Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.01.2014, Az. VII R 10/12

7. Senat | REWIS RS 2014, 8317

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Gegenstand

Angaben zum Abtretungsgrund in einer Anlage zur Abtretungsanzeige - Unwirksamkeit der Abtretungsanzeige bei fehlender Bezugnahme


Leitsatz

Die vom Gesetz verlangten Angaben zum Abtretungsgrund können jedenfalls dann nicht durch Beifügung einer Anlage zu der vorgeschriebenen Abtretungsanzeige gemacht werden, wenn es auf dem amtlichen Vordruck an jeder Bezugnahme auf eine solche Unterlage fehlt .

Tatbestand

1

I. Die [X.]läger und Revisionskläger ([X.]läger) berühmen sich gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) aus abgetretenem Recht eines Anspruchs auf einen Teil der vom [X.] zu Gunsten der durch den Beigeladenen am Verfahren beteiligten X-GmbH (GmbH) festgesetzten Investitionszulagen 1999 und 2000 nebst [X.]. Diese hat ihre damals noch rechtshängigen Ansprüche gegen das [X.] angeblich im Januar 2004 den [X.]lägern abgetreten. Eine entsprechende [X.] nach amtlichem Vordruck ist am 1. Juni 2004 beim [X.] eingegangen. Der Grund der Abtretung war auf dem Vordruck nicht angegeben. Jedoch behaupten die [X.]läger, der Anzeige sei die Abtretungsvereinbarung beigefügt gewesen.

2

Das [X.] hielt die Abtretung für unwirksam und hat hierüber 2008 den angefochtenen Abrechnungsbescheid erlassen. Es hat den strittigen Betrag unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme beim Amtsgericht hinterlegt.

3

Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren angerufene Finanzgericht ([X.]) hat die [X.]lage abgewiesen. Es urteilte, es sei nicht zu erkennen, dass der [X.] die Abtretungsvereinbarung beigeheftet gewesen sei. Die Aussage des dazu als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Geschäftsführers der GmbH (im Folgenden: [X.]) habe den Senat davon nicht überzeugt; der Zeuge habe insgesamt keinen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Es habe auch keine Verpflichtung des [X.] bestanden, auf den Mangel der [X.] hinzuweisen, zumal der abgetretene Anspruch damals noch nicht festgesetzt gewesen sei.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der [X.]läger, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts rügen:

5

Das [X.] hätte, wenn die [X.] ohne die Abtretungsvereinbarung vorgelegt worden wäre, hierauf gemäß § 89 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) hinweisen müssen. Sein Ermessen sei insoweit auf null reduziert gewesen. Es hätte ihm auffallen müssen, dass Angaben zum [X.] fehlten, weil sie offensichtlich versehentlich oder aus Unkenntnis des Gesetzes unterblieben seien. Das habe auch die zwingende besondere Verfahrensfürsorgepflicht des § 89 Abs. 1 Satz 2 [X.] verlangt.

6

Es bestehe ein Folgenbeseitigungsanspruch. Im Übrigen sei die GmbH nicht schützenswert, da sie kein Vertrauen in die Unwirksamkeit der Abtretung habe setzen können. Die Zwecke des § 46 Abs. 3 Satz 1 [X.] seien im Streitfall nicht berührt.

7

Die Revision macht ferner geltend, dass die Überzeugungsbildung des [X.] hinsichtlich der angeblich unterbliebenen Vorlage der Abtretungsvereinbarung nicht nachvollziehbar begründet worden sei. So hätte als naheliegendste Erklärung für das Unterbleiben eines Hinweises auf das Fehlen einer Angabe zum [X.] erörtert werden müssen, dass für den Sachbearbeiter der [X.] aufgrund einer beigefügten Abtretungsvereinbarung hinreichend erläutert war. Auch spreche die vom [X.] monierte selektive Erinnerung des Zeugen nach allgemeinen Grundsätzen nicht gegen, sondern für seine Glaubwürdigkeit. Der Zeuge habe die gleiche Aussage bereits 2009 in Form einer eidesstattlichen Versicherung gemacht.

8

Das [X.] trägt vor, § 89 [X.] sei schon deshalb nicht verletzt, weil eine Prüfung der [X.] nicht Aufgabe der Investitionszulagenstelle sei, die den Eingang bestätigt habe, sondern Aufgabe der [X.]asse, sobald der festgesetzte Anspruch zur Auszahlung anstehe. Im Übrigen setze die Vorschrift das tatsächliche Erkennen eines Fehlers voraus.

9

Ferner tritt das [X.] den Angriffen der [X.]läger gegen die Beweiswürdigung des [X.] entgegen und meint, die [X.]lage sei aufgrund der Hinterlegung des strittigen Investitionszulagebetrags mangels [X.] unzulässig. Es stünden im Verhältnis zu den [X.]lägern vorrangige Abtretungen im Raum. Selbst wenn daher der von den [X.]lägern begehrte Abrechnungsbescheid erlassen würde, sei dadurch über deren Ansprüche nicht entschieden. Sei die Abtretung an die vorrangigen Zessionare wirksam, bliebe für die [X.]läger kein Auszahlungsbetrag übrig. Die [X.]läger müssten deshalb ihre Empfangsberechtigung im Wege des [X.] vor dem ordentlichen Gericht geltend machen. Eine Entscheidung im finanzgerichtlichen Verfahren betreffe kein insoweit vorgreifliches Rechtsverhältnis.

Der Beigeladene unterstützt das [X.] und meint, es habe sich bei der Abtretung um eine Sicherungsabtretung gehandelt, so dass sie nicht nur wegen der unstreitig fehlenden Angabe des [X.]es unmittelbar auf dem amtlichen Vordruck der [X.], sondern auch deshalb unwirksam sei, weil die Anfechtungsvoraussetzungen des § 133 der [X.] vorlägen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Urteil des [X.] entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 [X.]O).

1. Es kann dahinstehen, ob das [X.] von seiner Verbindlichkeit auf Auszahlung der Investitionszulage 1999 bzw. 2000 an die Berechtigten, u.a. möglicherweise die [X.]läger, durch Hinterlegung frei geworden und der angefochtene Bescheid folglich insofern rechtmäßig ist, als er feststellt, dass die [X.]läger gegenüber dem [X.] keinen Anspruch auf Auszahlung des abgetretenen [X.] haben. Denn die Revision erweist sich aus anderen, davon unabhängigen Gründen als unbegründet.

2. Nach § 46 Abs. 3 [X.] ist die Abtretung von Ansprüchen auf Steuervergütungen der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe u.a. des [X.] anzuzeigen; die Anzeige ist auf einem amtlichen Vordruck abzugeben. Das ist im Streitfall nicht geschehen, so dass die Abtretung unwirksam ist.

Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Erörterung, ob und unter welchen näheren Voraussetzungen es der vorgenannten Vorschrift genügen kann, wenn sich der Grund für die Abtretung zwar nicht unmittelbar aus den Angaben auf dem amtlichen Vordruck, sondern anderweitig, z.B. aus beigefügten Unterlagen oder der Finanzbehörde bekannten Umständen der Abtretung ergibt oder er sich zumindest ohne Weiteres ermitteln lässt. Denn die Möglichkeit einer "Auslegung", auf die sich die [X.]läger in diesem Zusammenhang berufen haben, ist selbstredend dann nicht gegeben, wenn es an jeglichen Angaben in dem amtlichen Vordruck fehlt. Es widerspräche offenkundig dem Sinn der gesetzlichen Vorschrift, dass die [X.] auf einem amtlichen Vordruck abzugeben ist, zuzulassen, dass dieser Vordruck teilweise unausgefüllt bleibt und die von § 46 Abs. 3 Satz 1 [X.] geforderten Angaben in anderer Weise, z.B. durch die Beifügung von Anlagen zu dem amtlichen Vordruck gemacht werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn es auf dem amtlichen Vordruck an jeder Bezugnahme auf eine solche Unterlage fehlt, eine von den Unterschriften unter der [X.] (§ 46 Abs. 3 Satz 2 [X.]) erfasste Verbindung zwischen der Anzeige und solchen Unterlagen also nicht hergestellt wird. Nicht ohne Grund hat im Übrigen der Beigeladene darauf hingewiesen, dass im Streitfall diese Verbindung auch deshalb zweifelhaft erscheinen kann, weil zwischen dem Datum der [X.] und deren Vorlage nebst Anlage (Abtretungsvereinbarung) eine erhebliche zeitliche Lücke klaffe.

Es wäre danach die Abtretung auch dann nicht wirksam, wenn das Vorbringen der [X.]läger zuträfe, die Abtretungsvereinbarung sei mit der [X.] dem [X.] übergeben worden, was das [X.] nicht festgestellt hat. Dass die Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang, wie die Revision meint, nicht nachvollziehbar sei oder, wie ebenfalls geltend gemacht wird, gegen die Denkgesetze verstoße, vermag der erkennende Senat allerdings ohnehin nicht festzustellen, ganz abgesehen davon, dass das Vorbringen der Revision darauf hinausläuft, das [X.] habe --und zwar einzig und allein aufgrund der Zeugenaussage des [X.], denn andere Beweismittel lagen nicht [X.] die in der [X.] der [X.]läger liegende Tatsache der Übergabe der Abtretungsvereinbarung feststellen müssen. Davon könnte indes selbst dann keine Rede sein, wenn man --was sich ohnehin dem Urteil des Revisionsgerichts [X.] die vom [X.] genannten Anhaltspunkte für die mangelnde Glaubhaftigkeit der Aussage des [X.] und seine insgesamt fehlende Glaubwürdigkeit für nicht durchschlagend hält. Dass es im Übrigen nicht etwa jenseits der Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung lag, aus dem Umstand, dass die [X.]läger nach Eingang der [X.] nicht sofort auf das Fehlen der Angaben zum [X.] in dem amtlichen Vordruck hingewiesen worden sind, nicht zu schließen, dass diese Angaben anderweitig --nämlich durch die Vorlage der [X.] gemacht worden sind, begreift sich nahezu von selbst.

3. Die Abtretung ist schließlich auch nicht etwa deshalb als wirksam zu behandeln, weil das [X.] gegen eine Verpflichtung verstoßen hätte, die [X.]läger auf die fehlende Angabe zum [X.] bzw. die fehlende Vorlage der Abtretungsvereinbarung alsbald hinzuweisen. Abgesehen davon, dass § 89 Abs. 1 [X.] dem [X.] nicht die Pflicht auferlegt, eine [X.] bei Eingang sogleich darauf zu überprüfen, ob die Abtretung wirksam ist, und das Bestehen einer Hinweispflicht voraussetzt, dass --was das [X.] nicht festgestellt [X.] das [X.] die Unvollständigkeit der [X.] tatsächlich erkannt hat, könnten die aufgrund eines pflichtwidrigen Unterlassens des [X.] eingetretenen und nicht mehr heilbaren Folgen der Unwirksamkeit der Abtretung nicht mehr beseitigt werden. Wenn die Revision sich insoweit auf einen Folgenbeseitigungsanspruch beruft, verkennt sie dessen Voraussetzungen bzw. das, was aufgrund eines solchen Anspruchs begehrt werden kann. So wenig wie sich nach einem rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff der [X.] mittelbare Fernwirkungen richtet und grundsätzlich auch nicht einen Eingriff in die inzwischen von [X.] erworbenen Rechtspositionen gestattet, könnte als Beseitigung der Folgen des rechtswidrigen Unterlassens eines Hinweises des [X.] auf die fehlende Angabe des [X.] verlangt werden, dass das [X.] die aufgrund des unterbliebenen Hinweises und der dadurch mutmaßlich verursachten nicht rechtzeitigen Nachholung der betreffenden Angabe eingetretene Unwirksamkeit der Abtretung und deren zu Gunsten der Zedentin eingetretenen weitere Folge, dass diese Inhaberin der [X.] geblieben ist, "beseitigt", wofür es in dem Verhältnis zu der Zedentin allemal an einer Rechtsgrundlage fehlte. Die von den [X.]lägern begehrte "Folgenbeseitigung" könnte vielmehr nur in der (nutzlosen) Nachholung des unterlassenen Hinweises bestehen.

Meta

VII R 10/12

28.01.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 17. November 2011, Az: 4 K 1315/2009, Urteil

§ 46 Abs 3 AO, § 89 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.01.2014, Az. VII R 10/12 (REWIS RS 2014, 8317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8317

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