9. Senat für Familiensachen | REWIS RS 2004, 1738
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Das Versäumnisurteil vom 17. Juni 2004 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass das am 4. November 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – Moers auf die Beru-fung der Antragstellerin unter Zurückweisung des weiter gehen-den Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst wird:
Der Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Zugewinnaus-gleich wird abgewiesen.
Auf die Widerklage des Antragsgegners wird die Antragstellerin verurteilt, an den Antragsgegner Zugewinnausgleich in Höhe von 5.147,55 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz seit dem 29. Mai 2003 zu zahlen.
Im Übrigen werden das Versäumnisurteil aufgehoben und die weiter gehende Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Antragstellerin zu 3/4 und dem Antragsgegner zu 1/4 zur Last mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Säumnis im Termin vom 17. Juni 2004 entstanden sind; diese trägt die Antragstellerin allein.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Die Antragstellerin hat mit der Berufung zunächst die Abweisung der Widerklage des Antragsgegners und dessen Verurteilung zu einer Zugewinnausgleichszahlung in Höhe von 7.601,06 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2003 begehrt, die Berufung jedoch inzwischen wegen des eigenen Zahlungsantrages zurückgenommen. Sie beanstandet die Nichtberücksichtigung von Zahlungen des Antragsgegners in Höhe von 3.604,22 DM bei der Bemessung seiner in den Zugewinnausgleich eingestellten Unterhaltsrückstände; sie hält deren Berücksichtigung ohnehin für unbillig und korrekturbedürftig. Ferner fordert sie eine Erhöhung ihres Anfangsvermögens um den Wert zahlreicher Hausratsgegenstände, die bei der Eheschließung in ihrem Alleineigentum standen und deren Wert sie – umgerechnet auf die heute Kaufkraft – mit rund 38.355,-- DM beziffert. Der Antragsgegner verteidigt das Urteil des Amtsgerichts und den Antrag angekündigt, die Berufung zurückzuweisen. Der Senat hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 12. Mai 2004 Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie mit der Berufung die Abweisung der Widerklage in Höhe des einen Zugewinnausgleich von mehr als 5.147,55 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleistungsgesetz seit dem 29. Mai 2004 zusprechenden Antrages begehrt. Die hiergegen gerichteten Gegenvorstellungen sind erfolglos geblieben. Im Senatstermin vom 17. Juni 2004 ist die Antragstellerin säumig geblieben. Der Senat hat ihre Berufung alsdann durch Versäumnisurteil vom selben Tag zurückgewiesen. Gegen das Versäumnisurteil hat sie form- und fristgemäß Einspruch eingelegt und beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Widerklage in Abänderung des mit der Berufung angefochtenen Urteils abzuweisen. Der Antragsteller beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
II.
Die auch mit dem angekündigten Antrag zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg. Die vom Amtsgericht errechnete Zugewinnausgleichsforderung des Antragsgegners ermäßigt sich lediglich durch die Berücksichtigung seiner Zahlungen in Höhe von 3.604,22 DM (1.842,81 €) auf den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang. Im Übrigen haben die Berufungsangriffe keinen Erfolg.
1.
Die unstreitigen Zahlungen des Antragsgegners in Höhe von 3.604,22 DM vermindern grundsätzlich die Unterhaltsschulden beim Endvermögen des Antragsgegners und zugleich das Endvermögen der Antragstellerin. Dabei kann es dahinstehen, ob die Zahlungen auf den rückständigen Trennungsunterhalt geleistet wurden – so die Antragstellerin – oder als Rechtsgrundlage der Vergleich aus dem einstweiligen Anordnungsverfahren heranzuziehen ist – so der Antragsgegner -. Durch den Vergleich (II Bl. 226 GA) sind für den unstreitigen Zahlungszeitraum von November 2000 bis einschließlich Februar 2001 keine höheren Unterhaltsansprüche tituliert worden, als der Senat sie im Hauptsacheverfahren (Urteil vom 4. Oktober 2001 – 9 UF 19/01 - ) für den entsprechenden Zeitraum festgelegt hat. Nur hinsichtlich überschießender Zahlungen wäre jedoch gem. Nr. 2 Abs. 2 des Vergleiches eine Verrechnung mit später fällig werdenden Unterhaltsbeträgen in Betracht gekommen. Selbst wenn die Zahlungen insgesamt als rechtsgrundlos anzusehen gewesen wären, wäre es im Ergebnis nicht anders: Das Aktivvermögen des Antragsgegners wiese dann einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 3.604,22 DM aus § 812 BGB aus, während das Passivvermögen der Antragstellerin um eine entsprechende Schuld zu erhöhen wäre.
Die Zahlungen wirken sich allerdings im Streitfall nur beim Endvermögen der Antragstellerin aus, weil nur bei ihr ein Zugewinn entstanden ist. Dagegen bleibt es bei dem Zugewinn "0" für den Antragsgegner; denn rechnerisch ist sein Endvermögen geringer als sein Anfangsvermögen, und daran ändert sich durch die Berücksichtigung der Zahlungen nichts. Denn der Zugewinn beträgt immer mindestens "0", er kann nie negativ werden. Zieht man von dem ausgleichspflichtigen Betrag von 6.068,96 € den hälftigen Betrag von 1.842,81 € (gerundet 921,41 €) ab, verbleiben 5.147,55 €.
2.
Dass das Amtsgericht die Unterhaltsschulden in zutreffender Weise grundsätzlich berücksichtigt hat, nimmt die Berufung – im Anschluss an die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 12. Mai 2004 - hin.
3.
Schließlich erhöht sich das Anfangsvermögen der Antragstellerin auch nicht für sich allein wegen der von ihr in die Ehe eingebrachten in ihrem Alleineigentum stehenden Hausratsgegenstände um deren Wert, so dass sich der gegen sie gerichtete Zugewinnausgleichsanspruch nicht entsprechend vermindert.
a) Allerdings sind diese – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 1984, 484) grundsätzlich im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen, deren Vorschriften im Streitfall nicht durch diejenigen über die Teilung des Hausrats verdrängt werden. Zwar können auch im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Gegenstände nach § 9 HausratsVO dem anderen Ehegatten zugeteilt werden; das ist jedoch auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt. Sofern ein solcher Ausnahmefall nicht vorliegt, bietet die Hausratsverordnung keine Rechtfertigung dafür, sie vom Zugewinnausgleich auszunehmen (so ausdrücklich BGH NJW 1984, 484, 486). Da für einen derartigen Sonderfall nichts ersichtlich ist, sind die Hausratsgegenstände, auf deren Alleineigentum sich die Antragstellerin beruft, im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen.
b) Auch vermag die unstreitige einvernehmliche Aufteilung der gesamten Wohnungseinrichtung vor dem Stichtag den Zugewinnausgleich im Ergebnis nicht zu beeinflussen. Denn diese verstößt gegen das gesetzliche Verbot des § 1378 Abs. 3 S. 3 BGB und ist deshalb nichtig. Die Vereinbarung der Parteien ist zwar vor dem Stichtag, dem Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens, abgeschlossen worden, und der Bundesgerichtshof lässt Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB – über den Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift hinaus – auch schon vorher zu. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist jedoch die von § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB vorgeschriebene notarielle Beurkundung, an der es im Streitfall fehlt. In der Vereinbarung über die Hausratsteilung liegt eine Verfügung über den Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns. Denn er wird durch sie in seinem Inhalt geändert: Die Ausgleichsforderung nach § 1378 Abs. 1 und 2 BGB entsteht erst mit der Beendigung des Güterstandes, also mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils oder des Urteils, durch das auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erkannt ist (§ 1388 BGB). Für die Berechnung des Endvermögens der Parteien (§ 1375 Abs. 1 BGB) ist jedoch nicht der Wert der ihnen gehörenden Gegenstände im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes, sondern der Wert im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebend (§ 1384 BGB). Mit der Vereinbarung vor dem 22. Mai 2001 lösten die Parteien den bis dahin der Antragstellerin allein zuzurechnenden Wert der Hausratsgegenstände aus der Berechnung des Zugewinns und verteilten ihn mit Blick auf die anstehende Scheidung gleichermaßen auf beide Parteien, so dass – wie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 30. Juli 2004 selbst ausführt und wie im Senatstermin erörtert wurde – jeder von ihnen wertmäßig in etwa die Hälfte zu Alleineigentum übertragen erhalten sollte. Damit änderten sie den künftigen durch das Gesetz bestimmten Ausgleichsanspruch. Die Parteien verfügten dabei hierüber, ohne die in § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgeschriebene Form einzuhalten. Die Vorschrift des § 1378 Abs. 3 S. 3 BGB gilt zwar auch für die Herausnahme einzelner Gegenstände aus dem Zugewinnausgleich, ist aber nicht hierauf beschränkt. In dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 1. Dezember 1983 (NJW 1984, 484) zugrunde liegenden Fall war die Form gem. § 127 a BGB gewahrt, und der dem Urteil des BGH vom 23. April 1986 (NJW-RR 1986, 1325) zugrunde liegende Fall behandelte eine Vereinbarung, der ausschließlich der HausratsVO unterliegende Hausratsgegenstände erfasste und mit dem Hinweis auf die Verrechnung einer Forderung den Zugewinnausgleichsanspruch als solchen in seiner Berechnung unangetastet ließ.
c) Rechnet man indes dem Anfangsvermögen der Antragstellerin den von ihr angegebenen Wert des bei Eintritt des Güterstandes von ihr eingebrachten Hausrates hinzu, führt dies dennoch nicht zu einer Verminderung des Zugewinnausgleichsanspruches des Antragsgegners. Denn der Hausrat ist auch im Rahmen des Endvermögens der Antragstellerin zu berücksichtigen, und zwar wegen der Unwirksamkeit der vorstehend erörterten Vereinbarung in voller Höhe. Außerdem darf nicht außer Ansatz gelassen werden, dass an die Stelle der unbrauchbar gewordenen die im Laufe der Zeit angeschafften Ersatzgegenstände getreten sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, aus wessen Mitteln oder von welchem Ehegatten die neuen Gegenstände angeschafft worden sind (§ 1370 BGB). Da sich aber der Hausrat der Parteien bis zur Trennung und danach zweifellos nicht verringert hat, ist im Endvermögen der Antragstellerin ein mindestens gleich hoher Wert wie im Anfangsvermögen anzusetzen (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1990, 408). Dem durch die Indexierung hochgerechneten Wert des Anfangsvermögens steht dann ein entsprechender durch den zwischenzeitlichen Kaufkraftverlust geprägter Wert des Endvermögens gegenüber.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht – entgegen der von ihr im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26. August 2004 vertretenen Auffassung - mit Erfolg darauf berufen, die Einrichtungsgegenstände seien am Endvermögensstichtag nach dem Vorbringen des Antragsgegners wertlos gewesen, und dieser sei darlegungs- und beweispflichtig für deren Wert zu jenem Stichtag. Nicht der Antragsgegner, sondern die Antragstellerin ist für den Bestand und den Wert des von ihr eingebrachten Anfangs- wie auch ihres Endvermögens in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig. Sofern die Eheleute - wie hier - über das Anfangsvermögen kein Verzeichnis aufgenommen haben, trifft aufgrund der Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB denjenigen Ehegatten die Beweislast, der geltend macht, das Endvermögen sei nicht mit dem Zugewinn identisch (BGHZ 107, 236, 246 m.w.N.; 113, 325). Die Antragstellerin indes hat dem Hausrat – wie ihre eigenen Ausführungen bei der Erörterung vor dem Senat unzweideutig erkennen ließen – gerade mit Blick auf die scheidungsbedingte Aufteilung noch zu diesem Zeitpunkt und damit auch zum Stichtag für die Berechnung des Endvermögens einen erheblichen Wert beigemessen, so dass von der Darlegung eines vom Anfangsvermögen abweichenden Wertes durchaus nicht die Rede sein kann.
d) Hiernach bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorbringen der Antragstellerin zu den im Wesentlichen vor über 30 Jahren angeschafften Gegenständen und deren Wertbemessung am 17. April 1977 nicht ohnehin nach wie vor unsubstanziiert ist.
4.
Der Zinsausspruch ist nicht gesondert angegriffen.
III.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO liegen nicht vor.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt bis zum 29. April 2004 13.590,88 € und seit dem 30. April 2004 5.989,82 €.
B. B. M.
Meta
09.09.2004
Oberlandesgericht Düsseldorf 9. Senat für Familiensachen
Urteil
Sachgebiet: UF
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2004, Az. 9 UF 119/03 (REWIS RS 2004, 1738)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 1738
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
II-9 UF 119/03 (Oberlandesgericht Düsseldorf)
3 UF 55/18 (Oberlandesgericht Hamm)
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