Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.02.2016, Az. 28 W (pat) 56/14

28. Senat | REWIS RS 2016, 16083

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "B29" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – keine bösgläubige Markenanmeldung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 30 2013 018 780

(hier: Löschungsverfahren [X.])

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung am 17. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] und des [X.] am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]29

3

ist am 22. [X.]ebruar 2013 angemeldet und am 25. März 2013 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden. Sie ist für die nachfolgenden Waren der [X.]lasse 7 geschützt:

4

„elektrische Motoren, ausgenommen für Landfahrzeuge, Getriebe, ausgenommen für Landfahrzeuge“.

5

Hinsichtlich dieser Eintragung, die am 26. April 2013 veröffentlicht wurde, hat die Antragstellerin am 19. September 2013 die vollständige Löschung der Marke beantragt, weil diese entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 3 und Nr. 10 [X.] eingetragen sei. [X.]ur [X.]egründung hat sie ausgeführt, der maßgebliche Verkehr, auf den vorliegend abzustellen sei, bestehe aus [X.]achkreisen, nämlich Personen, die mit den betreffenden Produkten im Einkauf oder in der Produktion in irgendeiner Weise in [X.]erührung kämen. Diesen [X.]achkreisen seien die [X.]ezeichnungsgewohnheiten im Marktumfeld bekannt. Auch wenn diese [X.]ezeichnungsgewohnheiten nicht immer im Detail absolut einheitlich seien, so sei den [X.]eteiligten doch klar, dass die [X.]ombination eines [X.]uchstabens mit einer [X.]ahl einen bestimmten Getriebetyp mit bestimmten Eigenschaften bezeichne. „[X.]“ stehe dabei für „[X.]egelradgetriebe“, „[X.]“ beispielsweise für „[X.]lachgetriebe“ oder „S“ für „Schneckengetriebe“ sowie „[X.]“ für „Stirnradgetriebemotor“ (2-stufig). Der [X.]uchstabe „[X.]“ werde für „Schneckengetriebemotoren“ oder „Stirnradgetriebemotoren“, der [X.]uchstabe „[X.]“ für „2-stufige [X.]egelradgetriebe“ verwendet.

6

Auch die Markeninhaberin selbst verwende in ihrer Nomenklatur [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen mit „[X.]“ (z. [X.]. „[X.]19“, „[X.]29“, „[X.] 39“ etc.). Der [X.]uchstabe „[X.]“ stehe für „[X.]egelradgetriebe (2-stufig)“. Die kombinierte [X.]iffer beschreibe die jeweilige [X.]augröße und die Leistungsstärke des Getriebes: Je größer die [X.]iffer, desto höher die [X.]augröße und die Leistung. So stehe beispielsweise „[X.]19“ für die kleinste [X.]augröße und eine Leistung von 50 Nm. „[X.]29“ stehe für die nächstgrößere [X.]augröße mit einer Leistung von 110 Nm. Die angegriffene Marke sei also in der Nomenklatur der Markeninhaberin bereits vorhanden und stehe für einen bestimmten Getriebetypen. Entsprechend der allgemeinen Marktpraxis nutze die Markeninhaberin jedoch nicht die [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen zur Unterscheidung ihrer Produkte, sondern sie verwende dafür ganz andere Produktmarken, nämlich die für die [X.] 7 registrierten Wortmarken „[X.]“, „[X.]“ sowie ihre [X.]ernmarke „Siemens“.

7

Sie selbst, so die Antragstellerin, verwende ebenfalls seit vielen Jahren für ihre Getriebe Typenbezeichnungen mit [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen, wie beispielsweise „[X.]37“, „[X.]“, „[X.]37“ etc. Wie bei der Markeninhaberin dienten diese [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen lediglich der [X.]eschreibung von Produkteigenschaften und nicht der Wiedererkennung sowie Unterscheidung ihrer eigenen Produkte von denen der Wettbewerber. Hier benutze sie vielmehr, wie im Markt allgemein üblich, ein Wortzeichen, und zwar die für die [X.] 7 eingetragenen Wortmarken „[X.]“ und „[X.]-EURODRIVE“.

8

Entsprechend verhalte es sich auch hinsichtlich weiterer Mitbewerber der Parteien. Die Antragstellerin hat in diesem [X.]usammenhang u. a. auf die Unternehmen [X.], [X.]… sowie weitere Mitbewerber verwiesen.

9

Auf Grund der Tatsache, dass solche [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen völlig branchenüblich seien, werde der überwiegende Teil des maßgeblichen Verkehrs unter „[X.]29“ eine bestimmte Art und Ausführung eines [X.] verstehen - auch wenn er nicht genau wisse, welche. Der angegriffenen Marke fehle daher jegliche Unterscheidungskraft.

Darüber hinaus, so die Antragstellerin weiter, stehe der Marke auch das absolute Schutzhindernis eines [X.]reihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. [X.]ür das [X.]eichen „[X.]29“ bestehe ein konkretes, gegenwärtiges und ernsthaftes [X.]reihaltebedürfnis. Die Unternehmen im Marktumfeld hätten ein dringendes Interesse an der [X.]reihaltung von solchen [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen. Wie bereits dargestellt, verwendeten diverse Marktteilnehmer seit Jahren derartige [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen in ihrer Nomenklatur zur Typisierung, mithin zur [X.]eschreibung ihrer Produkte.

Es bestehe die Gefahr, dass die Markeninhaberin geneigt sein könne, aus der angegriffenen Marke gegen identische oder auch nur ähnliche Typenbezeichnungen der Wettbewerber vorzugehen. Damit würde die Markeninhaberin eine seit langem etablierte Marktpraxis, die der einfachen Information und Orientierung der Nachfrager diene, für sich usurpieren und den Wettbewerbern neue Ordnungssysteme sowie deren Erläuterung aufzwingen.

[X.]erner liege das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] vor, da die angegriffene Marke ausschließlich aus Angaben bestehe, die in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur [X.]ezeichnung der beanspruchten Waren üblich geworden seien.

Da die Markeninhaberin offensichtlich das [X.]iel verfolge, eine etablierte Marktpraxis für sich zu monopolisieren, um so die Nachfrage auf ihre eigenen Produkte umzuleiten oder zu verengen, und den Wettbewerbern erheblichen Aufwand für die Entwicklung und Marktetablierung neuer Ordnungs- und Typensysteme aufzwinge, sei die Markenanmeldung auch zu [X.]ehinderungszwecken und damit [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] erfolgt.

Die Antragstellerin hat im Löschungsverfahren vor dem [X.] beantragt, vor der Entscheidung über ihren Löschungsantrag eine Anhörung durchzuführen. Hilfsweise hat sie darüber hinaus beantragt, die Eintragung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Waren „Getriebe und Getriebemotoren“, äußerst hilfsweise für „[X.]egel- und [X.]egelstirnradgetriebe“, zu löschen.

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 widersprochen.

Sie hat ausgeführt, vom [X.]ehlen einer hinreichenden Unterscheidungskraft könne allenfalls dann ausgegangen werden, wenn eine branchenspezifische [X.]ezeichnungsgewohnheit dergestalt bestehe, jeweils konkurrierende Produktpaletten mit identischen [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen anzuzeigen. Dies sei im hier beanspruchten Produktbereich aber gerade nicht der [X.]all. Im Übrigen habe auch die Antragstellerin solchermaßen bestehende Gewohnheiten nicht dargelegt.

Weiter, so die Markeninhaberin, habe der Markeneintragung auch kein etwaiges [X.]reihaltebedürfnis entgegengestanden.

Auch das Schutzhindernis einer [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] habe nicht gegen die Eintragung gesprochen. Die [X.]ennzeichnungspraxis der Wettbewerber sei unterschiedlich - diese würden ihre entsprechenden Produkte jeweils mit unterschiedlichen [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen kennzeichnen, was ein Auszug aus dem „Sales Guide“ [X.] belege.

Schließlich, so die Markeninhaberin abschließend, sei die Markenanmeldung auch nicht in [X.]ehinderungsabsicht erfolgt. Sie habe lediglich diejenigen [X.]ennzeichen als Marke angemeldet, welche sie durch die erneuerte Produktpalette jüngst in den Markt neu eingeführt habe. Daher sei die Eintragung durch das [X.] auch zu Recht erfolgt.

Mit [X.]eschluss vom 21. Juli 2014 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]es den Löschungsantrag (ohne Anhörung) zurückgewiesen. [X.]erner hat sie die von der Antragstellerin gestellten Hilfsanträge als unzulässig verworfen.

[X.]ur [X.]egründung hat sie ausgeführt, der Eintragung der angegriffenen Marke stünden keine absoluten Schutzhindernisse entgegen.

[X.]ombinationen von [X.]ahlen und [X.]uchstaben seien grundsätzlich hinreichend unterscheidungskräftig. Etwas anderes gelte nur dann, wenn entsprechende [X.]uchstaben-[X.]ahlen-Verbindungen als beschreibende Angaben oder [X.]ezeichnungen von Normen geläufig seien. Maßgeblich seien diesbezüglich die [X.]ezeichnungsgewohnheiten in der jeweils betroffenen [X.]ranche.

Ein ohne Weiteres erkennbarer konkreter [X.]edeutungsgehalt in [X.]ezug auf Eigenschaften von Getrieben sei der angegriffenen Marke nicht zu entnehmen. Die Antragstellerin habe zwar zutreffend dargelegt, dass verschiedene Anbieter der registrierten Waren, welche regelmäßig in abgestuften [X.]aureihen angeboten würden, ihre Produkte u. a. mit [X.]ombinationen von [X.]uchstaben und nachgestellten [X.]ahlen bezeichneten und dabei auch teilweise übereinstimmende [X.]uchstaben, z. [X.]. Anfangsbuchstaben von [X.]unktionsbezeichnungen für eine bestimmte Getriebeart verwendeten - solche [X.]ezeichnungsarten beruhten jedoch nicht auf allgemeingültigen Regeln oder Vorschriften und würden daher im Marktumfeld auch nicht einhellig und schon gar nicht mit identischen Ergebnissen angewendet, was entsprechende Rechercheergebnisse belegten. [X.] gelte auch für die [X.]ezeichnungsvielfalt von elektrischen Motoren, insbesondere Getriebemotoren, die oftmals als zusammenfassend gekennzeichnete [X.]aueinheit mit einem passenden Getriebe verbunden seien. Auch für diese Warengruppe verwendeten die verschiedenen Anbieter selbst bei Nutzung von [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen und teilweise gleicher [X.]ezeichnungselemente letztendlich durchweg individuelle Gesamtbezeichnungen, was ebenfalls durch entsprechende [X.] belegt werde. Ein auch nur verabredungsgemäß beachtetes stringentes [X.]ezeichnungssystem bestehe demnach im vorliegenden [X.]ereich nicht. Auch fehle es an irgendwelchen Ähnlichkeiten oder strukturellen Gemeinsamkeiten mit den aus einschlägigen DIN-Normen entnehmbaren [X.]ezeichnungssystemen für Getriebe und elektrische Motoren. Dies, da diese keine [X.]ezeichnungssystematik für die individuell konstruierten Gesamtbaugruppen verschiedener Hersteller vorgäben.

Der hier ausschließlich angesprochene [X.]achverkehr sei also durchaus mit dem Umstand vertraut, dass auch aus [X.]uchstaben-[X.]ahlen-[X.]ombinationen bestehende Getriebe- und Motorenbezeichnungen keinen sicheren Rückschluss auf bestimmte technische Eigenschaften der Produkte erlaubten, sondern gerade in ihrer speziellen Gesamtheit grundsätzlich immer auf einem individuellen System beruhten, das letztendlich einem Unternehmen zuzuordnen sei.

Auch, so die Markenabteilung weiter, bestehe vorliegend kein [X.]reihaltebedürfnis. [X.]ei dem angegriffenen [X.]eichen handele es sich um eine von Haus aus nichtssagende [X.]eichenfolge, und eine im Hinblick auf die registrierten Waren eindeutige und allgemeinverbindliche „Entschlüsselungsvorschrift“ existiere insoweit nicht. Da eine solche individuelle Typisierung aber nicht mit einer objektiven, unternehmensübergreifenden Eigenschaftsbeschreibung der Produkte gleichzusetzen sei, liege keine schutzhindernde Merkmalsangabe vor.

Aufgrund vorgenannter Erwägungen sei auch nicht vom Vorliegen einer [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] auszugehen.

Dass die vorliegend in Rede stehende Markenanmeldung [X.] erfolgt wäre, so die Markenstelle weiter, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Die Markeninhaberin verwende die Marke ausschließlich für ihre eigenen Produkte. Darüber hinaus lägen auch keine belastbaren Anhaltspunkte für die Annahme der Antragstellerin vor, mit der Anmeldung der angegriffenen Marke parallel zu neun weiteren derart strukturierten Anmeldungen sei offensichtlich das [X.]iel verfolgt worden, die Mitbewerber durch Monopolisierung einer - vermeintlich - etablierten Praxis bei der [X.]ezeichnung der Produkte zu behindern.

Hinsichtlich der Hilfsanträge hat die Markenstelle ausgeführt, diese seien unzulässig, da sie auf [X.]egrifflichkeiten gestützt seien, die von den registrierten Waren der angegriffenen Marke abwichen.

Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde der Antragstellerin vom 16. September 2014, welche sie jedoch schriftsätzlich nicht näher begründet hat.

Die [X.]eschwerdeführerin beantragt,

den [X.]eschluss vom 21. Juli 2014 aufzuheben und die vollständige Löschung der Eintragung der Marke 30 2013 018 780,

hilfsweise, für die Waren „Getriebe, ausgenommen für Landfahrzeuge“ (Hilfsantrag 1),

hilfsweise, für „[X.]egelradgetriebe, ausgenommen für Landfahrzeuge“ (Hilfsantrag 2), anzuordnen,

hilfsweise die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (Hilfsantrag 3).

Die [X.]eschwerdeführerin hat ferner angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die [X.]eschwerdegegnerin beantragt,

die [X.]eschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt [X.]ezug genommen.

II.

Die zulässige [X.]eschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.

Mit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen hat die Markenabteilung in ihrem angegriffenen [X.]eschluss den Löschungsantrag der [X.]eschwerdeführerin zurückgewiesen. [X.]ur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen der Markenabteilung verwiesen, welche der Senat teilt und sich zu eigen macht. Lediglich ergänzend ist noch auf [X.]olgendes hinzuweisen:

1.

Der Eintragung des streitgegenständlichen [X.]eichens „[X.]29“ steht vorliegend nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

(a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem [X.]eichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] 2012, 610, Rdnr. 42 - [X.]reixenet; [X.] 2008, 608, 611, Rdnr. 66 f. - [X.]; [X.]GH  [X.] 2014, 569, Rdnr. 10 – [X.]; [X.] 2013, 731, Rdnr. 11 - [X.]aleido; [X.] 2012, 1143, Rdnr. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Rdnr. 9 - [X.]; [X.] 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-[X.]ildnis II; [X.] 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; [X.] 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - [X.]USS[X.]ALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.] 2006, 233, 235, Rdnr. 45 - Standbeutel; [X.] 2006, 229, 230, Rdnr. 27 - [X.]ioID; [X.] 2008, 608, 611, Rdnr. 66 - [X.]; [X.]GH [X.] 2008, 710, Rdnr. 12 - [X.]; [X.] 2009, 949, Rdnr. 10 - My World). Da allein das [X.]ehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.]GH [X.] 2012, 1143, Rdnr. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Rdnr. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).

Maßgeblich für die [X.]eurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen [X.]oncord/[X.]; [X.] 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT.2; [X.]GH [X.] 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; [X.] 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-[X.]ildnis II; [X.] 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - [X.]USS[X.]ALL WM 2006).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im [X.]eitpunkt der Anmeldung des [X.]eichens (vgl. [X.]GH [X.] 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden [X.]akten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden [X.]egriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.]GH [X.] 2012, 270, 271, Rdnr. 11 - Link economy; [X.] 2009, 952, 953, Rdnr. 10 - Deutschland[X.]ard; [X.] 2006, 850, 854, Rdnr. 19 - [X.]USS[X.]ALL WM 2006; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]erlin[X.]ard; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - anti[X.]AL[X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen [X.]remdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. [X.]GH [X.] 2006, 850, 854, Rdnr. 19 - [X.]USS[X.]ALL WM 2006; [X.] 2003, 1050, 1051 – [X.]ityservice; [X.] 2001, 1143, 1144 - Gute [X.]eiten - Schlechte [X.]eiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche [X.]eichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender [X.]ezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.]GH [X.] 2010, 1100, Rdnr. 23 - [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Rdnr. 28 - [X.]USS[X.]ALL WM 2006).

Verbindungen von [X.]ahlen und [X.]uchstaben kann eine hinreichende Unterscheidungskraft zukommen, soweit sie keine sachbezogene [X.]edeutung aufweisen. Maßgeblich sind hierbei die [X.]ezeichnungsgewohnheiten in der entsprechenden [X.]ranche ([X.]/Hacker, [X.], 11. Auflage 2015, § 8, Rdnr. 212).

(b) Die Markenabteilung hat in ihrem angegriffenen [X.]eschluss überzeugend dargetan, dass sich verschiedene Anbieter von elektrischen Motoren und Getrieben zwar zur [X.]ezeichnung ihrer jeweiligen Produkte einer [X.]ombination von [X.]uchstaben und diesen nachgestellten [X.]ahlen bedienen - die insoweit von der Markenabteilung durchgeführten Recherchen haben aber deutlich zu Tage treten lassen, dass hinsichtlich der diesbezüglichen Produktkennzeichnungen keinerlei Einheitlichkeit herrscht, sondern sich die jeweiligen Anbieter vielmehr verschiedenster [X.]uchstaben und [X.]ahlen (resp. entsprechender [X.]ombinationen) bedienen. Hinzu kommt, dass die konkrete [X.]ennzeichnung eines elektrischen [X.] oder eines Getriebes auch nicht Gegenstand einschlägiger Normierungen ist. Die diesbezüglichen [X.]eststellungen der Markenabteilung sind durch eigene Recherchen des Senates bestätigt worden. Die entsprechenden Rechercheergebnisse hat der Senat den Parteien bereits vor dem Termin übersandt. So sieht nicht zuletzt auch die [X.]-Richtlinie „[X.] 2127“ lediglich allgemeine [X.]egriffsbestimmungen der Getriebe vor.

Das hiergegen gerichtete Vorbringen der [X.]eschwerdeführerin kann nicht überzeugen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das [X.]eichen „[X.]29“ einen konkreten [X.]egriffsinhalt aufweist. Im [X.]ereich der elektrischen Motoren und Getriebe, in dem die [X.]ezeichnung der Waren mit [X.]uchstaben und/oder [X.]ahlen üblich ist, hat sich keine einheitliche oder systematische [X.]ezeichnungspraxis herausgebildet, wonach bestimmten [X.]uchstaben, [X.]ahlen oder [X.]ombinationen hieraus eine beschreibende [X.]edeutung (z. [X.]. als Leistungsmerkmale) zukäme. Die [X.]ezeichnungen der Hersteller sind vielmehr unterschiedlich, wobei eine beschreibend ausgerichtete [X.]ezeichnungspraxis, in die sich „[X.]29“ einreihen ließe, nicht feststellbar ist (vgl. auch [X.]PatG, 30 W (pat) 163/05 -

Der Annahme einer vermeintlichen [X.]ranchenüblichkeit stehen darüber hinaus auch die Ergebnisse einer weiteren Recherche des Senats entgegen, welche den Parteien im Termin übergeben worden sind.

So verwendet der Hersteller N… für die von ihm vertriebenen 2-stufigen[X.]egelradgetriebe die [X.]ezeichnung „NORD[X.]LO[X.].1“. Der Hersteller [X.] ver-wendet für seine korrespondierenden Produkte die [X.]uchstaben „R“ bzw. „L“.

Diese Rechercheergebnisse des Senats werden bestätigt durch eine Marktübersicht der Publikation „antriebstechnik“ aus dem Jahr 2002. Diese weist eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Anbietern von [X.]egelradgetrieben respektive [X.]egelradgetriebemotoren auf, von denen sich hingegen kein einziger zur [X.]ennzeichnung seiner entsprechenden Produkte des [X.]uchstabens „[X.]“ in Alleinstellung bedient.

2.

Aus oben genannten Gründen stehen der Eintragung der angegriffenen Marke auch nicht die Schutzhindernisse eines [X.]reihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) sowie einer etwaigen [X.] (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) entgegen.

Soweit die [X.]eschwerdeführerin hinsichtlich des [X.]estehens eines [X.]reihaltebedürfnisses ausgeführt hat, dass sich der Schutzumfang der angegriffenen Marke über deren reinen Wortlaut hinaus auch auf geringfügige Abwandlungen erstrecken könnte, was anderweitige Marktteilnehmer dazu veranlassen könnte, von der Verwendung ähnlicher [X.]eichen - ob der Gefahr einer drohenden Verwechslung - Abstand zu nehmen, war dies im Eintragungsverfahren nicht zu prüfen und führt letztendlich ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Eine etwaige Verwechslungsgefahr in [X.]ezug auf Drittzeichen lässt sich nämlich zum aktuellen [X.]eitpunkt weder prognostisch hinreichend beurteilen, noch lässt sich die [X.]ehinderungsmöglichkeit vor dem Auftreten konkreter [X.]onfliktfälle mit ausreichender Sicherheit feststellen. Der Versuch, allen [X.]ehinderungsmöglichkeiten bereits im Eintragungsverfahren vorzubeugen, könnte deshalb zur [X.]olge haben, dass Anmeldungen in größerer [X.]ahl die Eintragung versagt werden würde, als dies sachlich gerechtfertigt wäre, und dass der Gleichmäßigkeit und [X.]erechenbarkeit der Rechtsanwendung sowie allgemein eine den [X.]edürfnissen entsprechende Entscheidungspraxis in [X.]rage gestellt wäre ([X.]GH, [X.] 1984, 815 - [X.] (zum W[X.]G); [X.]/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 7).

auch wenn er nicht genau wisse, welche (Unterstreichung durch den Senat). Dies zeigt, dass selbst nach dem Vorbringen der [X.]eschwerdeführerin das angegriffene [X.]eichen keine aus sich heraus verständliche Sachaussage vermittelt, was hingegen zwingende Voraussetzung für die Annahme eines [X.]reihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist (vgl. [X.]PatG 30 W (pat) 11/01 - 

3.

Auch Anhaltspunkte für eine etwaige böswillige Anmeldung der in Rede stehenden Marke sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die [X.]eschwerdegegnerin die Marke angemeldet hat, um die formelle Rechtsstellung als Markeninhaberin lediglich zum [X.]wecke der unlauteren [X.]ehinderung Dritter einzusetzen, da sie ähnliche Abkürzungen zur [X.]ezeichnung ihrer eigenen Produkte und damit für ihren Auftritt im Wettbewerb verwendet.

Allein der Umstand, dass die [X.]eschwerdegegnerin als international tätiges Unternehmen lediglich eine [X.] Marke angemeldet hat, vermag ebenfalls die Annahme einer [X.]ösgläubigkeit nicht zu begründen. Es muss jedem Unternehmen unbenommen bleiben, ggf. auch nur hinsichtlich einzelner Produkte, eine eigenständige Markenpolitik zu betreiben.

Gegen die Annahme einer etwaigen [X.]ösgläubigkeit der hiesigen Markeninhaberin spricht im Übrigen auch, dass sie aus ihrer am 25. März 2013 für Waren der [X.]lasse 7 eingetragenen Marke „[X.]19“ nicht gegen die korrespondierende und erst am 23. September 2013 eingetragene Marke der [X.]eschwerdeführerin vorgegangen ist, welche ebenfalls für Waren der [X.]lasse 7 Schutz beansprucht.

[X.]

Der Hilfsantrag 1 ist zulässig, aber unbegründet, da der Eintragung der angegriffenen Marke hinsichtlich ihres gesamten [X.] keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstanden. [X.]ur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen verwiesen.

Der Hilfsantrag 2 ist bereits unzulässig. Die angegriffene Marke ist - soweit hier von Relevanz - für den Oberbegriff „Getriebe, ausgenommen für Landfahrzeuge“ eingetragen. Das [X.]egehren der [X.]eschwerdeführerin mit ihrem Hilfsantrag ist darauf gerichtet,  einen Teil der unter diesen Oberbegriff fallenden Waren, nämlich [X.]egelradgetriebe, von dem markenrechtlichen Schutz auszunehmen, mithin das [X.] insoweit einzuschränken. Solche Einschränkungen obliegen jedoch ausschließlich dem [X.], das Gericht ist zu einer entsprechenden Einschränkung nicht befugt ([X.]/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 389). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst im [X.]all, dass nur für eine speziell unter den eingetragenen Oberbegriff fallende Ware eine beschreibende Sachangabe anzunehmen ist, eine Teillöschung nicht in [X.]etracht kommt, sondern die Löschung der Eintragung der Marke für den gesamten Oberbegriff anzuordnen ist ([X.]GH [X.] 2002, 261 - 

Die von der [X.]eschwerdeführerin vor dem [X.] gestellten Hilfsanträge, die Eintragung der angegriffenen Marke für Getriebe und Getriebemotoren bzw. [X.]egel- und [X.]egelstirnradgetriebe zu löschen, sind durch die neu im [X.]eschwerdeverfahren gestellten Hilfsanträge 1 und 2 ersetzt worden. Insofern ist auf sie nicht mehr gesondert einzugehen.

Eine [X.]urückverweisung an das [X.] (Hilfsantrag 3) kommt ebenfalls nicht in [X.]etracht, selbst wenn man das Vorliegen von [X.] zu Gunsten der [X.]eschwerdeführerin unterstellen wollte. Soweit die Markenabteilung keine Anhörung durchgeführt hat und der [X.]eschwerdeführerin nicht die Möglichkeit eingeräumt worden ist, zu dem von der Markenabteilung ermittelten Marktumfeld Stellung zu nehmen, sind diese - unterstellten - Verfahrensmängel im Rahmen des [X.]eschwerdeverfahrens geheilt worden (vgl. hierzu auch [X.]GH [X.]eschluss vom 03.04.2003 – IX [X.][X.] 373/02).

IV.

Der Anregung der [X.]eschwerdeführerin, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, war nicht zu entsprechen. Vorliegend handelt es sich weder um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), noch erfordert die [X.]ortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]undesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Die Entscheidung des Senats entspricht der ständigen Rechtsprechung der Markensenate des [X.]undespatentgerichts sowie des [X.]undesgerichtshofs. Im Übrigen hat auch die [X.]eschwerdeführerin nicht dargetan, unter welchen Gesichtspunkten sie eine [X.]ulassung der Rechtsbeschwerde für geboten erachtet.

Hinsichtlich der [X.]osten des [X.]eschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.]illigkeitsgründe für die Auferlegung der [X.]osten auf einen [X.]eteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

Meta

28 W (pat) 56/14

17.02.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.02.2016, Az. 28 W (pat) 56/14 (REWIS RS 2016, 16083)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16083

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "E39" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – …


28 W (pat) 52/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "S09" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – …


28 W (pat) 53/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "F209" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – …


28 W (pat) 59/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "D169" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – …


28 W (pat) 58/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "C69" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – …


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IX ZB 373/02

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