Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2014, Az. X ZR 11/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5896

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BUNDESGERICHTSHOF
ANERKENNTNISURTEIL

X [X.]
vom
6. Mai 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 78 Abs. 1, 307, 555 Abs. 3
Der Revisionsbeklagte kann den gegen ihn geltend gemachten Anspruch, [X.] solange der Kläger seine Revision noch nicht begründet hat, durch Er-klärung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten anerkennen.
[X.], Urteil vom 6. Mai 2014 -
X [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2 -
Der X. Zivilsenat des [X.]s hat am 6. Mai 2014 durch [X.]
Dr.
Meier-Beck, den
Richter Gröning, die Richterin Schuster, den Richter
Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Kober-Dehm

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel
der Klägerin werden
das am 18.
Dezember
2013 verkündete Urteil der 7.
Zivilkammer des Land-gerichts [X.] aufgehoben
und das am 13.
Juni
2013 verkünde-te Urteil des [X.] abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt,
an die Klägerin 1.000

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.
November 2012 sowie 155,30 vorgerichtliche Anwaltskosten
nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 11.
März
2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt aus eigenem und von drei Mitreisenden abge-tretenem
Recht Ausgleichszahlungen
nach Art.
7 Abs.
1 Buchst.
c der Verord-nung ([X.]) Nr.
261/2004 des [X.] und des Rates vom 11.
Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleich und Unter-stützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei [X.] oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung 1
-
3 -
(EWG) Nr.
295/91 ([X.]. EU L
46
vom 17.
Februar 2004, S.
1
ff.) sowie die Frei-stellung von außergerichtlichen Anwaltskosten.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die [X.] im zweiten Rechtszug haben mit Schriftsatz vom
27.
März
2014 die von der Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision
weiterverfolgten Ansprüche
innerhalb der noch laufenden Frist zur Begründung
der Revision
anerkannt. Die Klägerin hat Erlass eines Aner-kenntnisurteils beantragt.
II.
Die Beklagte ist dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
Das Anerkenntnis ist ungeachtet dessen wirksam, dass die [X.] der Beklagten nicht beim [X.] zugelassen sind.
Die Erklärung eines Anerkenntnisses unterliegt als [X.] dem Anwaltszwang (§
78 Abs.
1 ZPO). Vor den Gerichten des höheren Rechtszugs kann eine dem Anwaltszwang unterliegende [X.] grundsätzlich wirksam nur von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden, der bei dem [X.] zugelassen ist, dem gegenüber die [X.] zu erklären ist. Wenn der Rechtsstreit in der Rechtsmittelinstanz anhängig ist, können daher grund-sätzlich auch die [X.]en, die sich an das [X.], nur von einem beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt vor-genommen werden. Dieser Grundsatz kann jedoch nicht starr durchgeführt werden. Er muss dort Ausnahmen erleiden, wo prozessökonomische Erwägun-gen dies nahelegen und der mit der Bestimmung des §
78 ZPO verfolgte Zweck dadurch nicht in Frage gestellt wird
([X.], Beschluss vom 10.
Juli
1954

III
ZR
229/53, [X.]Z
14, 210, 211). Der [X.] hat es deshalb für zulässig angesehen, dass der Kläger und Revisionsbeklagte die Klage durch seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zurücknimmt. Im
Falle einer Klagerücknahme müsse sich der [X.] mit der Sache selbst über-haupt nicht befassen und auch keine für die Fortführung des Revisionsverfah-2
3
4
5
-
4 -
rens
bedeutsame [X.] vornehmen. Es sei deshalb
kein zwingen-der Grund dafür ersichtlich, die Befugnis des beim Berufungsgericht zugelasse-nen Anwalts zur Klagerücknahme, die er kraft der ihm gemäß §
81 ZPO zu-stehenden Vollmacht bis zur Einlegung der Revision erklären könne, mit dem Augenblick enden zu lassen, in dem die beklagte Gegenpartei Revision [X.] habe
([X.], Beschluss vom 10.
Juli
1954

III
ZR
229/53, [X.]Z
14, 210, 211). Ebenso hat der [X.] entschieden, dass die Aufnahme eines beim [X.] durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder durch Tod einer [X.] unterbrochenen Verfahrens über die Nichtzulassungsbe-schwerde durch den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Revisi-onsbeklagten wirksam erklärt
werden könne, da hierdurch lediglich der vor der Unterbrechung bestehende Verfahrensstand hergestellt werde und
daher der Revisionsbeklagte, ohne Rechtsnachteile zu erleiden, mit der Bestellung eines beim [X.] zugelassenen Anwalts bis zur Entscheidung über die Zulassung
der Revision zuwarten könne ([X.], Beschluss vom 2.
November 2011

X
ZR
94/11, NJW-RR
2012, 8;
entsprechend zum früheren Verfahren über die Annahme der Revision: Beschluss vom 8.
Februar 2001

VII
ZR
477/00, [X.]Z 146, 372, 373 = NJW 2001, 1581).
Zwar unterscheidet sich das Anerkenntnis nach §
307 Satz
1 ZPO von diesen [X.]en dadurch, dass es den prozessualen Anspruch be-trifft
und auf den Erlass eines [X.] gerichtet ist.
Es beendet das Verfah-ren
nicht unmittelbar
mit der Folge, dass dem Gericht wie bei einer Klagerück-nahme, die Möglichkeit zu entscheiden,
genommen ist. Das
Gericht ist lediglich davon enthoben, den ihm ursprünglich vorgelegten Streitstoff zu überprüfen ([X.], Urteil vom 8.
Oktober
1953

III
ZR
206/51, [X.]Z
10, 333, 335). Das Anerkenntnis
ist damit von seiner Rechtsnatur her vielmehr mit dem sein [X.] Gegenstück bildenden
Verzicht gemäß §
306 ZPO vergleichbar
(vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 30.
Aufl., Vor §§
306, 307 Rn.
1). Insoweit hat
der [X.] zwar entschieden, dass die von den
zweitinstanzlichen Pro-6
-
5 -
zessbevollmächtigten des [X.] zum [X.]
abgegebene Ver-zichtserklärung als prozessual unwirksam anzusehen ist ([X.], Urteil vom 16.
Juni
1987
X
ZR
102/85, NJW
1988, 210). Diese Entscheidung
steht indes-sen
der Annahme eines wirksam erklärten Anerkenntnisses im Streitfall nicht entgegen.
Jedenfalls dann, wenn das Anerkenntnis

wie im Streitfall

zu einem Zeit-punkt erklärt wird, in dem der Kläger seine Revision noch nicht begründet und gemäß §
555 Abs.
3 ZPO Antrag auf Erlass eines [X.] gestellt hat, sprechen prozessökonomische Erwägungen dafür, die Erklärung durch die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten
der beklagten [X.]
als ausrei-chend und wirksam anzusehen.
Der Zweck des qualifizierten [X.] nach §
78 Abs.
1 Satz
3 ZPO, eine geordnete Rechtspflege durch spezialisierte Anwälte mit besonderer Erfahrung und Kompetenz sicherzustellen
(vgl. [X.], Beschluss vom 4.
März 2002

[X.] 1/01, [X.]Z
150, 70, 81), erfordert
in diesem Fall nicht die Bestel-lung eines beim [X.] zugelassenen Anwalts. Zwar kann hierfür nicht in erster Linie ausschlaggebend sein, dass das Anerkenntnis ohne Über-prüfung des ursprünglich vorgelegten Streitstoffs
ergeht. Denn dies gilt gleich-ermaßen für das Verzichtsurteil.
Während jedoch ein Verzichtsurteil nach
§
306 ZPO nur auf Grund eines "bei der mündlichen Verhandlung"
erklärten Verzichts ergehen kann, bedarf es für den Erlass eines [X.] keiner münd-lichen Verhandlung (§
307 Satz
2 ZPO). Das Anerkenntnis kann, was die Form angeht, auch durch Schriftsatz und
in zeitlicher Hinsicht ab Rechtshängigkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss in jeder Lage des Verfahrens und damit ins-besondere auch während laufender Rechtsmittelbegründungsfrist erklärt wer-den ([X.], Urteil vom 4.
März
2010

XI
ZR
228/09, NJW-RR
2010, 783 Rn.
2; Beschluss vom 18.
Juli
2013

IX
ZB
41/12, NJW-RR
2013, 1827 Rn.
8). Der Gesetzgeber wollte im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung
und

erleichterung
den Erlass eines [X.] generell unabhängig von 7
8
-
6 -
der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ermöglichen
([X.]. 378/03 S.
8
f.; BT-Drucks.
15/3482 S.
17). Die Regelung zum Verzichtsurteil hat er demgegenüber unangetastet gelassen. War es aber die Intention des Ge-setzgebers
insbesondere den Erlass eines Anerkenntnisses zu erleichtern, soll-te dies nicht unnötig dadurch erschwert werden, dass
von der beklagten [X.], die den geltend gemachten Anspruch unmittelbar nach Einlegung der Revision durch die [X.]eite anerkennen will, verlangt wird, lediglich für die Erklärung des Anerkenntnisses einen beim [X.] zugelassenen Rechtsan-walt zu bestellen, obwohl sich dieser nach dem Willen der [X.] mit der Sache selbst überhaupt nicht mehr befassen soll. Auch soweit der Anwaltszwang
dem Schutz der
[X.]
vor Rechtsverlusten durch eine unsachgemäße Prozessfüh-rung dient,
ist hier nicht die Bestellung eines beim [X.] zugelas-senen Anwalts
geboten. Da die Klägerin ihre Revision noch nicht begründet hat, stünde einem beim [X.] zugelassenen Anwalt im derzeitigen Stadium des Verfahrens auch keine andere Beurteilungsgrundlage zur Verfü-gung als dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, der im Übrigen auf der Grundlage derselben Erkenntnisse das Anerkenntnis bis zur Einlegung der Revision durch die Klägerin
ohne weiteres
hätte erklären können.
-
7 -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 ZPO.
Meier-Beck
Gröning
Schuster

[X.]
Kober-Dehm
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.06.2013 -
3 C 574/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 18.12.2013 -
7 [X.]/13 -

9

Meta

X ZR 11/14

06.05.2014

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2014, Az. X ZR 11/14 (REWIS RS 2014, 5896)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5896

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X ZR 11/14

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