Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.11.2016, Az. 4 StR 464/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1922

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Gegenstand

Computerbetrug: Absprachewidrige Geldabhebung am Geldautomaten mit einer vom Berechtigten überlassenen Bankkarte mit Geheimzahl


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Mai 2016

a) wird das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 5 der Urteilsgründe wegen veruntreuender Unterschlagung und Computerbetrugs in zwei Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteil

aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beleidigung in drei Fällen und Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung in zwei Fällen verurteilt ist;

bb) im Strafausspruch dahin geändert, dass die Gesamtstrafe auf vier Monate und eine Woche Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beleidigung in drei Fällen, Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung in zwei Fällen, veruntreuender Unterschlagung sowie [X.] in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, ihn im Übrigen freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seine Revision führt zu der aus dem [X.] ersichtlichen [X.], einer Änderung des Schuldspruchs und einer Herabsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der [X.] hat auf Antrag des [X.] das Verfahren aus prozessökonomischen Gründen eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 5 der Urteilsgründe wegen veruntreuender Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 2 StGB und [X.] gemäß § 263a Abs. 1 StGB in zwei tatmehrheitlichen Fällen verurteilt worden ist.

3

Der [X.] braucht danach nicht mehr zu entscheiden, ob in Fällen, in denen der Täter an einem Geldautomaten mit der ihm vom Berechtigten überlassenen Bankkarte und unter Verwendung der ihm vom Berechtigten bekannt gegebenen Geheimzahl (absprachewidrig) Geld abhebt, ein Computerbetrug gemäß § 263a Abs. 1 3. Fall StGB mit der Begründung abgelehnt werden kann, es liege keine unbefugte Datenverwendung vor (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Juli 2015 - 2 StR 16/15, [X.], 337, 338; Beschluss vom 31. März 2004 - 1 [X.], [X.], 213; Beschluss vom 17. Dezember 2002 - 1 [X.], [X.]R StGB § 263a Anwendungsbereich 1; [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 263a Rn. 50; [X.], StGB, 63. Aufl., § 263a Rn. 13 jeweils mwN). Gegen die bisherige Rechtsprechung können in Fällen wie dem vorliegenden aus folgenden Gründen Bedenken bestehen:

4

Die Zahlungskarte und die zugehörige Geheimzahl sind ein personalisiertes Zahlungsauthentifizierungsinstrument, das von dem Bankkunden im Rahmen der Bestimmungen des zugrunde liegenden Bankkartenvertrags (§ 675j Abs. 1 Satz 4 BGB) dazu eingesetzt werden kann, der Bank einen Zahlungsauftrag (§ 675f Abs. 3 BGB) zu erteilen (vgl. [X.] in: Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4. Aufl. § 54 Rn. 12). Ist nach dem zwischen dem Bankkunden und der [X.] bei der Nutzung des personalisierten Zahlungsauthentifizierungsinstruments, das ohnehin nach § 675l BGB geheim zu halten ist, eine Bevollmächtigung Dritter ausnahmslos ausgeschlossen, kann die Verwendung von Karte und Geheimzahl durch einen [X.] einen Zahlungsauftrag auch dann nicht autorisieren und damit im Sinne von § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam machen, wenn deren Einsatz mit Zustimmung des Kontoinhabers erfolgt. Soll ein Bevollmächtigter das Recht erhalten, für den Kontoinhaber mit einem Zahlungsauthentifizierungsinstrument Zahlungsvorgänge zu autorisieren, muss ihm ein eigenes Zahlungsauthentifizierungsinstrument einschließlich gesonderter personalisierter Sicherheitsmerkmale zugewiesen werden (vgl. [X.], Urteil vom 26. Januar 2016 - [X.], [X.]Z 208, 331 = NJW 2016, 2024, 2029 f.). Dies könnte es rechtfertigen, in Fällen der hier in Rede stehenden Art das Tatbestandsmerkmal der unbefugten Verwendung von Daten gemäß § 263a Abs. 1 3. Fall StGB als verwirklicht anzusehen.

5

2. Infolge der [X.] entfallen die für die veruntreuende Unterschlagung und die beiden Fälle des [X.] vom [X.] verhängten Einzelstrafen in Höhe von jeweils drei Monaten Freiheitsstrafe. Der [X.] hat die danach neu zu bildende Gesamtstrafe analog § 354 Abs. 1 StPO selbst auf vier Monate und eine Woche Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt. Das ist die niedrigste nach §§ 53, 54 StGB zu bildende Gesamtstrafe. Der Angeklagte kann dadurch nicht beschwert sein.

6

3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

7

4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn auch nur teilweise von der Tragung der Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sost-Scheible

        

Roggenbuck

        

Ri[X.] Dr. Franke
ist erkrankt und
deshalb gehindert zu
unterschreiben.

                                   

Sost-Scheible

        

     Mutzbauer     

        

     [X.]     

        

Meta

4 StR 464/16

23.11.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Freiburg (Breisgau), 19. Mai 2016, Az: 2 KLs 1/16

§ 263a Abs 1 Alt 3 StGB, § 675l BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.11.2016, Az. 4 StR 464/16 (REWIS RS 2016, 1922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1922

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Referenzen
Wird zitiert von

KVR 13/19

Zitiert

2 StR 16/15

XI ZR 91/14

Zitieren mit Quelle:
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