Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.12.2017, Az. IV R 56/16

4. Senat | REWIS RS 2017, 144

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Gegenstand

(Wirtschaftliches Eigentum an Leasingobjekten im Rahmen von Sale-and-lease-back-Gestaltungen - Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 FGO bei Vollbeendigung der Personengesellschaft)


Leitsatz

NV: Wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO des Leasingnehmers an dem Leasingobjekt kommt nicht in Betracht, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit ist und dem Leasinggeber ein Andienungsrecht eingeräumt ist (Bestätigung der Rechtsprechung) .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 1. September 2016 15 K 446/12 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist [X.] und ehemaliger Gesellschafter der [X.] ([X.]). Geschäftsgegenstand der [X.] war das Verleasen von Wirtschaftsgütern. Der Kläger war als einziger Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 150.000 € zu 100 % am Kapital der [X.] beteiligt. Komplementärin der [X.] ohne Kapitalbeteiligung war bis zum 30. August 2008 die [X.] und ab dem 31. August 2008 die [X.] Die Komplementärin schied mit Wirkung zum 16. Dezember 2010 aus der [X.] aus. Die [X.] wurde am 29. Dezember 2010 im Handelsregister gelöscht. Sowohl die frühere als auch die spätere Komplementärin befinden sich wegen Insolvenz oder Liquidation in Auflösung.

2

Zwischen Dezember 2006 und Mai 2007 schlossen die [X.] als Käuferin und zukünftige Leasinggeberin und die [X.] als Verkäuferin und zukünftige Leasingnehmerin mehrere gleichlautende Kauf- und Leasingverträge ("sale and lease back") über sog. Informationssysteme oder [X.] (Leasingobjekte). Das System bestand jeweils aus einem handelsüblichen Rechner, einer Wandhalterung und TFT-Monitor(en) und diente dazu, an werbewirksamen Standorten von Kunden ("Abonnenten") des Leasingnehmers aufgestellt zu werden und dort Informationsprogramme und Werbesendungen auszustrahlen. Das Geschäftsmodell wurde auch in einer Vielzahl von weiteren, zu diesem Zweck gegründeten Leasinggesellschaften verfolgt und war von der [X.] als "Renditemodell" konzipiert worden. Das Konzept sah eine prognostizierte Laufzeit der Leasinggesellschaft von acht Jahren vor. Es sah den Erwerb von mobilen neuwertigen Wirtschaftsgütern vor, die zum Teil fremdfinanziert werden könnten. Der Erwerb sollte erfolgen, wenn die Hersteller (oder Verkäufer) eine Rücknahmeverpflichtung eingehen oder das Wirtschaftsgut einen geregelten Gebrauchtmarkt hat, wie z.B. Fahrzeuge.

3

Die Leasingverträge sahen im Streitfall eine Vertragslaufzeit von vier Jahren (48 Monate) vor. Geregelt wurde jeweils ein Kaufpreis (für den Erwerb durch die [X.]), monatliche Leasingraten (der [X.]) und ein Restwert in Höhe von 20 % des Kaufpreises bei Vertragsende. Der Kaufpreis der Systeme (Beispiel System 542: Kaufpreis pro Einheit bestehend aus Monitor, Rechner und Halterung von 8.000 € netto) und der in den [X.] mit den Abonnenten angegebene Wert der Einheit (beim System 542: 3.800 € netto) unterschieden sich erheblich. Für den Kauf des [X.] gewährte die Verkäuferin und Leasingnehmerin ([X.]) als Darlehensgeberin der Käuferin und Leasinggeberin ([X.]) als Darlehensnehmerin jeweils einen Lieferantenkredit.

4

Die Geschäftsführerin der [X.] bürgte selbstschuldnerisch für die Ansprüche aus dem Leasingvertrag einschließlich des geregelten [X.] bei Vertragsende. Ein Informationsblatt zum Leasingobjekt wies eine technische Haltbarkeit der Bildschirme von 40 000 bis 50 000 Betriebsstunden aus. Bei einem Betrieb von zwölf Stunden täglich ergeben sich nach vier Jahren 17 520 Betriebsstunden, bei 16 Stunden täglich 23 360 Betriebsstunden. In anderen technischen Unterlagen gab der Hersteller eines häufig verwendeten Monitors eine Laufzeit von 50 000 Stunden für den Bildschirm an.

5

Außerdem schlossen die [X.] (als Rückverkäuferin) und die [X.] (als Rückkäuferin) zeitgleich Rückkaufvereinbarungen, in denen sich die Rückkäuferin verpflichtete, die Leasingobjekte bzw. bei einem Austausch die Ersatzobjekte "auf Verlangen" der [X.] zurückzukaufen, wenn der Leasingvertrag endet, gleich aus welchem Grund. Der Vertrag sollte mit dem Zugang des Rückkaufverlangens bei der Rückkäuferin durch einseitige Erklärung der [X.] (als Rückverkäuferin) zustandekommen. Der vereinbarte [X.] entsprach der Summe der Barwerte der noch offenen Leasingraten und eines eventuell vereinbarten [X.]. Der vereinbarte Restwert sollte zum Ende der vereinbarten Leasinglaufzeit --wie im Leasingvertrag geregelt-- 20 % des Nettoverkaufspreises nach Abzug etwaiger Zulassungs- und Überführungskosten betragen. Der Verkauf sollte dann unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgen. Für alle Mängel, die über den durch vertragsgemäßen Gebrauch entstehenden Verschleiß hinausgehen, sollte nach allgemeinen Leasingvertragsbedingungen die [X.] (d.h. die Leasingnehmerin und Rückkäuferin) haften. Das Recht der [X.], die Leasingobjekte an Dritte zu verwerten, wurde durch die Vereinbarung nicht berührt.

6

In der Folgezeit wurde der Leasingvertrag im September 2008 wegen Zahlungsschwierigkeiten der [X.] außerordentlich von der [X.] gekündigt. Über das Vermögen der [X.] wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Eine Verwertung der Leasingobjekte durch die zahlreichen Leasinggesellschaften (Kommanditgesellschaften) konnte in vielen Fällen nicht erfolgen, da die Gegenstände nicht mehr auffindbar oder beschädigt und Ansprüche gegen die [X.] sowie die Abonnenten teilweise wertlos waren.

7

Mangels Abgabe einer Feststellungserklärung für den Feststellungszeitraum 2008 (Streitjahr) schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Besteuerungsgrundlagen mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem [X.] vom 13. Dezember 2010. Das [X.] beurteilte die Vereinbarungen als bloße Finanzierungsvereinbarungen und rechnete der [X.] einerseits [X.] aus den Leasingzahlungen zu und zog andererseits als Aufwand insbesondere Zinsen für den Lieferantenkredit sowie weitere Aufwendungen ab. Die [X.] wurden aus den Leasingverträgen und Lieferantenkreditverträgen errechnet. Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die Leasingobjekte berücksichtigte es bei der [X.] nicht. Diese Berechnung ist zwischen den Beteiligten für den Fall, dass die Leasingobjekte der [X.] steuerrechtlich zuzuordnen sein sollten, der Höhe nach unstreitig. Der [X.] wurde dem damaligen steuerlichen Vertreter als Empfangsbevollmächtigtem der [X.] bekanntgegeben.

8

Hiergegen legte dieser Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren wurde in der Folgezeit mit dem Kläger fortgeführt, den das [X.] als [X.] betrachtete. Am 15. August 2011 erließ das [X.] unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einen geänderten Schätzungsbescheid. Der Einspruch blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 wurde gegenüber dem Kläger als Einspruchsführer sowie gegenüber dem Kläger und der [X.] als Hinzugezogene bekanntgegeben.

9

Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage. Im Klageverfahren wurde die Feststellungserklärung 2008 für die [X.] eingereicht. Es wurde u.a. ein laufender [X.] erklärt, in dem eine AfA für die Leasingobjekte in Höhe von 19.594 € berücksichtigt war.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage mit Urteil vom 1. September 2016  15 K 446/12 als unbegründet ab. Es führte im Wesentlichen aus, das [X.] habe zu Recht keine AfA auf die Leasingobjekte berücksichtigt. Denn die Leasingobjekte seien nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung ([X.]) nicht der [X.] als der zivilrechtlichen, sondern der [X.] als der wirtschaftlichen Eigentümerin steuerrechtlich zuzurechnen. Die Verträge seien derart angelegt gewesen, dass die [X.] am Ende der Laufzeit ihr "Andienungsrecht" ausübe und die [X.] die Leasingobjekte zurückerwerben müsse. Denn der vereinbarte [X.] sei im Vergleich zum Wertverlust der Leasingobjekte sehr hoch gewesen.

Der Kläger rügt mit seiner Revision einen Verstoß des [X.] gegen § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 [X.]. Im [X.] trägt er vor, dass zugunsten der [X.] (Leasinggeberin) nur ein Andienungsrecht bestanden habe. Diese Konstellation könne nicht mit der gleichgestellt werden, bei welcher zugunsten der Leasingnehmerin eine Kauf- oder Verlängerungsoption vereinbart sei.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 1. September 2016 aufzuheben und den [X.] 2008 vom 15. August 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 dahin zu ändern, dass für die [X.] ein laufender Verlust in Höhe von 4.352,29 € festgestellt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

Es bittet den Senat, die von ihm in seinem Urteil vom 13. Oktober 2016 IV R 33/13 ([X.], 386, [X.], 81) vertretene Rechtsauffassung zu überdenken, wonach die Leasingnehmerin nicht wirtschaftliche Eigentümerin des [X.] sei, wenn dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit sei und (nur) der Leasinggeberin ein wirtschaftlich vorteilhaftes Andienungsrecht zustehe.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist zwar zu Recht stillschweigend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen (dazu 1.). Es hat aber bei der Sachprüfung § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] rechtsfehlerhaft ausgelegt (dazu 2.). Mangels [X.] ist die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (dazu 3.).

1. Die Klage war zulässig, insbesondere war der Kläger befugt, Klage gegen den [X.] 2008 zu erheben.

a) Die grundsätzliche Befugnis der Personengesellschaft, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe einzulegen, erlischt mit deren Vollbeendigung. In einem solchen Fall kann ein [X.] nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden, deren Mitgliedschaft die [X.] berührt, die der anzufechtende [X.] betrifft. Die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O geht nicht auf den (zivil-rechtlichen) Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft über. Vielmehr lebt die bis zum [X.]punkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 16. April 2017 IV B 75/16, Rz 15, m.w.N.). Demnach sind bei einer vor Klageerhebung vollbeendeten Personengesellschaft im Grundsatz alle früheren Gesellschafter klagebefugt (z.B. [X.]-Urteile vom 11. April 2013 IV R 20/10, [X.], 132, [X.], 705, Rz 19, m.w.N.; vom 16. Mai 2013 IV R 21/10, Rz 17). Klagt nur ein Gesellschafter, müssen alle früheren Gesellschafter nach § 60 Abs. 3 [X.]O notwendig beigeladen werden. Eine Ausnahme gilt nur für Gesellschafter, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein können (z.B. [X.] vom 16. April 2017 IV B 75/16, Rz 16, m.w.N.).

b) Danach war der Kläger als ehemaliger Gesellschafter der [X.] und nicht --wie im Rubrum des [X.]-Urteils ausgeführt-- als deren Gesamtrechtsnachfolger klagebefugt.

Mit dem Ausscheiden der Komplementärin aus der [X.] im Dezember 2010 ist dem Kläger das Gesamthandsvermögen der [X.] angewachsen (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 12. Juni 2008 III ZR 38/07, unter [X.] [X.] (1)); die [X.] wurde [X.] (z.B. [X.] vom 17. Oktober 2013 IV R 25/10, Rz 18, m.w.N.). Damit ging im Grundsatz die Klagebefugnis auf alle Gesellschafter über, die im [X.] an der [X.] beteiligt waren. Demzufolge war der Kläger zwar nicht als Gesamtrechtsnachfolger, aber als ehemaliger Gesellschafter der [X.] befugt ([X.]-Urteil in [X.], 132, [X.], 705, Rz 19), Klage gegen den [X.] 2008 zu erheben. Ebenso steht außer Frage, dass die Rechte des Klägers durch den Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein können. Denn der Kläger hat sich im Klageverfahren gegen die Höhe des --ihm allein zuzurechnenden-- laufenden Gewinns der Gesamthand gewandt.

c) Bei dieser Sachlage hat es das [X.] nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Komplementärinnen nach § 60 Abs. 3 [X.]O notwendig beizuladen. Denn die [X.] und die [X.], die beide nicht am Gewinn der [X.] beteiligt waren, können nach dem vorstehend Gesagten, wonach nur Auswirkungen auf Besteuerungsgrundlagen in Streit stehen, die den Kläger betreffen, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein.

2. Die Entscheidung des [X.], wonach das (wirtschaftliche) Eigentum an den [X.] nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] im Rahmen des gewählten "Sale-and-lease-back-Verfahrens" nicht auf die [X.] übergegangen sei und deshalb diese Wirtschaftsgüter nicht in ihrer Steuerbilanz als abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auszuweisen seien, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung dieser Zurechnungsnorm.

a) Entgegen der Auffassung des [X.] bedarf es im Streitfall zur Beantwortung der Frage, ob die Leasingobjekte dem Betriebsvermögen der [X.] steuerrechtlich zuzurechnen waren, keiner Klärung des [X.] zwischen den handelsrechtlichen [X.] und der steuerrechtlichen Zurechnung nach § 39 AO. Denn jedenfalls vor Geltung des § 246 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) i.d.[X.] (BilMoG) vom 25. Mai 2009 ([X.], 1102) [X.] wie hier-- wurde die handelsrechtliche Zurechnung von Vermögensgegenständen anhand von § 39 AO bestimmt. Danach kann im Streitfall --wie schon im [X.]-Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81 geschehen-- zur Beantwortung der [X.] ohne weiteres auf § 39 AO zurückgegriffen werden.

aa) Gemäß § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist bei Gewerbetreibenden, die --wie hier die [X.] als eine im Handelsregister eingetragene Personenhandelsgesellschaft (vgl. [X.]/[X.]/[X.], HGB, 37. Aufl., § 6 Rz 2)-- aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Für den Ausweis von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz sind daher im Grundsatz die handelsrechtlichen GoB maßgeblich. Danach hat [X.] nur "seine" Vermögensgegenstände auszuweisen (§§ 240, 242 HGB). Es ist allgemein anerkannt, dass Bestandteil des Vermögens des Kaufmanns nicht nur die ihm zivilrechtlich gehörenden Vermögensgegenstände, sondern auch solche sind, die zivilrechtlich zwar einer anderen Person gehören, die aber nach der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu dem zivilrechtlichen Rechtsinhaber und nach den tatsächlichen Verhältnissen wirtschaftlich Bestandteil seines Vermögens sind (sog. wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit; z.B. [X.]-Urteil vom 12. September 1991 III R 233/90, [X.], 49, [X.] 1992, 182, unter 1., m.w.N.; [X.] vom 6. November 1995 II ZR 164/94).

[X.]) Diese handelsrechtliche Zurechnung war bis zum Inkrafttreten des § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.d.F. des BilMoG nicht ausdrücklich im Handelsrecht kodifiziert. Sie wurde sowohl vom [X.] als auch vom [X.] mittels des § 39 AO bestimmt.

Nach dieser Vorschrift sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. [X.]). Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.]).

Der [X.] führte aus, die handelsrechtliche Zurechnung von Vermögensgegenständen entspreche im Wesentlichen der Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] (z.B. [X.]-Urteile in [X.], 49, [X.] 1992, 182, unter 1.; vom 14. Mai 2002 VIII R 30/98, [X.]E 199, 181, [X.] 2002, 741, unter [X.]). Er ging davon aus, dass für die Zurechnung nach den §§ 240, 242 HGB nichts anderes gelte als für die nach § 39 AO ([X.]-Urteil in [X.]E 199, 181, [X.] 2002, 741, unter [X.]). Ebenso bestimmte der [X.] das "wirtschaftliche Eigentum" anhand der Zurechnungsgrundsätze des § 39 AO. Er entschied, dass "wirtschaftliches Eigentum" in Betracht komme, "wenn das bilanzierende Unternehmen gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer eine auch rechtlich abgesicherte Position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft ... von der Einwirkung auf die betreffenden Vermögensgegenstände auszuschließen ..."([X.] vom 6. November 1995 II ZR 164/94). Der [X.] ließ es daher dahingestellt, ob als Rechtsgrundlage für die steuerrechtliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern die handelsrechtlichen GoB oder unmittelbar § 39 AO heranzuziehen war ([X.]-Urteil vom 25. April 2006 [X.], [X.]/NV 2006, 1819, unter II.2.c).

cc) Mit der Einfügung des § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.d.F. des BilMoG existiert nunmehr neben § 39 AO eine eigenständige handelsrechtliche Zurechnungsnorm. Nach dieser Vorschrift sind Vermögensgegenstände in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen (Halbsatz 1); ist ein Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen (Halbsatz 2).

Im Streitfall kann jedoch dahinstehen, ob § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.d.F. des BilMoG dem § 39 AO vorgeht und ggf. einen von § 39 AO abweichenden Regelungsinhalt normiert (zu diesem Streit z.B. [X.], [X.] 2017, 531). Denn diese Vorschrift ist verpflichtend erstmals auf Jahresabschlüsse für nach dem 31. Dezember 2009 beginnende Geschäftsjahre, optional --unter bestimmten [X.] frühestens auf nach dem 31. Dezember 2008 beginnende Geschäftsjahre anwendbar (vgl. Art. 66 Abs. 3 Sätze 1 und 6 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch i.d.F. des BilMoG). Sie greift daher im [X.] nicht ein, so dass § 39 AO (inhaltlich) anwendbar bleibt.

b) In [X.] (auch beim "Lease" im Rahmen eines "Sale-and-lease-back") geht der [X.] --wie bereits in dem Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81 dargestellt-- bei Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] insbesondere von folgenden Grundsätzen aus:

aa) Wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers ist gegeben, wenn der Herausgabeanspruch des Leasinggebers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat, d.h. dem Leasingnehmer Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts für die voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen ([X.]-Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81, Rz 27 ff.). Hieran fehlt es im Allgemeinen, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist. Denn in einem derartigen Fall ist der Herausgabeanspruch des Leasinggebers gerade nicht wirtschaftlich bedeutungslos. Kann der Leasingnehmer den Leasinggeber hingegen auch für die verbleibende [X.] von der Einwirkung auf das Leasingobjekt ausschließen, ist das Leasingobjekt dem Leasingnehmer zuzurechnen. Allerdings muss der Leasingnehmer hierzu aufgrund einer eigenen, rechtlich abgesicherten Position (z.B. Kauf- oder Verlängerungsoption) in der Lage sein ([X.]-Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81, Rz 32). Ein lediglich dem Leasinggeber eingeräumtes Andienungsrecht reicht hierfür nicht aus. Eine Sondersituation besteht beim [X.]. In diesem Fall kann der Leasinggeber das Leasingobjekt --unabhängig von dem Verhältnis der Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen [X.] nicht anderweitig nutzen oder verwerten. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Leasingnehmer über eine rechtlich abgesicherte Position zum Ausschluss des Leasinggebers verfügt. Denn der Herausgabeanspruch des Leasinggebers ist in diesen Fällen von vornherein wertlos (dazu [X.]-Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81, Rz 43).

[X.]) Hiervon ausgehend hat der Senat in dem genannten Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81 entschieden, dass wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers nicht in Betracht kommt, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des [X.] länger als die Grundmietzeit ist und nur dem Leasinggeber ein Andienungsrecht zusteht. In einem derartigen Fall fehlt es an einer rechtlich abgesicherten Position des Leasingnehmers, die es ihm ermöglicht, den Leasinggeber für die verbleibende Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Leasingobjekt auszuschließen.

c) Der Senat hält nach nochmaliger Prüfung an dieser Rechtsauffassung fest.

aa) Abweichendes ergibt sich --entgegen der Meinung des [X.]-- nicht aus der Rechtsprechung des [X.], nach der dem Nutzungsberechtigten das wirtschaftliche Eigentum an Mietereinbauten bzw. Gebäuden auf fremdem Grund und Boden zuzurechnen sei, wenn er bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Werts des [X.] habe ([X.]-Urteile vom 28. Juli 1993 I R 88/92, [X.]E 172, 333, [X.] 1994, 164; in [X.]E 199, 181, [X.] 2002, 741). Denn diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass dem Nutzungsberechtigten der Wert der Einbauten bzw. Gebäude zu jedem gedachten [X.]punkt des Nutzungsverhältnisses aufgrund eines zivilrechtlichen Anspruchs zusteht. Die zivilrechtlichen Eigentümer können in diesen Fällen nicht über den Wert der Einbauten bzw. Gebäude verfügen (z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 172, 333, [X.] 1994, 164, unter [X.] [X.]). Im Streitfall besitzt die Leasingnehmerin (P GmbH) hingegen gerade keine derartig abgesicherte Rechtsposition. Im Gegenteil kann die Leasinggeberin ([X.]) nach Ablauf der Grundmietzeit frei über den ([X.] des [X.] verfügen.

[X.]) Der Senat folgt auch nicht der Beurteilung des [X.], wonach im Streitfall der Leasingnehmerin das wirtschaftliche Eigentum deshalb zuzurechnen sei, weil der Herausgabeanspruch der Leasinggeberin --wie beim [X.]-- wirtschaftlich wertlos sei. Das [X.] will die Wertlosigkeit des Herausgabeanspruchs daraus ableiten, dass in einem Fall wie dem vorliegenden der wirtschaftliche Wert für die Leasinggeberin im Andienungsrecht liege.

Auf ein Andienungsrecht des Leasinggebers kommt es jedoch nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] nicht an. Beim Leasing ist --wie dargestellt-- darauf abzustellen, ob der Herausgabeanspruch des Leasinggebers (zivilrechtlichen Eigentümers) noch eine wirtschaftliche Bedeutung hat (grundlegend [X.]-Urteil vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, [X.]E 97, 466, [X.] 1970, 264, unter [X.]). Dieser Herausgabeanspruch ist nur dann wirtschaftlich ohne Wert, wenn ein Dritter dazu in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen. Hieran fehlt es, wenn bei einer die Grundmietzeit überschreitenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nur dem Leasinggeber (zivilrechtlichen Eigentümer) ein Andienungsrecht zusteht. Es bleibt dann beim Vorrang des zivilrechtlichen Eigentums. Eine andere Frage ist, ob für den zivilrechtlichen Eigentümer die Ausübung des [X.] ggf. wirtschaftlich vorteilhafter als das Behalten oder die anderweitige Verwertung des [X.] wäre. Dieser Umstand ist jedoch für die steuerrechtliche Zurechnung nicht maßgeblich.

Vor diesem Hintergrund überzeugt auch nicht die im Fachschrifttum an dem [X.]-Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81 geäußerte Kritik. Es wird vorgetragen, dass in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden --mit dem Streitfall vergleichbaren-- Sachverhalt dem Herausgabeanspruch des Leasinggebers bei Anstellung der gebotenen Opportunitätsbetrachtung keine wirtschaftliche Bedeutung beizumessen sei ([X.]/[X.]/ [X.], Betriebs-Berater 2017, 874, 876). Eine reine Opportunitätsbetrachtung sieht § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] aber gerade nicht vor.

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] widerspricht das [X.]-Urteil in [X.], 386, [X.] 2018, 81 auch nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach beim wirtschaftlichen Eigentum für die Zurechnung nicht das formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend ist ([X.]-Urteil vom 7. Juli 2011 IX R 2/10, [X.]E 234, 199, [X.] 2012, 20, Rz 17).

So erachtet auch der Senat bei der Auslegung des § 39 AO das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte als ausschlaggebend. Diese Betrachtungsweise darf aber nicht den Blick auf den Wortlaut des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz [X.] verstellen. Der Dritte muss in der Lage sein, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen ("ausschließen kann"). Würde man in [X.] insoweit auf eine entspre-chende Rechtsmacht des Leasingnehmers verzichten, käme es zu einer unkontrollierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Leasingnehmers ggf. zu günstig darstellte.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die [X.] wirtschaftliche Eigentümerin der Informationssysteme geblieben und das [X.]-Urteil deshalb im Ergebnis zutreffend ist.

a) Das [X.] hielt --bei einer Grundmietzeit von vier [X.] eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Leasingobjekte von drei bis fünf Jahren für möglich. Es war --unter Zugrundelegung seines [X.] nicht gehalten, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären. Denn es kam --abweichend von der Rechtsauffassung des [X.] zu dem Ergebnis, dass die [X.] wegen des wirtschaftlich vorteilhaften [X.] der [X.] auch dann wirtschaftliche Eigentümerin der Leasingobjekte geblieben sei, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit gewesen sein sollte. Nach der Rechtsauffassung des Senats kommt hingegen dem Verhältnis der Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer maßgebliche Bedeutung zu (dazu oben [X.]). Danach ist im Streitfall die Frage entscheidungserheblich, ob die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Leasingobjekte die Grundmietzeit von vier Jahren überschreitet. Sollte diese Frage zu bejahen sein, wären die Leasingobjekte der [X.] zuzurechnen, sollte sie hingegen zu verneinen sein, käme wirtschaftliches Eigentum der [X.] in Betracht.

Dem [X.] wird hiermit Gelegenheit gegeben, im zweiten Rechtsgang die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Informationssysteme zu ermitteln.

b) Im Übrigen weist der Senat für den zweiten Rechtsgang auf folgende --vom [X.] thematisierten-- Gesichtspunkte hin:

aa) Nach bisherigem Erkenntnisstand ist davon auszugehen, dass für die Informationssysteme --wie vom [X.] vorgetragen-- eine einheitliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu ermitteln ist. Auch die Beteiligten sind bisher stillschweigend davon ausgegangen, dass die Leasingobjekte (Informationssysteme) ein selbständiges Wirtschaftsgut darstellen, weil die einzelnen zusammengefügten Gegenstände zueinander in einem Nutzungs- und [X.] stehen (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 14. April 2011 IV R 46/09, [X.]E 233, 214, [X.] 2011, 696, Rz 20 ff.).

[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es nicht ausgeschlossen, dass die einheitlich zu bestimmende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Informationssysteme durch die Nutzungsdauer der Bildschirme bestimmt wird. Weisen nämlich die unselbständigen Teile des selbständigen Wirtschaftsguts unterschiedliche Nutzungsdauern auf, ist die Nutzungsdauer des Teils maßgebend, welches dem Wirtschaftsgut das Gepräge gibt ([X.]-Urteil in [X.]E 233, 214, [X.] 2011, 696, Rz 28). Sollte es hierauf ankommen, wird das [X.] die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen haben.

4. Daneben sieht der Senat derzeit keine Veranlassung, auf die sonstigen, vom [X.] angesprochenen Gesichtspunkte einzugehen, die erst dann an Bedeutung gewinnen können, wenn die Leasingobjekte der [X.] steuerrechtlich zuzurechnen sein sollten.

5. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 56/16

21.12.2017

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 1. September 2016, Az: 15 K 446/12, Urteil

§ 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO, § 5 Abs 1 EStG 2002, § 246 Abs 1 S 2 HGB vom 25.05.2009, § 48 Abs 1 Nr 1 FGO, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.12.2017, Az. IV R 56/16 (REWIS RS 2017, 144)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 144

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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