Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.02.2014, Az. X B 142/13

10. Senat | REWIS RS 2014, 7636

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde; grundsätzliche Bedeutung; Beiträge an aufsichtsfreie Unterstützungseinrichtung als Sonderausgaben


Leitsatz

NV: Es besteht kein Zweifel, dass im Jahre 2011 Beiträge an eine aufsichtsfreie Unterstützungseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 VAG nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG abziehbar waren.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden als Eheleute zusammen veranlagt. Der Kläger ist Mitglied der … ([X.]), eines eingetragenen Vereins, der als aufsichtsfreie [X.] i.[X.]. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) seine Mitglieder im Krankheitsfall unterstützt.

2

Charakteristisches Merkmal der [X.] und Teil ihres [X.]elbstverständnisses ist das Fehlen von Rechtsansprüchen auf bestimmte Leistungen nach Art eines Katalogs. Vielmehr werden Zuwendungen unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Bedürfnisse gewährt. Die Beiträge der Mitglieder fließen jeweils zur Hälfte auf ein [X.] und in einen [X.]olidarfonds. Im Krankheitsfall werden Leistungen aus dem [X.] nach Maßgabe einer Zuwendungsordnung erbracht. Deckt das [X.] hohe Krankheitskosten nicht, so kann auf Antrag der Vorstand Zuwendungen aus dem [X.]olidarfonds beschließen.

3

Es existiert eine Beitragsbescheinigung der [X.] für das [X.]treitjahr 2011, nach der der Kläger [X.] von 6.160,79 € geleistet habe. Davon seien 5.925,55 € nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG), 235,24 € nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b E[X.]tG abziehbar. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) gewährte zunächst (lediglich) den Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a E[X.]tG, kam im Einspruchsverfahren jedoch zu der Auffassung, auch dies sei fehlerhaft, und berücksichtigte die Beiträge nach entsprechendem [X.] dann überhaupt nicht mehr.

4

Mit ihrer Klage vertraten die Kläger die Ansicht, die [X.] sei im E[X.]tG wie in den sozial- und verwaltungsrechtlichen Regelungen den privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen gleichzustellen. [X.]ie biete eine anderweitige vergleichbare Absicherung im Krankheits- und Unglücksfall gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches [X.]ozialgesetzbuch ([X.]GB V) und § 193 Abs. 3 Nr. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ([X.]), denn sie bringe dauerhaft die gleichen Leistungen wie eine Krankenversicherung. Hierauf bestehe ein vollwertiger Anspruch, ein Terminus, der nicht i.[X.]. des § 194 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verstehen sei, hänge doch auch die Gewährung regulärer [X.]ozialleistungen von der Ausübung eines Ermessens ab. Neben Versicherungen müsse jede andere seriöse vertragliche Regelung zur Abdeckung des Krankheitsrisikos akzeptiert werden mit der Folge, dass die Beiträge als [X.]onderausgaben abziehbar sind.

5

Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1496 veröffentlichten Urteil vom 19. Juni 2013 hat das Finanzgericht ([X.]) die Klage abgewiesen. Die [X.] sei keiner der in § 10 Abs. 2 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG aufgezählten Versorgungsträger. Eine Gleichstellung der [X.] sei mangels entsprechender Aufsicht und mangels vergleichbarer rechtlicher Absicherung nicht möglich.

6

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) geltend, und zwar in Bezug auf folgende Fragen:

-       

Ist die Krankenversicherung in § 10 Abs. 1 Nr. 3 E[X.]tG identisch zu verstehen mit dem Begriff der Krankenversicherung, vor allem mit dem Begriff der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 [X.]GB V sowie dem Begriff der vergleichbaren Ansprüche aus § 193 Abs. 3 Nr. 2 [X.]?

-       

[X.]ind die Beiträge der [X.] abzugsfähig nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 E[X.]tG und wird sie einer Krankenversicherung gleichgestellt?

7

[X.]ie berufen sich darauf, dass im [X.]GB V und im [X.] die [X.] als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall den Krankenversicherungen gleichgestellt sei, da sie faktisch dauerhaft die gleichen Leistungen erbringe wie diese.

8

Das [X.] hält die erste Frage für ein lediglich sozialversicherungsrechtliches Problem, das im [X.]treitfall nicht geklärt werden könne. Zudem könnten die Beiträge schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil dem [X.] bis heute keine elektronische Übermittlung der Beitragszahlungen nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 [X.]atz 3 E[X.]tG für 2011 vorliege.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist zumindest unbegründet.

1. Einer Rechtssache kommt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] grundsätzliche Bedeutung i.[X.]. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O zu, wenn die für die Beurteilung des [X.]treitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist ([X.]enatsbeschlüsse vom 19. Januar 2011 [X.]43/10, [X.], 636; vom 23. Januar 2013 [X.]84/12, [X.], 771). Eine Rechtsfrage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und [X.]inngehalt des Gesetzes beantworten lässt oder offensichtlich so zu entscheiden ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. [X.]enatsbeschluss vom 13. Juni 2013 [X.]232/12, [X.], 1416).

Die Zulassung der Revision kommt nach diesen Maßstäben nicht in Betracht.

a) Die Frage, ob eine Krankenversicherung i.[X.]. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 E[X.]tG auch die in § 5 Abs. 1 Nr. 13 [X.]GB V und § 193 Abs. 3 Nr. 2 [X.] erwähnte anderweitige Absicherung im Krankheitsfall umfasst, könnte im [X.]treitfall nur dann geklärt werden, wenn entweder bereits [X.] oder festzustellen wäre, dass [X.] die dort genannten Ansprüche gewährleistet. Die Kläger selbst tragen einerseits vor, [X.] sei den Krankenversicherungen nach dem [X.]GB V und dem [X.] gleichgestellt, führen andererseits in Widerspruch hierzu aus, diese --vorgelagerte-- Frage sei noch immer nicht geklärt.

Die Vorfrage wie auch die aufgeworfene Hauptfrage könnten aber ihrerseits im [X.]treitfall nur dann geklärt werden, wenn der [X.]onderausgabenabzug von ihrer Beantwortung abhinge. Das ist nicht der Fall. Der Abzug kommt, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, schon deshalb nicht in Betracht, weil es an den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG fehlt.

Ob zugunsten der Kläger davon auszugehen ist, dass sie mit der von ihnen aufgeworfenen Grundsatzfrage nach der Gleichstellung der [X.] mit den Krankenversicherungen i.[X.]. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 E[X.]tG implizit auch die Frage nach der Gleichstellung der [X.] mit den in § 10 Abs. 2 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG genannten Versorgungsträgern aufgeworfen haben [X.] so wäre die Beschwerde schlüssig--, lässt der [X.]enat dahinstehen. Diese Frage ist mit dem [X.] eindeutig zu verneinen.

aa) Nach § 10 Abs. 2 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG in der im [X.]treitjahr 2011 geltenden Fassung war Voraussetzung des Abzugs, dass die Vorsorgeaufwendungen an gewisse Versicherungsunternehmen, die das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen oder denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist (Buchst. a), berufsständische Versorgungseinrichtungen (Buchst. b), [X.]ozialversicherungsträger (Buchst. c) oder einen Anbieter i.[X.]. des § 80 (Buchst. d) geleistet werden. Es ist unstreitig, dass [X.] keiner der dort bezeichneten Versorgungsträger, insbesondere kein Versicherungsunternehmen mit Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland nach Buchst. a war.

Die Regelung in § 10 Abs. 2 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.]atz 2 E[X.]tG --die wörtlich lautet "Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im [X.]inne des Absatzes 1 Nummer 3 [X.]atz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im [X.]inne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches [X.]ozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im [X.]inne des § 193 Absatz 3 [X.]atz 2 Nummer 2 des [X.] ist erst durch Art. 2 Nr. 9 Buchst. b des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013 ([X.]) mit Wirkung vom Folgetage (Art. 31 Abs. 1 [X.]) in [X.] getreten und für das [X.]treitjahr noch nicht maßgebend. Die Frage, ob [X.] eine anderweitige oder vergleichbare Absicherung im [X.]inne dieser Vorschrift gewährt, ist daher im [X.]treitfall unerheblich.

bb) Anhaltspunkte, dass die in dieser Vorschrift in der Fassung des [X.]treitjahres in Buchst. a enthaltene Beschränkung auf Versicherungsunternehmen und der damit einhergehende Ausschluss gerade derjenigen Vereinigungen, die nach § 1 Abs. 3 [X.] nicht der Versicherungsaufsicht unterliegen, etwa verfassungswidrig wäre, sind nicht vorgetragen.

[X.]ie sind --dies nur ergänzend-- auch nicht ersichtlich. Der [X.]enat hegt keinen Zweifel, dass der Gesetzgeber befugt war, die steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen entsprechend zu beschränken. Vorsorgeaufwendungen sollen sicherstellen, dass der Versorgungsträger die wirtschaftlichen Folgen eines [X.]chadenseintritts übernimmt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber Vorsorgeaufwendungen nur berücksichtigt, soweit gewiss ist, dass der Versorgungsträger im [X.]chadensfall auch tatsächlich eintritt. Es ist ebenso wenig zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber im [X.]treitjahr diese Gewissheit noch --als typisierendes Kriterium für [X.] an die staatliche Aufsicht über den Versorgungsträger geknüpft hat.

b) Die zweite Frage, ob die [X.] einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung gleichgestellt ist und die Beiträge daher nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 E[X.]tG abziehbar sind, ist im [X.] identisch mit der ersten Frage und kann aus denselben Gründen nicht geklärt werden.

Meta

X B 142/13

21.02.2014

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 19. Juni 2013, Az: 2 K 71/13, Urteil

§ 10 Abs 1 Nr 3 Buchst a EStG 2009, § 10 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG 2009 vom 26.06.2013, § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5, § 193 Abs 3 Nr 2 VVG, § 1 Abs 3 Nr 1 VAG, EStG VZ 2011, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.02.2014, Az. X B 142/13 (REWIS RS 2014, 7636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7636

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