Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2013, Az. XII ZB 570/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1707

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII ZB 570/12
Verkündet am:

23. Oktober 2013

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

FamFG § 114 Abs. 3; [X.] II
§§ 9 Abs. 2, 33

a)
Allein
der Umstand, dass der Beschäftigte einer Behörde bei der Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes durch den Zusatz "im Auftrag" auf das Bestehen ei-nes behördeninternen Weisungsverhältnisses hinweist, rechtfertigt nicht die
Schlussfolgerung, dass der betreffende Bedienstete nur als Erklärungsbote handeln und die erforderliche fachliche und rechtliche Verantwortung für den Inhalt eines von ihm unterzeichneten Schriftsatzes gegenüber dem Gericht nicht übernehmen wolle (Abgrenzung [X.] Beschlüsse vom 19.
Juni 2007 -
VI [X.]/05
-
FamRZ 2007, 1638 und vom 20.
Juni 2012 -
IV
ZB 18/11
-
NJW-RR 2012, 1269).
b)
In die im Rahmen der Prüfung eines [X.]es nach §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II anzustellende [X.]
Vergleichsberechnung sind [X.] vom Bestehen oder vom Rang bürgerlich-rechtlicher Unterhaltspflichten auch die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen, in der die unter-haltspflichtige Person lebt.
[X.], Beschluss vom 23. Oktober 2013 -
XII ZB 570/12 -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23.
Oktober
2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose
und die Richter Schilling, Dr.
Günter,
Dr.
Botur
und Guhling

für
Recht erkannt:

Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 5.
Senats für Familiensachen
des [X.]s [X.] vom 5.
September
2012
wird auf Kosten des Antragstellers zurückge-wiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um
den Übergang von Kindesunterhalt auf einen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Der Antragsgegner ist Vater der
drei Kinder
[X.]
(geboren 1998), [X.]
(geboren 2001) und [X.]
(geboren 2004), die aus seiner geschiede-nen ersten Ehe stammen und bei ihrer Mutter leben. Er
ist wiederverheiratet
und lebt mit seiner
neuen Ehefrau, dem aus der zweiten
Ehe hervorgegange-nen Kind [X.] (geboren 2009) und zwei weiteren minderjährigen Kin-dern aus einer früheren Beziehung seiner jetzigen Ehefrau in einem gemeinsa-men Haushalt. Der Antragsgegner ist als Lager-
und Versandarbeiter voll-schichtig erwerbstätig und erzielt aus dieser Tätigkeit ein um notwendige Fahrt-kosten und Versicherungsbeiträge
bereinigtes
Nettoeinkommen in monatlicher
1
2
-
3
-
Höhe von 1.751,25

Die
Ehefrau des Antragsgegners verfügt nicht über eige-ne Einkünfte; seine
beiden im Haushalt lebenden Stiefkinder erhalten
von ihrem Vater nur zeitweilig einen
-
deutlich unter dem Mindestunterhalt liegenden
-
Kindesunterhalt.

Für die drei im Haushalt ihrer Mutter lebenden Kinder aus der ersten
Ehe
des Antragsgegners
hat
der Antragsteller für
Juni und Juli 2010 sowie vom 21.
September 2010 bis zum 30.
September 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]
II
erbracht. Der Antragsteller ist der [X.], dass rückständiger
Kindesunterhalt aus diesen Zeiträumen im Umfang der Leistungsgewährung auf ihn übergegangen sei und hat diesen gegen den Antragsgegner geltend gemacht. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner
an-tragsgemäß verpflichtet, rückständigen Kindesunterhalt
in einer Gesamthöhe von 1.179,38

an den Antragsteller zu zahlen, und zwar 1.126,48

für [X.] und jeweils 26,45

für [X.] und [X.]. Auf die Beschwerde des Antrags-gegners hat das [X.] die Entscheidung des Amtsgerichts abge-ändert und die Anträge des Antragstellers abgewiesen.

Dagegen wendet
sich der Antragsteller mit seiner zugelassenen Rechts-beschwerde, mit der er die weitgehende Wiederherstellung der amtsgerichtli-chen Entscheidung erstrebt.

3
4
-
4
-
Entscheidungsgründe:

I.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie durch das [X.] zugelassen worden ist

70 Abs.
1 FamFG); an diese Zulassung ist der Senat nach §
70 Abs.
2 Satz
2 FamFG gebunden. Sie ist auch im Übrigen zu-lässig; insbesondere entsprechen Einlegung und Begründung der Rechtsbe-schwerde, die durch einen von einem Beschäftigten des Antragstellers unter-zeichneten Schriftsatz erfolgt
sind,
den Erfordernissen des §
114 Abs.
3 FamFG.

Abweichend von §
114 Abs.
2 FamFG darf sich der Antragsteller als An-stalt des öffentlichen Rechts vor dem [X.] auch durch einen [X.] vertreten lassen, wenn die "zur Vertretung berechtigte Person"
die Befähigung zum Richteramt hat (§
114 Abs.
3 Satz
2 FamFG).
Zwar wird
der Antragsteller gemäß §
44
d Abs.
1 Satz
2 [X.] II gerichtlich und außergericht-lich durch seine Geschäftsführung
vertreten. Der Begriff des
Vertretungsrechts
in §
114 Abs.
3 FamFG ist allerdings
nicht in einem materiell-rechtlichen Sinne, sondern nur verfahrensrechtlich
zu verstehen. Denn etwas anderes
würde eine
mit Sinn und Zweck des §
114 Abs.
3 FamFG nicht zu vereinbarende
Be-schränkung des behördlichen Selbstvertretungsrechts
zur Folge haben, weil
sich Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts dann
nur durch jene zum Richteramt befähigten Beamten und Angestellten vor dem Bun-desgerichtshof
vertreten lassen könnten, die zudem
gesetzliche Vertreter
dieser Behörden oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts
sind
(vgl. bereits [X.] NVwZ 1994, 266
zu §
67 VwGO).

5
6
-
5
-
Der die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnende Beschäftigte des [X.] verfügt -
was der Antragsgegner nicht grundsätzlich in Frage stellt
-
über die erforderliche volljuristische Qualifikation. Die Wirksamkeit
seiner im Namen des Antragstellers vorgenommenen Verfahrenshandlungen
wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass er die Rechtsbeschwerdeschrift mit dem Zusatz "im Auftrag"
unterzeichnet hat. Mit diesem Zusatz kennzeichnen die Be-diensteten einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, dass sie im behördeninternen Auftrag und damit in amtlicher Eigen-schaft handeln. Allein der
damit verbundene Hinweis auf das Bestehen eines behördeninternen Weisungsverhältnisses rechtfertigt
indessen nicht die Schlussfolgerung, dass die
betreffenden
Bediensteten
nur als Erklärungsbote handeln und die erforderliche fachliche und rechtliche Verantwortung für den Inhalt eines
von ihnen unterzeichneten Schriftsatzes
gegenüber dem Gericht nicht übernehmen
wollen (vgl. [X.] NVwZ 1994, 266 zu §
67 VwGO; BSG
Beschluss
vom 31.
März 2005 -
B 12 RJ
5/04 B
-
juris Rn.
5 zu §
71 SGG
mwN; [X.]/[X.] ZPO 29.
Aufl. §
130 Rn.
14). Für die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift
durch Beschäftigte einer Behörde
oder juristischen Person des öffentlichen Rechts gilt damit im familiengerichtlichen Verfahren nicht die von der Rechtsbeschwerdeerwiderung
angeführte Rechtsprechung des [X.] zur Unwirksamkeit der Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift
mit
dem Zusatz "im Auftrag" im Anwaltsprozess
(vgl. dazu [X.] Beschlüsse
vom 19.
Juni 2007 -
VI
[X.]/05
-
FamRZ 2007, 1638 und vom 20.
Juni 2012

-
IV
ZB
18/11
-
NJW-RR 2012, 1269 Rn.
8 mwN).

7
-
6
-
II.

In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.

1.
Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass es dem Antragsteller an der erforderlichen Aktivlegitimation fehle, weil ein Übergang der Unterhaltsansprüche von [X.], [X.] und [X.] gegen den Antragsgeg-ner nach §
33 Abs.
1 Satz
1 [X.]
II nicht stattgefunden habe. Hierzu hat das Beschwerdegericht Folgendes
ausgeführt:

Ein [X.] sei wegen §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II ausge-schlossen. Durch diese Vorschrift
solle erreicht werden, dass der [X.] nicht schlechter gestellt werde
als der Empfänger von Leistungen nach dem [X.]
II. Er dürfe selbst nicht hilfebedürftig sein und auch durch [X.] nicht zum Empfänger von Leistungen zur Sicherung des [X.] werden. Es sei deshalb eine sozialrechtliche Vergleichsberech-nung anzustellen. Lebe der Unterhaltspflichtige -
wie der Antragsgegner
-
in einer Bedarfsgemeinschaft, sei im Rahmen dieser Vergleichsberechnung auf die Bedarfsgemeinschaft und nicht allein auf den Unterhaltspflichtigen abzustel-len. Zwar komme
es nach dem Wortlaut des §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II nur auf Einkommen und Vermögen der unterhaltspflichtigen Person an. Es müsse [X.] berücksichtigt werden, dass der Unterhaltspflichtige nach §
9 Abs.
1 [X.]
II sein Einkommen nicht nur zur Deckung seines eigenen sozialrechtlichen Bedarfs, sondern auch für den Bedarf der Mitglieder seiner [X.] zu verwenden habe. Sei in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gelte jede Person der [X.] nach §
9 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig. Stelle das [X.]
II damit im Rah-men der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit stets auf die Bedarfsgemeinschaft 8
9
10
-
7
-
ab, entspreche es der Systematik und dem Zweck des Gesetzes, Einkommen und Vermögen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in die [X.] einzubeziehen. Nach diesen Maßstäben scheide ein [X.] im gesamten [X.] zwischen Juni 2010 und September 2011 aus,
weil die Bedarfsgemeinschaft des Antragsgegners bei zusätzlicher Inanspruchnahme durch den Antragsteller hilfebedürftig werden würde.

2. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

a)
Nach §
33 Abs.
1 Satz
1 [X.]
II geht der Unterhaltsanspruch
bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhalts über, wenn bei rechtzeitiger Leistung eines Anderen diese Leistungen nicht erbracht worden wären. Der [X.] nach
dieser Vorschrift ist gemäß §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II ausgeschlossen, wenn und soweit Einkommen und Vermögen der unterhaltsverpflichteten Person das nach §§
11 bis 12 [X.]
II zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht übersteigen. Durch diese Vorschrift soll der Unterhaltspflichtige in gleicher Weise wie der Leistungsempfänger geschützt werden. Ihr liegt in verfassungs-rechtlicher Hinsicht der Gedanke zugrunde, dass der Unterhaltspflichtige
im Hinblick auf Achtung und Schutz seiner
Menschenwürde (Art.
1 Abs.
1 GG) und das Sozialstaatsprinzip (Art.
20 Abs.
1 GG)
durch den Rückgriff des Staates auf die Unterhaltsforderung des Leistungsempfängers nicht selbst zum Empfänger staatlicher Leistungen werden soll (vgl. auch Senatsurteil [X.]Z 111, 194, 198 = FamRZ 1990, 849, 850; BSG FamRZ 1985, 379, 380; [X.] FamRZ 1999, 780, 781).

b) Bei der von Amts wegen anzustellenden [X.]n Vergleichsberechnung ist zu ermitteln, wie hoch der hypothetische Bedarf des 11
12
13
-
8
-
Unterhaltspflichtigen auf Leistungen nach dem [X.]
II wäre und diesem Bedarf anschließend das nach §§
11 ff. [X.]
II zu berücksichtigende und zu bereini-gende Einkommen gegenüber zu stellen. Nur wenn und soweit das Einkommen den Bedarf übersteigt, kann ein Unterhaltsanspruch gegen den [X.] auf den Träger der Grundsicherung übergehen.

Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, besteht keine Einig-keit darüber, wie im Rahmen einer
[X.]n [X.] zu verfahren ist, wenn die unterhaltspflichtige Person in einer [X.] im Sinne von §
7 Abs.
3 [X.] II lebt. Hierzu wird
-
vor allem in der sozialrechtlichen Literatur
-
die Auffassung vertreten, dass
selbst
beim Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft allein auf den
Bedarf des [X.] abgestellt werden könne
(vgl. [X.]
in Eicher [X.]
II 3.
Aufl. §
33 Rn.
53; [X.] in [X.]/Herold-Tews [X.]
II 3.
Aufl. §
33 Rn.
26; [X.] in LPK-[X.] II 4.
Aufl. §
33 Rn.
38; [X.] in [X.]/[X.] [Bearbeitungsstand: 2011] §
33 [X.]
II
Rn.
129; [X.] in jurisPK-[X.] II
3.
Aufl. §
33 Rn.
70; [X.], 438, 440).
Dieser Meinung
hat sich
seit
April 2008 auch die [X.] in ihren fachlichen Hinweisen zu §
33 [X.]
II (Ziff. 33.32)
angeschlossen, nachdem sie
zuvor noch die abweichende und insbe-sondere
im
unterhaltsrechtlichen Schrifttum
verbreitete Ansicht vertreten hatte, dass in die Vergleichsberechnung auch der Bedarf von Angehörigen einer mög-licherweise bestehenden Bedarfsgemeinschaft einbezogen werden müsse (vgl. [X.]/[X.]
Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl.
§
8 Rn.
250; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [Bearbeitungsstand: 2013] Teil L
Rn.
211; [X.] FamRZ 2006, 1417, 1423; Poppen in [X.]/Poppen/[X.] Unterhaltsrecht 2.
Aufl. §§
24
a, 33 [X.]
II Rn.
10; [X.] Familienrecht 3.
Aufl. §
12 Rn.
89
f; [X.], 354, 356; ebenso [X.] in Kreike-14
-
9
-
bohm/Spellbrink/Waltermann Kommentar zum Sozialrecht 2.
Aufl. §
33 [X.]
II Rn.
11; [X.] in GK-[X.] II [Bearbeitungsstand: 2009] §
33 Rn.
96).

c) Der Senat hält mit dem Beschwerdegericht die letztgenannte [X.] für zutreffend.

aa) Lebt der Unterhaltspflichtige mit anderen Personen in einer Bedarfs-gemeinschaft, muss er sein zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen nicht nur zur Deckung seines eigenen sozialrechtlichen Bedarfs (§
9 Abs.
1 [X.] II) einsetzen, sondern nach Maßgabe von
§
9 Abs.
2 Satz
1 und 2 [X.]
II auch für den Bedarf der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft verwenden. Reichen Einkommen und Vermögen hierfür nicht aus, gilt gemäß
§
9 Abs.
2 Satz
3 [X.] II jede Person innerhalb der Bedarfsgemeinschaft als hilfebedürftig, und zwar im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf. Ist der [X.]pflichtige
individuell nicht hilfebedürftig, weil sein Einkommen den eigenen sozialrechtlichen Bedarf vollständig abdeckt, fingiert
§
9 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II somit seine
Hilfebedürftigkeit (vgl. dazu [X.], 724 Rn.
15),
wenn sein Einkommen nicht ausreicht, um den
Bedarf der anderen Mitglieder
seiner Bedarfsgemeinschaft zu decken.

Insoweit unterscheidet sich das Recht der Grundsicherung für Arbeitssu-chende nach dem [X.]
II grundlegend vom Recht der Sozialhilfe, welches zwar die gemeinsame Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen im Rahmen
der Einstandsgemeinschaft (§
27 Abs.
2 Satz
2 [X.]
XII)
kennt, demgegenüber aber aus systemimmanenten Gründen (vgl. dazu [X.] in Eicher [X.]
II 3.
Aufl. §
9 Rn.
43) keine dem §
9 Abs.
2 Satz
3 [X.] II vergleichbare
Regelung enthält. Daher kann nach dem [X.] XII derjenige, dessen Einkommen und Vermögen zur Deckung seines
individuellen
Bedarfs ausreicht, niemals selbst sozialhilfebedürftig werden, und zwar auch dann nicht, wenn mit seinem Ein-15
16
17
-
10
-
kommen der
zusätzliche
Bedarf der weiteren Mitglieder
seiner Einstandsge-meinschaft nicht gedeckt wird (Grube in Grube/Wahrendorf [X.] XII 4.
Aufl. §
27 Rn.
6; [X.] in jurisPK-[X.] XII §
27 [X.] XII idF 24.
März 2011 Rn.
28; vgl. auch [X.] NZS 1992, 156 f.
zum BSHG).

Würde daher bei der Vergleichsberechnung nur auf den sozialrechtlichen Bedarf des Unterhaltspflichtigen abgestellt werden, könnte dies zur Folge ha-ben, dass der Unterhaltspflichtige aufgrund des zu leistenden Unterhalts aus seinem Einkommen und Vermögen nicht mehr den gesamten Bedarf der [X.] decken kann, wegen §
9 Abs.
2 Satz
3 [X.] II als Hilfebe-dürftiger behandelt wird und einen eigenen Leistungsanspruch gegen den [X.] erwirbt. §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.]
II will indessen den Eintritt von Hilfebedürftigkeit des Unterhaltspflichtigen gerade vermeiden, zumal diese Hilfebedürftigkeit auch Bedeutung für eine mögliche Erbenhaftung (§
35 [X.]
II) sowie für die Frage hat, wer Schuldner einer Erstattungsforderung bei unrechtmäßig gewährten Leistungen ist (Sonnhoff in jurisPK-[X.] II 3.
Aufl. §
9 Rn.
60).

[X.]) Die
Einbeziehung der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft in die [X.] Vergleichsberechnung
entspricht auch dem -
im Wortlaut des §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.] II allerdings
nur unvollkommen zum Aus-druck gekommenen
-
Willen des Gesetzgebers. Denn nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll der [X.] nach §
33 [X.]
II immer dann ausgeschlossen sein, wenn der Unterhaltspflichtige durch den [X.] seinerseits bedürftig "im Sinne der Regelungen zum Arbeitslosengeld
II oder zum Sozialgeld" würde (BT-Drucks. 15/1516 S.
62); dies umschließt be-grifflich auch die Hilfebedürftigkeit, die bei dem Unterhaltspflichtigen aufgrund der gesetzlichen Fiktion des §
9 Abs.
2
Satz
3 [X.] II eintreten würde.

18
19
-
11
-
cc) Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 10.
Juli 1996 herleiten (Senatsurteil vom 10.
Juli 1996 -
XII ZR 121/95
-
FamRZ 1996, 1272 ff.).

(1) In dieser Entscheidung hat der Senat im Zusammenhang mit der An-wendung der Härteklausel des §
1579 Nr.
7 [X.] ausgeführt, dass der allge-meine Grundsatz, wonach durch eine Unterhaltsleistung keine Sozialhilfebe-dürftigkeit eintreten dürfe, nur zugunsten des Unterhaltspflichtigen selbst, nicht aber zugunsten von Unterhaltsberechtigten gelte, die mit ihm in einer Haus-haltsgemeinschaft leben.
Denn das Verhältnis mehrerer Unterhaltsberechtigter zueinander werde
allein durch die Rangvorschriften des [X.] bestimmt, die nicht nach der Haushaltszugehörigkeit der Berechtigten unterscheiden.
Daher könne mit der Begründung, dass die Angehörigen der neuen Familie des Un-terhaltspflichtigen wegen eines
an den (unterhaltsrechtlich gleichrangigen)
ge-schiedenen Ehegatten zu zahlenden Unterhalts auf ergänzende Sozialhilfe an-gewiesen sein würden, keine
-
über die gleichmäßige Kürzung des Unterhalts im Rahmen der Mangelverteilung hinausgehende
-
Herabsetzung des [X.] nach §
1579 Nr.
7 [X.] gerechtfertigt werden (Senatsurteil vom 10.
Juli 1996 -
XII ZR 121/95
-
FamRZ 1996, 1272, 1273).

(2) Diese Entscheidung beleuchtet indessen allein
die unterhaltsrechtli-che Sichtweise auf das Verhältnis
zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den Unterhaltsberechtigten
(zutreffend [X.] in GK-[X.] II [Bearbeitungsstand: 2009] §
33 Rn.
96). Auch unter den hier obwaltenden Umständen steht es im Hinblick auf die
erheblich eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Antragsgeg-ners
außer Frage, dass sich die drei im ersten Unterhaltsrang (§
1609 Nr.
1 [X.]) stehenden minderjährigen Kinder des Antragsgegners eine Kürzung ihres Unterhaltsanspruches
lediglich im Rahmen einer Mangelfallberechnung im [X.] auf die gleichrangigen Unterhaltsansprüche ihrer jüngeren Halbschwester 20
21
22
-
12
-
[X.] gefallen lassen müssen, während die Ehefrau des Antragsgegners und dessen Stiefkinder, die nur nachrangige
bzw. überhaupt keine [X.] gegen den Antragsgegner haben, unterhaltsrechtlich insoweit [X.] bleiben.

(3) Soweit demgegenüber
im Rahmen des §
33 Abs.
2 Satz
3 [X.] II der
Übergang von Unterhaltsansprüchen
auf den Träger der Grundsicherung be-troffen
ist und in diesem Zusammenhang eine [X.] Ver-gleichsberechnung durchgeführt werden muss, ist dafür allein
eine
sozialrechtli-che Betrachtungsweise
maßgeblich, die von unterhaltsrechtlichen Maßstäben durchaus abweichen kann. So ist beispielsweise allgemein anerkannt, dass in die [X.] Vergleichsberechnung nach dem [X.] II nur [X.] Einkünfte einzustellen sind, nicht aber fiktive Einkünfte, die dem [X.]n bei Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit unterhaltsrechtlich zuge-rechnet werden können ([X.], 1826 [Ls.]; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
8 Rn.
249; [X.] in Eicher [X.] II 3.
Aufl. §
33 Rn.
52; [X.] in [X.]/Herold-Tews [X.] II 3.
Aufl. §
33 Rn.
28; [X.] in jurisPK-[X.] II 3.
Aufl. §
33 Rn.
69; vgl. bereits Senatsurteile vom 11.
März 1998 -
XII
ZR 190/96
-
FamRZ 1998, 818, 819 und vom 27.
September 2000
-
XII [X.]/98
-
FamRZ 2001, 619, 620 zu §
91 Abs.
2 Satz
1 BSHG). Solcherart unterschiedli-che Maßstäbe
gelten
auch und insbesondere, soweit der Unterhaltspflichtige
nach §
9 Abs.
2 Satz
1 und 2 [X.]
II sein Einkommen und sein Vermögen dafür
einzusetzen
hat, den sozialrechtlichen Bedarf aller
mit ihm in [X.] zusammenlebenden Personen zu decken, und zwar allein kraft öffentli-chen Rechts und ohne jede Anknüpfung an
bürgerlich-rechtliche Unterhalts-pflichten (vgl. dazu [X.], 1057 Rn.
35; [X.]-4200 §
7 Nr.
23 Rn.
16). Es ist
daher systemwidrig, die sich aus den Rangvorschriften des [X.] ergebenden unterhaltsrechtlichen Wertungen zur Beurteilung der [X.]
-
13
-
ge heranzuziehen, ob in die [X.] Vergleichsberechnung auch die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen sind, in der die unterhaltspflichtige Person lebt.

dd) Es ist nach sozialrechtlichen Maßstäben folgerichtig und deshalb hinzunehmen, dass sich eine Einbeziehung von Angehörigen der Bedarfsge-meinschaft
in die [X.]
Vergleichsberechnung für die
un-terhaltspflichtige
Person
im Einzelfall auch ungünstig auswirken kann, wenn die Hilfebedürftigkeit des Unterhaltspflichtigen nach den Vorschriften des [X.]
II nur
aufgrund
der Regelungen der §
9 Abs.
2 Satz
1 und 2 [X.]
II wegen des in der Bedarfsgemeinschaft sonst vorhandenen Einkommens nicht eintritt
(vgl. auch [X.] in [X.]/Herold-Tews [X.] II 3.
Aufl. §
33 Rn.
26). Eine solche Konstellation dürfte allerdings nur in sehr wenigen Fällen praktische Bedeutung erlangen, weil ein Unterhaltspflichtiger, der seinen nach den individuellen [X.] bemessenen sozialrechtlichen Bedarf bei der Verpflichtung zur [X.] von Unterhalt nicht verteidigen könnte, in der Regel auch unterhaltsrecht-lich nicht leistungsfähig sein wird.

d) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwer-degerichts konnte der sozialrechtliche Gesamtbedarf (Regelbedarfe und Kosten der Unterkunft) der aus dem Antragsgegner, seiner Ehefrau, dem Kind [X.] und den beiden Stiefkindern bestehenden Bedarfsgemeinschaft durch die
sozialrechtlich relevanten Einkünfte -
nämlich das gemäß §§
11 ff. [X.]
II bereinigte Arbeitseinkommen des Antragsgegners, Wohngeld, Kindergeld und den (zeitweilig gezahlten) Kindesunterhalt der Stiefkinder
-
während des ganzen [X.]es zwischen Juni 2010 und September 2011 nicht gedeckt werden. Damit war
der Antragsgegner rechnerisch schon vor Berücksichtigung der hier streitgegenständlichen Unterhaltsansprüche hilfebedürftig im Sinne der Regelungen des [X.] II. Ein [X.] ist aus diesem Grunde gemäß
24
25
-
14
-
§
33 Abs.
2 Satz
3 [X.] II ausgeschlossen. Auf die weitere Rüge der Rechtsbe-schwerde, das
Beschwerdegericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller in den Monaten Juni und Juli 2010 für das Kind [X.]
keine Leistungen nach dem [X.]
II
erbracht
habe, kommt es danach nicht mehr an.

Dose Schilling

Günter

Botur Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.03.2012 -
19 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 05.09.2012 -
II-5 UF 103/12 -

Meta

XII ZB 570/12

23.10.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2013, Az. XII ZB 570/12 (REWIS RS 2013, 1707)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1707

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 570/12 (Bundesgerichtshof)

Übergang von Kindesunterhaltsansprüchen auf den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende: Wirksamkeit einer von einem Behördenmitarbeiter …


XII ZB 560/16 (Bundesgerichtshof)

Umschreibung eines Unterhaltstitels auf Träger der Grundsicherung


XII ZB 213/19 (Bundesgerichtshof)

Vertretungsrecht des Obhutselternteils hinsichtlich Rückübertragungsvereinbarung von Unterhaltsansprüchen


XII ZB 39/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 580/18 (Bundesgerichtshof)

Abänderung eines Unterhaltsvergleichs bei konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 570/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.