Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2004, Az. VI ZR 335/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 462

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. November 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja

[X.]R: ja

[X.] § 823 Ha, § 828 Abs. 2

Das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 [X.] in der Fassung des [X.] zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 ([X.]) greift nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur ein, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat.
[X.], Urteil vom 30. November 2004 - [X.] - LG Trier

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.]n zu 1 gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 28. Oktober 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Am 12. September 2002 veranstalteten der damals neun Jahre alte [X.] zu 1 (nachfolgend: [X.]r), sein Zwillingsbruder und ein Klassenka-merad auf der Fahrbahn der [X.] in [X.] ein Wettrennen mit [X.]. Obgleich der [X.] im Umgang mit einem Kickboard geübt war, stürzte er aus Unachtsamkeit. Sein Kickboard prallte gegen den ordnungsgemäß am rechten Straßenrand geparkten PKW des [X.]. Es entstand ein Sachscha-den, für den der Kläger nebst weiteren Folgeschäden vom [X.]n und - wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht - auch von dessen Eltern Ersatz begehrt hat. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] den [X.]n zu einem Schadensersatz in Höhe von 1.904,16 • verurteilt und seine weitergehende Berufung sowie die gegen seine Eltern gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelas-- 3 - senen Revision begehrt der [X.] die Wiederherstellung des erstinstanzli-chen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 172 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der [X.] sei gemäß § 823 Abs. 1 [X.] verpflichtet, dem Kläger die aus der Beschädigung seines Fahrzeugs entstandenen Schäden zu ersetzen. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht nach § 828 Abs. 2 Satz 1 [X.] (n.F.) ausgeschlossen. Zwar könne nach dessen Wortlaut ein Sachverhalt wie der vorliegende ohne weiteres der Haftungsprivilegierung unterfallen. Der Ge-setzeswortlaut reiche aber offensichtlich zu weit, weshalb er einschränkend auszulegen sei. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei es ein wichtiges Ziel des Gesetzgebers gewesen, die haftungsrechtliche Situation von Kindern im motorisierten Verkehr nachhaltig zu verbessern und den [X.] gemäß §§ 9 StVG, 4 HPflG und 254 [X.] im Verhältnis zu Kindern aus-zuschließen. Deshalb sei der Anwendungsbereich des § 828 Abs. 2 [X.] dahin teleologisch zu reduzieren, daß ein "Unfall mit einem Kraftfahrzeug" nur vorlie-ge, wenn sich die von einem in Bewegung befindlichen Kraftfahrzeug ausge-hende typische Gefahr realisiert habe. Voraussetzung der Haftungsprivilegie-rung sei deshalb, daß sich das Kraftfahrzeug in Bewegung, also im sogenann-ten "fließenden" Verkehr befinde. Die von einem parkenden Kraftfahrzeug aus-gehenden Gefahren würden sich nicht von denen eines ordnungsgemäß abge-- 4 - stellten Fahrrads, eines Baumes oder einer Mauer unterscheiden. Eine weiter-gehende Haftungsprivilegierung führte zudem zu unbilligen Ergebnissen. I[X.] Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Der [X.] ist gemäß § 823 Abs. 1 [X.] verpflichtet, dem Kläger den aufgrund des Zusammenpralls seines [X.] mit dessen PKW entstande-nen Schaden zu ersetzen. 1. Unter den Umständen des Streitfalls hat das Berufungsgericht zutref-fend angenommen, daß die Verantwortung des [X.]n nicht gemäß § 828 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausgeschlossen ist. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjähri-gen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EG[X.] nach § 828 [X.] in der [X.] zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 ([X.]). Danach ist für den Schaden, den er bei ei-nem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat. a) Wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen, könnte der hier zu be-urteilende Sachverhalt nach dem Wortlaut des neugefaßten § 828 Abs. 2 Satz 1 [X.] ohne weiteres unter das Haftungsprivileg für Minderjährige fallen. Aus sei-nem Wortlaut geht nicht hervor, daß das Haftungsprivileg davon abhängen soll, ob sich das an dem Unfall beteiligte Kraftfahrzeug im fließenden oder - wie der hier geschädigte parkende PKW - im ruhenden Verkehr befindet. Auch aus der systematischen Stellung der Vorschrift ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber - 5 - einen bestimmten Betriebszustand des Kraftfahrzeugs zugrunde legen wollte, zumal er bewußt nicht das Straßenverkehrsgesetz, sondern das allgemeine Deliktsrecht als Standort für die Regelung gewählt hat (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Allein diese Auslegungsmethoden führten daher nicht zu dem Ergebnis, daß § 828 Abs. 2 [X.] auf Fälle des fließenden Verkehrs von [X.] begrenzt ist. Andererseits ist dem Wortlaut der Vorschrift auch nicht zweifelsfrei zu entnehmen, daß sie sich ohne Ausnahme auf sämtliche Unfälle beziehen soll, an denen ein Kraftfahrzeug beteiligt ist, wie schon die seit ihrem Inkrafttreten dazu veröffentlichten kontroversen Meinungen im Schrifttum zei-gen (vgl. für eine weite Auslegung: [X.], Einführung in das neue Schadens-recht, 2003, Rn. 232 ff.; [X.] [X.], 130, 132; [X.]/[X.], [X.], 1104 ff.; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 828, Rn. 6; [X.], [X.], 499, 501 ff.; für eine einschränkende Auslegung: [X.], [X.], 237, 238; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 828 Rn. 2a; [X.]/[X.], [X.], 218, 220; [X.], [X.], 2003, § 3 Rn. 48 ff.; [X.], [X.] 2003, 168, 170; [X.], [X.], 318, 324; [X.], [X.] 2004, 155, 157). Im Hinblick darauf würde bei einer einschränkenden Auslegung oder bei einer im Schrifttum und in der bisher veröffentlichten Rechtsprechung (vgl. neben dem Berufungsurteil auch [X.] NJW 2004, 858 und [X.], 453) in Bezug auf parkende Fahrzeuge befürworteten teleologischen Re-duktion der Vorschrift jedenfalls keine einschränkende Anwendung vorliegen, die einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn verliehe oder den normativen Gehalt der auszulegenden Norm grundle-gend neu bestimmte und deshalb nicht zulässig wäre (vgl. [X.] NJW 1997, 2230). b) Da der Wortlaut des § 828 Abs. 2 [X.] nicht zu einem eindeutigen Er-gebnis führt, ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte [X.] des Gesetzgebers mit Hilfe der weiteren [X.] zu ermitteln, - 6 - wobei im vorliegenden Fall insbesondere die Gesetzesmaterialien von [X.] sind. Aus ihnen ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit, daß das [X.] des § 828 Abs. 2 Satz 1 [X.] nach dem Sinn und Zweck der [X.] nur eingreift, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des moto-risierten Verkehrs realisiert hat. Mit der Einführung der Ausnahmevorschrift in § 828 Abs. 2 [X.] wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, daß Kinder regelmäßig frü-hestens ab Vollendung des zehnten Lebensjahres imstande sind, die besonde-ren Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, und sich den [X.] entsprechend zu verhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.], 26). [X.] wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell (vgl. dazu Wille/[X.], VersR 1971, 878, 882; Kuhlen, [X.], 273, 276; Scheffen, 29. [X.] 1991, Referat [X.], [X.]; dieselbe in Festschrift [X.], 1995, [X.], 388 ff.) und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen (vgl. Empfehlungen des [X.] 1991, S. 9; Antrag von Abgeordneten und der Fraktion [X.]/[X.] vom 18. Juli 1996, BT-Drucks. 13/5302, [X.] ff.; Antrag von Abgeordneten und der [X.] vom 11. [X.] 1996, BT-Drucks. 13/6535, [X.], 5 ff.) erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, regelmäßig zum Tragen kommen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Für eine solche Begrenzung sprach, daß sich Kinder im motorisierten Verkehr durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befinden. Gerade in diesem [X.] 7 - feld wirken sich die Entwicklungsdefizite von Kindern besonderes gravierend aus. Demgegenüber weisen der nicht motorisierte Straßenverkehr und das all-gemeine Umfeld von Kindern gewöhnlich keine vergleichbare Gefahrenlage auf (vgl. Bollweg/[X.], [X.], 2002, Teil 3, § 828 [X.], Rn. 11; BT-Drucks. 14/7752, [X.] f., 26 f.). Diese Erwägungen zeigen, daß Kinder nach dem Willen des Gesetzgebers auch in dem hier maßgeblichen Alter von sieben bis neun Jahren für einen Schaden haften sollen, wenn sich bei dem Schadensereignis nicht ein typischer Fall der Überforderung des [X.] durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat und das Kind deshalb von der Haftung freigestellt werden soll. Dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei diesem Haftungsprivileg zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr unterscheiden wollte, wenn es auch im fließenden [X.] häufiger als im sog. ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, daß sich in besonders gelagerten Fällen - zu denen der Streitfall aber nicht gehört - auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des [X.] verwirklichen kann (vgl. etwa Senatsurteile [X.] 29, 163, 166 f. und vom 25. Oktober 1994 - [X.] ZR 107/94 - [X.], 90, 92). Der Gesetzgeber wollte vielmehr lediglich den Fällen einer typischen Überforderung der betroffenen Kinder durch die spezifischen Gefahren des motorisierten [X.]s Rechnung tragen. Zwar wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, der neue § 828 Abs. 2 [X.] lehne sich an die Terminologie der Haftungsnormen des [X.] an (vgl. BT-Drucks. aaO, [X.]). Die danach fol-gende Erläuterung, im motorisierten Straßenverkehr sei das deliktsfähige Alter heraufzusetzen, weil bei dort plötzlich eintretenden Schadensereignissen in der Regel die altersbedingten Defizite eines Kindes beim Einschätzen von Ge-schwindigkeiten und Entfernungen zum Tragen kämen (vgl. BT-Drucks. aaO [X.] f.), zeigt aber deutlich, daß für den Gesetzgeber bei diesem Aspekt nicht - 8 - das bloße Vorhandensein eines Motors im Fahrzeug ausschlaggebend war, sondern vielmehr der Umstand, daß die Motorkraft zu Geschwindigkeiten führt, die zusammen mit der Entfernung eines Kraftfahrzeugs von einem Kind vor Vollendung des zehnten Lebensjahres nur sehr schwer einzuschätzen sind (vgl. Bollweg/[X.], aaO). Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Gesetzgeber nur dann, wenn sich bei einem Schadensfall eine typische Überforderungssitua-tion des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat, eine Ausnahme von der Deliktsfähigkeit bei Kindern vor Vollen-dung des zehnten Lebensjahres schaffen wollte. Andere Schwierigkeiten für ein Kind, sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu verhalten, sollten diese Aus-nahme nicht rechtfertigen. Insoweit ging der Gesetzgeber davon aus, daß [X.] in dem hier maßgeblichen Alter mit solchen Situationen nicht generell über-fordert sind und die Deliktsfähigkeit daher grundsätzlich anzunehmen ist. Das wird auch deutlich bei der Begründung, weshalb das Haftungsprivileg in Fällen vorsätzlicher Schädigung nicht gilt. Hierzu heißt es, daß in diesen Fällen die Überforderungssituation als schadensursächlich auszuschließen sei und sich jedenfalls nicht ausgewirkt habe (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.], 27; [X.], [X.], 433, 442). Allerdings kam es dem Gesetzgeber darauf an, die Rechtsstellung von Kindern im Straßenverkehr umfassend zu verbessern. Sie sollte insbesondere nicht davon abhängen, ob das betroffene Kind im Einzelfall "Täter" oder "Opfer" eines Unfalls ist, denn welche dieser beiden Möglichkeiten sich verwirklicht, hängt oft vom Zufall ab (vgl. [X.], [X.] 2000, Referat Nr. III/4, [X.]21; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 828 Rn. 4). Die Haftungsprivilegierung Minderjähriger erfaßt deshalb nicht nur die Schäden, die Kinder einem anderen zufügen. Da § 828 [X.] auch für die Frage des Mitverschuldens nach § 254 [X.] maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil [X.] 34, 355, 366), hat die Haftungsfreistellung Minderjähriger auch zur Folge, daß - 9 - Kinder dieses Alters sich ihren eigenen Ansprüchen, gleichviel ob sie aus all-gemeinem Deliktsrecht oder aus den Gefährdungshaftungstatbeständen des [X.] oder des Haftpflichtgesetzes hergeleitet werden, ein Mitverschulden bei der Schadensverursachung nicht entgegenhalten lassen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]; Bollweg/[X.], [X.], § 828 Teil 3, Rn. 5; [X.]/[X.] [X.], 218, 219). § 828 Abs. 2 [X.] gilt deshalb unabhängig davon, ob das an einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug beteiligte Kind Schädiger oder Geschädigter ist.
Diese Grundsätze können im Streitfall jedoch nicht eingreifen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unter den Umständen des [X.] das Schadensereignis nicht auf einer typischen Überforderungssi-tuation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs beruht, so daß das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht eine Freistellung des [X.]n von der Haftung verneint hat. 2. Entgegen der Auffassung der Revision steht auch § 828 Abs. 3 [X.] einer haftungsrechtlichen Verantwortung des [X.]n nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 [X.], der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewußt zu sein. Auf die individuelle Fähigkeit, sich die-ser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsurteile vom 28. Februar 1984 - [X.] ZR 132/82 - [X.], 641, 642 m.w.[X.] und vom 29. April 1997 - [X.] ZR 110/96 - [X.], 834, 835). Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt der in Anspruch genom-mene Minderjährige; ab dem Alter von 7 Jahren wird deren Vorliegen vom Ge-- 10 - setz widerlegbar vermutet (vgl. Senatsurteil vom 29. April 1997 - [X.] ZR 110/96 - aaO; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 828 [X.], Rn. 2 m.w.[X.]). Der [X.] hat zu einem Mangel, das Gefährliche seines Tuns erken-nen und sich der Verantwortung seines Tuns bewußt sein zu können, nichts vorgetragen. Der von der Revision herangezogene Vortrag, der [X.] habe mit dem Kickboard zunächst die Fahrbahn einer Spielstraße befahren und habe deren Ende im Eifer des veranstalteten [X.] übersehen, bevor es zu dem Unfall mit dem PKW des [X.] gekommen sei, betrifft nicht die [X.] des [X.]n im Sinne von § 828 Abs. 3 [X.]. 3. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch ein fahrlässiges Verhalten (§ 276 [X.]) des [X.]n bejaht. a) Ein solches Verhalten setzt voraus, daß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen (§ 276 Abs. 2 [X.]) und dabei die Möglichkeit ei-nes Schadenseintritts erkannt oder sorgfaltswidrig verkannt wurde sowie ein die Gefahr vermeidendes Verhalten möglich und zumutbar war (vgl. Senatsurteile [X.] 58, 48, 56 und vom 10. November 1992 - [X.] ZR 45/92 - [X.], 230, 231; [X.] Urteil vom 23. Oktober 1952 - [X.] - LM Nr. 1 zu § 828 [X.]). Dabei ist dem Alter des Schädigers Rechnung zu tragen (vgl. [X.] Urteil vom 23. Oktober 1952 - [X.] - aaO). Bei einem Minderjährigen kommt es darauf an, ob Kinder bzw. Jugendliche seines Alters und seiner Entwick-lungsstufe den Eintritt eines Schadens hätten voraussehen können und müssen und es ihnen bei Erkenntnis der Gefährlichkeit ihres Handelns in der konkreten Situation möglich und zumutbar gewesen wäre, sich dieser Erkenntnis gemäß zu verhalten (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 1970 - [X.] ZR 157/68 - [X.], 374, 375 und vom 29. April 1997 - [X.] ZR 110/96 - [X.], 834, 835). - 11 - b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Kinder in der Altersgruppe des [X.]n wissen, daß sie sich so zu verhalten haben, daß ihr Kickboard nicht gegen einen parkenden PKW prallt und diesen beschädigt. Es ist ihnen auch möglich und zumutbar, dieses Spielgerät so zu benutzen, daß eine solche Schädigung vermieden wird. Die danach gebotene Sorgfalt hat der [X.] mißachtet, indem er im Wettrennen mit seinem Bruder und einem Freund so schnell fuhr, daß er stürzte und sein Kickboard führungslos mit dem PKW des [X.] zusammenstieß. Insoweit ist ohne Bedeutung, ob der [X.] das [X.] der Spielstraße im Eifer des [X.] übersah, da er die vorgenannten Sorgfaltspflichten auf allen Verkehrsflächen hätte beachten müssen. 4. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß sich unter den vom [X.] festgestellten Umständen die Betriebsgefahr des parkenden Fahrzeugs ausgewirkt haben könnte, so daß auch nicht eine Mithaftung des [X.] nach den Grundsätzen des § 254 [X.] in Betracht kommt. - 12 - II[X.] Die Revision ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO [X.].

Müller [X.] [X.]

Pauge

[X.]

Meta

VI ZR 335/03

30.11.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2004, Az. VI ZR 335/03 (REWIS RS 2004, 462)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 462

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