Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.12.2014, Az. II R 18/12

2. Senat | REWIS RS 2014, 229

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Gegenstand

Versicherungsteuerbefreiung für Sportinvaliditätsversicherung - Anforderungen an den Inhalt eines Nachforderungsbescheids über Versicherungsteuer


Leitsatz

1. Die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichtenden Steuerbeträge sind ohne Zusammenfassung mit der Steuer für einen laufenden Anmeldungszeitraum festzusetzen, wenn der Versicherer im laufenden Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Außenprüfung nur steuerfreie Versicherungsentgelte vereinnahmt und deshalb keine Steuer angemeldet hat .

2. Ein Nachforderungsbescheid über Versicherungsteuer ist hinreichend bestimmt, wenn ihm der Besteuerungszeitraum, die Höhe der Versicherungsentgelte sowie die Art der Versicherung, für die Versicherungsteuer nachzuentrichten ist, zweifelsfrei entnommen werden können. Soweit der nachzuentrichtenden Versicherungsteuer unterschiedliche Steuersätze zugrunde liegen, bedarf es einer Zuordnung der gezahlten Versicherungsentgelte zum jeweils anzuwendenden Steuersatz .

3. Eine Sportinvaliditätsversicherung ist auch dann nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG versicherungsteuerfrei, wenn Versicherungsnehmer ein Sportverein und versicherte Person ein Sportler ist und die Versicherung der sog. Marktwertdeckung dieses Sportlers dient .

Tatbestand

1

I. [X.]ie Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Versicherungsunternehmen, schloss im Zeitraum von Januar 2000 bis [X.]ezember 2003 [X.] mit Sportvereinen ab. Versicherungsnehmer waren die Sportvereine, versicherte Personen die Sportler und versichertes Risiko die Sportinvalidität, und zwar unabhängig davon, ob sie auf einem Unfall oder Krankheit beruhte. Bei Eintritt des Versicherungsfalls stand dem Sportverein ein Anspruch auf eine einmalige Geldzahlung zu. Für die im Zeitraum von Januar 2000 bis [X.]ezember 2003 an die Klägerin gezahlten Versicherungsentgelte von insgesamt 684.992,56 € gab sie in der Annahme, die Zahlung dieser Versicherungsentgelte sei gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 des Versicherungsteuergesetzes ([X.]) in der hier maßgeblichen Fassung von der Besteuerung ausgenommen, keine [X.] ab. [X.] der Klägerin erfolgten auch in den Folgejahren nicht.

2

[X.]as Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung sah nach einer den Prüfungszeitraum 1. Januar 2000 bis 31. [X.]ezember 2003 umfassenden Außenprüfung gemäß Prüfungsbericht vom 13. Juni 2006 für die von der Klägerin abgeschlossenen [X.] die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 [X.] als nicht erfüllt an. Es errechnete --unter Zugrundelegung des bis zum [X.] bzw. ab dem [X.] geltenden [X.] eine von der Klägerin nachzuentrichtende Versicherungsteuer von insgesamt 108.127,45 €. [X.]iesen Gesamtbetrag setzte das damals zuständige Finanzamt ([X.]) ... ([X.]) gegen die Klägerin mit Versicherungsteuerbescheid vom 22. Juni 2006 für den Zeitraum "Jan. 2000 bis [X.]ez. 2003" fest. Auf den hiergegen erhobenen Einspruch setzte das [X.] [X.] die "Versicherungsteuer 2000 - 2003" auf 93.377,51 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

3

[X.]ie Klägerin erhob hiergegen Klage. Im Laufe des Klageverfahrens ist aufgrund der Änderung des § 7a [X.] durch Art. 10 Nr. 3 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 ([X.], 2702) der Beklagte und Revisionskläger (das [X.]) für die Versicherungsteuer zuständig geworden und deshalb zum 1. Juli 2010 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten.

4

[X.]as Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2012, 1213 veröffentlichten Urteil mit der Begründung statt, der angefochtene Versicherungsteuerbescheid verstoße gegen § 10 Abs. 4 [X.]. [X.]er aufgrund der im Juni 2006 beendeten Außenprüfung nachzuentrichtende Steuerbetrag liege vollständig außerhalb des laufenden [X.]. [X.]ie Klägerin sei auch noch nach dem [X.] ungeachtet der von ihr nur noch gemäß § 4 [X.] abgeschlossenen versicherungsteuerfreien Berufs-, Erwerbsunfähigkeits- und Lebensversicherungen verpflichtet gewesen, [X.] gemäß § 8 Abs. 2 [X.] abzugeben; demgemäß hätte auch die für den Zeitraum Januar 2000 bis [X.]ezember 2003 nachzuentrichtende Versicherungsteuer für den im Juni 2006 laufenden [X.] festgesetzt werden müssen. Im Übrigen sei die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Hinblick auf die undifferenzierte Steuerfestsetzung für mehrere Anmeldungszeiträume zweifelhaft.

5

Mit seiner Revision rügt das BZSt die Verletzung der §§ 155 ff. der Abgabenordnung [X.]) i.V.m. § 10 Abs. 4 [X.]. [X.]a die Klägerin für keinen Zeitraum nach Abschluss der Außenprüfung zur Abgabe von [X.] verpflichtet gewesen sei, habe keine Möglichkeit zur Verbindung der Festsetzung der [X.] mit der Festsetzung der laufenden Versicherungsteuer bestanden. [X.]er angefochtene Versicherungsteuerbescheid sei auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Einer weiteren Aufgliederung der für den Zeitraum von Januar 2000 bis [X.]ezember 2003 entstandenen Versicherungsteuer habe es schon wegen der durch § 10 Abs. 4 [X.] zugelassenen Verbindung der Steuerfestsetzung für zurückliegende Zeiträume nicht bedurft; eine nähere Aufteilung der Steuerschuld hätte der Klägerin auch keine weitergehenden Erkenntnisse vermittelt.

6

[X.]as BZSt beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

[X.]ie Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung beruht zwar insofern auf einer Verletzung bestehenden Rechts, als sie zu Unrecht einen Verstoß des angefochtenen [X.] gegen § 10 Abs. 4 [X.] angenommen hat. Die Revision ist gleichwohl zurückzuweisen, da sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Zahlung der Versicherungsentgelte für die von der Klägerin abgeschlossenen [X.]en sind gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] von der Besteuerung ausgenommen.

9

1. Der angefochtene Versicherungsteuerbescheid ist formell rechtmäßig und verstößt weder gegen § 10 Abs. 4 [X.] noch gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Versicherungsteuer für die von der Klägerin von Januar 2000 bis Dezember 2003 abgeschlossenen [X.]en konnte durch einen diesen Besteuerungszeitraum erfassenden Nachforderungsbescheid festgesetzt werden.

a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist Steuerschuldner der Versicherungsteuer der Versicherungsnehmer. Für die Steuer haftet der Versicherer, der die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten hat (§ 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 [X.]). Der Versicherer hat nach Maßgabe des § 8 [X.] die Steuer anzumelden und die Steuer zu entrichten. Gibt der Versicherer bis zum Ablauf der Anmeldefrist die Steueranmeldung nicht ab, so setzt das Finanzamt die Steuer fest (§ 8 Abs. 4 Satz 1 [X.]). Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, sind gemäß § 10 Abs. 4 [X.] zusammen mit der Steuer für den laufenden [X.] festzusetzen.

b) Ist eine Steuer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung anzumelden (§ 150 Abs. 1 Satz [X.]), so ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Festsetzung der Steuer nach § 155 [X.] nur erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder [X.] die Steueranmeldung nicht abgibt. § 167 Abs. 1 Satz 1 [X.] begründet ein Wahlrecht für die Finanzbehörde, den [X.] entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine Anmeldepflicht nicht erfüllt hat (Urteile des [X.] --BFH-- vom 13. Dezember 2011 II R 26/10, [X.], 212, [X.], 596; vom 19. Dezember 2012 I R 81/11, [X.], 698, jeweils m.w.N.).

Erlässt die Finanzbehörde --wie im [X.] einen Nachforderungsbescheid, ändert dies allerdings nichts daran, dass durch diesen materiell-rechtlich ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird. Die Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 [X.] erfasst damit denjenigen, der die Steuer als Entrichtungssteuerschuldner nicht angemeldet hat, gerade in seiner Funktion als [X.] (BFH-Urteil in [X.], 212, [X.], 596). Gleichwohl handelt es sich bei der [X.] um eine eigene Steuerschuld des [X.] und nicht um eine (fiktive) Haftungsschuld ([X.] vom 14. Juli 1999 I B 151/98, [X.], 1, [X.] 2001, 556; vom 8. April 2014 I R 51/12, [X.], 7, [X.] 2014, 982).

c) Der angefochtene Steuerbescheid verstößt nicht gegen § 10 Abs. 4 [X.]. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den laufenden [X.] festzusetzen.

aa) § 10 Abs. 4 [X.] verfolgt einen Vereinfachungszweck. Die Regelung soll es der Finanzbehörde nach einer die Versicherungsteuer betreffenden Außenprüfung ermöglichen, nicht für jede einzelne zu korrigierende Versicherungsteueranmeldung einen Änderungsbescheid zu erlassen, sondern alle Änderungen in einem Bescheid zusammenzufassen (BFH-Urteil in [X.], 212, [X.], 596). Dabei ist die Verwaltung nicht darauf beschränkt, aufgrund einer Außenprüfung nachzufordernde Beträge nur mit der Steuer des [X.] festzusetzen, in dem die Außenprüfung endete. "Laufender [X.]" i.S. des § 10 Abs. 4 [X.] ist vielmehr jeder [X.] nach Abschluss der Außenprüfung. Die hiervon abweichende Neufassung des § 10 Abs. 4 [X.] durch Art. 1 Nr. 9 des Verkehrsteueränderungsgesetzes ([X.]) vom 5. Dezember 2012 ([X.], 2431) ist nach Art. 4 Nr. 1 [X.] am Tag nach dessen Verkündung in [X.] getreten und daher im Streitfall nicht anwendbar.

bb) Wortlaut und Zweck des § 10 Abs. 4 [X.] setzen voraus, dass eine Steuerfestsetzung sowohl für die aufgrund der Außenprüfung nachzuentrichtende bzw. zu erstattende Steuer als auch für den laufenden [X.] erforderlich ist. Einer solchen Verbindung dieser Steuerfestsetzungen bedarf es jedoch nicht, wenn an den Versicherer im laufenden [X.] nach Abschluss der Außenprüfung nur steuerfreie Versicherungsentgelte gezahlt wurden. In diesem Fall ist dem Vereinfachungszweck des § 10 Abs. 4 [X.] dadurch genügt, dass die [X.] oder zu erstattenden Steuerbeträge in einem alle Anmeldungszeiträume des [X.] umfassenden zusammengefassten Bescheid festgesetzt werden. Eine Verbindung dieser Steuerfestsetzung mit einer (Null-)Festsetzung für den laufenden [X.] ist weder aus Vereinfachungsgründen noch aufgrund sonstiger verfahrensrechtlicher Erfordernisse geboten.

d) Der angefochtene Nachforderungsbescheid ist auch trotz fehlender Aufgliederung der für Januar 2000 bis Dezember 2003 festgesetzten Versicherungsteuer inhaltlich hinreichend bestimmt. Die Klägerin konnte diesem Bescheid aufgrund seiner Bezugnahme auf den Betriebsprüfungsbericht vom 13. Juni 2006 zweifelsfrei die steuerliche Erfassung der in diesem Zeitraum an sie gezahlten Versicherungsentgelte für [X.]en sowie die Zuordnung der auf diese Versicherungsentgelte jeweils anzuwendenden Steuersätze entnehmen.

aa) Ein Nachforderungsbescheid i.S. des § 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 [X.] unterliegt hinsichtlich Form und Inhalt den für Steuerbescheide geltenden Anforderungen des § 157 Abs. 1 [X.]. Schriftliche Steuerbescheide müssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 [X.]) und die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen (§ 157 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Diesen zur Bestimmtheit eines Steuerbescheids notwendigen Angaben genügt auch eine Bezugnahme auf Anlagen oder Unterlagen (etwa einen Betriebsprüfungsbericht), die sich bereits in [X.] des Steuerpflichtigen befinden (z.B. BFH-Urteile vom 22. September 2004 II R 50/03, [X.] 2005, 993; vom 4. Juni 2008 I R 72/07, [X.] 2008, 1977).

bb) Entgegen der Auffassung des BZSt ergibt sich zwar aus § 10 Abs. 4 [X.] keine Rechtsgrundlage dafür, im Nachforderungsbescheid über Versicherungsteuer auf eine Zuordnung jedes einzelnen [X.] zu einem [X.] zu verzichten. Weder Wortlaut noch Zweck des § 10 Abs. 4 [X.] lässt sich entnehmen, welche Bestimmtheitsanforderungen an einen Nachforderungsbescheid über Versicherungsteuer zu stellen sind.

cc) Der angefochtene Bescheid genügt aber deshalb den Bestimmtheitsanforderungen, weil die festgesetzte Versicherungsteuer durch Angabe des [X.] 2000 bis Dezember 2003 sowie der betroffenen Versicherungsentgelte hinreichend bestimmt bezeichnet ist; einer Aufgliederung des [X.] auf die einzelnen Anmeldungszeiträume bedurfte es nicht.

Ein Nachforderungsbescheid über Versicherungsteuer, durch den materiell-rechtlich ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird, ist nicht zeitraum-, sondern sachverhaltsbezogen und erfordert grundsätzlich keine Aufgliederung nach [X.]. Insoweit gilt für den Nachforderungsbescheid über Versicherungsteuer nichts anderes als für einen Lohnsteuer-Pauschalierungsbescheid (dazu z.B. BFH-Urteil vom 28. November 1990 VI R 115/87, [X.], 536, [X.] 1991, 488), einen Lohnsteuerhaftungsbescheid (dazu z.B. BFH-Urteile vom 4. Juni 1993 VI R 95/92, [X.], 74, [X.] 1993, 687; vom 11. Dezember 2008 VI R 20/05, [X.] 2009, 904) oder einen Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer (dazu z.B. BFH-Urteil in [X.], 7, [X.] 2014, 982). Ein Haftungsbescheid ist dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für den Betroffenen erkennbar ist, was von ihm, auch der Höhe nach, verlangt wird. Dabei ist es ausreichend, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über das Verlangte gewonnen werden kann ([X.] vom 24. April 1990 VII R 114/88, [X.] 1991, 137; vom 16. Juli 1992 VII R 59/91, [X.] 1993, 146; vom 27. August 2009 V B 76/08, [X.] 2010, 8). Für die inhaltliche Bestimmtheit eines Haftungsbescheids reicht es auch aus, wenn sich aus ihm die konkreten Sachverhalte, die zur Haftung geführt haben, ohne weiteres zweifelsfrei entnehmen lassen (vgl. BFH-Urteil in [X.] 2009, 904, m.w.N.).

Nach diesem Maßstab ist den Bestimmtheitsanforderungen eines Nachforderungsbescheids über Versicherungsteuer genügt, wenn ihm der Besteuerungszeitraum, die Höhe der Versicherungsentgelte sowie die Art der Versicherung, für die Versicherungsteuer nachzuentrichten ist, zweifelsfrei entnommen werden können und, soweit der [X.] Versicherungsteuer unterschiedliche Steuersätze zugrunde liegen, eine Zuordnung der gezahlten Versicherungsentgelte zum jeweils anzuwendenden Steuersatz erfolgt.

dd) Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid. Ihm ist zweifelsfrei der Besteuerungszeitraum Januar 2000 bis Dezember 2003 zu entnehmen. Soweit der in dem Nachforderungsbescheid in Bezug genommene Betriebsprüfungsbericht vom 13. Juni 2006 in [X.]. 2.2 nach seinem Wortlaut nur die "vor 2002" bzw. "nach 2002" erhobenen Nettobeträge aufführt und damit den Anschein erweckt, keine im Jahr 2002 erhobenen Versicherungsbeiträge zu berücksichtigen, rechtfertigt dies keine Zweifel am erfassten Besteuerungszeitraum. Denn entscheidend ist allein, dass der angefochtene Nachforderungsbescheid den Besteuerungszeitraum eindeutig bezeichnet. Im Übrigen hat das seinerzeit zuständige [X.] mit Schreiben vom 14. August 2007 an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin klargestellt, dass der angefochtene Nachforderungsbescheid vor 2002 bzw. ab 2002 erhobene Versicherungsentgelte betrifft.

2. Die Vorentscheidung erweist sich aus anderen Gründen als richtig. Die Zahlung der Versicherungsentgelte für die von der Klägerin abgeschlossenen [X.]en sind gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] von der Besteuerung ausgenommen.

a) Gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] ist die Zahlung des [X.] für eine Versicherung, durch die Ansprüche auf Kapital-, Renten- oder sonstige Leistungen im Falle des Erlebens, der Krankheit, der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. der verminderten Erwerbsfähigkeit, des Alters, des Todes oder in besonderen Notfällen begründet werden, von der Besteuerung ausgenommen. Dies gilt nach Satz 3 dieser Vorschrift nicht für die Unfallversicherung, die Haftpflichtversicherung und sonstige Sachversicherungen.

b) Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] sind für die hier geschlossenen [X.]en erfüllt. Für die Sportvereine wurden durch die mit der Klägerin abgeschlossenen Versicherungen Ansprüche auf Kapitalleistungen für den Fall der Sportinvalidität des versicherten Sportlers begründet. Das von der Klägerin übernommene Risiko der Sportinvalidität besteht darin, dass die versicherte Person aufgrund Unfall oder Krankheit auf Dauer vollständig außerstande ist, die im Versicherungsschein genannte sportliche Tätigkeit auszuüben. Damit erfüllt die [X.] die Merkmale einer Versicherung, durch die i.S. des § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] Ansprüche im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit begründet werden. Eine Unfallversicherung i.S. des § 4 Nr. 5 Satz 3 [X.] liegt insoweit nicht vor, weil die Leistungspflicht der Klägerin unabhängig davon bestand, ob die Sportinvalidität auf einem Unfall oder einer Krankheit beruhte.

c) Bei der Anwendung des § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] auf [X.]en kann nicht danach differenziert werden, ob sie das Risiko des Sportlers abdecken, seinen Sport dauernd oder vorübergehend nicht mehr professionell ausüben zu können (sog. Spielereigendeckung), oder ob durch diese Versicherung das finanzielle (Ausfall-)Risiko eines Sportvereins im Falle der Invalidität seines Sportlers (sog. Marktwertdeckung) abgedeckt wird. Zwar werden mit diesen verschiedenen Arten der [X.] unterschiedliche wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die auf die sog. Spielereigendeckung abzielende [X.] dient der wirtschaftlichen Absicherung des Sportlers im Falle seiner Unfähigkeit zur weiteren Ausübung seines Sports. Demgegenüber zielt die von einem Sportverein für seinen Sportler als versicherte Person genommene [X.] darauf ab, die mit der Sportinvalidität des Sportlers verbundenen finanziellen Einbußen des Vereins (Ertragsausfälle, Verlust von Ablösesummen) abzudecken.

Diese mit einer [X.] verfolgten unterschiedlichen wirtschaftlichen Zwecke sind aber nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.], der ausschließlich an die Versicherung der hier näher aufgezählten Wagnisse anknüpft, ohne Bedeutung. Insbesondere enthält diese Regelung keinerlei Verknüpfung der Steuerbefreiung mit einem durch die Versicherung verfolgten [X.] und differenziert nicht danach, wessen Risiko durch die Versicherung abgedeckt werden soll. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass es sich bei den übernommenen Risiken der Vereine ausschließlich um wirtschaftliche handelt. Denn sämtliche in § 4 Nr. 5 [X.] genannten Versicherungen z.B. für den Fall der Krankheit, der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, des Alters oder des Todes zielen darauf ab, die wirtschaftlichen Folgen eines schicksalhaften Ereignisses durch finanzielle Leistungen des Versicherers auszugleichen oder abzumildern.

Für die Anwendung des § 4 Nr. 5 Satz 1 [X.] ist demnach, nicht anders als für die Auslegung des Merkmals "Versicherungsverhältnis" i.S. des § 1 Abs. 1 [X.] allein auf das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen [X.] abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 2013 II R 53/11, [X.], 56, [X.] 2014, 352, m.w.N.). Ein solches Wagnis in Gestalt der bei einem Sportler eintretenden Sportinvalidität hat die Klägerin aufgrund der mit den Sportvereinen geschlossenen [X.]en übernommen.

Meta

II R 18/12

17.12.2014

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 22. März 2012, Az: 11 K 3180/08, Urteil

§ 119 Abs 1 AO, § 157 Abs 1 S 2 AO, § 167 Abs 1 S 1 AO, § 4 Nr 5 VersStG, § 10 Abs 4 VersStG, § 155 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.12.2014, Az. II R 18/12 (REWIS RS 2014, 229)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 229

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