VG Ansbach, Urteil vom 07.05.2019, Az. AN 1 K 17.02543

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wiederkehrende Dichtheitsprüfung einer Entwässerungsanlage


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des Anwesens … in … (FlNr. … der Gemarkung … im Gemeindegebiet der Beklagten).

Die Beklagte nahm im Jahr 2010 aufgrund einer Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in ihrer Entwässerungssatzung (EWS) eine Verpflichtung für Grundstückseigentümer auf, wonach diese die von ihnen zu unterhaltenden Grundstücksentwässerungsanlagen und den Grundstücksanschluss in periodischen Abständen nach den Regeln der Technik, insbesondere nach DIN 1986-30 (Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 30: Instandhaltung) in der jeweils gültigen Fassung, auf Bauzustand, insbesondere Dichtheit und Funktionsfähigkeit, untersuchen und festgestellte Mängel unverzüglich beseitigen haben zu lassen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 EWS). Die Satzung trat zum 1. Januar 2010 in Kraft und legte den Prüfzeitraum für Anlagen zur Ableitung von häuslichem Abwasser erstmalig bis spätestens 31. Dezember 2015 fest (§ 12 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EWS). Mit einem Informationsblatt, das die Beklagte den Grundabgabenbescheiden Anfang des Jahres 2016 beifügte, wurde nochmals auf diese Überprüfungspflicht hingewiesen.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 übermittelte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung des Unternehmens …, vom 18. Dezember 2008. Demnach wurde am 17. Dezember 2008 auf dem obengenannten Anwesen der Klägerin eine Verstopfung des Revisionsschachts festgestellt und im Hauptkanal mit einer Motorspirale behoben sowie die Grundleitung gespült. Als Schadensursache wurde ein Wurzeleinwuchs angegeben.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die vorgelegten Unterlagen lediglich die Reinigung eines Anschlusskanals beträfe. Es wurde daraufhin gewiesen, dass alle Abwassergrundleitungen, die an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sind, zu überprüfen seien. Unter Fristsetzung zum 30. Juli 2016 wurde die Klägerin aufgefordert, die Grundstücksentwässerungsanlage entsprechend der Entwässerungssatzung untersuchen zu lassen und festgestellte Schäden zu sanieren sowie ein Prüfprotokoll nach erfolgter Sanierung vorzulegen.

Mit weiterem Schreiben der Beklagten vom 11. August 2016 wurde die Klägerin mit Verweis auf § 12 EWS erneut aufgefordert, bis spätestens 1. September 2016 die mit Schreiben vom 27. Januar 2016 geforderten Unterlagen nachzureichen.

Mit Schreiben vom 15. August 2016 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie das Unternehmen … … beauftragt habe.

Letztmals mit E-Mail vom 30. August 2016 verlängerte die Beklagte daraufhin die gesetzte Frist bis zum 30. September 2016.

Nachdem die geforderten Nachweise bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingegangen waren, erließ die Beklagte am 8. November 2017 folgenden Bescheid:

1. Die Firma … GmbH & Co. KG wird aufgefordert, die Mängelfreiheit der Grundstücksentwässerungsanlage einschließlich des privaten Anschlusskanals für das obengenannte Grundstück mittels Dichtheitsprüfung dem Bauaufsichtsamt der Stadt … nachzuweisen. Für den Nachweis ist das Prüfprotokoll und der dazu gehörige Grundstückentwässerungsplan vorzulegen.

2. Falls die Firma … GmbH & Co. KG ihrer Verpflichtung aus Nr. 1 dieses Bescheides nicht vollständig bis spätestens 21. Dezember 2017 nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR zur Zahlung fällig.

3. Die Firma … GmbH & Co. KG hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR erhoben. Die Auslagen betragen 3,13 EUR. Der Gesamtbetrag von 153,13 EUR ist bis 24. November 2017 auf eines der genannten Konten der Stadtkasse zu überweisen.

Ziffer 1 des Bescheides wurde auf § 12 EWS und § 22 Abs. 1 EWS gestützt, wonach die Beklagte zur Erfüllung von Verpflichtungen aus der Entwässerungssatzung Anordnung für den Einzelfall erlassen könne. Der Bescheid wurde der Klägerin am 10. November 2017 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit E-Mail vom 13. November 2017 bat die Klägerin um Fristverlängerung und Rücknahme des Bescheides.

Dem kam die Beklagte mit E-Mail vom 15. November 2017 unter Verweis darauf, dass bereits 2008 Schäden festgestellt worden seien und schon damals eine Sanierung notwendig gewesen wäre sowie die Verfahrensdauer von fast zwei Jahren, nicht nach. Die Klägerin ließ mit Schriftsatz ihrer anwaltlichen Bevollmächtigten vom 7. Dezember 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erheben und beantragte zunächst:

Der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2017 wird aufgehoben.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2018 wurde darauf hingewiesen, dass die Beklagte zahlreiche Eigentümer in Anspruch genommen habe, weshalb die Auftragsbücher der entsprechenden Firmen, deren Anzahl überschaubar sei, voll gewesen seien. Erst am 25. September 2017 habe man auf die rechtzeitig gestellte Anfrage ein Angebot des Unternehmens … … erhalten. Daraufhin sei der Klägerin als nächstmöglicher Termin für die Durchführung der Arbeiten der 18. Dezember 2017 genannt worden. Gerade begründet in dem Umstand, dass die Beklagte mehr oder weniger die gesamte Stadt gleichzeitig in Anspruch genommen habe, seien Termine für die Mängelbeseitigung so kurzfristig, wie von der Beklagten gefordert, schlichtweg nicht zu bekommen gewesen. Die Klägerin habe die Grundstückentwässerungsanlage bzw. den entsprechenden Kanal des Grundstücks im Jahr 2016 fachmännisch befahren lassen. Dabei sei zu Tage getreten, dass sämtliche Mängel auf Wurzeleinwuchs zurückzuführen seien. Die wesentlichen Mängel seien nicht auf dem Grundstück der Klägerin, sondern auf öffentlichen Grund zu finden. Die Wurzeln könnten eindeutig Birken zugeordnet werden, die sich lediglich auf öffentlichem Grund sowie auf dem Grundstück … …, nicht jedoch auf dem Grundstück der Klägerin, befänden.

Die Formulierung „in periodischen Abständen“ in § 12 Abs. 1 EWS verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, da für den Eigentümer nicht voraussehbar und berechenbar sei, in welchen Abständen er in Anspruch genommen werde (vgl. BVerfGE 110, 33, 53 ff.; BVerwG, U.v. 9.3.1990 - 8 C 20/88, NVwZ 1990, 867).

Zudem liege eine fehlerhafte Ermessensentscheidung vor. Die Beklagte habe durch die Inanspruchnahme zahlreicher Grundstückseigentümer selbst zur Verknappung des Angebots von Betrieben für fachmännische Befahrungen und Mängelbeseitigungen beigetragen. Zudem habe die Beklagte überhaupt nicht in Erwägung gezogen, Dritte, jedenfalls nicht die Klägerin als Grundstückseigentümerin, zu verpflichten. Dabei komme es entscheidend darauf an, dass die Klägerin keine Verantwortung an den zu beseitigen Mängeln (Wurzeleinwuchs) treffe. Vielmehr gehe der Wurzeleinwuchs von öffentlichem Grund aus. Die Beklagte selbst sei zur Beseitigung der Eigentumsstörung verpflichtet (§ 1004 Abs. 1 BGB). Daher könne sie nicht von der Klägerin als Geschädigten durch eine Gebotsverfügung die Behebung eingetretener und die Verhütung künftiger Störungen hoheitlich fordern. Dies verstoße gegen den auch im Verwaltungsrecht anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben. Eine derartige Auslegung von § 12 Abs. 4 EWS (landesrechtliche Satzung) sei mit der bundesrechtlichen Bestimmung des § 1004 Abs. 1 BGB unvereinbar (Art. 31 GG). Die Beklagte habe mit Blick auf die Unmöglichkeit einer früheren Beauftragung sowie hinsichtlich der Störerauswahl kein Ermessen ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch).

Dem Schreiben waren u.a. ein Angebot zur Kanalreparatur der … … GmbH vom 29. August 2017 (Bl. 36 der Gerichtsakte) sowie eine Auftragsbestätigung vom 10. Oktober 2017 (Bl. 43 der Gerichtsakte), gemäß der der 18. Dezember 2017 als nächstmöglicher Termin benannt wurde, als Anlagen beigefügt.

Mit Schreiben vom 30. August 2018 trat die Beklagte dem entgegen und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Entwässerungssatzung der Beklagten nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoße, da die DIN 1986 - 30 (Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 30: Instandhaltung), auf deren jeweils gültige Fassung die Satzung Bezug nehme, die Untersuchungsabstände regle.

Die Beklagte habe auch keine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen. Die Klägerin habe ausreichend Zeit zur Mängelbeseitigung gehabt, zumal nach Inkrafttreten der Satzung ein 5-jähriger Prüfzeitraum bestanden habe. Zudem sei die Beklagte gemäß § 9 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 EWS verpflichtet, den Grundstücksanschluss und die Grundstücksentwässerungsanlage zu unterhalten. In ihrer Verantwortung liege daher auch die wiederkehrende Überprüfung und Sanierung der Abwasseranlage.

Die Beklagte legte zudem einen Änderungsbescheid vom 29. August 2018 vor und regte an, diesen in das Verfahren einzubeziehen. Mit dem Änderungsbescheid vom 29. August 2018 wurde verfügt:

Die Ziffer 2 im Bescheid der Stadt … vom 8. November 2017 wird wie folgt geändert:

Für den Fall, dass die Firma … … GmbH & Co. KG ihrer Verpflichtung aus der Ziffer 1 des Bescheides vom 8. November 2017 nicht oder nicht vollständig innerhalb von drei Monaten nach Eintritt von dessen Unanfechtbarkeit nachgekommen ist, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR zur Zahlung fällig.

Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2019 erklärten die Klägerbevollmächtigten zunächst, dass eine über die bisherigen Schriftsätze hinausgehende Stellungnahme nicht erfolgen werde.

Auf gerichtliche Nachfrage hin teilten die anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass sämtliche Mängel an der Entwässerungsanlage der Klägerin beseitigt worden seien. Zum Nachweis wurde ein auf den 5. Februar 2018 datiertes Prüfprotokoll der Fachfirma … aus … nebst Grundstücksentwässerungsplan vorgelegt. Der Bescheid der Beklagten habe sich daher erledigt. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund konkreter Wiederholungsgefahr, da sie Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Anwendungsbereich der Entwässerungssatzung der Beklagten sei. Unter Bezugnahme auf den bisherigen schriftsätzlichen Vortrag wurde nochmals ausgeführt, dass die Satzung nicht dem Bestimmtheitsgebot entspreche. Die DIN-Vorschriften seien für den Bürger grundsätzlich nicht frei einsehbar und es sei nicht ersichtlich, wann eine Überprüfung stattzufinden habe. Aufgrund der Dynamik der DIN-Vorschriften bestünde eine fortwährende Überprüfungspflicht seitens des Bürgers. Dies führe zu einer fehlenden Konkretisierung. Zudem wurde nunmehr beantragt,

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2017 bezüglich des Vollzugs der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt … in Bezug auf das Grundstück der Klägerin FlNr. … der Gemarkung …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, rechtswidrig war.

Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 2. Mai 2019 mit, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin vorliege und damit die Klageänderung sachdienlich sei. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass auf DIN-Normen zurückgegriffen werden könne. Während der Öffnungszeiten könnten beim Bauaufsichtsamt der Beklagten DIN-Vorschriften kostenfrei eingesehen werden. Auch auf der Homepage der Beklagten seien umfassende Informationen zur wiederkehrenden Überprüfung von privaten Abwasseranlagen eingestellt. Die Klage sei daher unbegründet.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2019 erklärte die anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers, dass auch der Änderungsbescheid vom 29. August 2018 in das Verfahren einbezogen werden solle. Zuletzt wurde daher beantragt,

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2017 in der Gestalt vom 29. August 2018 bezüglich des Vollzugs der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt … in Bezug auf das Grundstück der Klägerin Flurstück in … der Gemarkung …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, rechtswidrig war.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die ursprünglich als Anfechtungsklage erhobene Klage wurde im Rahmen einer zulässigen Klageänderung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage geändert.

Die Klägerin begehrte ursprünglich die Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2017 im Wege einer Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. Da nach Klageerhebung die Entwässerungsanlage der Klägerin saniert wurde und hierüber ein Nachweis durch Vorlage eines Prüfprotokolls geführt wurde, trat eine Erledigung der Hauptsache ein. Daher hat die Klägerin die Klage geändert. Ihr nunmehr verfolgtes Ziel, die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 8. November 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2018 festzustellen, stellt eine zulässige Form der Klageänderung dar, da diese sachdienlich ist, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO.

Diese Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Nachdem die Klägerin unstreitig Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Geltungsbereich der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt … (nachfolgend: EWS) ist, besteht aufgrund einer möglichen Wiederholungsgefahr auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Auch sonst sind keine Aspekte ersichtlich, die der Zulässigkeit der Klage entgegenstehen würden, zumal die ursprüngliche Klage zulässig, insbesondere fristgemäß, war und somit gegenüber der Ausgangsklage kein weitergehender Rechtsschutz gewährt wird.

Die Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2018 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung rechtmäßig war und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wurde, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Rechtsgrundlage für den Bescheid ist § 22 Abs. 1 EWS, wonach die Beklagte zur Erfüllung der nach der Entwässerungssatzung bestehenden Verpflichtungen Anordnungen für den Einzelfall erlassen kann. Die Entwässerungsanlage der Klägerin war unstrittig seit dem Jahr 2008 beschädigt und daher undicht. Sie entsprach daher nicht mehr dem Stand der Technik und wurde somit in Widerspruch zu § 9 Abs. 2 Satz 1 EWS und § 60 Abs. 1 Satz 3 WHG betrieben. Zudem sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EWS für Anlagen zur Ableitung von häuslichem Abwasser erstmalig bis spätestens 31. Dezember 2015 insbesondere Dichtheitsprüfungen durchzuführen und entsprechende Nachweise zu erstellen, § 12 Abs. 1 Satz 6 EWS. Auf Verlangen der Beklagten ist der Eigentümer verpflichtet, das Protokoll vorzulegen, § 12 Abs. 1 Satz 8 EWS. Dem ist die Klägerin bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht nachgekommen. Somit ist eine Verpflichtung aus der Entwässerungssatzung durch die Klägerin nicht erfüllt worden.

Es sind auch keine Ermessensfehler ersichtlich. Nach dem Vortrag der Beklagten wurde bereits im Jahr 2010 die Überprüfungspflicht bis zum 31. Dezember 2015 in die Entwässerungssatzung übernommen. Somit stand der Klägerin ausreichend Zeit zur Verfügung, ihre Verpflichtung fristgemäß nachzukommen. Überdies hat die Beklagte mehrmals Fristverlängerungen gewährt, innerhalb derer eine Prüfung möglich gewesen wäre. Im konkreten Fall der Klägerin ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte weitere Fristverlängerungen hätte gewähren müssen, da Schäden an der Entwässerungseinrichtung der Klägerin bereits seit dem Jahr 2008 bekannt waren und somit auch im Hinblick auf einen effektiven Schutz des Grundwassers Handlungsbedarf bestand. Aus Sicht der erkennenden Kammer ist daher auch dem Umstand ausreichend Rechnung getragen worden, dass mehrere Grundstückseigentümer zeitgleich versucht haben mögen, entsprechende Firmen zu beauftragen, und es daher zu Engpässen gekommen sein mag.

Des Weiteren ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Anordnung gegen die Klägerin gerichtet hat. Der Grundstückseigentümer ist sowohl für den Unterhalt des Grundstücksanschlusses (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EWS) als auch der Grundstücksentwässerungsanlage (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EWS) verantwortlich. Diese sogenannte Anliegerregie, die auch in § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS eine rechtliche Grundlage erfährt, begründet eine umfassende Pflicht des Grundstückseigentümers, die Grundstücksentwässerungsanlagen zu unterhalten. Demnach ist vorrangig der Grundstückseigentümer in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Fall war insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits Schäden an der Entwässerungseinrichtung der Klägerin festgestellt wurden und somit zur Sicherstellung einer effektiven Gefahrenabwehr eine Heranziehung der Klägerin nicht ermessensfehlerhaft war.

Ob tatsächlich Schäden durch das Wurzelwerk von Bäumen verursacht wurden, die sich auf Grundstücken der Beklagten oder auch benachbarten Grundstücken befinden, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner weiteren Klärung. Zum einen ist vorrangig die Klägerin aufgrund der satzungsrechtlich geregelten Anliegerregie für die Dichtheit der Anlage verantwortlich, zum anderen mussten mögliche, nach zivilrechtlichen Regelungen haftende Grundstückseigentümer, nicht ermittelt werden, da dem die Effektivität der Gefahrenabwehr entgegensteht. Auch ist ein offensichtlich überwiegendes Mitverschulden der Beklagten weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass auch kein atypischer Fall vorliegt, der die Inanspruchnahme der Klägerin als unbillig erscheinen lässt. Insbesondere befinden sich sowohl auf dem Grundstück der Klägerin als auch auf Nachbargrundstücken Bäume (Bl. 123 der Gerichtsakte), deren Wurzelwerk die Schäden verursacht haben können.

Zuletzt besteht auch kein Verstoß gegen Art. 31 GG. Diese Norm regelt als eine grundlegende Vorschrift des Bundesstaatsprinzips die Lösung von Widersprüchen zwischen Bundes- und Landesrecht. Sie bestimmt das Rangverhältnis für alle Arten von Rechtssätzen jeder Rangstufe, nicht aber für Einzelfallentscheidungen, auch nicht der Gerichte. Art. 31 GG löst die Kollision von Normen und setzt daher zunächst voraus, dass die Regelungen des Bundes- und Landesrechts auf denselben Sachverhalt anwendbar sind. Schon dies ist hier nicht der Fall, da die in der Entwässerungssatzung geregelte öffentlich-rechtliche Störerverantwortlichkeit keine Aussage über die endgültige zivilrechtliche Kostenverteilung zwischen gegebenenfalls mehreren Störern trifft (BayVGH, B.v. 27.9.2012 - 4 ZB 11.1826 - juris Rn. 8 ff.).

Auch wenn es vorliegend aus Sicht der erkennenden Kammer streitentscheidend nicht auf die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS ankommt, da streitgegenständliche lediglich die erstmalige Prüfung der Dichtheit und nicht eine Folgeprüfung der Entwässerungsanlage der Klägerin ist, so begründet sich auch in einer Gesamtschau von § 12 Abs. 1 Satz 1 und 6 EWS keine rechtlichen Bedenken, insbesondere sind diese Vorschriften nicht nichtig. Der Klägerin ist zuzugeben, dass die Beklagte entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 des Musters für eine gemeindliche Entwässerungssatzung (AllMBl. 2012 S. 182), gemäß dem eine wiederkehrende Prüfung in Abständen von jeweils 20 Jahren zu erfolgen hat, keine konkrete Frist für wiederkehrende Prüfungen in der Entwässerungssatzung angegeben hat. Jedoch ist dies im vorliegenden Fall unschädlich, da sich die konkreten Fristen aus der einschlägigen DIN-Norm 1986-30 ergeben. Schon der Gesetzgeber hat in § 60 Abs. 1 Satz 2 WHG hinsichtlich der Errichtung, des Betriebs und Unterhalts von Abwasseranlagen auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik verwiesen. Es ist deshalb jedenfalls im Bereich der Abwasserentsorgung nicht zu beanstanden, wenn der Normgeber in seiner Satzung in Anlehnung an die gesetzliche Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 WHG auf eine DIN-Norm Bezug nimmt. Dadurch wird lediglich der Inhalt der getroffenen Regelung verdeutlicht (BayVGH, B.v. 26.6.2015 - 4 ZB 15.150 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 4.6.2018 - 4 ZB 17.2066 - juris Rn. 12). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die einschlägigen DIN-Normen vorhält und somit jederzeit die Betroffenen vom Inhalt der DIN-Vorschriften verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können. Zudem wäre es der Klägerin auch zumutbar, die DIN-Normen bei dem deutschen Patent- und Markenamt in München oder den DIN-Norm-Auslegestellen, wo diese hinterlegt sind, einzusehen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 3 C 21/12 - juris Rn. 21 ff.).

Auch hinsichtlich Ziffer 3. des streitgegenständlichen Bescheides, mit dem Gebühren und Auslagen erhoben werden, bestehen seitens des Gerichts keine rechtlichen Bedenken.

Die zunächst in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 rechtswidrige Zwangsgeldandrohung wurde jedenfalls mit Bescheid vom 29. August 2018, der von den Bevollmächtigten der Klägerin zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde, wirksam verfügt.

Die Beklagte hat zunächst in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR androht und der Klägerin zugleich eine Frist zum 21. Dezember 2017 gesetzt (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Die Anordnung eines Sofortvollzuges der unter Ziffer 1. angeordneten Verpflichtung ist jedoch unterblieben. Die gesetzte Frist ist ergebnislos verstrichen, ohne dass die Klägerin ihrer Verpflichtung nachgekommen ist. Jedenfalls mit dem Ablauf der gesetzten Frist zur Erfüllung ist Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 rechtswidrig geworden, weil die am 7. Dezember 2017 erhobene Klage mangels Anordnung eines Sofortvollzuges aufschiebende Wirkung entfaltete (§ 80 Abs. 1 VwGO). Infolge des Eintritts der aufschiebenden Wirkung durch die Klageerhebung bestand keine vollstreckbare Verpflichtung mehr. Erweist sich die Fristsetzung deshalb als gegenstandslos, gilt dies auch für das Zwangsmittel.

Allerdings wurde durch die erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 29. August 2018 eine wirksame Zwangsgeldandrohung verfügt. Diese beruht auf § 22 Abs. 2 EWS, Art. 29, 31, 36 VwZVG. Die Höhe des Zwangsgeldes, das sich an dem wirtschaftlichen Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, orientieren soll (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG), ist angesichts der voraussichtlichen Kosten für Sanierung und Dichtheitsprüfung der Grundstücksentwässerungsanlage ebenso wenig rechtlich zu beanstanden, wie die Regelung, dass das Zwangsgeldes drei Monate nach Unanfechtbarkeit des Bescheides fällig wird.

Da der Bescheid vom 8. November 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2018 rechtmäßig ist, ist die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Klägerin unterliegt mit ihrer Klage hinsichtlich Ziffer 1. und 3. des Bescheides vom 8. November 2017, weshalb sie diesbezüglich die Kosten zu tragen hat, § 154 Abs. 1 VwGO.

Zwar war die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 rechtswidrig und wurde erst nachträglich durch den Änderungsbescheid vom 29. August 2018 wirksam verfügt, jedoch stellt dies für die Beklagte lediglich ein Unterliegen zu einem geringen Teil dar, weshalb die Klägerin auch diesbezüglich die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

AN 1 K 17.02543

07.05.2019

VG Ansbach

Urteil

Sachgebiet: K

Zitier­vorschlag: VG Ansbach, Urteil vom 07.05.2019, Az. AN 1 K 17.02543 (REWIS RS 2019, 7566)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7566

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

M 10 K 18.4550 (VG München)

Anschluss einer Milchkammer an Entwässerungsanlage


4 ZB 15.1385 (VGH München)

Pflicht zur Vorlage von Plänen für Entwässerungsanlagen


M 10 K 15.2667 (VG München)

Pflicht zum Anschluss eines Grundstücks an die Entwässerungseinrichtungen


B 4 K 13.742 (VG Bayreuth)

Grundstücksentwässerungsanlage, Planunterlagenanforderung, Überprüfung, Zulassungsverfahren, Störungsbeseitigung, Drainagenanlage, Verdacht, Ermessensverwaltungsakt, Entwässerungssatzung, Entwässerungseinrichtung, Mischwasserkanal, Anfangsverdacht, Satzungsnorm, Verbandsgebiet


M 10 K 18.2924 (VG München)

Nichtigkeit einer Satzung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 C 21/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.