Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2005, Az. 4 StR 530/05

4. Strafsenat | REWIS RS 2005, 76

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[X.] vom 21. Dezember 2005 in der Strafsache gegen wegen versuchter schwerer Brandstiftung - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 21. Dezember 2005 gemäß § 126 a Abs. 2 und 3 i.V.m. § 126 Abs. 3 und § 120 Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: [X.] 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2005 mit den Feststellungen - mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Sachverhalt, die [X.] bleiben - aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. I[X.] 1. Der Unterbringungsbefehl des [X.] vom 21. September 2005 - 13 KLs 18/04 - wird aufgehoben. 2. Insoweit wird die sofortige Entlassung des Angeklagten [X.]. - 3 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstre-ckung der Freiheitsstrafe und der Maßregel hat es jeweils zur Bewährung aus-gesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg. [X.] 1. Das Urteil hat keinen Bestand, weil die Beweiswürdigung der [X.] zur inneren Tatseite durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Der Beschwerdeführer macht zu Recht geltend, dass die getroffenen [X.] einen [X.] des Angeklagten nicht belegen. a) Der Angeklagte befand sich auf Grund vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung in der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, in der er sich unzureichend behandelt fühlte, weshalb er seine Verlegung in eine an-dere psychiatrische Einrichtung anstrebte. Obwohl die Verlegung auch aus fachlicher Sicht für erforderlich gehalten wurde, fand sich zunächst keine ent-sprechende andere Einrichtung. Der Angeklagte wollte aber jedenfalls [X.], das nahe bevorstehende [X.] nicht mehr in der bisherigen Ein-richtung verbringen zu müssen; er dachte darüber nach, etwas "anzustellen", um auf diese Weise seine Verlegung zu erreichen. Deshalb entschloss er sich in den frühen Morgenstunden des 7. Dezember 2003, einen [X.]. Dazu hielt er sein Feuerzeug unmittelbar unter den an der Decke seines - 4 - Zimmers befindlichen Rauchmelder. Dabei rechnete er damit, dass der "[X.]" innerhalb kürzester Zeit auf die Wärme des Feuerzeuges reagieren würde. Entgegen seiner Erwartung kam es nicht sofort zu einem hörbaren A-larm. Deshalb hielt der Angeklagte das entzündete Feuerzeug weiterhin unter den Rauchmelder, bis er nach ca. ein bis zwei Minuten bemerkte, dass das Plastikmaterial des Brandmelders in Brand geraten war und heruntertropfte. Darauf nahm der Angeklagte zwei hölzerne Einlegeböden, die er unter den [X.] tropfenden Brandmelder hielt. Auf diese Weise versuchte er, "das bren-nende, flüssige Plastikmaterial aufzufangen, um eine Ausbreitung des Brandes und eine Beschädigung des [X.] zu verhindern". Dennoch tropfte einiges Material auch auf den [X.] und brannte dort weiter. Dies war auch noch der Fall, als das Pflegepersonal sich nach einem nunmehr ausgelös-ten stillen Alarm wenig später Zugang zu [X.] des Angeklagten ver-schaffte. Es konnte noch vor Eintreffen der Feuerwehr die beiden Brandstellen mit einem Handfeuerlöscher mühelos ablöschen. Im Deckenbereich brannte der Rauchmelder vollständig aus. Die [X.] verbrannte auf einer Fläche von 30 x 30 cm. Der Fußbodenbelag selbst war nicht in Brand geraten. Der Angeklagte hat sich eingelassen, er habe keinen Brand legen wollen und habe dies auch nicht getan. Er habe sich - was das [X.] auch [X.] hat - vorab über die Funktionsweise des Feuermelders informiert und habe Mitbewohner gewarnt; er sei überzeugt gewesen, dass nichts hätte [X.] können. Demgegenüber hat das [X.] gemeint, dem Angeklagten sei "bewusst gewesen, dass es sich bei [X.] um einen Dachausbau in Holzbauweise handelte ..., so dass ein Übergreifen eines Brandes auf feste Gebäudebestandteile wie Decken, Wände oder den Dachstuhl jederzeit mög-lich" gewesen sei. - 5 - b) Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, der Angeklagte habe mit zumindest bedingtem [X.] gehandelt, nicht. Die Kenntnis des Angeklagten von der Holzbauweise des [X.] und damit von der Gefährlichkeit offenen Feuers in diesem Bereich betreffen allein [X.] Umstände, die das Wissenselement des Vorsatzes begründen können. Das genügt jedoch nicht und lässt außer [X.], dass auch das [X.] geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden muss. Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass die [X.] eine dem genügende Gesamtwürdigung vorgenommen hat. Dass der An-geklagte "während der Tatausführung jederzeit in der Lage (gewesen sei), die Konsequenzen seines Handelns zu erkennen und zu bewerten", deutet lediglich auf eine bewusste Fahrlässigkeit hin. Dies gilt umso mehr, als das [X.] es für möglich gehalten hat, dass der Angeklagte dabei seine Fähigkeit, ein Inbrandsetzen des Gebäudes verhindern zu können, überschätzt habe ([X.]). Gegen die Annahme, der Angeklagte habe eine Tatbestandsverwirklichung nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB billigend in Kauf genommen (zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit vgl. BGHR StGB § 306 Beweiswürdigung 6), sprach hier zudem, dass der Angeklagte selbst [X.] ergriff, die ein Ausbreiten des Brandes und weitere Schäden verhindern sollten. Schließlich liegt es auch fern, dass der Angeklagte sich durch eine Brandlegung selbst in Lebensgefahr bringen wollte, indem er sich in [X.] einschloss und dabei das Eingreifen von Hilfskräften zu erschweren versuchte. Die Sache bedarf deshalb neuer tatrichterlicher Prüfung und Entschei-dung. Ausgenommen davon sind lediglich die [X.] Feststellungen zum äußeren Sachverhalt, die bestehen bleiben können. Sofern dem Angeklag-ten ein [X.] nicht nachzuweisen ist, wird das [X.] eine Strafbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Sachbeschädigung (§§ 303, 303 c - 6 - StGB) und des Missbrauchs von Notrufen (§ 145 Abs. 1 Nr. 1 StGB) zu prüfen haben. 2. Die Aufhebung des Urteils zum Schuldspruch entzieht dem [X.] und dem [X.] die Grundlage. I[X.] Der Senat hebt gemäß § 126 a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 126 Abs. 3 und § 120 Abs. 1 StPO den Unterbringungsbefehl des [X.]s vom 21. Sep-tember 2005 auf und ordnet die sofortige Entlassung des Angeklagten aus der einstweiligen Unterbringung an. Der weitere Vollzug dieser strafrechtlichen Maßnahme steht zu dem Tatvorwurf in dieser Sache, wie er sich nach der revi-sionsgerichtlichen Prüfung des angefochtenen Urteils darstellt, außer [X.]. Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible

Meta

4 StR 530/05

21.12.2005

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2005, Az. 4 StR 530/05 (REWIS RS 2005, 76)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 76

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