Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2018, Az. IX ZR 139/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6525

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050718U[X.]139.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX [X.]

Verkündet am:

5. Juli 2018

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 134 Abs. 1; [X.] § 232
Zahlungen des Inhabers eines Handelsgewerbes an einen stillen Gesellschafter, de-nen ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen im Gesellschaftsvertrag [X.] liegt, sind entgeltliche Leistungen, wenn sie die Gegenleistung für die erbrachte Einlage darstellen.

[X.], Urteil vom 5. Juli 2018 -
IX [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch [X.] [X.], [X.] Dr. [X.], [X.], [X.] und Meyberg

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 1. Zivil-senats des [X.] vom 24. Mai 2017 und
das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 29. Juli 2016 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die E.

Gesellschaft mbH (fortan: Schuldnerin) gab eine kos-tenlose [X.]ung heraus. Zur Deckung ihres Kapitalbedarfs bot die Schuldnerin privaten Anlegern seit Ende der 90er Jahre die Möglichkeit, sich mit einer [X.] als [X.]er zu beteiligen. Die jeweiligen Vereinbarungen be-zeichnete die Schuldnerin als "Gesellschaftsvertrag zum [X.] Nr. [...]" (fortan: [X.]). Sie versprach den Anlegern in den [X.]en, diesen einen als "Vorabvergütung" bezeichneten jährlichen Zins auf die Einlage zu be-1
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3
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zahlen. Der in den jeweiligen [X.]en genannte Zinssatz schwankte zwi-schen 4,75 vom Hundert und 6,25 vom Hundert. Seit dem [X.] wiesen die Handelsbilanzen der Schuldnerin stets einen Jahresverlust aus. Die Einlagen neu beitretender Gesellschafter verwendete die Schuldnerin in der Art eines sogenannten Schneeballsystems für Auszahlungen an die stillen Gesellschafter sowie zur Finanzierung ihres Geschäftsbetriebs.

Die Beklagte erwarb in der [X.] zwischen dem 8.
August 2008 und dem 30.
April 2013 insgesamt 28 [X.]e zu je 5.000

n-briefe enthielten stets gleichlautende Bestimmungen. Diese sahen unter ande-rem folgendes vor:

"§ 3 Vergütung
Als Vorabvergütung zahlt der Verlag an den stillen Gesellschafter e Zahlung erfolgt jeweils zum 30.
Juni und 31.
Dezember eines jeden Jahres.

§ 4 Gewinn-
und Verlustverteilung
Die Gewinn-
und Verlustverteilung wird wie folgt vereinbart:
a) Bemessungsgrundlage ist das handelsrechtliche Jahresergeb-nis vor Ertragsteuern nach Abzug der an die stillen Gesellschaf-ter gezahlten Vorabvergütungen zum Bilanzstichtag.
b)
Von dem sich ergebenden Gewinn entfällt auf jeden einzelnen stillen Gesellschafter der Teil, der sich aus dem Verhältnis sei-nes Anteils zu den gesamten stillen Gesellschaftern ergibt. [X.] sich das [X.]sverhältnis nicht über das gesamte Jahr erstrecken, erhält er seinen Anteil für jeden vollen [X.] anteilig."

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Die Schuldnerin zahlte an die Beklagte zwischen dem 1.
Juli 2010 und dem 27.
Dezember 2012 als Vorabvergütungen insgesamt 20.265,10

r-von führte die Schuldnerin für die Beklagte als Abgeltungssteuer einen Betrag von 4.878,91

Auf einen Eigenantrag der Schuldnerin vom 23.
Januar 2014 eröffnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 18.
März 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenz-verwalter. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 5.
September 2014 auf, die Vorabvergütungen einschließlich der abgeführten [X.] in Höhe von 20.265,10

Da die Beklagte der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, erhob der Kläger Klage auf Zahlung von 20.265,10

die Beklagte antragsgemäß verurteilt; die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.
Sie führt zur Klageabweisung.

[X.]

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe ein [X.] gemäß §
143 Abs.
1, §
134 Abs.
1 [X.] zu. Bei den Zahlungen 3
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der Schuldnerin habe es sich um unentgeltliche Leistungen gehandelt. Dies sei der Fall, wenn der Empfänger keinen Anspruch auf die Leistung gehabt habe. Diese Voraussetzung sei erfüllt, weil der Beklagten nach den [X.] keine feste, von den Geschäftsergebnissen unabhängige Vergütung zu-gestanden habe.

Die Regelung in §
3 der jeweiligen Gesellschaftsverträge enthalte nur eine Regelung über eine im Voraus geleistete Zahlung auf zukünftige Gewinne. Aus §
4 des Gesellschaftsvertrags ergebe sich, dass eine Gewinn-
und Verlust-beteiligung auf der Grundlage der jeweiligen handelsrechtlichen [X.] erfolge. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass es neben den schriftli-chen Gesellschaftsverträgen eine mündliche Abrede gegeben habe, dass ihr die in §
3 des Gesellschaftsvertrags genannte Verzinsung als feste Rendite un-abhängig von einem Gewinn oder Verlust der Gesellschaft zustehen sollte.

Da die Beklagte nur Vorauszahlungen auf mögliche Gewinne erhalten habe, die Schuldnerin aber seit 2001 keine Gewinne mehr erwirtschaftet habe, sei die Beklagte jedenfalls verpflichtet, die erhaltenen Vorabvergütungen wieder zurückzuzahlen. Aus
der Vereinbarung von Vorabvergütungen folge ein still-schweigend vereinbarter Rückzahlungsanspruch; der Kläger habe ihn auch gel-tend gemacht. Die Zahlungen könnten angesichts der bindenden Tilgungsbe-stimmung der Schuldnerin nicht als Zahlung auf etwaige [X.] der Beklagten behandelt werden. Eine Aufrechnung mit Schadenser-satzansprüchen scheide aus, weil dem Kläger ein insolvenzrechtlicher Rückge-währanspruch zustehe. Im Übrigen sei die Beklagte auch gemäß §
812 Abs.
1 Satz 2 BGB zur Rückzahlung der erhaltenen Zahlungen verpflichtet.

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I[X.]

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein [X.] gemäß §
143 Abs. 1 [X.] zu, weil die Voraussetzungen des §
134 Abs. 1 [X.] nicht erfüllt sind.

1. Eine unentgeltliche Leistung liegt im
hier bestehenden
Zwei-Perso-nen-Verhältnis vor, wenn ein Vermögenswert des [X.] zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem [X.] ein entspre-chender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll ([X.], Urteil vom 20.
April 2017
IX
ZR 252/16, [X.], 1215 Rn. 10 mwN, [X.] in [X.]Z).

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt bei einer Leis-tung ohne Rechtsgrund eine die Zuwendung ausgleichende Verpflichtung des Empfängers im Allgemeinen vor, wenn dem Schuldner ein (bereicherungsrecht-licher) Rückforderungsanspruch hinsichtlich seiner Leistung zusteht ([X.], [X.]O Rn. 14). Ebenso ist eine Leistung entgeltlich, wenn hinsichtlich der auf vertragli-cher Grundlage erfolgenden Vermögensverlagerung auf Dritte ein Rückforde-rungsanspruch des Schuldners besteht ([X.], [X.]O Rn. 19 mwN; Urteil vom 7.
September 2017

IX
ZR 224/16, [X.], 1863
Rn. 15).

b) Auszahlungen an einen stillen Gesellschafter, mit denen nach einer Kündigung der Gesellschaftsbeteiligung die Einlage des stillen Gesellschafters zurückgewährt wird, sind entgeltlich, soweit ein Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters besteht (§ 235 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 18.
Juli 2013

IX
ZR 198/10, [X.], 1504 Rn. 9,
16 ff). Zahlungen an einen stillen Gesellschafter, die auf die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters gemäß §§
231, 232 [X.] erfolgen, sind entgeltlich, soweit ein auf den stillen Gesell-schafter entfallender Gewinnanteil tatsächlich erzielt worden ist oder der [X.] für überzahlte Gewinne bereicherungsrechtliche oder vertragliche 10
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Rückzahlungsansprüche gegen den stillen Gesellschafter zustehen. Hingegen sind Zahlungen auf [X.] unentgeltlich, wenn der Schuldner wusste, dass kein Anspruch auf Auszahlung eines Gewinns bestand ([X.], Urteil vom 11.
Dezember 2008

IX
ZR 195/07, [X.]Z 179, 137 Rn. 6; vom 2.
April 2009

IX
ZR 197/07, Z[X.] 2009, 1202 Rn. 6; vom 22.
April 2010

IX
ZR 163/09, [X.], 1253 Rn. 6; vom 10.
Februar 2011

IX
ZR 18/10, [X.], 674 Rn.
8).

Auch wenn die Gesellschaft keine Gewinne erzielte, sind über die Rege-lung der §§
231, 232 [X.] hinaus Zahlungen an die stillen Gesellschafter zu-lässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht. Solche Ausschüttungen können

abweichend von der gesetzlichen Regel

in der Weise vereinbart werden, dass dem stillen Gesellschafter eine feste Verzinsung seiner Einlage versprochen wird, die unabhängig davon ist, ob der jährliche Gewinn zur [X.] des garantierten Betrages ausreicht oder ob überhaupt Gewinn erzielt wird (vgl. [X.], 387, 390; [X.], Urteil vom 10.
Oktober 1994

II
ZR 32/94, [X.]Z 127, 176, 181; [X.] in Röhricht/[X.] von Westphalen/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
231 Rn. 6; [X.] in [X.][X.]/[X.]/[X.], [X.],
3.
Aufl., §
231 Rn. 4; ebenso zur Kommanditbeteiligung [X.], Urteil vom 27.
Januar 1975

II
ZR 130/73, [X.], 662 unter [X.]; vom 5.
April 1979

II
ZR 98/76, [X.], 803
f
unter I[X.]). Sie gehen damit letztlich zu Lasten des Kapitals. Sie sind entgeltlich, wenn sie die Gegenleistung für die erbrachte [X.] darstellen ([X.], Urteil vom 20.
April 2017

IX
ZR 189/16, [X.], 1312 Rn. 9; vgl. auch [X.], Urteil vom 18.
September 2012

II
ZR 50/11, [X.], 19 Rn. 19
f).

2. Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angefochtenen [X.] um eine entgeltliche Leistung der Schuldnerin. Die Schuldnerin hat mit den Zahlungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder eine Ein-14
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lage zurückgewährt noch [X.] gezahlt, sondern ihre Verpflichtung aus §
3 des Gesellschaftsvertrags erfüllt.

a) Die an die Beklagte gemäß §
3 des Gesellschaftsvertrags gezahlten Vorabvergütungen stellen eine Gegenleistung für die Einlage der stillen Gesell-schafter dar, die in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierten Min-desttantieme zu Lasten des Kapitals geht (ebenso [X.], [X.], 306, 308). Dies folgt aus einer Auslegung des Gesellschaftsvertrags.

[X.]) Der Senat kann den [X.] über die stille Beteiligung der Beklagten selbst frei auslegen, weil die Schuldnerin für die stillen Beteiligungen von ihr erstellte Formularverträge eingesetzt und diese über den Bezirk des Be-rufungsgerichts hinaus verwandt hat (vgl. [X.], Urteil vom 27.
November 2000

II
ZR 218/00, [X.], 243, 244; Beschluss vom 22.
September 2015
II
ZR 310/14, [X.], 266 Rn. 8). Dabei unterliegen die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorfor-mulierten Vertragsbedingungen einer ähnlichen objektiven Auslegung und In-haltskontrolle wie allgemeine Geschäftsbedingungen ([X.], Urteil vom 27.
No-vember 2000, [X.]O; vom 13.
September 2004
II
ZR 276/02, [X.], 2095, 2097 f; Beschluss vom 22.
September 2015, [X.]O).

[X.]) Nach diesen Maßstäben enthält § 3 des Gesellschaftsvertrags einen Anspruch auf eine garantierte, gewinn-
und verlustunabhängige jährliche Min-destverzinsung der Einlage des stillen Gesellschafters. Dies ergibt sich aus den gewählten Formulierungen und dem Gesamtzusammenhang der [X.]. Auch
wenn §
3 des
Gesellschaftsvertrags die Verzinsung nicht ausdrück-lich als "garantiert"
bezeichnet, gleicht der Fall den vom Senat mit Urteilen vom 20.
April 2017 (IX
ZR 189/16, [X.], 1312 Rn. 10 f) und vom 20.
Juli 2017 (IX
ZR 7/17, Z[X.] 2017, 1843 Rn.
11 f) entschiedenen Sachen.
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(1) Ein erstes Indiz enthält die Überschrift, wonach es sich um eine "Ver-gütung" handelt. Zudem vereinbarte die Schuldnerin mit den einzelnen stillen Gesellschaftern
für die Vorabvergütung stets feste Zinssätze. Feste Beträge, die sich auch aus festen Zinssätzen ergeben können, sprechen für eine ge-winnunabhängige Vergütung (vgl. [X.]/Priester, 4.
Aufl., §
121 Rn. 40; Ehricke in [X.]Boujong/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
121 Rn. 17). Für eine gewinnunabhängige Verzinsung spricht weiter, dass die Zinssätze je nach dem [X.]punkt der getätigten stillen Einlage unterschiedlich hoch ausfie-len. Hierfür bestünde bei einem bloßen Vorschussanspruch kein Grund. Schließlich weist auch die Bezeichnung "Vorabvergütung" statt des Begriffs "Vorabgewinn"
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
auf Ansprü-che eines Gesellschafters, die unabhängig von einem etwaigen Gewinn beste-hen (vgl. etwa [X.]/Harbarth, [X.], 5.
Aufl., §
231 Rn. 7; [X.] in Henssler/[X.], Gesellschaftsrecht, 3.
Aufl., §
121 [X.] Rn. 29). Eine klare Bestim-mung, dass es sich lediglich um einen Gewinnvorschuss handelt, fehlt.

Soweit die Revision geltend macht, dass die Schuldnerin gegenüber den jeweiligen stillen Gesellschaftern eine Berechnung von
Gewinn und Verlust ent-sprechend den Vereinbarungen in §
4 des Gesellschaftsvertrags unterlassen hat, hat dieses Indiz im Streitfall keine erhebliche Bedeutung. Die tatsächliche Handhabung durch die Schuldnerin erlaubt keine tragfähigen Rückschlüsse auf die vertraglichen Vereinbarungen, weil sie im Streitfall entscheidend darauf be-ruhte, dass die Schuldnerin die Einlagen neu beitretender Gesellschafter un-streitig spätestens seit 2001 in der Art eines sogenannten "Schneeballsystems" für Auszahlungen an Altgesellschafter und zur Finanzierung ihres Geschäftsbe-triebs verwendete. Wollte die Schuldnerin dieses "Schneeballsystem" [X.], musste sie -
unabhängig von den bestehenden rechtlichen Verpflich-tungen -
jeden Hinweis auf ihre tatsächliche Lage vermeiden.

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(2) Jedoch bestätigen die übrigen Bestimmungen des [X.], dass §
3 des Gesellschaftsvertrags eine eigenständige Regelung eines gewinnunabhängigen Zinsanspruchs enthält. Aus §
2 des Gesellschaftsvertrags
ergibt sich die Art der Beteiligung; dort ist bestimmt, dass die Gesellschafter ihre Einlage bei Beendigung des [X.] gegebenenfalls nur abzüglich eines Verlustanteils zurückerhalten. Die Gewinn-
und Verlustvertei-lung regelt §
4 des Gesellschaftsvertrags gesondert. Soweit nach §
4 lit. a des Gesellschaftsvertrags bei der Bemessungsgrundlage für die Gewinn-
und [X.] die bezahlten Vorabvergütungen abzuziehen sind, ist dies eine für eine gewinnunabhängige Vergütung folgerichtige Bestimmung. Zwar hätte es dieser Bestimmung für die Berücksichtigung [X.] Zahlungen nicht bedurft, weil solche Zahlungen auch im Rahmen der Berechnung des Ge-winnes und Verlustes gemäß §
232 [X.] als Aufwand der [X.] sind, mithin bereits das handelsrechtliche Jahresergebnis beeinflussen. Die Abzugsregelung in §
4 lit. a des Gesellschaftsvertrags bewirkt jedoch, dass die Vorabvergütungen in ihrer unterschiedlichen Höhe den einzelnen stillen [X.]ern verbleiben.

In diesem Sinn deutet die
Gewinnverteilungsregel nach §
4 lit. b des [X.]svertrags ebenfalls auf eine gewinnunabhängige Verzinsung hin. [X.] ist der Gewinn auf die einzelnen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Da die Schuldnerin für die nach §
3 des [X.] gezahlte "Vorabvergütung" den einzelnen stillen Gesellschaftern unter-schiedlich hohe Zinssätze versprochen hatte, führen diese Vorabvergütungen auch unter Berücksichtigung der Abzugsregelung nach §
4 lit. a des [X.] zu einer unterschiedlichen Behandlung der stillen Gesellschaf-ter, weil sie die ihnen gezahlten unterschiedlich hohen Vorabvergütungen nicht auszugleichen haben. Sofern es sich bei den gezahlten Vorabvergütungen nur um einen Vorschuss auf den jeweiligen Jahresgewinn hätte handeln sollen, hät-21
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-
te richtigerweise die Abzugsregelung in §
4 lit. a des Gesellschaftsvertrags ge-strichen und stattdessen in §
4 lit. b des Gesellschaftsvertrags bestimmt werden müssen, dass es sich bei den an den einzelnen stillen Gesellschafter gezahlten Vorabvergütungen nur um einen Vorschuss handele, der auf seinen Gewinnan-spruch anzurechnen wäre.

[X.]) Soweit bei einem zweigliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnis sich die Auslegung des Vertrags gemäß §§
133, 157 BGB iVm §
242 BGB nach dem [X.] des beitretenden Anlegers richtet (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
September 2015
II
ZR 310/14, [X.], 266 Rn. 12), hat das [X.] in tatrichterlicher Würdigung festgestellt, dass keine individuellen Umstände bestanden, die im Rahmen der hier vorliegenden zweigliedrigen stil-len Gesellschaft eine abweichende Auslegung rechtfertigen. Die Revisionserwi-derung zeigt solche Umstände auch nicht auf.

b) Der Anspruch auf Zahlung einer Vorabvergütung war auch wirksam und durchsetzbar.

[X.]) Der in Form einer stillen Gesellschaft erfolgte Beitritt der Beklagten zur Schuldnerin ist wirksam. Dem steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein sogenanntes Schneeball-system betrieb.

(1) Nach den Grundsätzen über die
fehlerhafte Gesellschaft wird eine Gesellschaft, deren Gründungsakt an einem Fehler leidet, die aber in Vollzug gesetzt worden ist, als wirksam behandelt. Ebenso wenig führt ein fehlerhafter, aber vollzogener Gesellschaftsbeitritt zur Unwirksamkeit des Beitritts nach [X.] Grundsätzen. Der Gesellschafter, der sich auf den Mangel berufen will, hat lediglich
das Recht, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die
Zukunft zu lösen. An die Stelle des 23
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ihm nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Einlage tritt -
auch bei einem durch arglistige Täuschung verur-sachten Beitritt

ein Anspruch auf das ihm nach den Grundsätzen gesell-schaftsrechtlicher Abwicklung zustehende Abfindungsguthaben ([X.], Urteil vom 21.
Juli 2003

[X.], [X.]Z 156, 46, 52 f; vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Juli 2010

II
ZR 160/09, [X.], 2497 Rn. 6). Dies gilt auch für die [X.], unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische [X.] ([X.], Urteil vom 29.
November 2004

II
ZR 6/03, [X.], 254, 255
mwN; vom 18.
Juli 2013

IX
ZR 198/10, [X.], 1504
Rn. 13).

(2) Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen nur dann nicht zur Anwendung, wenn ausnahmsweise die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Perso-nen unvertretbar ist. So hat der [X.] Ausnahmen unter anderem dann anerkannt, wenn der [X.] verstößt, der Zweck der Gesellschaft mit den guten Sitten unvereinbar ist oder eine beson-ders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt (vgl. [X.], Urteil vom 29.
November 2004, [X.]O; vom 21.
März 2005

II
ZR 140/03, [X.], 753, 755).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Gesellschaftsvertrag und [X.]erbeitritt waren nicht wegen des von der Schuldnerin betriebenen Schneeballsystems gemäß §
138 BGB sittenwidrig; sittenwidrig war die
von ihr tatsächlich betriebene
Art der Finanzierung, nicht aber die
mit der
gutgläubigen Beklagten und den anderen stillen Gesellschaftern vereinbarte stille Beteiligung an
der Schuldnerin
(vgl. [X.], Urteil vom 21.
März 2005, [X.]O S. 756; vom 9.
Dezember 2010

IX
ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 11; vom 18.
Juli 2013

IX
ZR 198/10, [X.], 1504
Rn. 15).
Gleiches gilt für die den stillen Gesell-27
28
-
13
-
schaftern von der Schuldnerin versprochene gewinnunabhängige Verzinsung der Einlage. Soweit der [X.] im Zusammenhang mit einem Schneeballsystem abgeschlossene Verträge ihres Inhalts wegen als sittenwid-rig und nichtig beurteilt hat, lag den Entscheidungen ein Schneeballsystem nach Art einer Pyramide zugrunde, bei dem den Geschädigten erkennbar war, dass sie einen Gewinn nur durch die Beteiligung weiterer Anleger erzielen konnten
(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Mai 1978

III
ZR 153/76, [X.], 875, 877; vom 22.
April 1997

XI
ZR 191/96, NJW 1997, 2314, 2315; vom 21.
Juni 2012

III
ZR 291/11, [X.], 3366 Rn.
19 mwN).

[X.]) Die Beklagte war
nicht im Hinblick auf eine Treuepflicht gehindert, die ihr zustehenden Ansprüche auf Vorabvergütung geltend zu machen. Zwar hat auch der [X.]er Treuepflichten, weil sich die Vertragspartner durch die [X.] zu einem gemeinsamen, von den Grundsätzen von Treu und Glauben in einem
besonderen Maße beherrschten Rechtsverhältnis zu-sammengeschlossen haben
([X.], Urteil vom 25.
September 1963

V
ZR 133/61, [X.], 1209
f; [X.]/Harbarth, [X.], 5. Aufl., §
230 Rn. 189; Gehr-lein in [X.]Boujong/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
230 Rn. 42). Diese tref-fen ihn jedoch in einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft gegenüber dem Inha-ber des Handelsgeschäfts, nicht gegenüber
Dritten, mit denen der Unternehmer des Handelsgeschäfts weitere zweigliedrige [X.]en eingegangen ist
(vgl. auch [X.], Urteil vom 19.
November 2013

[X.], [X.]Z 199, 104 Rn.
13
ff). Nachdem die Schuldnerin ihren Finanzbedarf im Rahmen eines auch gegenüber der Beklagten ausgeübten betrügerischen Schneeballsystems sicherte, ist die Beklagte ihr gegenüber nicht aufgrund einer Treuepflicht als [X.]erin gehalten, auf die garantierten gewinnunabhängigen Zins-ansprüche zu verzichten.

29
-
14
-
II[X.]

Die Sache ist zur Endentscheidung reif; die Klage ist abzuweisen. Es bestehen weder Anfechtungs-
noch Rückzahlungsansprüche.

Kayser
[X.]
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.07.2016 -
7 O 2417/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.05.2017 -
1 U 31/16 -

30

Meta

IX ZR 139/17

05.07.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2018, Az. IX ZR 139/17 (REWIS RS 2018, 6525)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6525

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 139/17

II ZR 383/12

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