Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.06.2010, Az. 27 W (pat) 31/10

27. Senat | REWIS RS 2010, 5398

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PhotoPerfect" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 307 45 251.4

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 28. Juni 2010 durch [X.] als Vorsitzenden und die Richter [X.] und Kruppa

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.] hat zunächst mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 10. Dezember 2007 die für die Waren und Dienstleistungen

2

3

4

5

6

7

8

9

erfolgte Anmeldung der Kennzeichnung

[X.]

teilweise für die Waren und Dienstleistungen

nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen.

Auf die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 17. November 2009 den vorgenannten Beschluss aufgehoben, soweit hierin die Anmeldung für

Die teilweise Zurückweisung ist damit begründet, dass das aus dem Substantiv „Photo“ und dem als „ideal, ohne Fehler; frei von Mängeln; vollkommen“ zu verstehenden Adjektiv „Perfect“ bestehende Zeichen vom Publikum in seiner Gesamtheit nur als ein Hinweis auf ein „Foto ohne Fehler“, also ein „perfektes Foto“ aufgefasst werde. Hierbei handele es sich um eine Aneinanderreihung von schlagwortartigen Ausdrücken mit beschreibendem Charakter, wie sie in der Werbung auf allen Gebieten allgemein üblich seien, was auch für die Hintanstellung des Adjektivs gelte; die grammatikalische Abweichung führe daher nicht dazu, dass das angesprochene Publikum in der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ lediglich ein Phantasiewort und keinen Sachhinweis erkenne. An dem erkennbaren Sinngehalt ändere sich auch nichts durch die Binnengroßschreibung und den fehlenden lexikalischen Nachweis. In dieser Bedeutung liege aber für alle zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ein bloßer Sachhinweis vor. Denn diese Waren könnten dazu eingesetzt werden, „perfekte Fotos“ durch Bearbeitung zu erzielen, zu erstellen oder wiederzugeben, und die zurückgewiesenen Dienstleistungen könnten das „perfekte Foto“ zum Gegenstand haben oder sich thematisch hiermit befassen. An der fehlenden Schutzfähigkeit ändere sich auch nichts durch den Hinweis der Anmelderin auf die Eintragung „[X.]“, da zum einen diese erst aufgrund einer Entscheidung des [X.] erfolgt sei und damit keine Eintragungspraxis des [X.] widerspiegele, und zum anderen aus [X.] kein Anspruch auf Eintragung später angemeldeter Marken hergeleitet werden könne.

Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die [X.] sei schutzfähig, weil sie über ausreichende Unterscheidungskraft verfüge. Sie sei sprachregelwidrig gebildet und eigentümlich und werde vom Verkehr als [X.] verstanden. Die angefochtenen Entscheidungen ließen einen hinreichend engen beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht erkennen und führten dies auch nicht konkret für diese Waren und Dienstleistungen aus.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s 17. November 2009 aufzuheben, soweit die Erinnerung zurückgewiesen worden sei, und die Eintragung der angemeldeten Marke auch für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu beschließen.

II.

A. Da die Anmelderin keinen (Hilfs-)Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat eine solche auch nicht für sachdienlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.

B. Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] im Umfang ihrer Zurückweisung mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.], welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 [X.] für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der [X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ([X.]. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem [X.] als [X.] vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – [X.]/[X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; [X.], 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. [X.] [X.], 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – [X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – [X.]/[X.]; [X.] 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; [X.] 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. [X.], 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – [X.]; [X.], [X.], 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 [Rz. 32] - [X.]; [X.] 2004, 99, 109 [Rz. 97] - [X.]; [X.] 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD).

c) Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt und was auch die Anmelderin im Beschwerdeverfahren nicht bestritten hat, ist die [X.] für den Verkehr erkennbar aus den beiden Bestandteilen „Photo“ und „Perfect“ gebildet, was sich insbesondere aus der Binnengroßschreibung des Buchstabens „P“ ergibt, bei dem es sich um eine insbesondere in der Werbung vielfältig benutzte Schreibweise handelt. Da die beiden Wörter nicht nur zum einfachsten [X.] Grundwortschatz gehören, sondern auch ihren [X.] Übersetzungen („Foto“ und „perfekt“) weitgehend entsprechen, werden breiteste Teile des von den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen angesprochenen Publikums die Marke ohne Weiteres im Sinne von „Foto perfekt“ und damit als „perfektes Foto“ verstehen. Dass das Adjektiv hintangestellt ist, ändert an diesem spontanen Verständnis der [X.] nichts. Die Ansicht der Anmelderin, es handele es sich hierbei um eine sprachregelwidrige Bildung, ist schon für die [X.] nicht richtig; zwar ist dort üblicherweise - wie in der [X.] Sprache - das Adjektiv dem Substantiv vorangestellt, trotzdem findet sich - wie dem Senat aus eigener Kenntnis bekannt ist - die in der [X.] gewählte grammatikalische Form - wie im Übrigen auch im [X.] Sprachkreis - vielfältig etwa in poetischen Texten, an denen sich wiederum die Werbesprache sowohl in englisch- als auch in [X.] bevorzugt orientiert, weil in beiden Fällen ein sprachliches Bedürfnis an der möglichst knappen, einprägsamen und möglichst umfassenden Benennung von Sachverhalten besteht. Ungeachtet dessen ist es dem menschlichen Sprachverständnis eigen, auch bislang ungewohnten Sprachgebilden eine Bedeutung zuzuweisen, die in aller Regel ausgehend von den bisherigen Sprachgewohnheiten gebildet wird (vgl. [X.] WRP 2002, 982, 984 - [X.]). Bei der erkennbaren Hintanstellung von Adjektiven liegt es für denjenigen, welcher der Bezeichnung entgegentritt, aber insbesondere aufgrund seiner Gewöhnung aus poetischen und Werbetexten nahe, die Hintanstellung durch die sprachübliche Voranstellung aufzulösen und die entsprechend gebildete Substantiv-Adjektiv-Kombination wie eine Adjektiv-Substantiv-Kombination zu verstehen. Es ist daher nichts dafür zu erkennen, was dagegen spräche, dass das angesprochene Publikum die [X.] „[X.]“ nicht im Sinne von „perfect photo“ bzw. - weitgehend gleichlautend in der [X.] Sprache von: - „perfektes Foto“ spontan versteht.

c) In dieser Bedeutung liegt es für den Verkehr aber nahe, der [X.] für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nur einen beschreibenden Hinweis auf ihre möglichen einzelnen Merkmale zu entnehmen. Die Markenstelle hat dies im Einzelnen zutreffend ausgeführt; diesen Ausführungen schließt sich der Senat an, da es offensichtlich ist, dass die Erstellung „perfekter Fotos“ als Inhalt, Gegenstand, Thema oder Ziel von konkreten einzelnen Waren und Dienstleistungen, welche unter die von der Zurückweisung betroffenen Oberbegriffe im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der [X.] fallen können, in Betracht kommen kann.

Soweit die Anmelderin hiergegen in ihrer Beschwerdebegründung Einwendungen erhoben hat, verkennt sie, dass es für die Zurückweisung bereits ausreicht, wenn eine einzige konkrete Ware, welche unter die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen Oberbegriffe fallen kann, in einem einzigen von mehreren ihnen möglicherweise zukommenden Merkmalen durch die angemeldete Bezeichnung beschrieben werden kann. Soweit sie sich darauf beruft, unter diese Oberbegriffe fielen auch Waren, für welche die Eignung zur Herstellung perfekter Fotos nicht in Betracht komme, ist dies daher irrelevant. Teilweise sind die Einwendungen auch unzutreffend, wie etwa dass es Computer nur zur Erstellung von Fotos nicht gebe und dem Verbraucher nicht bekannt sei; denn wie etwa der bekannte „[X.] Kiosk“ zeigt, der sich in vielen Geschäften - darunter zahlreiche Drogeriemärkte - findet und allein der unmittelbar vom Verbraucher bedienten und hierbei durch Computer gesteuerten Herstellung von Papierabzügen von digital aufgenommenen Fotografien dient, ist das Gegenteil der Fall. Insgesamt sind die Einwendungen der Anmelderin damit nicht geeignet, die zutreffenden Feststellungen der Markenstelle in Frage zu stellen.

d) Soweit die Anmelderin sich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende [X.]. Ungeachtet der von der Markenstelle (im Ansatz aber zutreffend) aufgeworfenen Frage, ob die erst durch einen Beschluss des [X.] bewirkte Eintragung hierfür überhaupt ausreichen kann, leitet sich aus der Schutzgewährung für andere Marken kein Anspruch auf Eintragung ab. [X.] führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. [X.] [X.] 2008, 163, 167 [Rz. 39] - [X.]); [X.], 674, [X.]. 43, 44 - Postkantoor; [X.], 428, Nr. 63 - [X.]; BPatG [X.] 2007, 351, 352 f. - Topline; [X.], 333, 335 ff. - [X.]; [X.], 423 - amazing discoveries; [X.], 425 - [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.] verbietet die [X.] es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. [X.], [X.], 667, 668 [Rz. 15 ff.] - [X.] und ZVS).

2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der [X.] zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

27 W (pat) 31/10

28.06.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.06.2010, Az. 27 W (pat) 31/10 (REWIS RS 2010, 5398)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5398

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

27 W (pat) 512/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Die Lokale (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


28 W (pat) 98/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "fit für fit" – Unterscheidungskraft


28 W (pat) 587/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Putzlust" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


28 W (pat) 559/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "CompactBone" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 21/19 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Perfect Colours" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.