Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2017, Az. I ZB 92/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1899

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:221117BIZB92.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 92/17
vom
22. November
2017
in dem [X.]erfahren
auf [X.]ollstreckbarerklärung eines ausländischen [X.]iedsspruchs

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Der I.
Zivilsenat
des [X.]s hat am 22.
November
2017
durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof. Dr.
[X.]affert, Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr.
Koch
und Feddersen

beschlossen:

Der Antrag der Antragsgegnerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 8.
September 2017 wird [X.].
Gründe:
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus einem Beschluss des [X.], mit dem ein ausländischer [X.]iedsspruch für vollstreckbar erklärt worden ist und den sie mit der Rechtsbeschwerde an-gegriffen hat, ohne oder hilfsweise gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzu-stellen.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Wird gegen die [X.]ollstreckbarerklärung eines [X.]iedsspruchs die Rechtsbeschwerde erhoben, so kann das Rechtsbeschwerdegericht nach §
1065 Abs.
2 Satz
2 ZPO
in entsprechender Anwendung von §
707 Abs.
1 Satz
1 ZPO
auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird
oder nur gegen Sicher-heitsleistung stattfindet. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicher-heitsleistung ist nach §
707 Abs.
1 Satz
2 ZPO
nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der [X.]uldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die [X.]ollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
Bei der Entscheidung über den [X.] sind die widerstreitenden Inte-1
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ressen von [X.]uldner und Gläubiger gegeneinander abzuwägen. Diese
Abwä-gung fällt im vorliegenden Fall
zugunsten der Antragstellerin aus, weil die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin beim derzeitigen Stand des [X.]erfahrens keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] ist zwar von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO genannte Entscheidung des [X.] über einen Antrag betreffend die [X.]ollstreckbarerklärung eines auslän-dischen [X.]iedsspruchs (§ 1061 ZPO) findet gemäß § 1025 Abs. 4 in [X.]erbin-dung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde statt. Die [X.] ist jedoch unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Senatsentscheidung erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
a) Die Antragsgegnerin macht vergeblich geltend, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des [X.]gerichts, weil das [X.] ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs. 1 GG) verletzt habe.
[X.]) Ein [X.]erstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt voraus, dass im Einzel-fall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches [X.]orbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der
Entscheidung nicht in Erwägung gezogen worden ist.
Geht das Gericht in sei-nen Entscheidungsgründen auf [X.] des [X.] zu einer Frage nicht ein, die für das [X.]erfahren von zentraler Bedeu-tung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des [X.]ortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder of-fensichtlich unsubstantiiert war
(vgl. [X.], Beschluss vom 21.
April 2016
-
I [X.], [X.] 2016, 339 Rn. 22 mwN).
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bb) Die Antragsgegnerin macht geltend, das [X.] habe ihr [X.]orbringen, der [X.]iedsspruch beruhe auf der [X.]erletzung von [X.]erfahrensver-einbarungen
der [X.]en und von [X.]erfahrensrecht der [X.], zwar daraufhin untersucht, ob das [X.]iedsgericht gemäß Art.
[X.] Abs.
1 Buchst.
b
des
Übereinkommens
vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und [X.]ollstreckung ausländischer [X.]iedssprüche (im folgenden [X.]; BGBl. [X.] S. 121)
gegen
das Gebot rechtlichen Gehörs verstoßen habe und die [X.]oll-streckbarerklärung des [X.]iedsspruches gemäß Art. [X.] Abs. 2 Buchst. b [X.]
dem
ordre public widerspreche. Das [X.]
habe jedoch nicht ge-prüft, ob die Bildung
des [X.]iedsgerichts oder das schiedsrichterliche [X.]erfah-ren gemäß
Art.
[X.] Abs.
1 Buchst. d [X.] einer [X.]ereinbarung der [X.]en oder dem
Recht des [X.] widersprochen habe, in dem das schiedsrichterliche
[X.]erfahren stattgefunden habe. Insbesondere habe
es weder die erforderlichen Feststellungen zu den [X.]erfahrensvereinbarungen der [X.]en getroffen
noch das einschlägige [X.]erfahrensrecht der [X.] hinreichend ermit-telt.
cc) Damit kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben.
(1) Die Antragsgegnerin räumt selbst ein, dass das [X.] ihr gesamtes [X.]orbringen zur [X.]erletzung von [X.]erfahrensvereinbarungen
der [X.]-en und von [X.]erfahrensrecht der [X.] zur Kenntnis genom-men und in Erwägung gezogen hat. Das [X.] hat geprüft, ob dem [X.]iedsspruch die
Anerkennung und [X.]ollstreckung zu versagen ist, weil infolge der behaupteten [X.]erfahrensverstöße die Antragsgegnerin ihre Angriffs-
oder [X.]erteidigungsmittel nicht geltend machen konnte und damit ihr rechtliches [X.] verletzt wurde
(Art. [X.] Abs. 1 Buchst. b [X.]) oder die Anerkennung und [X.]ollstreckung des [X.]iedsspruchs dem [X.] oder dem [X.] widerspricht
(Art. [X.] Abs. 2 Buchst. b [X.]). Das [X.] hat sich zwar nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Anerkennung und [X.]ollstreckung des [X.]iedsspruchs zu versagen
ist, weil die Bildung
des 6
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[X.]iedsgerichts oder das schiedsrichterliche [X.]erfahren einer [X.]ereinbarung der [X.]en oder dem
Recht der [X.] widersprochen haben (Art.
[X.] Abs.
1 Buchst.
d [X.]). Darin liegt jedoch keine [X.]erletzung des An-spruchs der Antragsgegnerin
auf rechtliches
Gehör. Die Antragsgegnerin hat
sich im [X.]erfahren der [X.]ollstreckbarerklärung des [X.]iedsspruchs nicht darauf berufen, der [X.]iedsspruch dürfe nicht für vollstreckbar erklärt werden, weil die Bildung
des [X.]iedsgerichts oder das schiedsrichterliche [X.]erfahren wegen der von ihr behaupteten [X.]erfahrensverstöße einer [X.]ereinbarung der [X.]en oder dem
Recht der [X.] widersprochen
habe. Dies macht sie erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend.
Unter diesen Umständen hat das [X.] das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin nicht dadurch verletzt, dass es
sich nicht mit diesem [X.]ersagungsgrund auseinandergesetzt hat.

(2) Die
Antragsgegnerin rügt
ohne Erfolg, das [X.] habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil
es weder die erforderlichen Feststellungen zu
[X.]erfahrensvereinbarungen getroffen noch die erforderlichen Ermittlungen zum anwendbaren [X.]erfahrensrecht der [X.] angestellt
habe.
Es kann offenbleiben, ob das [X.] im [X.]erfahren der Anerkennung und [X.]ollstreckung ausländischer [X.]iedssprüche ebenso wie der Tatrichter im Erkenntnisverfahren nach § 293 ZPO verpflichtet ist, das in einem anderen St[X.]t geltende Recht von Amts wegen zu ermitteln (zur [X.] vgl. [X.], Urteil vom 21.
Dezember 2011
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I
ZR
144/09, [X.] 2012, 110 Rn.
11; Urteil vom 14.
Januar 2014
-
ll ZR
192/13, NJW 2014, 1244 Rn. 15), oder ob die [X.], die sich der Aner-kennung
und [X.]ollstreckbarerklärung eines ausländischen
[X.]iedsspruchs we-gen der behaupteten [X.]erletzung des in dem anderen St[X.]t geltenden Rechts widersetzt, den Inhalt des ausländischen Rechts
darlegen und beweisen
muss
([X.]ZPO/Adolphsen, 5.
Aufl., Art.
[X.] [X.] Rn.
17; vgl. auch [X.], Beschluss
vom 9.
Oktober 2009 -
19 [X.] 19/99, juris
Rn.
19). Eine [X.]erlet-zung
der nach §
293 ZPO bestehenden Ermittlungspflicht stellt
jedenfalls keine 9
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[X.]erletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar (vgl. [X.], Beschluss
vom 26.
Januar 2017
-
[X.]
ZR
164/16, juris Rn.
1; Beschluss
vom 23.
März 2017
-
[X.]
ZR
164/16, juris
Rn.
1). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist zwar ver-letzt, wenn das Gericht entscheidungserheblichen [X.]ortrag einer [X.] zum aus-ländischen Recht übergeht. Das hat die Antragsgegnerin aber nicht behauptet.
b) Die Antragsgegnerin macht ferner ohne Erfolg geltend, die [X.] habe grundsätzliche Bedeutung, weil der Streitfall die Frage aufwerfe,
ob in einem [X.]erfahren auf [X.]ollstreckbarerklärung eines ausländischen [X.]ieds-spruchs der Antragsgegner die von ihm vorgebrachten [X.]ersagungsgründe zu-treffend
benennen und entsprechend § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO rügen
müsse.
[X.]) Durch die Rechtsprechung des [X.]s
ist geklärt, dass Aufhebungsgründe im Sinne von §
1059
Abs. 2 Nr. 1 ZPO und
[X.]ersagungs-gründe im Sinne von Art. [X.] Abs. 1 [X.] nur zu berücksichtigen
sind, wenn die [X.], die sich darauf beruft, sie begründet geltend macht, das heißt sich [X.] darauf beruft (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
November 2000
-
III ZB 55/99, [X.]Z 145, 376, 379; Urteil vom 1.
Februar 2001 -
III ZR 332/99, NJW-RR 2001, 1059
f.; Beschluss vom 6. Juni 2002 -
III ZB 44/01, [X.]Z 151, 79, 82).
Nach diesen Maßstäben musste das [X.] den [X.]ersa-gungsgrund des Art.
[X.] Abs. 1 Buchst. d [X.]
nicht berücksichtigen.
Die An-tragsgegnerin hat sich im [X.]erfahren der [X.]ollstreckbarerklärung des [X.]ieds-spruchs nicht substantiiert darauf berufen, dass der [X.]iedsspruch nicht für vollstreckbar zu erklären sei, weil die Bildung
des [X.]iedsgerichts oder das schiedsrichterliche [X.]erfahren einer [X.]ereinbarung der [X.]en oder dem
Recht der [X.] widersprochen habe (Art. [X.] Abs. 1 Buchst. d [X.]). Wegen der von ihr behaupteten fehlerhaften
Besetzung des [X.]iedsgerichts mit einem angeblich befangenen [X.]iedsrichter hat sie allein geltend gemacht, die [X.]ollstreckung des [X.]iedsspruchs verstoße gegen die öffentliche Ordnung der [X.] (Art. [X.] Abs. 2 Buchst. b [X.]). Darüber hinaus hat 10
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die Antragsgegnerin
gerügt, das [X.]iedsgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, ein zweites Sachverständigengutachten einzuholen, die mündliche [X.]erhandlung wiederzueröffnen
und dem Sachverständigen ergänzende Fragen
vorzulegen; außerdem habe es Fragen zum und Einwände gegen das Gutachten zurück-gewiesen und
übergangen
sowie das Protokoll der mündlichen [X.]erhandlung nicht rechtzeitig übersandt.
In
diesem Zusammenhang hat sie
sich zwar ver-schiedentlich auf eine [X.]erletzung ihres rechtlichen Gehörs berufen, aber nicht geltend gemacht, dass
dem [X.]iedsspruch wegen [X.]erstoßes gegen von den
[X.]en vereinbarte oder in der [X.] geltende [X.]orschriften für das schiedsrichterliche [X.]erfahren die Anerkennung oder [X.]ollstreckung zu versagen sei. Das [X.] durfte sich daher auf die Prüfung be-schränken, ob der von der Antragsgegnerin vorgetragene Sachverhalt den [X.]er-sagungsgrund
der [X.]erletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. Art.
[X.] Abs.
1 Buchst.
b [X.])
begründet.
bb) Die weitere von der Rechtsbeschwerde
in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob der Antragsgegner in einem [X.]erfahren auf [X.]ollstreck-barerklärung eines ausländischen [X.]iedsspruchs die Norm des [X.]ersagungs-grunds ausdrücklich bezeichnen muss, ist nicht entscheidungserheblich. Das [X.] musste den [X.]ersagungsgrund des Art.
[X.] Abs. 1 Buchst. d [X.]
schon deshalb nicht berücksichtigen, weil die Antragsgegnerin sich nicht substantiiert darauf berufen hat, dass der [X.]iedsspruch nicht für vollstreckbar zu erklären sei, weil die Bildung
des [X.]iedsgerichts oder das schiedsrichterli-che [X.]erfahren einer [X.]ereinbarung der [X.]en oder dem
Recht der [X.] widersprochen habe. Es kommt daher nicht darauf an, dass der [X.] in einem die [X.]ollstreckbarerklärung eines inländischen [X.]iedsspruchs betreffenden Rechtsbeschwerdeverfahren die Auffassung des [X.] München
unbeanstandet gelassen hat, die fehlende aus-drückliche
Bezeichnung der Norm
(im dort zugrunde liegenden Fall:
§
1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d
ZPO) sei unschädlich ([X.], Beschluss vom 11.
Dezem-13
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ber 2014 -
I
ZB 23/14, [X.] 2016, 41 Rn. 7; [X.], Beschluss vom 10.
Januar 2014 -
34 [X.] 7/13,
BeckRS 2015, 08977 unter ll
2
a).
Büscher
[X.]affert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
[X.]orinstanz:
[X.], Entscheidung vom 08.09.2017 -
3 [X.] 1/17 -

Meta

I ZB 92/17

22.11.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2017, Az. I ZB 92/17 (REWIS RS 2017, 1899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1899

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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