Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.03.2012, Az. GSSt 2/11

Großer Senat für Strafsachen | REWIS RS 2012, 7542

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KORRUPTION ARZNEIMITTEL ARZTHAFTUNG BESTECHUNG

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Gegenstand

Bestechung im geschäftlichen Verkehr: Strafbarkeit eines niedergelassenen Arztes mit Kassenarztzulassung wegen der Teilnahme an einem Prämiensystem eines Pharmaunternehmen bei Verordnung bestimmter Medikamente


Leitsatz

Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handelt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung von Arzneimitteln) weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB.

Tenor

Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handelt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 [X.], hier: Verordnung von Arzneimitteln) weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB.

Gründe

I.

1

1. In dem beim 5. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das [X.] die Angeklagte, eine für die „r.     “ GmbH (im Folgenden: [X.]     ) tätige Pharmareferentin, wegen Beste[X.]hung im ges[X.]häftli[X.]hen Verkehr in 16 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. [X.]iese Verurteilung wird von der Angeklagten mit der Revision umfassend angefo[X.]hten.

2

a) Na[X.]h den vom [X.] getroffenen Feststellungen praktizierte [X.]     seit spätestens 1997 unter der Bezei[X.]hnung „Verordnungsmanagement“ ein Prämiensystem für die ärztli[X.]he Verordnung von Medikamenten aus ihrem Vertrieb. [X.]ana[X.]h sollte der vers[X.]hreibende Arzt 5 % der [X.] als Prämie dafür erhalten, dass er Arzneimittel des Unternehmens verordnete. [X.]ie Zahlungen wurden als Honorar für fiktive wissens[X.]haftli[X.]he Vorträge ausgewiesen. Auf der Grundlage dieses Prämiensystems übergab die Angeklagte in insgesamt 16 Fällen vers[X.]hiedenen Vertragsärzten S[X.]he[X.]ks über einen Gesamtbetrag von etwa 18.000 Euro.

3

b) [X.]as [X.], dessen Urteil in [X.] 2011, 164 (m. Anm. [X.], [X.] 2011, 641) abgedru[X.]kt ist, hat das Verhalten der Angeklagten als Beste[X.]hung im ges[X.]häftli[X.]hen Verkehr im Sinne von § 299 Abs. 2 StGB gewertet, wobei es hinsi[X.]htli[X.]h jeder einzelnen S[X.]he[X.]kzahlung von jeweils einer Beste[X.]hungstat im materiellen Sinne ausgegangen ist. Eine Strafbarkeit na[X.]h § 334 StGB hat es verneint, weil die Vertragsärzte ni[X.]ht als Amtsträger angesehen werden könnten. [X.]iese seien ni[X.]ht zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung bestellt und würden wegen ihrer Eigenverantwortung und ihrer weitrei[X.]henden Ents[X.]heidungsbefugnisse au[X.]h von der Allgemeinheit ni[X.]ht als verlängerter Arm der Verwaltung wahrgenommen. [X.]ie Vertragsärzte seien jedo[X.]h Beauftragte der Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB. Ungea[X.]htet ihrer öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Organisationsform seien die Krankenkassen insoweit als „ges[X.]häftli[X.]he Betriebe“ anzusehen.

4

2. Auf die Revision der Angeklagten hat der 5. Strafsenat dem [X.] die Frage vorgelegt, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztli[X.]he Versorgung zugelassener Arzt Amtsträger im Sinne der Straftaten im Amt (§§ 331 ff. StGB) ist, wenn er im Rahmen der vertragsärztli[X.]hen Versorgung von Kassenpatienten tätig wird und diesen Medikamente verordnet. Hilfsweise für den Fall der Verneinung dieser Frage hat der Senat angefragt, ob ein sol[X.]her Arzt in diesen Fällen Beauftragter eines ges[X.]häftli[X.]hen Betriebs im ges[X.]häftli[X.]hen Verkehr im Sinne des § 299 StGB ist. [X.]ie Frage der Amtsträgereigens[X.]haft des Vertragsarztes stelle si[X.]h in einer Vielzahl von Fällen. Hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Ents[X.]heidungen dazu gebe es bisher ni[X.]ht.

5

[X.]er 5. Strafsenat hat si[X.]h damit dem 3. Strafsenat anges[X.]hlossen, der dem [X.] dieselbe Re[X.]htsfrage, bezogen auf die vertragsärztli[X.]he Verordnung von Hilfsmitteln, vorgelegt hat. [X.]ie Ents[X.]heidung darüber hat der [X.] für Strafsa[X.]hen einstweilen zurü[X.]kgestellt.

6

3. [X.]er [X.] hat beantragt, die [X.] dahingehend zu beantworten, dass ein Arzt zwar ni[X.]ht als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.], aber als Beauftragter der gesetzli[X.]hen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB handelt, wenn er als niedergelassener, für die vertragsärztli[X.]he Versorgung zugelassener Arzt in Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen na[X.]h § 73 Abs. 2 [X.] übertragenen Aufgaben Arzneimittel verordnet.

II.

7

[X.]ie Vorlegung ist wegen grundsätzli[X.]her Bedeutung zulässig (§ 132 Abs. 4 GVG). [X.]er [X.] für Strafsa[X.]hen beantwortet die gestellte Frage wie aus der Ents[X.]heidungsformel ersi[X.]htli[X.]h.

III.

8

[X.]er niedergelassene, für die vertragsärztli[X.]he Versorgung zugelassene Arzt handelt bei der Verordnung von Arzneimitteln ni[X.]ht als ein für die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung bestellter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.].

9

1. Allerdings zählen die gesetzli[X.]hen Krankenkassen zu den in dieser Vors[X.]hrift genannten Einri[X.]htungen.

a) Für den Berei[X.]h des Sozialversi[X.]herungsre[X.]hts definiert § 1 Abs. 2 SGB X Behörde – ebenso wie § 1 Abs. 4 VwVfG, § 6 Abs. 1 [X.] – als jede Stelle, die Aufgaben öffentli[X.]her Verwaltung wahrnimmt. Mit diesem Behördenbegriff des Staats- und Verwaltungsre[X.]hts ist der strafre[X.]htli[X.]he Begriff der Behörde jedo[X.]h ni[X.]ht de[X.]kungsglei[X.]h; für diesen kommt es maßgebli[X.]h auf den Zwe[X.]k der im jeweiligen Einzelfall anzuwendenden strafre[X.]htli[X.]hen Vors[X.]hrift an (vgl. Mün[X.]hKommStGB/[X.], § 11 Rn. 96; [X.]/[X.], 12. Aufl., § 11 Rn. 93). [X.]er dur[X.]h das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbu[X.]h vom 2. März 1974 ([X.]) eingefügte Zusatz „sonstige Stelle“ erfasst – über den engeren Behördenbegriff im organisatoris[X.]hen Sinne hinaus – unter Eins[X.]hluss der Körpers[X.]haften und Anstalten des öffentli[X.]hen Re[X.]hts au[X.]h andere Einri[X.]htungen, soweit diese zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung berufen sind (BT[X.]ru[X.]ks. 7/550, [X.]). [X.]er Bundesgeri[X.]htshof sieht in ständiger Re[X.]htspre[X.]hung eine sonstige Stelle als behördenähnli[X.]he Einri[X.]htung an, die re[X.]htli[X.]h befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentli[X.]her Aufgaben mitzuwirken, ohne selbst Behörde im verwaltungsre[X.]htli[X.]hen Sinne zu sein ([X.], Urteil vom 19. [X.]ezember 1997 – 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 376; Urteil vom 19. Juni 2008 – 3 [X.], [X.]St 52, 290, 293; Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 [X.], [X.]St 54, 39, 41). Mag die Organisationsform der betreffenden Stelle s[X.]hon wegen der dur[X.]h das [X.] vom 13. August 1997 ([X.]) vorgenommenen Ergänzung des Amtsträgerbegriffs („unbes[X.]hadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“) im Regelfall keine ents[X.]heidende Bedeutung mehr haben, so kommt ihr do[X.]h weiterhin indizielle Bedeutung zu, wenn im Einzelfall eine Körpers[X.]haft des öffentli[X.]hen Re[X.]hts in Rede steht ([X.], Urteil vom 9. Juli 2009 aaO).

b) Gemessen daran sind die gesetzli[X.]hen Krankenkassen jedenfalls sonstige Stellen der öffentli[X.]hen Verwaltung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.].

[X.]abei ergibt si[X.]h der spezifis[X.]h öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Bezug, der eine Glei[X.]hstellung ihrer Tätigkeit mit behördli[X.]hem Handeln re[X.]htfertigt, aus den gesetzli[X.]h vorgegebenen Verbandsstrukturen auf Landes- und Bundesebene (§§ 207 ff. [X.]), der Gesetzesbindung der Krankenkassen sowie aus dem Umstand, dass sie bei ihrer Aufgabenerfüllung staatli[X.]her Re[X.]htsaufsi[X.]ht unterliegen (§§ 87, 90 [X.]; § 195 Abs. 1 [X.]). Indem sie auf der Grundlage des für sie in den §§ 1, 2 [X.] formulierten gesetzli[X.]hen Auftrags als solidaris[X.]he und eigenverantwortli[X.]he Krankenversi[X.]herung ihren beitragspfli[X.]htigen Pfli[X.]htmitgliedern (vgl. §§ 5 ff., 226 [X.]) Leistungen zur Verfügung stellen, nehmen sie – in mittelbarer Staatsverwaltung ([X.], Bes[X.]hluss vom 9. April 1975 – 2 BvR 879/73, [X.]E 39, 302, 313; [X.] in [X.], Soziale Krankenversi[X.]herung, 76. Lfg., § 29 [X.] Rn. 11) – Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahr.

[X.]) [X.]ie im geltenden Re[X.]ht der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung vorhandenen wettbewerbli[X.]hen Elemente, etwa das dem gesetzli[X.]h Versi[X.]herten gemäß § 173 [X.] zustehende Re[X.]ht der Wahl der Krankenkasse, sind ni[X.]ht geeignet, dieses Auslegungsergebnis in Frage zu stellen. [X.]as Handeln der Krankenkassen wird trotz des zwis[X.]hen ihnen bestehenden [X.] und der vom Gesetzgeber zur Si[X.]herung der [X.] eingeführten Me[X.]hanismen insgesamt na[X.]h wie vor von sozialversi[X.]herungsre[X.]htli[X.]hen, den Interessen der Allgemeinheit dienenden Normen beherrs[X.]ht. [X.]iese bilden ein Sonderre[X.]ht, dem die gesetzli[X.]hen Kassen als Träger öffentli[X.]her Aufgaben unterworfen sind.

2. [X.]ie Vertragsärzte sind jedo[X.]h ni[X.]ht dazu bestellt, im Auftrag der gesetzli[X.]hen Krankenkassen Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahrzunehmen.

a) Zwar steht außer Frage, dass das System der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung als Ganzes eine aus dem Sozialstaatsgrundsatz des Art. 20 Abs. 1 GG folgende Aufgabe erfüllt, dur[X.]h deren Wahrnehmung in hohem Maße Interessen ni[X.]ht allein der einzelnen Versi[X.]herten, sondern der Allgemeinheit wahrgenommen werden. Au[X.]h wenn die Leistungen der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung letztli[X.]h den jeweils Versi[X.]herten zukommen und das System insgesamt die gesetzli[X.]he Aufgabe hat, "die Gesundheit der Versi[X.]herten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern" (§ 1 [X.]), stehen bei der Ausgestaltung des Systems die Gesi[X.]htspunkte der solidaris[X.]hen Finanzierung (§ 3 [X.]), der (einges[X.]hränkten) Zwangs-Mitglieds[X.]haft der Versi[X.]herten (§§ 5 ff. [X.]) sowie der Erfüllung allgemeiner gesundheitspolitis[X.]her Anliegen (vgl. etwa §§ 20 ff. [X.]) im Vordergrund. So bestimmt etwa § 1 [X.], dass die Krankenkassen auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken haben; die vertragsärztli[X.]he Versorgung ist den Zielen der Qualität, Humanität, Wirts[X.]haftli[X.]hkeit und [X.] verpfli[X.]htet (§§ 70, 71 [X.]). [X.]as [X.] der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung ist darauf ausgeri[X.]htet, eine flä[X.]hende[X.]kende, glei[X.]hmäßige, an allgemeinen Qualitätsstandards und solidaris[X.]hen Wirts[X.]haftli[X.]hkeits-Gesi[X.]htspunkten ausgeri[X.]htete Versorgung der Gesamtbevölkerung der [X.] mit Leistungen der Heil- und Gesundheitsfürsorge si[X.]herzustellen. [X.]ies ist unzweifelhaft eine öffentli[X.]he Aufgabe.

b) Jedo[X.]h ist das in den §§ 72 ff. [X.] geregelte System der vertragsärztli[X.]hen Versorgung so ausgestaltet, dass der einzelne Vertragsarzt keine Aufgabe öffentli[X.]her Verwaltung wahrnimmt.

Öffentli[X.]he Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] ist ni[X.]ht allein die Gesamtheit der von Hoheitsträgern ausgeübten Eingriffs- und Leistungsverwaltung; vielmehr sind au[X.]h Mis[X.]hformen sowie die Tätigkeit von Privatre[X.]htssubjekten erfasst, wenn diese wie ein "verlängerter Arm" hoheitli[X.]her Gewalt tätig werden ([X.], Urteile vom 19. [X.]ezember 1997 – 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 377; vom 3. März 1999 – 2 [X.], [X.]St 45, 16, 19; vom 15. März 2001 – 5 [X.], [X.]St 46, 310, 312; vom 16. Juli 2004 – 2 [X.], [X.]St 49, 214, 219; vom 2. [X.]ezember 2005 – 5 [X.], [X.]St 50, 299, 303; vom 27. November 2009 – 2 [X.], [X.]St 54, 202, 212; [X.], StGB, 59. Aufl., § 11 Rn. 22a mwN). Für die Zuordnung der Tätigkeit von Privaten zum Berei[X.]h öffentli[X.]her Verwaltung kommt es darauf an, dass der Ausführende dem Bürger ni[X.]ht auf [X.] vertragli[X.]her Glei[X.]hordnung mit der grundsätzli[X.]hen Mögli[X.]hkeit individueller Aushandlung des Verhältnisses entgegentritt, sondern quasi als ausführendes Organ hoheitli[X.]her Gewalt. Es fehlt Re[X.]htbeziehungen im Rahmen öffentli[X.]her Verwaltung daher typis[X.]herweise ein bestimmendes Element individuell begründeten Vertrauens, der Glei[X.]hordnung und der Gestaltungsfreiheit.

Letztli[X.]h beruht die Bestimmung des Begriffs der Wahrnehmung von Aufgaben öffentli[X.]her Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] auf einer wertenden Abgrenzung. [X.]ies gilt insbesondere in Berei[X.]hen, die ni[X.]ht zur unmittelbaren staatli[X.]hen Verwaltung zählen. Zu prüfen ist jeweils, ob der Tätigkeit der betreffenden Person im Verhältnis zum Bürger der Charakter – wenn au[X.]h nur mittelbar – eines hoheitli[X.]hen Eingriffs zukommt oder ob das persönli[X.]he Verhältnis zwis[X.]hen den Beteiligten so im Vordergrund steht, dass ein hoheitli[X.]her Charakter der Erfüllung öffentli[X.]her Aufgaben dahinter zurü[X.]ktritt. Letzteres ist na[X.]h Ansi[X.]ht des [X.]s im Verhältnis zwis[X.]hen Vertragsarzt und Patient der Fall.

aa) [X.]ie Vertragsärzte üben Ihren Beruf in freiberufli[X.]her Tätigkeit aus (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), au[X.]h wenn die Zulassung zur vertragsärztli[X.]hen Versorgung zur Teilnahme an dieser Versorgung ni[X.]ht nur bere[X.]htigt, sondern au[X.]h verpfli[X.]htet (§ 95 Abs. 3 Satz 1 [X.]). [X.]er Vertragsarzt ist ni[X.]ht Angestellter oder bloßer Funktionsträger einer öffentli[X.]hen Behörde; er wird im konkreten Fall ni[X.]ht aufgrund einer in eine hierar[X.]his[X.]he Struktur integrierten [X.]ienststellung tätig, sondern aufgrund der individuellen, freien Auswahl der versi[X.]herten Person. Er nimmt damit eine im Konzept der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung vorgesehene, speziell ausgestaltete Zwis[X.]henposition ein, die ihn von dem in einem öffentli[X.]hen Krankenhaus angestellten Arzt, aber au[X.]h von sol[X.]hen Ärzten unters[X.]heidet, die in einem staatli[X.]hen System ambulanter Heilfürsorge na[X.]h dem Modell eines Poliklinik-Systems tätig sind.

bb) [X.]as Verhältnis des Versi[X.]herten zum Vertragsarzt wird wesentli[X.]h bestimmt von Elementen persönli[X.]hen Vertrauens und einer der Bestimmung dur[X.]h die Krankenkassen entzogenen Gestaltungsfreiheit: Na[X.]h § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.] können die Versi[X.]herten unter den zur vertragsärztli[X.]hen Versorgung zugelassenen Ärzten (und anderen Leistungserbringern) frei wählen. Sowohl der Gegenstand als au[X.]h die Form und die [X.]auer der Behandlung sind einem bestimmenden Einfluss der Krankenkasse entzogen und ergeben si[X.]h allein in dem jeweiligen persönli[X.]h geprägten Verhältnis zwis[X.]hen Patient und Vertragsarzt. In diesem Verhältnis steht der Gesi[X.]htspunkt der individuell geprägten, auf Vertrauen sowie freier Auswahl und Gestaltung beruhenden persönli[X.]hen Beziehung in einem sol[X.]hen Maß im Vordergrund, dass weder aus der subjektiven Si[X.]ht der Beteiligten no[X.]h na[X.]h objektiven Gesi[X.]htspunkten die Einbindung des Vertragsarztes in das System öffentli[X.]her, staatli[X.]h gelenkter [X.]aseinsfürsorge überwiegt und die vertragsärztli[X.]he Tätigkeit den Charakter einer hoheitli[X.]h gesteuerten Verwaltungsausübung gewinnt.

[X.][X.]) Au[X.]h die Regelungen über die Ausstellung einer vertragsärztli[X.]hen Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln re[X.]htfertigen ni[X.]ht die Annahme, der Vertragsarzt handle insoweit in Ausführung öffentli[X.]her Verwaltung. [X.]ie Verordnung konkretisiert zwar die gesetzli[X.]hen Leistungsansprü[X.]he der Versi[X.]herten auf Sa[X.]hleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 [X.]); sie ist aber untrennbarer Bestandteil der ärztli[X.]hen Behandlung und vollzieht si[X.]h innerhalb des personal geprägten Vertrauensverhältnisses zwis[X.]hen der versi[X.]herten Person und dem von ihr gewählten Vertragsarzt; sie ist vom Arzt an seiner aus § 1 BÄO folgenden Verpfli[X.]htung auszuri[X.]hten, ohne dass die gesetzli[X.]he Krankenkasse hierauf einwirken könnte (vgl. [X.], Urteil vom 16. [X.]ezember 1993 – 4 RK 5/92, [X.], 271, 282).

[X.]) [X.]ass der Vertragsarzt keine Aufgabe öffentli[X.]her Verwaltung wahrnimmt, entspri[X.]ht im Übrigen au[X.]h der zivilre[X.]htli[X.]hen Betra[X.]htungsweise. [X.]er Bundesgeri[X.]htshof hat in Zivilsa[X.]hen mehrfa[X.]h hervorgehoben, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die ärztli[X.]he Heilbehandlung ihrem Grundgedanken na[X.]h mit der Ausübung eines öffentli[X.]hen Amts unvereinbar sei. Zwis[X.]hen dem Vertragsarzt und dem Patienten kommt ein zivilre[X.]htli[X.]hes Behandlungsverhältnis zustande. Im Fall der S[X.]hle[X.]hterfüllung des [X.] haftet der Arzt ni[X.]ht na[X.]h Amtshaftungsgrundsätzen ([X.], Urteil vom 19. [X.]ezember 1960 – [X.], [X.], 225, 226; Urteil vom 9. [X.]ezember 1974 – [X.], [X.]Z 63, 265, 270; Urteil vom 28. Juni 1994 – [X.], [X.]Z 126, 297, 301 f.; vgl. au[X.]h [X.], [X.]er Haftpfli[X.]htprozess, 26. Aufl., [X.]. 14 Rn. 211; [X.]. 28 Rn. 130). [X.]ass dieses bürgerli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Re[X.]htsverhältnis von den Vors[X.]hriften des Sozialversi[X.]herungsre[X.]hts überlagert wird, ändert daran ni[X.]hts.

d) [X.]a es der vertragsärztli[X.]hen Tätigkeit in ihrer konkreten Gestalt und Ausprägung somit – unbes[X.]hadet des Umstands, dass das [X.] insgesamt eine öffentli[X.]he Aufgabe erfüllt – s[X.]hon am Charakter der Wahrnehmung einer Aufgabe öffentli[X.]her Verwaltung mangelt, kommt es auf die Frage einer formellen oder konkludenten „Bestellung“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] ni[X.]ht ents[X.]heidend an. Insoweit ist nur ergänzend auszuführen:

Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des Bundesgeri[X.]htshofs setzt eine Bestellung im Sinne der genannten Vors[X.]hrift keinen förmli[X.]hen Bestellungsakt voraus ([X.], Urteile vom 15. Mai 1997 – 1 [X.], [X.]St 43, 96, 102 f.; vom 9. Juli 2009 – 5 [X.], [X.]St 54, 39, 43). [X.]ie Zulassung eines Arztes zur vertragsärztli[X.]hen Versorgung (§ 95 [X.]) ist aber s[X.]hon deshalb keine Bestellung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.], weil es insoweit an einer der Krankenkasse unmittelbar zure[X.]henbaren Ents[X.]heidung fehlt (vgl. § 96 Abs. 1, 2 [X.]). Im Übrigen kann ni[X.]ht jede Zulassung oder Hinzuziehung zur Erfüllung öffentli[X.]her Aufgaben als Bestellung angesehen werden (vgl. [X.], Urteil vom 21. August 1996 – 2 [X.], [X.]St 42, 230, 232); vielmehr kann der Begriff nur mit Bli[X.]k auf den Charakter der Aufgabe bestimmt werden, zu deren Erfüllung die Privatperson herangezogen wird.

IV.

[X.]er gemäß § 95 [X.] zur vertragsärztli[X.]hen Versorgung zugelassene Arzt handelt bei der Verordnung von Medikamenten au[X.]h ni[X.]ht als Beauftragter eines ges[X.]häftli[X.]hen Betriebes (§ 299 Abs. 1 StGB).

1. [X.]er Bundesgeri[X.]htshof hat die Frage, ob eine gesetzli[X.]he Krankenkasse die Merkmale eines ges[X.]häftli[X.]hen Betriebes im Sinne von § 299 Abs. 1 StGB erfüllt, bislang no[X.]h ni[X.]ht ents[X.]hieden (vgl. aber – bejahend zu § 12 UWG – RG, Urteil vom 16. April 1935 – 4 [X.] 1189/34, [X.] 1935, 1861 für eine [X.]). [X.]afür spri[X.]ht, dass der ges[X.]häftli[X.]he Betrieb zwar daraufhin angelegt sein muss, dauerhaft am Wirts[X.]haftsleben teilzunehmen, im Unters[X.]hied zum Gewerbebetrieb aber ni[X.]ht darauf, Gewinn zu erzielen ([X.], Urteil vom 13. Mai 1952 – 1 [X.], [X.]St 2, 396, 401 f. zu § 12 UWG). [X.]eshalb können grundsätzli[X.]h zum Kreis der ges[X.]häftli[X.]hen Betriebe neben gemeinnützigen und [X.] Einri[X.]htungen au[X.]h – unabhängig von ihrer Organisationsform und davon, ob sie öffentli[X.]he Aufgaben wahrnehmen – staatli[X.]he Stellen zählen, sofern sie dur[X.]h den Austaus[X.]h von Leistung und Gegenleistung am Wirts[X.]haftsleben teilnehmen ([X.], Urteil vom 13. Mai 1952 aaO, S. 403; Mün[X.]hKommStGB/[X.]iemer/Kri[X.]k, § 299 Rn. 7; [X.]/[X.]anne[X.]ker, 3. Aufl., § 299 Rn. 24).

2. Auf die Ents[X.]heidung dieser Frage kommt es hier aber letztli[X.]h ni[X.]ht an, da der Vertragsarzt bei der Verordnung von Arzneimitteln jedenfalls ni[X.]ht als Beauftragter der Krankenkassen handelt.

a) Beauftragter im Sinne des § 299 StGB ist, wer, ohne Angestellter oder Inhaber eines Betriebes zu sein, auf Grund seiner Stellung im Betrieb bere[X.]htigt und verpfli[X.]htet ist, auf Ents[X.]heidungen dieses Betriebes, die den Waren- oder Leistungsaustaus[X.]h betreffen, unmittelbar oder mittelbar Einfluss zu nehmen ([X.], Urteil vom 13. Mai 1952 – 1[X.], [X.]St 2, 396, 402; Kühl, StGB, 27. Aufl., § 299 Rn. 2; Mün[X.]hKommStGB/[X.]iemer/Kri[X.]k, § 299 Rn. 5; [X.]/[X.], 12. Aufl., § 299 Rn. 16; [X.]/[X.], § 299 Rn. 9; [X.], StGB, 59. Aufl., § 299 Rn. 10; [X.]/[X.]anne[X.]ker, 3. Aufl., § 299 Rn. 22). Ob dem Verhältnis des Beauftragten zu dem jeweiligen ges[X.]häftli[X.]hen Betrieb eine Re[X.]htsbeziehung zu Grunde liegt oder dieser ledigli[X.]h dur[X.]h seine faktis[X.]he Stellung im oder zum Betrieb in der Lage ist, Einfluss auf ges[X.]häftli[X.]he Ents[X.]heidungen auszuüben, ist unerhebli[X.]h (vgl. nur [X.], [X.]iemer/Kri[X.]k und [X.]anne[X.]ker, jeweils aaO). S[X.]hon vom Wortsinn her ist dem Begriff des Beauftragten die Übernahme einer Aufgabe im Interesse des Auftraggebers immanent, der si[X.]h den Beauftragten frei auswählt und ihn bei der Ausübung seiner Tätigkeit anleitet, sei es, dass er ihm im Rahmen eines zivilre[X.]htli[X.]hen Auftrags- oder Ges[X.]häftsbesorgungsvertrags (§§ 665, 675 BGB) Weisungen erteilt (vgl. dazu [X.]anne[X.]ker und [X.], jeweils aaO) oder ihn bevollmä[X.]htigt (vgl. RG, Urteil vom 29. Januar 1934 – 2 [X.] 1293/33, [X.], 70, 74 f.), sei es, dass der Beauftragte faktis[X.]h mit einer für den ges[X.]häftli[X.]hen Betrieb wirkenden Befugnis handelt (zu einem sol[X.]hen faktis[X.]h wirkenden „personalen Befugniselement“ vgl. [X.], [X.], 369, 370; [X.]., [X.], 361, 362; [X.], [X.] 2006, 92, 97; S[X.]hmidl, [X.], 286, 287).

b) Gemessen daran fehlt es dem na[X.]h § 95 [X.] zur vertragsärztli[X.]hen Versorgung zugelassenen Arzt bei seiner Verordnungstätigkeit im Ergebnis an der Beauftragteneigens[X.]haft.

aa) Einer Annahme der [X.] steht allerdings ni[X.]ht s[X.]hon entgegen, dass die gesetzli[X.]hen Krankenkassen zu den Vertragsärzten – von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. dazu §§ 73b Abs. 4, 73[X.] Abs. 3, 140b Abs. 1 [X.]) – keine unmittelbaren Re[X.]htsbeziehungen aufnehmen dürfen und die Zulassung zur vertragsärztli[X.]hen Versorgung (§ 95 [X.]) keine Ents[X.]heidung der Krankenkassen ist, sondern der Verwaltungsakt eines re[X.]htli[X.]h und organisatoris[X.]h selbständigen, mit eigenen Wahrnehmungszuständigkeiten ausgestatteten Selbstverwaltungsorgans in Gestalt des Zulassungsauss[X.]husses. Ebenso wenig hindert der Umstand, dass der Vertragsarzt einen freien Beruf ausübt und in diesem Zusammenhang regelmäßig Inhaber einer eigenen ärztli[X.]hen Praxis und damit eines Betriebes im Sinne von § 299 StGB ist, die Anwendbarkeit dieser Strafvors[X.]hrift (so aber [X.]/S[X.]hoß, [X.] 2005, 193, 195 f.; Bro[X.]khaus/[X.]ann/[X.]/[X.], wistra 2010, 418, 421; [X.], [X.], 12, 14; [X.], [X.] 2006, 92, 97; [X.], [X.] 2010, 471, 474; Tas[X.]hke, [X.] 2005, 406, 410). Für einen Beauftragten ist die fehlende Einordnung in den ges[X.]häftli[X.]hen Betrieb auf der Grundlage der Ausübung einer eigenen ges[X.]häftli[X.]hen oder freiberufli[X.]hen Tätigkeit sogar typis[X.]h ([X.]/[X.], 12. Aufl., § 299 Rn. 16). Was die Strafbarkeit des Betriebsinhabers angeht, ist nur die Vorteilsnahme bezügli[X.]h seines eigenen Betriebs vom Anwendungsberei[X.]h des § 299 StGB ausgenommen ([X.], StGB, 59. Aufl., § 299 Rn. 10[X.]).

bb) Jedo[X.]h legt die Stellung des Vertragsarztes im System der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung die Annahme ni[X.]ht nahe, er handele bei der Verordnung eines Arzneimittels als Beauftragter der gesetzli[X.]hen Krankenkassen.

Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 [X.] wirken die Leistungserbringer, also au[X.]h die Vertragsärzte, mit den Krankenkassen zur Si[X.]herstellung der vertragsärztli[X.]hen Versorgung zusammen; gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist diese Versorgung dur[X.]h Vereinbarungen zwis[X.]hen den kassenärztli[X.]hen Vereinigungen und den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausrei[X.]hende, zwe[X.]kmäßige und wirts[X.]haftli[X.]he Versorgung der Versi[X.]herten gewährleistet ist und die ärztli[X.]hen Leistungen angemessen vergütet werden. [X.]as in den na[X.]hfolgenden Vors[X.]hriften des [X.] im Einzelnen ausgestaltete System der Selbstverwaltung bezwe[X.]kt die Si[X.]herstellung der ärztli[X.]hen Behandlung der gesetzli[X.]h Versi[X.]herten vor dem Hintergrund eines prinzipiellen Interessengegensatzes zwis[X.]hen den an dieser Versorgung Beteiligten ([X.] in [X.], Soziale Krankenversi[X.]herung, 70. Lfg., [X.], § 72 Rn. 2). [X.]a der Ausglei[X.]h dieser in § 72 Abs. 2 Satz 1 [X.] gekennzei[X.]hneten gegenläufigen Interessen vom Gesetzgeber der kollektivvertragli[X.]hen Normsetzung und vertragli[X.]hen Regelungen zwis[X.]hen den Vertragsärzten und ihren Vertretungen, den kassenärztli[X.]hen Vereinigungen, einerseits und den Krankenkassen andererseits im Rahmen eines Systems der Selbstverwaltung überantwortet worden ist (vgl. [X.] aaO), begegnen si[X.]h die an der ärztli[X.]hen Versorgung Beteiligten in kooperativem Zusammenwirken (vgl. Tas[X.]hke, [X.] 2005, 406, 409) und damit notwendig auf [X.] der Glei[X.]hordnung. S[X.]hon dieses gesetzli[X.]h vorgegebene Konzept glei[X.]hgeordneten Zusammenwirkens steht der Annahme einer Beauftragung des Vertragsarztes dur[X.]h die gesetzli[X.]hen Krankenkassen entgegen.

Es kommt hinzu, dass die gesetzli[X.]he Krankenkasse keinerlei und der Vertragsarzt nur in geringem Maße Einfluss auf das Zustandekommen des einzelnen [X.] nehmen kann, auf dessen Grundlage si[X.]h die ärztli[X.]he Verordnung eines Arzneimittels zu Lasten der Krankenkasse vollzieht. Vielmehr liegt diese Ents[X.]heidung beim Patienten, der gemäß § 76 [X.] seinen Vertragsarzt frei wählen kann. [X.]en gewählten Arzt hat die Krankenkasse zu akzeptieren. [X.]ieser wird vom Versi[X.]herten als „sein“ Arzt wahrgenommen, den er beauftragt hat und dem er sein Vertrauen s[X.]henkt. Au[X.]h aus objektiver Si[X.]ht wird der Vertragsarzt – wie bereits dargelegt – bei wertender Betra[X.]htung in erster Linie in dessen Interesse tätig.

[X.][X.]) [X.]ass die Ents[X.]heidungen des Vertragsarztes bei der Verordnung von Medikamenten und Hilfsmitteln au[X.]h Relevanz für die gesetzli[X.]hen Krankenkassen haben, re[X.]htfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr führt eine sa[X.]hgere[X.]hte Bewertung der ärztli[X.]hen Verordnung vor dem Hintergrund des sozialre[X.]htli[X.]hen Regelungsgefüges ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Vertragsarzt ni[X.]ht als Beauftragter der Krankenkassen anzusehen ist. Insoweit gilt Folgendes:

(1) Na[X.]h der neueren Re[X.]htspre[X.]hung des Bundessozialgeri[X.]hts erwirbt der Apotheker, der die kassenärztli[X.]he Verordnung des Vertragsarztes dur[X.]h Abgabe eines Arzneimittels an den Versi[X.]herten ausführt, einen unmittelbaren Vergütungsanspru[X.]h aus Vors[X.]hriften des öffentli[X.]hen Re[X.]hts. Re[X.]htsgrundlage ist insoweit § 129 [X.] i.V.m. den na[X.]h § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 [X.] abges[X.]hlossenen Verträgen ([X.], Urteil vom 17. [X.]ezember 2009 – [X.] KR 13/08 – R, [X.]E 105, 157, [X.]. 15 f.). Gemäß § 129 [X.] geben die Apotheken na[X.]h Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und [X.] (vgl. dazu § 129 Abs. 2, 5 Satz 1 [X.]) vertragsärztli[X.]h verordnete Arzneimittel an Versi[X.]herte der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung ab. § 129 [X.] begründet somit im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertragli[X.]hen Vereinbarungen eine öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Verpfli[X.]htung und Bere[X.]htigung für die Apotheken zur Abgabe von vertragsärztli[X.]h verordneten Arzneimitteln an die Versi[X.]herten. Im Gegenzug erwerben die Apotheken dabei einen dur[X.]h öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Vors[X.]hriften näher ausgestalteten gesetzli[X.]hen Anspru[X.]h auf Vergütung gegen die Krankenkassen, der in § 129 [X.] als selbstverständli[X.]h vorausgesetzt wird ([X.] aaO, [X.]. 16).

[X.]er Vertragsarzt wird dana[X.]h ni[X.]ht als Vertreter der Krankenkasse beim Zustandekommen jedes einzelnen Kaufvertrages über ein verordnetes Medikament tätig. Ob eine sol[X.]he Vertreterstellung (vgl. dazu [X.], Bes[X.]hluss vom 25. November 2003 – 4 [X.], [X.]St 49, 17, 19; [X.], Urteil vom 16. [X.]ezember 1993 – 4 RK 5/92, [X.], 271, 278) als taugli[X.]her Anknüpfungspunkt für die Eigens[X.]haft des Vertragsarztes als Beauftragter der gesetzli[X.]hen Krankenkassen in Betra[X.]ht kommt (so OLG Brauns[X.]hweig, Bes[X.]hluss vom 23. Februar 2010 – [X.], [X.], 392; ebenso [X.], [X.]ie Korruption innerhalb des privaten Sektors und ihre strafre[X.]htli[X.]he Kontrolle dur[X.]h § 299 StGB, 2006, [X.] ff.; [X.], StGB, 59. Aufl., § 299 Rn. 10b ff.; [X.]/[X.], 12. Aufl., § 299 Rn. 18; [X.]/[X.]anne[X.]ker, § 299 Rn. 23[X.]; eins[X.]hränkend: S[X.]huhr, [X.], 11, 14; a.A.: [X.]/S[X.]hoß, [X.] 2005, 193, 195 f.; [X.], [X.], 369; [X.]. [X.] 2006, 345, 347; [X.]. [X.], 361; [X.], [X.], 12; [X.], [X.], 129, 132; [X.], [X.] 2006, 92, 96 ff.; [X.], [X.], 69; Tas[X.]hke, [X.] 2005, 406, 410 f.; [X.], [X.], 538, 540 f.), bedarf daher keiner Ents[X.]heidung.

(2) [X.]ie Re[X.]htsma[X.]ht des Vertragsarztes zur Konkretisierung des Anspru[X.]hs des gesetzli[X.]h Versi[X.]herten ist ferner dahin einges[X.]hränkt, dass er (ledigli[X.]h) die medizinis[X.]hen Voraussetzungen des Eintritts des Versi[X.]herungsfalles der Krankheit mit Wirkung für den Versi[X.]herten und die Krankenkasse verbindli[X.]h feststellt. Grundlage dafür ist die aus dem jeweiligen Behandlungsverhältnis erwa[X.]hsene medizinis[X.]he [X.]iagnose und die daraufhin von ihm festgesetzte, im Einzelfall erforderli[X.]he Behandlung (vgl. nur [X.], Urteil vom 16. [X.]ezember 1993 – 4 RK 5/92, [X.], 271, 282; dazu [X.], [X.] 2006, 345, 350; zusammenfassend: [X.], [X.], 12, 15; ähnli[X.]h [X.]/[X.], § 299 Rn. 11). [X.]as Gesetz bringt die mit einer Medikamentenverordnung verbundene Re[X.]htsfolge in diesem Zusammenhang dur[X.]h die Formulierung zum Ausdru[X.]k, sie gehe „zu Lasten“ der Krankenkasse (vgl. etwa § 130a Abs. 1 Satz 1 [X.]); die sie treffende Leistungspfli[X.]ht hat dana[X.]h die einem Reflex verglei[X.]hbare Wirkung.

Über die Konkretisierung und die Rei[X.]hweite dieser die Krankenversi[X.]herung treffende Leistungspfli[X.]ht kann der Vertragsarzt au[X.]h ni[X.]ht abs[X.]hließend und alleinverantwortli[X.]h ents[X.]heiden. [X.]ie Grenzen sind vielmehr bereits dur[X.]h abstrakt-generelle Regelungen allgemein festgelegt. Gemäß § 92 [X.] bes[X.]hließt der Gemeinsame Bundesauss[X.]huss zur Si[X.]herung der ärztli[X.]hen Versorgung die erforderli[X.]hen Ri[X.]htlinien. [X.]iese bes[X.]hreiben au[X.]h den Umfang der Arzneimittelleistungen im Rahmen der vertragsärztli[X.]hen Versorgung ([X.] in [X.], Soziale Krankenversi[X.]herung, 68. Lfg., § 92 Rn. 35). S[X.]hon damit ist der Katalog der für eine Verordnung dur[X.]h den Vertragsarzt in Betra[X.]ht kommenden Medikamente vorgegeben (i. E. ebenso [X.]/[X.], § 299 Rn. 11).

(3) Es kommt hinzu, dass es in vielen Fällen der vertragsärztli[X.]hen Verordnung letztli[X.]h der sie entgegennehmenden Apotheke obliegt, das abzugebende Arzneimittel auszuwählen. [X.]as ist ni[X.]ht nur dann der Fall, wenn der Arzt das Medikament nur unter seiner Wirkstoffbezei[X.]hnung verordnet, sondern au[X.]h dann, wenn er ein bestimmtes Arzneimittel bezei[X.]hnet, die Ersetzung dur[X.]h ein wirkstoffglei[X.]hes aber ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h auss[X.]hließt. Seit dem Inkrafttreten des [X.] ([X.]) vom 15. Februar 2002 ([X.]) ist nämli[X.]h die aut-idem-Substitution, die dem Apotheker die Abgabe eines wirkstoffglei[X.]hen, aber preisgünstigeren Medikaments ermögli[X.]ht, zum Regelfall geworden, den der Arzt aktiv auss[X.]hließen muss und gegebenenfalls gesondert zu begründen hat (§ 73 Abs. 5 [X.]; vgl. dazu BT[X.]ru[X.]ks. 14/7144, S. 5; dazu [X.] in jurisPK-[X.], § 73 Rn. 105; [X.], [X.] 2002, 2 ff.; [X.]/Ni[X.]kel, [X.] 2002, 425 ff.).

[X.]arüber hinaus legt § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] dem Apotheker zusätzli[X.]h die Verpfli[X.]htung auf, dem Versi[X.]herten preisgünstige importierte Arzneimittel auszuhändigen, wenn die Preisersparnis gegenüber dem Bezugsarzneimittel eine bestimmte S[X.]hwelle übers[X.]hreitet. § 129 Abs. 1 Satz 2 bis 4 sowie Abs. 1a [X.] enthalten weitere Bestimmungen über die Pfli[X.]ht des Apothekers zur Ersetzung des vom Arzt verordneten Arzneimittels. Satz 3 und 4 der Vors[X.]hrift erweitern die Mögli[X.]hkeiten, den Apotheker zur Ersetzung eines ärztli[X.]h verordneten Arzneimittels zu verpfli[X.]hten, indem die Ersetzung ausdrü[X.]kli[X.]h als mögli[X.]her Gegenstand eines Vertrags zwis[X.]hen Krankenkassen und Apotheken na[X.]h Abs. 5 genannt wird und im Übrigen eine Ersetzung dur[X.]h sol[X.]he Arzneimittel angeordnet wird, für die der jeweilige pharmazeutis[X.]he Unternehmer eine Rabattvereinbarung na[X.]h § 130a Abs. 8 [X.] ges[X.]hlossen hat (Einzelheiten bei [X.] in [X.] Kommentar-[X.], 71. Lfg., § 129 Rn. 4 ff.; [X.] in jurisPK-[X.], § 129 Rn. 4 ff.).

dd) Au[X.]h die re[X.]htli[X.]hen Bindungen, die si[X.]h für den Vertragsarzt aus der Pfli[X.]ht zur Bea[X.]htung des Wirts[X.]haftli[X.]hkeitsgebotes ergeben, ma[X.]hen ihn ni[X.]ht zum Beauftragten im Sinne des § 299 StGB.

Allerdings steht die Behandlung des Versi[X.]herten dur[X.]h den Vertragsarzt eins[X.]hließli[X.]h der Verordnung von Arzneimitteln (au[X.]h) unter dem Gebot der Wirts[X.]haftli[X.]hkeit (§§ 70 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 [X.]), dem ein hoher Stellenwert zuzumessen ist ([X.], Urteil vom 28. April 2004 – [X.] KA 24/03 R, [X.], 577, 578 mwN). Gemäß § 12 Abs. 1 [X.] dürfen die Leistungen das Maß des Notwendigen ni[X.]ht übers[X.]hreiten, gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] dürfen die Leistungserbringer keine ni[X.]ht notwendigen oder unwirts[X.]haftli[X.]hen Leistungen erbringen.

[X.]ass der Vertragsarzt bei der Verordnung von Medikamenten au[X.]h auf die wirts[X.]haftli[X.]hen Belange der Krankenkassen Beda[X.]ht zu nehmen hat, ändert aber ni[X.]hts daran, dass die ärztli[X.]he Behandlung, in die si[X.]h die Verordnung von Arzneimitteln einfügt, in erster Linie im Interesse des Patienten und in seinem Auftrag erfolgt. Bei der erforderli[X.]hen wertenden Gesamtbetra[X.]htung steht diese Bindung an den Patienten im Vordergrund. Von daher kann die Verpfli[X.]htung auf das Wirts[X.]haftli[X.]hkeitsgebot ni[X.]ht bewirken, dass der Arzt aus dem Auftragsverhältnis zu dem Patienten glei[X.]hsam herausgebro[X.]hen und zum Beauftragten der Krankenkasse wird. Mithin stehen dem dieselben Gründe entgegen, die au[X.]h dagegen spre[X.]hen, den Vertragsarzt als Amtsträger der Krankenkasse im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] zu qualifizieren.

Gemäß § 106 Abs. 1 [X.] trifft den Vertragsarzt die Pfli[X.]ht zur Wirts[X.]haftli[X.]hkeit der ärztli[X.]hen Versorgung au[X.]h ni[X.]ht unmittelbar im Verhältnis zu den gesetzli[X.]hen Krankenkassen. [X.]ie Überwa[X.]hung der Wirts[X.]haftli[X.]hkeit der Verordnung von Arzneimitteln obliegt insoweit glei[X.]hermaßen den kassenärztli[X.]hen Vereinigungen, die zu diesem Zwe[X.]k gemeinsam mit den Krankenkassen (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 1 [X.]) [X.] und Bes[X.]hwerdeauss[X.]hüsse erri[X.]htet haben (§ 106 Abs. 4 [X.]). [X.]ana[X.]h können die gesetzli[X.]hen Krankenkassen ni[X.]ht in eigener Verantwortung darüber ents[X.]heiden, ob die Einrede der Unwirts[X.]haftli[X.]hkeit, der Ni[X.]hterforderli[X.]hkeit oder der Unzwe[X.]kmäßigkeit einer vertragsärztli[X.]hen Medikamentenverordnung bere[X.]htigt ist; sie sind insoweit auf die in § 106a Abs. 3, 4, § 106 Abs. 4 [X.] geregelten Befugnisse bes[X.]hränkt, im Einzelfall unter Eins[X.]haltung der kassenärztli[X.]hen Vereinigung Wirts[X.]haftli[X.]hkeitsprüfungen dur[X.]h eine Prüfungsstelle zu beantragen.

3. [X.]a na[X.]h alledem der Vertragsarzt bei der Verordnung von Medikamenten ni[X.]ht Beauftragter im Sinne des § 299 StGB ist, kann dahin gestellt bleiben, ob die Anwendbarkeit des § 299 StGB auf Fälle der vorliegenden Art au[X.]h aus den weiteren, im S[X.]hrifttum angeführten Gründen ausges[X.]hlossen ist (eingehend dazu etwa [X.]/[X.], 12. Aufl., § 299 Rn. 32 mwN).

4. Vor dem Hintergrund der seit längerem im strafre[X.]htli[X.]hen S[X.]hrifttum geführten [X.]iskussion sowie im Hinbli[X.]k auf gesetzgeberis[X.]he Initiativen (vgl. dazu etwa BT[X.]ru[X.]ks. 17/3685) zur Bekämpfung korruptiven Verhaltens im Gesundheitswesen verkennt der [X.] für Strafsa[X.]hen ni[X.]ht die grundsätzli[X.]he Bere[X.]htigung des Anliegens, Missständen, die – allem Ans[X.]hein na[X.]h – gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafre[X.]hts effektiv entgegenzutreten. [X.]ie Anwendung bestehender Strafvors[X.]hriften, deren Tatbestandsstruktur und Wertungen der Erfassung bestimmter Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Erbringung von Gesundheitsleistungen na[X.]h den Vors[X.]hriften der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung als strafre[X.]htli[X.]h relevant entgegenstehen, auf der Grundlage allein dem Gesetzgeber vorbehaltener Strafwürdigkeitserwägungen ist der Re[X.]htspre[X.]hung jedo[X.]h versagt.

[X.]                                               Be[X.]ker                                                   Ernemann                                                  Wahl

Pfister                                                   Rothfuß                                                 Raum                                                        Brause

[X.]                                                                               [X.]                                                                                      [X.]

Meta

GSSt 2/11

29.03.2012

Bundesgerichtshof Großer Senat für Strafsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend LG Hamburg, 9. Dezember 2010, Az: 618 KLs 10/09, Urteil

§ 11 Abs 1 Nr 2 Buchst c StGB, § 299 StGB, § 73 Abs 2 SGB 5, § 95 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.03.2012, Az. GSSt 2/11 (REWIS RS 2012, 7542)

Papier­fundstellen: NStZ 2012, 505 NJW 2012, 2530 REWIS RS 2012, 7542

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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