27. Senat | REWIS RS 2013, 6951
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Markenbeschwerdeverfahren – "Willi Ostermann Wanderweg" – zur Nutzung von Namen historischer Persönlichkeiten – zum postmortalen Persönlichkeitsschutz – keine absoluten Schutzhindernisse
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 021 101.1
hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 2. April 2013
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 14. Januar 2013 wird aufgehoben.
I.
Die Anmeldung der Wortmarke
[X.] Wanderweg
hat die Markenstelle für Klasse 41 des [X.] für die Dienstleistungen
35 Werbung
39 Veranstaltung von Reisen
41 kulturelle Aktivitäten
zurückgewiesen.
Das ist damit begründet, die angemeldete Bezeichnung weise auf den Karnevalsliedersänger [X.] hin. Den Verbrauchern sei bekannt, dass Wanderwege nach Persönlichkeiten benannt würden. Der Hinweis sei beschreibend in dem Sinn, dass an dem Weg Stationen und Begebenheiten aus dem Leben von [X.] aufgezeigt würden.
Der Anmelder hat dagegen Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, Straßen und Wege würden oft nach einer Person benannt.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den [X.]uss der Markenstelle aufzuheben.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung von "[X.] Wanderweg" als Marke stehen keine Schutzhindernisse entgegen.
Das angemeldete Zeichen ist weder beschreibend im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] noch fehlt ihm die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind nur unmittelbar waren- und dienstleistungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Marken besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher für die fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern bestehen, die nicht als Unterscheidungsmittel wirken.
"[X.]" weist wie andere Eigennamen auch von Haus aus einen individualisierenden Charakter auf und ist deshalb zur Erfüllung einer Herkunftsfunktion geeignet. Personennamen sind nach der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 [X.] abstrakt markenfähig ([X.], 615 (619)) und unterliegen denselben Kriterien bei der Schutzfähigkeitsprüfung wie andere Markenkategorien (vgl. [X.] GRUR 2004, 946, Rn. 25 - [X.]; [X.], 591 - Georg-Simon-Ohm; [X.], [X.]. v. 27. März 2012, [X.]. 27 W (pat) 83/11 - Robert Enke).
Bei Namen bekannter Personen ist die Möglichkeit einer herkunftshinweisenden Individualisierung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. [X.], [X.]uss vom 6. Februar 2008, [X.]. 32 W (pat) 92/06 - Maya Plisetskaya).
Die kennzeichnende Funktion des Namens geht auch in einer Kombination mit "Wanderweg" nicht verloren.
Die Nutzung von Namen historischer Persönlichkeiten ist dem Publikum neben der ebenfalls unterscheidungskräftigen Benennung von öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Universitäten, Theatern etc., auch im Zusammenhang mit Straßen und Wegen geläufig. Gerade Straßennamen enthalten mit einem Namen eine Hinweiswirkung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und dienen der eindeutigen Adressierung.
Dies gilt auch für Wanderwege, die wie Berghütten nach einem bekannten Bergsteiger benannt sein können. So erinnert der „Franz-Senn-Weg“ vom Seejöchl zur „Senn-Hütte“ an den Gründer des [X.] und den Förderer des Tourismus durch Ausbau und kartographische Erfassung von Wegen insbesondere im Ötztal.
Dass ein [X.] eine berühmte Bergroute beschreibt, ist nicht zu erwarten. Anspruchsvolle Bergbesteigungen werden mit „Grad“ oder „Route“ bezeichnet. So führt die „Welzenbach-Route“, benannt nach dem bedeutenden Bergsteiger [X.], über die 900 m hohe 55 Grad steile [X.]. Der „[X.]“ gegenüber liegt am [X.] die „[X.]“ mit dem „Hillary-Step".
"[X.]" ist zudem kein Name, bei dem Gedanken an derartige Routen aufkommen.
Werden einfachere Wanderwege nach Personen benannt, so dient dies allgemein dem Andenken an den Namensgeber oder dem Dank für die Unterstützung beim Ausbau des Wegs, wie der oben genannte „Franz-Senn-Weg“.
Dass auf nach Personen benannten Wanderwegen das Leben und Wirken des Namensgebers dargestellt wird, kann das angesprochene Publikum ohne sonstige Hinweise einer Bezeichnung wie "[X.] Wanderweg" allenfalls nach einer sehr eingehenden und analysierenden Betrachtung entnehmen.
Dies gilt auch für das Verständnis als Weg auf den Spuren [X.]s (etwa durch [X.]). Für solche Stadtführungswege ist die Bezeichnung "Wanderweg" nicht gebräuchlich.
"[X.] Wanderweg" kann auch nicht mit einem Gattungsbegriff wie "Waldlehrpfad" gleichgestellt werden.
Es gibt auch keinerlei Belege dafür, dass "[X.] Wanderweg" oder "[X.] " als Sachbezeichnung, wie "[X.]" und "[X.]" für Motoren, "Diesel" für Kraftstoffe oder "[X.]" für einen Gesellschaftsanzug, im Lieder- und Kulturbereich gebräuchlich wäre.
Der Name "[X.]" ist auch nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.]). Dass sich "[X.] Wanderweg" oder "[X.]“ zu einer üblichen Bezeichnung oder einem allgemein werberelevanten Motiv im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] entwickelt hat, ist nicht feststellbar (anders [X.] GRUR-RR 2002, 12 f. zu [X.](Kugeln); vgl. auch [X.] GRUR 2008, 461 (467); [X.] in [X.], 2006, [X.] (392).
Im Rahmen der hier gebotenen Prüfung ist keine Genehmigung der Erben des 1936 verstorbenen Namensträgers erforderlich, um eine ersichtliche Täuschung oder einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung bzw. eine Verbot im Sinne der [X.]. 4, 5 und 9 des § 8 Abs. 2 [X.] auszuschließen.
Selbst wenn man den Bezeichnungen von Kulturgütern einen Markenschutz versagen wollte, wäre dies auf die Namen von Personen nicht übertragbar (anders [X.], [X.], [X.] (507 f.) für Staatsrepräsentanten). Der postmortale Persönlichkeitsschutz ist nämlich eine eng begrenzte Ausnahme von dem Prinzip, dass die Rechtsfähigkeit und das damit verknüpfte Persönlichkeitsrecht mit dem Tod des Rechtsträgers erlöschen. Eine positive Zuordnung an die Allgemeinheit, wie sie zur Gemeinfreiheit von Kunstwerken diskutiert wird, scheidet hier grundsätzlich aus ([X.], 615 ll.2.b.dd).
Der Schutz gegen die Verletzung postmortaler Persönlichkeitsrechte ([X.] BIPMZ 2000, 384 - Fr. Marc; DPMA [X.]. v. 28. Januar 2002, [X.]. [X.]/00 - [X.]; [X.] 2005, 552 (555); [X.] [X.] 2003, 1 (5); [X.] GRUR 2001, 29 (33); [X.] NJW 1999, 1890) betrifft im [X.] nicht zu berücksichtigende private Rechte. Diese sind relative Schutzhindernisse im Sinn von § 13 Abs. 2 [X.], die nicht zusätzlich im Rahmen der [X.]. 1 bis 10 des § 8 Abs. 2 [X.] zu prüfen sind ([X.] 2005, 552 (555); [X.], 615 (621)), zumal die Annahme einer Persönlichkeitsverletzung eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erfordert, für die im Rahmen des Anmeldeverfahrens kein Raum ist ([X.] BIPMZ 2000, 384 - Fr. Marc; [X.] WRP 2005, 570 (574 f.); [X.] 2005, 552 (555); [X.], 615 (621); [X.] GRUR 2008, 461 (468); [X.] in [X.], 2006, [X.] (393 f.); a. A. [X.] GRUR 2001, 29 (33); vgl. auch [X.] [X.] 2003, 1 (5); anders [X.], [X.]. v. 2. März 2004 - [X.]. 24 W (pat) 36/02, BeckRS 2008, 26492 - [X.], hinsichtlich der Anmeldung einen Tag nach ihrem Tod).
Hier wird der Name von [X.] zudem weder in dem angemeldeten Zeichen in einen Kontext gestellt noch mit Dienstleistungen in Verbindung gebracht, die das Andenken an ihn in jeglicher denkbaren Verwendung beeinträchtigen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Anmelder keinen Benutzungswillen hatte, liegen hier nicht vor. Aus der Funktion des Anmelders als ehemaliger Präsident der „[X.] Gesellschaft“ kann nicht geschlossen werden, dass er mit der Anmeldung der Marke allein das Ziel verfolgen würde, Dritte von der Nutzung auszuschließen ([X.] GRUR-RR 2009, 58 – Hooschebaa).
III.
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht trotz der bekannten Entscheidungen des Senats zu Namensbezeichnungen und diesen im Kontext mit Preisen und Hochschulen kein Anlass, da es nicht als Verfahrensfehler angesehen werden kann, diese Rechtsprechung zu „Wanderweg“ einer Prüfung zu unterziehen.
Meta
02.04.2013
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.04.2013, Az. 27 W (pat) 513/13 (REWIS RS 2013, 6951)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 6951
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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