Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.04.2016, Az. 28 W (pat) 11/13

28. Senat | REWIS RS 2016, 13070

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "E-BAR" - Antrag auf Löschung nur für einen Teilbereich der von dem Oberbegriff erfassten Waren - zutreffende Behandlung durch die Markenabteilung als Antrag auf vollständige Löschung - Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis - keine Täuschungsgefahr - keine bösgläubige Markenanmeldung - Kostenentscheidung - keine Kostenauferlegung bei grundlosem Abbruch von Vergleichsverhandlungen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 044 413

hier: Löschungsverfahren [X.]/12

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] und des [X.] am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Anträge auf Kostenauferlegung werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin und Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde ihren Löschungsantrag gegen die [X.]intragung der Wortmarke

2

[X.]

3

weiter, die am 10. August 2011 angemeldet und am 17. Oktober 2011 für die Waren der

4

„Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von [X.]lektrizität; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Geräte zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten, insbesondere Flugmodellen oder ferngesteuerten Flugmodellen, besonders bevorzugt ferngesteuerten Helikoptermodellen

5

Klasse 12: Luftfahrzeuge, Hubschrauber sowie [X.]rsatzteile für die vorgenannten Waren, soweit diese nicht in anderen Klassen enthalten sind

6

Klasse 28: [X.], Spielzeug, Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Flugmodelle, ferngesteuerte Flugmodelle, ferngesteuerte Helikoptermodelle, sowie Teile und Zubehör für die vorgenannten Artikel“

7

in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden ist.

8

Mit Schreiben vom 7. März 2012 hatte die Markeninhaberin die Beschwerdeführerin sowie mehrere Händler von [X.] wegen Verletzung der verfahrensgegenständlichen Marke abgemahnt, weil diese Steuerungsgeräte unter der Bezeichnung „[X.]“ vertrieben hatten. [X.]s handelte sich dabei um Geräte der Firma [X.] Co. Ltd. (im Folgenden: [X.]), deren Generalimporteurin für [X.] die Beschwerdeführerin ist.

9

Die Beschwerdeführerin hat daraufhin am 14. März 2012 die teilweise Löschung der [X.]intragung der angegriffenen Marke wegen Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 10 [X.] für nachfolgende Waren beantragt ([X.]inschränkungen durch die Löschungsantragstellerin in Fettdruck):

soweit es sich darum um Apparate und Instrumente zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten handelt; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, soweit es sich dabei um Datenverarbeitungsgeräte und Computer zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten handelt; Geräte zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten, insbesondere Flugmodellen oder ferngesteuerten Flugmodellen, besonders bevorzugt ferngesteuerten Helikoptermodellen

Klasse 12: Luftfahrzeuge, Hubschrauber sowie [X.]rsatzteile für die vorgenannten Waren, soweit diese nicht in anderen Klassen enthalten sind

und soweit es sich dabei um Flugmodelle handelt; Flugmodelle, ferngesteuerte Flugmodelle, ferngesteuerte Helikoptermodelle, sowie Teile und Zubehör für die vorgenannten Artikel“

Des Weiteren hat sie den Antrag gestellt, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, die [X.]intragung der Marke „[X.]“ sei unter Verstoß gegen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft erfolgt. Bereits vor der Anmeldung habe es eine Stabilisierungsvorrichtung für Fluggeräte in Form eines Balkens gegeben, die als „[X.]“ bezeichnet werde. Weitere Benennungen seien „stabilizer bar“, „stabilizing bar“, „Young bar“, „gyrostatic bar“ oder auch nur „bar“. [X.]ine derartige mechanische Steuerung könne durch eine elektrische bzw. elektronische Steuerung ersetzt werden. In diesen Fällen sei es üblich, die elektronische Vorrichtung, die ein bisher gebräuchliches mechanisches Produkt ersetze, mit der Bezeichnung dieses Produkts und einem vorangestellten „[X.]-“ zu bezeichnen, wie z. B. „[X.]-Zigarette“, „[X.]-Mail“ oder „[X.]-Book“. Der Begriff „[X.]“ sei deshalb für ein elektronisches Steuerungssystem für Fluggeräte, das den bisher gebräuchlichen „Bar“ ersetze, und für sämtliche das System enthaltenden Fluggeräte sowie für alle der Funktion des Stabilisierungssystems dienenden Apparate beschreibend und deshalb auch freihaltebedürftig. Für Luftfahrzeuge, die ein entsprechendes System nicht enthielten, sei die Marke dagegen irreführend.

Zudem sei die Anmeldung bösgläubig erfolgt. Die Firma [X.] habe ein Stabilisierungssystem „[X.]“ erstmals spätestens im Juli 2011 auf den Markt gebracht und mit einem [X.] beworben. Im Juli 2011 sei ein Verkauf der Modellhelikopter „[X.]“, „[X.]“ und „[X.]“ mit [X.] [X.]less System von dem [X.]er [X.]“ an den Modellbau-Fachhändler „[X.]“ in der [X.] erfolgt. Auf der [X.] habe ein Vertreter der Firma [X.] das Stabilisierungssystem am 10. August 2011 präsentiert, was bereits am 9. August 2011 im [X.] angekündigt worden sei. Offensichtlich nach Kenntnisnahme der Bezeichnung „[X.]“ habe die Markeninhaberin, die Sponsorin der Flugveranstaltung gewesen sei, die angegriffene Marke zur Registrierung angemeldet. Nach Registrierung und kurz nach Ablauf der Widerspruchsfrist sei sie dann gegen die [X.] vorgegangen, um den Verkauf der mit dem Zeichen „[X.]“ gekennzeichneten Stabilisierungsvorrichtung zu unterbinden. [X.]ine eigene Benutzungsabsicht der Markeninhaberin sei nicht zu erkennen, sie benutze zum Vertrieb ihres Produktes die Marke „[X.]“. [X.]s sei bei Anmeldung für die Markeninhaberin bereits absehbar gewesen, dass die Antragstellerin die Bezeichnung „[X.]“ auf dem [X.] Markt benutzen werde. Die Markenanmeldung sei also augenscheinlich zur Beeinträchtigung der wettbewerblichen [X.]ntfaltung der Antragstellerin erfolgt.

Die Beschwerdegegnerin hat dem ihr am 5. April 2012 zugestellten Löschungsantrag am 4. Juni 2012 widersprochen. Sie hat geltend gemacht, sie selbst sei die [X.]rfinderin der elektronischen Fluglagenstabilisierung für Modellhubschrauber, die das Fliegen ohne Paddelstange ermögliche. Der Prototyp sei erstmals im Jahr 2008 auf den Markt gebracht worden, für das Produkt habe sie im Jahr 2009 die [X.] „[X.]“ registrieren lassen. Daneben sei das Konzept einer zweiten Produktlinie entwickelt worden, wofür mit der Firma [X.] aus [X.], einem der größten Modellhubschrauberhersteller weltweit, als asiatischem Vertriebspartner im Frühjahr 2011 Gespräche aufgenommen worden seien. Für das Produkt habe sie mit ihrem Kooperationspartner im Frühjahr 2011 den Namen „[X.]“ entwickelt, einen Begriff, der sich an den Produktnamen „[X.]“ anlehne, aber minimal anders laute. Die [X.] Aussprache der beiden Begriffe sei klanglich fast identisch. Der Buchstabe „[X.]“ stehe nicht zwingend für elektronisch, sondern habe vielfältige Interpretationsmöglichkeiten wie „east“, „economical“ oder „[X.]nergie“. Als die Firma [X.] mit einem ähnlichen Flugsystem und fast identischer Bezeichnung wie das Produkt der Beschwerdegegnerin „[X.]“ auf dem Markt erschienen sei, habe dies die Kooperation mit [X.] erheblich gestört. Man habe sich gezwungen gesehen, auch auf dem asiatischen Markt unter der Marke „[X.]“ zu agieren. [X.]s sei anzunehmen, dass die Firma [X.] von der Absicht der Markeninhaberin erfahren und deshalb ihrerseits die Bezeichnung „[X.]“ gewählt habe, da sie häufig Produkte der Markeninhaberin kopiere und mit ähnlicher Bezeichnung vertreibe. Auch der Vortrag der Beschwerdeführerin zu der Flugveranstaltung [X.], einer Veranstaltung in [X.], [X.], [X.], sei unzutreffend. Dort sei die Firma [X.] überhaupt nicht anwesend gewesen und habe auch keinerlei Produkte ausgestellt, nach Wissen des Veranstalters sei dies auch nicht durch Dritte erfolgt. Dass das Produkt der Firma [X.] bereits im Juli 2011 durch einen Flyer beworben worden sei, sei dem undatierten Flyer nicht zu entnehmen und werde bestritten. Auch der behauptete Verkauf in [X.] sei für das im Inland geführte Löschungsverfahren irrelevant. Selbst wenn die von der Antragstellerin vorgelegte Rechnung vom 20. Juli 2011 tatsächlich im Juli ausgestellt worden sein sollte, beweise das noch nicht, dass die Marke auch tatsächlich benutzt worden und die Beschwerdegegnerin damit in Berührung gekommen sei. Bei der größten Helikopterveranstaltung in [X.], dem [X.] in [X.] vom 21. bis 24. Juli 2011, sei die Antragstellerin zwar präsent gewesen, habe ein neues Produkt mit Namen „[X.]“ aber mit keinem Wort erwähnt, obwohl die Veranstaltung die Vermarktungsmöglichkeit schlechthin gewesen sei. Die Beschwerdegegnerin habe die feste Absicht, die angegriffene Marke, die noch in der [X.] sei, zu benutzen.

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]es den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Löschungsantrag der Beschwerdeführerin sei dahingehend auszulegen, dass die vollständige Löschung der [X.]intragung der Marke beantragt werde, da die Löschung nur eines Teils der unter einen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis verwendeten Oberbegriff fallenden Waren nicht zulässig sei. Die angegriffene Marke „[X.]“ beschreibe die für sie geschützten Waren nicht direkt. Der korrekte und gebräuchliche Ausdruck für ein Fluggeräteprogramm sei „[X.]less-System“. Unter einer „bar“ werde bei [X.] eine Stabilisierungsstange verstanden, die bei einem „[X.]less-System“ entfallen könne und durch eine elektronische Steuerung ersetzt werde. Der Buchstabe „[X.]“ stehe nicht zwingend für „elektronisch“, sondern könne auch andere Bedeutungen haben. [X.]ine beschreibende Verwendung von „[X.]“ sei gänzlich unüblich und nicht nachweisbar. Deshalb bestehe weder ein Freihaltebedürfnis an der Wortbildung, noch fehle ihr die Unterscheidungskraft. Auch eine irreführende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] liege mangels eines beschreibenden Sinngehalts nicht vor.

Für eine bösgläubige Anmeldung fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten. Die Markeninhaberin habe bei Anmeldung zwar gewusst, dass die Firma [X.] einen Modellhelikopter unter der Bezeichnung „[X.]“ angeboten habe, daraus allein könne eine Bösgläubigkeit jedoch nicht abgeleitet werden, da aus verschiedenen Umständen hervorgehe, dass die Markeninhaberin in erster Linie zur Förderung des eigenen [X.] gehandelt habe. Aus der Bestätigung des [X.] Kooperationspartners gehe hervor, dass die Markeninhaberin ihrerseits schon im Frühjahr 2011 die Idee zur Kennzeichnung eigenständig entwickelt und mit der Markenanmeldung zu [X.]nde gebracht habe. Zudem passe das Zeichen zu ihrer weiteren Marke „[X.]“ und damit gut in das Markenportfolio der Markeninhaberin.

Gegen diesen Beschluss, der der ihr am 7. Januar 2013 zugestellt worden ist, richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 6. Februar 2013. Sie hat die Beschwerde nicht begründet.

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]es vom 13. Dezember 2012 aufzuheben, die Löschung der [X.]intragung der angegriffenen Marke anzuordnen und der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beschwerdegegnerin stellt sinngemäß den Antrag

die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im Löschungsverfahren vor dem [X.]. Zum [X.] trägt sie vor, die Beschwerdeführerin habe die Vergleichsverhandlungen, die kurz vor einem einvernehmlichen Abschluss gestanden hätten, ohne jegliche Begründung plötzlich abgebrochen und sei nicht mehr erreichbar gewesen. Damit habe sie ihre prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt. Die durch die Vergleichsverhandlungen entstandenen Anwaltskosten und die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien vermeidbar gewesen.

Das Beschwerdeverfahren ist auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 10. Juni 2013 wegen schwebender Vergleichsverhandlungen zum Ruhen gebracht worden. Am 12. Mai 2014 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin die Vertretung niedergelegt und mitgeteilt, eine aktuelle Adresse der Beschwerdeführerin sei ihnen nicht bekannt.

Am 17. Juni 2014 hat die Beschwerdegegnerin beantragt, das Verfahren fortzuführen, weil die Vergleichsverhandlungen wegen [X.] der Beschwerdeführerin gescheitert seien.

Mehrere [X.] an die Beschwerdeführerin sind gescheitert. Daraufhin ist antragsgemäß Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und die öffentliche Zustellung der Ladung durch Beschluss vom 11. November 2015 angeordnet worden. Die Beteiligten sind zu dem Verhandlungstermin am 13. April 2016, zu dem sie - die Beschwerdeführerin im Wege der öffentlichen Zustellung - ordnungsgemäß geladen worden sind, nicht erschienen.

Wegen der [X.]inzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.] wegen Nichtigkeit mit zutreffender Begründung zurückgewiesen, da der [X.]intragung der angegriffenen Marke im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung keine Schutzhindernisse gemäß § 8 [X.] entgegenstanden und dies auch im Zeitpunkt der jetzigen [X.]ntscheidung über den Löschungsantrag nicht der Fall ist.

Gemäß §§ 50 Abs. 1 und 2, 54 [X.] wird die [X.]intragung einer Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 [X.] eingetragen worden ist.

Gegenstand des Verfahrens sind die von der Antragstellerin geltend gemachten Löschungsgründe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 10 [X.]. Der Antrag auf Löschung der [X.]intragung der angegriffenen Marke wegen Verstoßes gegen die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] zulässig innerhalb von 10 Jahren nach der am 17. Oktober 2011 erfolgten [X.]intragung, nämlich am 14. März 2012 gestellt worden. Für die übrigen Löschungsgründe besteht keine Frist (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., 2014, § 50, Rdnr. 18 m. w. N.).

Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn die Schutzhindernisse zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten vorliegen. Wird geltend gemacht, die [X.]intragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 [X.] verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das [X.] sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke ([X.] 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 483, Rdnr. 22 - test; GRUR 2014, 565, Rdnr. 10 - smartbook) bestanden hat als auch - soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-9 [X.] geht - im Zeitpunkt der [X.]ntscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

1. Mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle den Antrag vom 14. März 2012 auf teilweise Löschung der [X.]intragung als Antrag auf vollständige Löschung der [X.]intragung behandelt. Die Löschungsantragstellerin hat die Löschung der Waren

Da der in dieser Form unzulässige Antrag entsprechend dem tatsächlich Gewollten rechtserhaltend auszulegen ist (dazu [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Zivilprozessordnung, 74. Aufl., 2016, [X.]. 128, Rdnr. 52), hat die Markenabteilung die Beschränkung in dem Löschungsantrag zutreffend als bloße Anregung betrachtet und den Löschungsantrag in der Sache als Antrag auf vollständige Löschung der [X.]intragung behandelt.

2. Der [X.]intragung der Marke „[X.]“ stand bei Anmeldung am 10. August 2011 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht entgegen.

Insoweit kann auf die zutreffende Begründung des angegriffenen Beschlusses verwiesen werden, da die Beteiligten im Beschwerdeverfahren in der Sache nichts Weiteres vorgetragen haben.

Das Wortzeichen „[X.]“ setzt sich erkennbar aus den zwei durch einen Bindestrich verbundenen [X.]lementen „[X.]“ und „Bar“ zusammen. Der Begriff „Bar“ bezeichnet in der beanspruchten substantivischen Schreibweise in der [X.] Sprache eine Schranke, die den Gastraum vom Tresen trennt, ein intimes (Nacht)lokal oder einen hohen Schanktisch mit Barhockern. Daneben ist es die Maßeinheit des Luftdrucks ([X.], [X.]). [X.]r ist außerdem der Name eines Nebenflusses der [X.] und einer Stadt in [X.] und der [X.]. In der [X.]n Sprache hat „bar“ die Bedeutungen „Stange, Stab, Gitterstab, Streifen, Band, Stück, Hindernis“ ([X.], Großwörterbuch [X.]nglisch-Deutsch/Deutsch-[X.]nglisch, [X.] 2008). In Alleinstellung bezeichnet „bar“ jede Art von Stange oder Streifen und wird z. B. auch in eingedeutschten Begriffen wie „Toolbar“ in diesem Sinn verwendet. Der Buchstabe „[X.]“ steht für eine Vielzahl von Begriffen wie [X.] (Mil.; Flugzeug), [X.], [X.] (Technik), [X.]ilzug, [X.]infahrt, [X.]infuhr, [X.]ingabe, [X.]ingang, [X.]inheit, [X.]inkauf, [X.]inphasenstrom, [X.]insatzwagen, [X.]inschreiben, [X.]inzel, [X.]lektrizität, [X.]lektrizitäts- [X.]lektro-, [X.]lektrostahl, [X.]mission etc. ([X.], [X.], 6. Aufl. 2011). In [X.] vor Sachbegriffen wird der Buchstabe „[X.]“ häufig als Hinweis auf [X.]lektronik verstanden.

Im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 9 „Geräte zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten, insbesondere Flugmodellen oder ferngesteuerten Flugmodellen, besonders bevorzugt ferngesteuerten Helikoptermodellen“ wird der Begriff „[X.]“ gelegentlich auch im [X.] alternativ zu den entsprechenden [X.] Fachbegriffen „Paddelstange“ und „[X.]“ verwendet. [X.]s handelt sich dabei um eine Hilfsrotorebene in Form einer Stange, die der Stabilisierung des Modellhubschraubers dient und die Fernsteuerung des Fluggeräts erleichtert.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, „Bar“ stehe in Alleinstellung für ein Stabilisierungssystem, lässt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen und hat sich auch nach einer Recherche des Senats nicht bestätigt. Soweit in den aufgeführten englischsprachigen Patentanmeldungen der Begriff „bar“ in Alleinstellung in der Bedeutung „Stabilisierungsstange“ verwendet wird, bezieht er sich als Kürzel auf die zuvor verwendeten Begriffe „[X.]“ bzw. „Stabilizing bar“. Der „[X.]“ ist lediglich eine einzelne Komponente eines Stabilisierungssystems für Modellhubschrauber, steht aber nicht für das System als Ganzes. Diese Komponente entfällt - dies ist der große Vorteil - bei bestimmten elektronisch gestützten Stabilisierungssystemen, was sich positiv auf die Flugfähigkeit des Helikopters auswirkt. [X.]ntsprechend werden solche Systeme auch als „flybarless“ bezeichnet, also nicht als „[X.]“, da der „Bar“ gerade nicht mehr erforderlich und vorhanden ist. Während also bei „[X.]-Book“, „[X.]-Zigarette“ oder „[X.]-Mail“ noch ein der ursprünglichen Sache äußerlich nahekommender Gegenstand vorhanden ist, entfällt der „[X.]“ bei dem entsprechenden elektronischen Steuerungssystem ersatzlos. Deshalb wird der Verkehr die Wortbildung „[X.]“ nicht in vergleichbarer Weise wie die Begriffe „[X.]-Book“ oder „[X.]-Zigarette“ ohne weitere Gedankenschritte als Sachhinweis verstehen, zumal auch die entsprechende Paddelstange in der Regel nicht isoliert mit „Bar“ bezeichnet wird, sondern konkreter als „stabilizer bar“ oder „flybar“. [X.]in Minimum an Unterscheidungskraft ist dem Zeichen zuzusprechen, auch im Hinblick auf die Interpretationsfähigkeit des an den Anfang gestellten „[X.]“. Nichts anderes gilt für die weiteren Waren in den Klassen 9, 12 und 28, für die die angegriffene Marke Schutz genießt. Für diese Waren ist ein beschreibender Sinngehalt des Zeichens „[X.]“ weder ersichtlich noch von der Beschwerdeführerin vorgetragen.

3. Da die Marke über das nötige Minimum an Unterscheidungskraft verfügt, stellt sie auch keine beschreibende und deshalb freihaltebedürftige Merkmalsangabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar. Auch eine Irreführungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] ist nicht vorhanden, da diese voraussetzt, dass der Begriff als reiner Sachbegriff verstanden wird.

4. Auch das Schutzhindernis der bösgläubigen Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] ist nicht gegeben, wie die Markenabteilung mit zutreffender Begründung festgestellt hat.

Von einer Bösgläubigkeit der Anmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Dies kommt in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbar ähnliches Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der [X.] in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder aber die mit der [X.]intragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.]kampfes einsetzt. Als böswillig kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines [X.] zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen ([X.] 2016, 378, Rdnr. 17 - LIQUIDROM m. w. N.)

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

a) [X.]in schutzwürdiger Besitzstand der Beschwerdeführerin an dem angegriffenen Zeichen ist schon nach ihrem eigenen - von der Beschwerdegegnerin zudem bestrittenen - Vortrag nicht gegeben. Danach hat sie das nahezu identische Zeichen „[X.]“ im [X.] 2011 bei einem einzigen Verkauf an einen Fachhändler von Modellfluggeräten in [X.] benutzt und entsprechende Waren unter der Marke „[X.]“ auf der Veranstaltung [X.] in L…, [X.], im August 2011 vorgestellt. Diese Benutzung ist nicht geeignet, einen schutzwürdigen Besitzstand zu begründen. Die Annahme eines schutzwürdigen Besitzstandes setzt voraus, dass das Zeichen im Inland bei Anmeldung der angegriffenen Marke entweder aufgrund einer im Inland erfolgten Nutzung oder im Hinblick auf eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland eine gewisse Bekanntheit erreicht hat ([X.] 2008, 621, Rdnr. 22 - AKAD[X.]MIKS). Die Anforderungen an einen durch Nutzung im Ausland erworbenen Besitzstand sind damit wesentlich höher, als wenn das Zeichen durch den [X.] im Inland benutzt worden ist. Damit wird dem Territorialprinzip Rechnung getragen, wonach der Schutz im Ausland grundsätzlich die Anmeldung einer gleichen Marke im Inland nicht hindert. Aus der in [X.] und den [X.] jeweils einmaligen Nutzung des Zeichens „[X.]“ kurz vor Anmeldung der angegriffenen Marke kann eine überragende Verkehrsbekanntheit im Ausland nicht abgeleitet werden. [X.]ine solche kann nur angenommen werden, wenn sie durch langjährige Benutzung, hohe Umsatzzahlen, Marktanteile und entsprechende [X.] belegt ist, nicht aber durch eine vereinzelte Benutzung unmittelbar vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung des angegriffenen Zeichens.

b) Auch für die Annahme, die Markeninhaberin habe das Zeichen angemeldet, um es zweckfremd als Mittel des [X.]kampfes einzusetzen, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Denn die Markeninhaberin hatte zwar nach ihrem eigenen Vortrag Kenntnis von der Vorbenutzung des Zeichens „[X.]“ durch die Beschwerdeführerin im Ausland. Sie hat jedoch vorgetragen und durch Bestätigungen ihrer Geschäftspartnerin glaubhaft gemacht, dass sie das Zeichen „[X.]“ zeitlich vor der Beschwerdeführerin selbständig mit ihrer Geschäftspartnerin entwickelt hat, um es für eine eigene Produktreihe zu benutzen. Die Beschwerdeführerin ist diesem Vortrag nach seiner Glaubhaftmachung nicht entgegen getreten. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke in [X.] ebenfalls in erster Linie dem Schutz der eigenen Produkt- und Markenentwicklung der Beschwerdegegnerin im Inland diente und keine wettbewerbswidrigen Ziele mit ihr verfolgt wurden. Der Umstand, dass sie das Zeichen bisher im Inland noch nicht benutzt hat, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, zumal sich die Marke noch in der [X.] befindet.

5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt es bei der gesetzlichen Regelung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], wonach jeder Beteiligte seine eigenen Kosten trägt. Besondere Umstände, die es rechtfertigen, die Kosten aus Billigkeitsgründen der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, sind nicht vorgetragen. Der grundlose Abbruch von Vergleichsverhandlungen stellt keinen solchen Umstand dar, da es jeder [X.] frei gestellt sein muss, ob sie eine [X.]inigung mit dem Gegner herbeiführt oder nicht. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin das Beschwerdeverfahren nicht mehr aktiv betrieben hat, rechtfertigt eine Auferlegung der Kosten aus Billigkeitsgründen nicht, zumal die Beschwerdegegnerin nicht vorgetragen hat, dass ihr aus diesem Verhalten zusätzliche vermeidbare Kosten entstanden sind. Für eine Kostenauferlegung auf die Beschwerdegegnerin bietet das Verfahren schon deshalb keinen Anlass, weil sie im Beschwerdeverfahren obsiegt.

Meta

28 W (pat) 11/13

13.04.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.04.2016, Az. 28 W (pat) 11/13 (REWIS RS 2016, 13070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13070

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