Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.06.2021, Az. 6 AZR 281/20

6. Senat | REWIS RS 2021, 4951

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Gegenstand

Garantiebetrag im Tarifbereich der VKA


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2019 - 6 [X.] 961/19 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Garantiebetrag gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung (aF) zusätzlich zur [X.] oder zur [X.] zu zahlen ist.

2

Der Kläger ist seit 2001 bei der [X.] beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden [X.] die Durchgeschriebene Fassung des [X.] für den Bereich Verwaltung im Bereich der [X.] ([X.]-V) vom 7. Februar 2006 und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) vom 13. September 2005 Anwendung.

3

§ 29b [X.] lautet auszugsweise:

        

§ 29b Höhergruppierungen

        

(1) 1Ergibt sich nach der Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) zum TVöD eine höhere [X.], sind die Beschäftigten auf Antrag in der [X.] eingruppiert, die sich nach § 12 ([X.]) TVöD ergibt. 2Der Antrag kann nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück; …

        

(2) 1Die [X.] in der höheren [X.] richtet sich nach den Regelungen für Höhergruppierungen (§ 17 Abs. 4 TVöD in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung). …“

4

§ 29c [X.] lautet auszugsweise:

        

§ 29c Besondere Überleitungsregelungen

        

…       

        

(3) 1Beschäftigte der [X.] 9, für die gemäß des Anhangs zu § 16 ([X.]) TVöD in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung die Stufe 5 Endstufe ist, sind unter Mitnahme der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die Stufe der [X.] 9a übergeleitet, deren Betrag dem Betrag ihrer bisherigen Stufe entspricht. …“

5

§ 17 [X.]-V aF lautete auszugsweise:

        

§ 17 Allgemeine Regelungen zu den Stufen

        

…       

        

(4) 1Bei Eingruppierung in eine höhere [X.] werden die Beschäftigten derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2. 2Beträgt der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt nach Satz 1

        

-       

in den [X.]n 1 bis 8 vom 1. Februar 2017 an weniger als 58,98 [X.],

        

-       

in den [X.]n 9a bis 15 vom 1. Februar 2017 an weniger als 94,39 [X.],

        

so erhält die/der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrages den vorgenannten jeweils zustehenden Garantiebetrag. 3Wird die/der Beschäftigte nicht in die nächsthöhere, sondern in eine darüber liegende [X.] höhergruppiert, ist das Tabellenentgelt für jede dazwischen liegende [X.] nach Satz 1 zu berechnen; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass auf das derzeitige Tabellenentgelt und das Tabellenentgelt der [X.] abzustellen ist, in die die/der Beschäftigte höhergruppiert wird. 4Die Stufenlaufzeit in der höheren [X.] beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. 5Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere [X.] ist die/der Beschäftigte der in der höheren [X.] erreichten Stufe zuzuordnen. 6Die/Der Beschäftigte erhält vom Beginn des Monats an, in dem die Veränderung wirksam wird, das entsprechende Tabellenentgelt aus der in Satz 1 oder Satz 5 festgelegten Stufe der betreffenden [X.], ggf. einschließlich des [X.].“

6

Seit dem 1. März 2017 wird der Garantiebetrag Beschäftigten, die vor diesem [X.]punkt höhergruppiert worden sind, nur noch statisch gezahlt und ist bei [X.] nach diesem [X.]punkt abgeschafft.

7

Der seit dem 1. März 2013 als technische Fachkraft tätige Kläger war bei Inkrafttreten der Entgeltordnung ([X.]) als Anlage 1 zum [X.] (im Folgenden [X.]) am 1. Januar 2017 in die [X.] 9 Stufe 3 [X.] eingruppiert und wurde daraus nach § 29c Abs. 3 [X.] stufengleich in die [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) übergeleitet. Aufgrund des fristgerechten Antrags des [X.] nach § 29b Abs. 1 [X.] gruppiert die Beklagte ihn rückwirkend zum 1. Januar 2017 in die [X.] 9b [X.] ([X.]) höher. Die [X.] in dieser [X.] erfolgte nach § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.]-V aF ebenfalls in die Stufe 3, die betragsbezogen der Stufe 3 der [X.] 9a [X.] ([X.]) entsprach. Die Beklagte zahlte an den Kläger für die [X.] vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2019 den in § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF festgelegten Garantiebetrag von zuletzt 94,39 [X.] zusätzlich zum Entgelt aus der [X.] 9a [X.] ([X.]). Allerdings wies sie diesen Garantiebetrag in den Entgeltabrechnungen des [X.] aus abrechnungstechnischen Gründen als „[X.]“ zum neuen Tabellenentgelt der [X.] 9b Stufe 3 [X.] ([X.]) aus. Zum 1. März 2018 endete der betragsmäßige Gleichlauf zwischen der jeweiligen Stufe 3 der [X.]n 9a und 9b [X.] ([X.]). Die Stufe 3 der [X.] 9b [X.] ([X.]) wurde stärker angehoben als diejenige der [X.] 9a [X.] ([X.]). Dies führte dazu, dass die Beklagte den „[X.]“ nur noch in Höhe der verbleibenden Differenz zwischen dem neuen Tabellenentgelt der [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) und dem der [X.] 9b Stufe 3 [X.] ([X.]) zahlte.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm der Garantiebetrag nach § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF in Höhe von zuletzt 94,39 [X.] ungekürzt neben dem jeweiligen Entgelt der [X.] 9b Stufe 3 [X.] ([X.]) zustehe.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die [X.] vom 1. März 2018 bis zum 31. Dezember 2019 zuzüglich zu dem jeweiligen Tabellenentgelt aus der [X.] 9b Stufe 3 TVöD ([X.]) den statischen Garantiebetrag in Höhe von 94,39 [X.] brutto, somit insgesamt einen Differenzbetrag von 775,44 [X.] brutto, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und gemeint, der Garantiebetrag sei ungekürzt zum jeweiligen Tabellenentgelt der [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des [X.] zusätzlich zu dem Tabellenentgelt der [X.] 9b [X.] ([X.]), in die er höhergruppiert worden ist ([X.]).

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Garantiebetrag nach § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF ist - wie das [X.] zutreffend angenommen hat - zusätzlich zum jeweiligen Entgelt der [X.], aus der der Kläger höhergruppiert worden ist, also dem der [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) als [X.], zu zahlen. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm (zu den für Tarifverträge maßgeblichen Auslegungsgrundsätzen [X.] 11. November 2020 - 4 [X.] - Rn. 20 mwN). Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit.

1. Ein Beschäftigter, der befördert bzw. dessen Tätigkeit - wie die des [X.] - im Zusammenhang mit der Einführung der [X.] höher bewertet worden ist, ist in die höhere [X.] eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der neuen Tätigkeit entsprechen, und nach § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.]-V aF der Stufe zugeordnet, in der er mindestens sein bisheriges Tabellenentgelt erhält. Er befindet sich damit zwar eingruppierungsrechtlich und bezogen auf die [X.] in der [X.]. Jedoch erhält dieser Arbeitnehmer nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF „anstelle“ des [X.] zwischen dem bisherigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt der [X.] einen - abhängig von der [X.] betragsmäßig variierenden - fixen Garantiebetrag, wenn die Entgeltdifferenz zwischen der [X.] und der [X.] einen bestimmten Wert, nämlich diesen Garantiebetrag, unterschreitet. Mit der Formulierung „anstelle“ des [X.] haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der jeweilige Garantiebetrag diesen Differenzbetrag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF ersetzt (vgl. [X.] Das Synonymwörterbuch 7. Aufl. Stichwort „anstelle“). Gezahlt wird nicht der sich aus der neuen Stufe in der [X.], bezogen auf das Tabellenentgelt (§ 15 Abs. 1 [X.]-V), ergebende Unterschiedsbetrag, sondern der Garantiebetrag. Daraus folgt zugleich, dass der Beschäftigte während der betreffenden [X.] noch nicht das Entgelt der [X.] erhält, sondern weiter ein (dynamisiertes) Entgelt in Höhe seines bisherigen [X.] zuzüglich des [X.] (zu der inhaltsgleichen Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] 15. November 2018 - 6 [X.]/17 - Rn. 38 mwN). Damit sieht § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF für die Dauer der [X.], jedenfalls solange das Tabellenentgelt der [X.] dasjenige der [X.] zuzüglich des [X.] nicht aufgrund von Tariferhöhungen überschreitet, ein eigenes Entgeltregime vor. Der höhergruppierte Beschäftigte erhält danach ein Entgelt, das über dem seiner neuen [X.] und -stufe liegt. Dieses Entgeltregime hat zur Folge, dass der Garantiebetrag als solcher zwar durch allgemeine Tariferhöhungen nicht gekürzt wird, sich aber dadurch die Differenz zum Tabellenentgelt der [X.] stetig verringert. § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF gewährleistet - entgegen der Auffassung des [X.] und anders als das [X.] Düsseldorf in seinem Urteil vom 22. Januar 2020 (- 7 [X.]/19 - zu II 2 b der Gründe) angenommen hat - nämlich keinen Mindestabstand zwischen dem bisherigen Tabellenentgelt und dem Entgelt der [X.] für die Dauer der [X.]. Vor dem Hintergrund der Festlegung eines fixen [X.] hätte es für eine solche Mindestabstandsklausel einer eindeutigen Regelung durch die Tarifvertragsparteien bedurft. Daran fehlt es.

2. Dieses [X.] steht auch im Einklang mit Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF. Das für [X.] bis einschließlich 28. Februar 2017 geltende [X.], welches keine stufengleiche, sondern eine betragsgemäße [X.] vorsah, hatte zur Folge, dass die Beschäftigten Gefahr liefen, durch die Höhergruppierung Entgeltnachteile zu erleiden (ausführlich zur inhaltsgleichen Regelung des § 17 Abs. 4 TV-L [X.] 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 21 f. mwN). Die Tarifnorm sollte nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien deshalb sicherstellen, dass der im [X.]ssystem des [X.]-V aF angelegte potentielle [X.] nicht lediglich durch die das bisherige Tabellenentgelt gewährleistende und damit besitzstandswahrende Regelung in § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.]-V aF vermieden wurde. Vielmehr sollte der höhergruppierte Arbeitnehmer durch einen monatlichen Garantiebetrag einen zusätzlichen Mindestentgeltgewinn erhalten ([X.] 15. November 2018 - 6 [X.]/17 - Rn. 38 mwN). Ein solcher [X.] bzw. Mindesthöhergruppierungsgewinn kann sich jedoch nur gegenüber dem Tabellenwert der bisherigen [X.] ergeben und ist deshalb zusätzlich zu diesem zu zahlen. Zwar hätten die Tarifvertragsparteien einen stärkeren Anreiz für leistungsbereite und motivierte Beschäftigte, sich auf ein mit erhöhten Arbeitsanforderungen und mehr Verantwortung [X.] Beförderungsamt zu bewerben, schaffen können, indem sie zB für die Dauer der [X.] einen Mindestabstand zwischen dem Entgelt der [X.] und demjenigen der [X.] gewährleistet hätten. Hierfür hätte es aber - wie bereits unter Rn. 14 ausgeführt - angesichts des unmissverständlichen Wortlauts des § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-V aF in Bezug auf den Garantiebetrag einer entsprechenden eindeutigen Anordnung bedurft, an der es gerade fehlt.

3. Diesem Verständnis steht § 17 Abs. 4 Satz 6 [X.]-V aF nicht entgegen. Die Norm bestimmt lediglich den Zeitpunkt, ab wann der Beschäftigte das neue Tabellenentgelt nach Satz 1 erhält und legt damit fest, dass auch im Laufe eines Monats erfolgende [X.] einen entsprechend höheren Vergütungsanspruch für den gesamten Monat begründen.

II. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

    Riin [X.] Wemheuer ist an der Beifügung ihrer Unterschrift verhindert
Spelge    

        

        

        

    Wollensak     

        

    C. Klar     

                 

Meta

6 AZR 281/20

16.06.2021

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bochum, 8. Mai 2019, Az: 3 Ca 27/19, Urteil

§ 17 Abs 4 S 2 TVöD-V, § 17 Abs 4 S 1 TVöD-V

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.06.2021, Az. 6 AZR 281/20 (REWIS RS 2021, 4951)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4951


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 AZR 281/20

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 281/20, 16.06.2021.


Az. 3 Ca 27/19

Arbeitsgericht Bochum, 3 Ca 27/19, 08.05.2019.


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