zu begründen. Dies gilt auch hinsichtlich des allein nicht verjährten Vergehens gemäß §
184 Abs. 4 StGB aF.
9
10
11
-
6
-

Sollte ein solcher [X.] nicht gelingen, wird zur erschöp-fenden Kognition des angeklagten Sachverhalts die Sache hinsichtlich einer Strafbarkeit gemäß §
176 Abs. 2 StGB aF, eventuell sogar unter dem Ge-sichtspunkt des [X.] gemäß §
176a Abs. 1 StGB (iden-tisch mit § 176a Abs.
1 Nr.
4 StGB aF) neuer Aufklärung und Bewertung
be-dürfen.

Der Angeklagte hat bisher eingeräumt, dass er ab [X.] 2001 bis 17.
Juni 2002 drei Kinder dazu bestimmt hat, sexuelle Handlungen an den jeweils anderen vorzunehmen und an sich vornehmen zu lassen. Dies [X.], weil auch Kinder als Dritte im Sinne des §
176 Abs.
2 StGB zu [X.] sind ([X.], Urteil vom 24. März 1999

3 [X.], [X.]St 45, 41, 42), eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift. Das [X.] hat zwar bisher nähere
Feststellungen zu den [X.] und dem
Tatumfang nicht getroffen. Dies erscheint indes nachholbar und wäre
zur Prüfung notwendig, ob der Angeklagte unter Missachtung der Warnwirkung seiner Verurteilung durch das [X.] vom 22. April 2001 gehandelt hat, was den Anwen-dungsbereich des §
176a Abs.
1 StGB eröffnen könnte.

4. [X.] und der Strafausspruch gemäß § 184b Abs. 4 Satz
2 StGB bleiben
von dem Rechtsfehler unberührt.
Das Entfallen eines der beiden Schuldsprüche entzieht
dem [X.] die [X.].

Basdorf

Brause Schneider

König Bellay

12
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Meta

5 StR 161/11

24.05.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2011, Az. 5 StR 161/11 (REWIS RS 2011, 6321)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6321

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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