Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.07.2018, Az. 27 W (pat) 28/16

27. Senat | REWIS RS 2018, 6329

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Gegenstand

(Markenbeschwerdeverfahren – "LEZZO/Lezzo Gida Paz. San. Ve Tic. AS (geschäftliche Bezeichnung)/LEZZO (geschäftliche Bezeichnung)" – prägendes Firmenschlagwort – Berechtigung, die Benutzung der jüngeren Marke zu untersagen – zur Kennzeichnungskraft – Branchennähe – Verwechslungsgefahr -lediglich durch grafische Gestaltung kann ein Firmenschlagwort nicht seine eigentliche Funktion als solche verlieren – Vorbringen der fehlenden Durchsetzung des Firmenschlagwortes auf dem deutschen Markt und der fehlenden Bekanntheit – Unerheblichkeit in rechtlicher Hinsicht – Einrede mangelnder Benutzung - Unzulässigkeit)


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 069 643

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2018 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und die Richterin Bayer

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 3. April 2014 hat das [X.], Markenstelle für [X.]asse 29, durch eine Beamtin des höheren [X.]ienstes auf den Widerspruch der Beschwerdegegnerin aus ihren geschäftlichen Bezeichnungen

2

1) „[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ und

Abbildung

3

die am 25. November 2010 angemeldete jüngere Wortmarke [X.] 2010 069 643

4

[X.],

5

eingetragen für die Waren

6

[X.]asse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, [X.]; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

7

[X.]asse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, [X.], Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatz-Mittel, Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis

8

[X.]asse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken

9

gelöscht und zur Begründung ausgeführt, zwischen der jüngeren angegriffenen Marke und den beiden prioritätsälteren geschäftlichen Bezeichnungen bestehe [X.] im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1, § 12, § 15 Abs. 4, Abs. 2 [X.]. Hierzu hat die Markenstelle zunächst dargelegt, in dem Unternehmenskennzeichen zu 1) stelle der Bestandteil „[X.]“ einen Firmennamen und damit ein Unternehmenskennzeichen im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] dar, welches durch [X.] entstanden sei. [X.]ie hierfür erforderlichen Voraussetzungen seien erfüllt: die [X.] besitze Unterscheidungskraft, da sie nicht beschreibend sei und der Verkehr sie namensmäßig von anderen Unternehmen unterscheiden könne. Zudem komme der Bezeichnung auch seiner Art nach von Hause aus Namensfunktion zu.

[X.]ie Widersprechende habe das Bestehen dieses [X.] nachgewiesen, indem sie ihre Marktpräsenz in [X.] ab dem Jahre 2001 durch Abbildungen und Rechnungen hinreichend belegt habe. Hierzu habe sie auch zwei eidesstattliche Versicherungen, eine schriftliche Erklärung eines Geschäftsführers und Ausdrucke zum [X.]rittverkauf von L…-Produkten eingereicht.

[X.]ieses Unternehmenskennzeichen sei auch nicht erloschen. [X.]er spätere Vertrieb der Produkte durch Einschaltung eines [X.] Zwischenhändlers [X.] an die [X.] Firma [X.] ändere nichts am Fortbestehen des [X.].

[X.]ie Voraussetzungen der § 12 i. V. m. § 15 Abs. 4, Abs. 2 [X.] lägen vor, wonach die Widersprechende die Benutzung im gesamten Bereich der Bundesrepublik [X.] untersagen könne; das [X.] sei nicht örtlich beschränkt und es bestehe [X.]. [X.]em Zeichen sei durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen, und es sei davon auszugehen, dass der Verkehr das [X.] auf „[X.]“ verkürzen werde, da er dazu neige, längere Kennzeichnungen in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu reduzieren, zumal wenn es sich um rein beschreibende Zusätze wie hier in der Bedeutung „Lebensmittelvertrieb Industrie und Handel Aktiengesellschaft“ handle. [X.]amit stünden sich letztlich identische Kennzeichen gegenüber. [X.]ie erforderliche [X.] sei auch gegeben. Für die nachgewiesenermaßen benutzten Waren des [X.]s für

Getränkepulver, insbesondere Tees, Salep und Kaffee, Instantgetränke mit Früchtearomen; Tütensuppen und Brühwürfel (Rind und Hühnchen) Puddingpulver und Sahnepulver

liege zum Teil Identität oder Ähnlichkeit mit den angegriffenen Waren vor und im Übrigen ergebe sich die [X.] daraus, dass die beiderseitigen Waren wegen der gemeinsamen Vertriebswege und Verkaufsstätten die nötigen Berührungspunkte aufwiesen.

Mit ihrer am 30. April 2014 erhobenen Beschwerde trägt die Inhaberin der jüngeren angegriffenen Wortmarke [X.] vor, die Widersprechende könne sich hinsichtlich des Firmennamens „L… [X.]. [X.]. [X.] [X.]“ nicht auf das Be- stehen eines [X.] nach § 5 Abs. 2 S. 1 [X.] berufen, da die Voraussetzungen der Schutzerstreckung nicht vorlägen. [X.]er Schutz eines [X.] entstehe durch [X.] als tatsächliche Handlung und nicht durch formalen Akt. Unternehmenskennzeichen ausländischer Unternehmen seien regelmäßig erst dann geschützt, wenn sie im Inland in einer Weise in Gebrauch genommen würden, die auf den Beginn einer dauernden, wirtschaftlichen Betätigung im Inland schließen lasse. [X.]ieser Fall liege hier nicht vor. [X.]ie Widersprechende und Beschwerdegegnerin vertreibe ihre Produkte seit 2008 ausschließlich in der [X.]. [X.]ie Beschwerdegegnerin habe selbst vorgetragen, dass sie seit 2008 nur an eine einzige Firma, die [X.] [X.]. [X.]. [X.]. Ltd. mit Sitz in I…, und diese wiederum weiter nach [X.] liefere. [X.]ie Beschwerdegegnerin sei in [X.]… also nicht unternehmerisch tätig; vielmehr wickele sie den Vertrieb ihrer Produkte über ein anderes [X.] Handelsunternehmen ab, was keine auf [X.]auer angelegte Tätigkeit eines Unternehmens unter einem schutzfähigen Unternehmenskennzeichen im Inland darstelle.

Letztlich sei keine [X.] zwischen „[X.]“ einerseits und „[X.]. [X.]. [X.] [X.]“ andererseits gegeben. [X.]enn der Verkehr werde mangels Sprachkenntnissen die weiteren Bestandteile des [X.] zu [X.] hinzufügen, so dass hinreichende Unterschiede bestünden.

[X.]ie Beschwerdeführerin hat im Weiteren die Benutzung des [X.] in [X.] bestritten unter Hinweis darauf, dass eine wirtschaftliche Betätigung der Widersprechenden ausschließlich in der [X.] vorliege.

[X.]ie Widersprechende und Beschwerdegegnerin rügt die Verspätung dieser Einrede. Im Übrigen habe sie zahlreiche Unterlagen über eine kommerzielle Kommunikation eingereicht, die in [X.]r Sprache abgefasst seien; die Benutzung durch [X.]ritte stelle eine Vertriebsaktivität dar.

[X.]ie Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des [X.]PMA, Markenstelle für [X.]asse 29, vom 3. April 2014 aufzuheben und die Widersprüche aus den Unternehmenskennzeichen zurückzuweisen.

[X.]arüber hinaus regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

[X.]ie Widersprechende und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie Beschwerde der Inhaberin der jüngeren Marke ist zulässig, aber nicht begründet.

Zutreffend hat die Markenstelle für [X.]asse 29 angenommen, dass die jüngere angegriffene Marke 30 2010 069 643 „[X.]“ aufgrund des [X.]s „[X.]“, das in der geschäftlichen Bezeichnungen mit älterem Zeitrang 1) „[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ enthalten ist und aufgrund des [X.]s 2)

Abbildung

gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 5 Abs. 1, Abs. 2 sowie §§ 12, 15 Abs. 4, Abs. 2 [X.] zu löschen ist.

Gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] kann die Eintragung einer Marke auf einen Widerspruch gelöscht werden, wenn ein anderer prioritätsältere Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung erworben hat und diese ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen.

[X.]ie ist aufgrund des prioritätsälteren [X.]s „[X.]“ der Beschwerdegegnerin der Fall.

1) „[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“

a) Nach § 5 Abs. 1 [X.] werden Unternehmenskennzeichen als geschäftliche Bezeichnungen geschützt. Zu den Unternehmenskennzeichen zählen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Unternehmens benutzt werden. Nach § 12 [X.] kann die Eintragung einer Marke gelöscht werden, wenn ein anderer vor dem für den Zeitrang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne von § 5 [X.] erworben hat und ihn diese berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten [X.] zu untersagen.

[X.]ie Beschwerdegegnerin ist seit 2001 und mithin vor dem 25. November 2011, dem Anmeldetag der angegriffenen Marke, Inhaberin des [X.]s „[X.]“.

b) [X.]ie Beschwerdegegnerin kann als ein in der [X.] ansässiges Unternehmen, nach Art. 8 [X.] für ihren Firmenbestandteil „[X.]“ Inlandsschutz nach §§ 5, 15 [X.] in Anspruch nehmen. [X.]er danach gewährte Schutz des Handelsnamens beschränkt sich nicht auf den Schutz der vollen Firmenbezeichnung, sondern umfasst auch [X.], -bestandteile und -abkürzungen ([X.], Urteil vom 12. Juli 1995 – 1 [X.], [X.]Z 130, 276, 280, juris Rdnr. 18 – [X.]). Hierfür gelten die gleichen Schutzvoraussetzungen wie für inländische Kennzeichen ([X.], Urteil vom 20. Februar 1997 – 1 ZR 187/94, [X.], 903, 905, juris Rdnr. 28 f. – [X.]). Ob das Kennzeichen die Schutzvoraussetzungen des [X.] erfüllt, ist unerheblich ([X.]Z 130, 276, 281 f. 8, juris Rdnr. 25 – [X.]).

c) [X.]er Firmenbestandteil „[X.]“ ist nach § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] in [X.] als Unternehmenskennzeichen geschützt.

aa) Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 [X.] beansprucht werden, sofern es sich um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen ([X.], Urteil vom 31. Mai 2012 – 1 [X.], [X.], 68 Rdnr. 28 – [X.]astell/VIN [X.][X.]TELL; Urteil vom 5. November 2015 – 1 ZR 50/14, [X.], 705 Rdnr. 19 – [X.]onText). Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet wird und ob sie sich im Verkehr durchgesetzt hat (vgl. [X.], [X.], 68 Rdnr. 28 – [X.]astell/VIN [X.][X.]TELL). [X.]er Schutz eines in einer Firmenbezeichnung enthaltenen Bestandteils als Unternehmensschlagwortgemäß § 5 Abs. 2 [X.] setzt neben der Unterscheidungskraft voraus, dass er nach der Verkehrsauffassung seiner Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken (vgl. [X.], Urteil vom 27. September 1995 – 1 [X.], [X.], 68, 69 – [X.]otton Line; [X.], [X.], 68 Rdnr. 33 – [X.]astell/VIN [X.][X.]TELL; [X.], 705 Rdnr. 19 – [X.]onText). [X.]ie Anforderungen an die Unterscheidungskraft dürfen dabei nicht überspannt werden. Eine besondere Originalität, etwa durch eigenartige Wortbildung oder eine Heraushebung aus der Umgangssprache, ist nicht Voraussetzung für die Bejahung der Unterscheidungskraft. Vielmehr reicht es aus, dass eine rein beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist ([X.], Urteil vom 15. Februar 2001 – 1 [X.], [X.], 1161, 1162 – [X.]ompuNet/[X.]omNet; Urteil vom 31. Juli 2008 – 1 ZR 21/06, [X.], 1108 Rdnr. 32 – [X.], m. w. N.). Nicht schutzfähig ist die gattungsmäßige Bezeichnung des Geschäftsbetriebs ([X.], Urteil vom 30. Januar 2003 – 1 ZR 136/99, [X.], 792, 793 – [X.]; Urteil vom 16. [X.]ezember 2004 – [X.], [X.], 517, 518 – Literaturhaus).

bb) In der Firmenbezeichnung „[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ stellen die Bestandteile „[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ die Kurzform von „ [X.]arlama [X.]ayi [X.]aret Anonim Sirketi“ dar, was aus dem [X.] ins [X.]eutsche übersetzt „Lebensmittelvertrieb Industrie und Handel Aktiengesellschaft“ bedeutet. [X.]iese Bestandteile sind als gattungsmäßige Bezeichnung des Geschäftsbetriebs nicht schutzfähig, da unmittelbar beschreibend.

[X.]er diesen Bestandteilen vorangestellte Bestandteil „[X.]“ stellt den unterscheidungskräftigen Firmennamen bzw. das Firmenschlagwort dar. [X.]as Wort „[X.]“ hat weder im [X.] noch im [X.]eutschen einen eindeutigen Begriffsinhalt. Es lehnt sich an das [X.] Wort „lezzet“ an, das „Wohlgeschmack“, „Schmackhaftigkeit“ bedeutet. [X.]er auf dem Lebensmittelsektor tätige, angesprochene Verkehr, der erkennt, dass der gattungsmäßigen Bezeichnung des Geschäftsbetriebs ein Begriff vorangestellt ist, der keinerlei beschreibende Bedeutung hat, sondern eine neue Wortschöpfung ist, wird in der neuen Wortschöpfung „[X.]“ den Namen des Unternehmens bzw. das Unternehmensschlagwort erkennen (vgl. hierzu Weiler, a. a. [X.]. 53 ff).

d) [X.]as Entstehen des Schutzes des [X.] setzt die Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr voraus ([X.], [X.], 1099 – afilias.de Rdnr. 16). [X.]ie Ingebrauchnahme einer Firmenbezeichnung erfordert unabhängig davon, ob es sich um eine in- oder ausländische Kennzeichnung handelt, [X.] im Inland, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lassen; dabei kommt es nicht darauf an, dass die Kennzeichnung bereits im Verkehr eine gewissen Anerkennung gefunden hat ([X.], afilias.de, a. a. [X.]. 16; [X.] [X.], 903,.905 [X.], [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Auflage 2018, § 5 Rdnr. 52). Für ausländische Unternehmenskennzeichen gelten die gleichen Schutzvoraussetzungen wie für inländische Kennzeichen (Art. 8 [X.]); ob das Kennzeichen die Schutzvoraussetzungen des [X.] erfüllt, ist dabei unerheblich ([X.] GRUR 1995, 825, 827 – [X.]; [X.], a. a. O., Rdnr. 76). [X.]iese Voraussetzungen liegen hier vor.

Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass die Firma „L… [X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ erstmals im Jahre 2001 mit Produkten auf dem gesamten [X.]n Markt präsent war. [X.]ies wird durch die vorgelegten Abbildungen der in [X.] marktgängigen Produkte sowie die vorgelegten Rechnungen und die eidesstattlichen Versicherung des [X.] für die Widersprechende vom 22. Juli 2011, die ergänzende eidesstattliche Versicherung vom 9. Januar 2012, die schriftliche Erklärung des Geschäftsführers der [X.] Handels GmbH hinreichend belegt.

e) [X.]er Schutz des § 5 Abs. 2 [X.] besteht nur in Verbindung mit einem „lebenden“ Unternehmen ([X.], [X.], 967 – [X.]; [X.], [X.], 972 – [X.]); die prioritätbewahrende Erhaltung des Kennzeichenschutzes; die Fortbenutzung des Kennzeichens für das Unternehmen, für das der Schutz begründet ist, ist mithin erforderlich ([X.], a. a. O., § 5 Rdnr. 78). [X.]ie Beschwerdegegnerin hat nachgewiesen, dass das Unternehmenskennzeichen „[X.]“ auch weiter im gesamten [X.] verwendet wird. Mit Schriftsatz vom 10. April 2018 hat die Beschwerdegegnerin zahlreiche weitere Unterlagen zu den Akten gereicht, aus denen zu ersehen ist, dass ihre Produkte in [X.] über „[X.]“ und „www.orient-feinkost.de“ bezogen werden können. [X.]ies hat der Senat zudem durch eigene Recherche feststellen können. [X.]ie in [X.]r Sprache gehaltene und in [X.] abrufbaren [X.]auftritte der beworbenen Produkte, die das Unternehmensschlagwort tragen, richtet sich bestimmungsgemäß auch an Verkehrskreise im Inland.

[X.]ass die Produkte der Beschwerdegegnerin durch Einschaltung des t… Zwischenhändlers [X.] an die [X.] Firma [X.] geliefert werden, ändert nichts am Fortbestehen des [X.]s in [X.]. [X.]ie Benutzung im Inland muss nicht durch den ausländischen Kennzeicheninhaber selbst erfolgen, sondern kann mit seiner Zustimmung durch Repräsentanten, also Beauftragte, Lizenznehmer, Franchisenehmer, verbundene Unternehmen usw. erfolgen, sofern der Verkehr den Herkunftshinweis auf den ausländischen Geschäftsherren bezieht (Weiler, a. a. O. § 5 Rdnr. 119). [X.]enn eine Inlandsbenutzung kann für die ausländische Firma auch durch ein abhängiges Vertriebsunternehmen oder andere Beauftragte erfolgen, wenn deren Handlungen als Hinweis auf das ausländische Unternehmen angesehen werden (Weiler, a. a. O., § 5 Rdnr. 113).

Soweit die Beschwerdeführerin und Markeninhaberin den Standpunkt vertritt, dass sich die Beschwerdegegnerin und Widersprechende nicht auf das aus Wortbestandteilen zusammengesetzte Unternehmenskennzeichen berufen könne, da sie damit nicht am geschäftlichen Verkehr in [X.] teilnehme, so kann der Senat ihr darin nicht beipflichten. Hierzu reicht es, wie aufgezeigt, aus, dass die Widersprechende mit ihren Produkten, die das Firmenschlagwort tragen, auf dem [X.]n Markt vertreten war. Hierbei konnte sie sich eines [X.]n Zwischenhändlers oder [X.] Exporteurs bedienen, was sie hinreichend belegt hat. Aus der jahrelangen Verwendung in [X.] auf Produkten, die regelgerecht auf den [X.]n Markt gelangt sind, ergibt sich ohne Weiteres eine auf [X.]auer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit im Inland; im Übrigen können dazu sogar Korrespondenzen mit [X.]n Geschäftspartnern, das Ausstellen von Rechnungen oder eine Inlandsbenutzung durch Beauftragte ausreichen, wenn deren Handlungen als Hinweis auf das ausländische Unternehmen angesehen werden (vgl. [X.], a. a. O. § 5 Rdn. 76 m. w. N.).

f) [X.]ie Beschwerdegegnerin hat durch die vorgenannten Belege und [X.]auftritte auch eine Benutzung ihres [X.] für die Waren

Getränkepulver, insbesondere Tees, Salep und Kaffee, Instantgetränke mit Früchtearomen; Tütensuppen und Brühwürfel (Rind und Hühnchen), Puddingpulver und Sahnepulver

nachgewiesen. [X.]er Nachweis ist durch die vorgelegten Unterlagen, hier insbesondere die Abbildungen der in [X.] marktgängigen Produktverpackungen, die Rechnungen aus den Jahren 2001-2011, die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers [X.] vom 29. Juli 2011 und die im [X.] fahren mit Schriftsatz vom 10. April 2018 ([X.] 62 ff.) vorgelegten Unterlagen erbracht. Auch hier hat der Senat als Ausfluss des im patentgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes kraft eigener Recherche im [X.] feststellen können, dass die vorgenannten Produkte auf dem [X.]n Markt weiter vertrieben werden.

g) [X.]ie Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 i. V. m. § 15 Abs. 4, Abs. 2 [X.] liegen vor. [X.]as prioriätsältere Unternehmenskennzeichen berechtigt die Beschwerdegegnerin, die Benutzung der jüngeren, im Jahre 2010 angemeldeten Marke „[X.]“, die mit ihrem Unternehmensnamen identisch ist, im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen und die Marke löschen zu lassen.

aa) Es liegt eine [X.] gemäß § 15 Abs. 2 [X.] vor.

Für die Beurteilung der [X.] kommt es nach ständiger Rechtsprechung neben der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, auf die Kennzeichnungskraft der älteren Bezeichnung und auf die Tätigkeitsgebiete an, für welche die konkurrierenden Bezeichnungen verwendet werden ([X.]). [X.]ie genannten Kriterien stehen in einem Wechselwirkungsverhältnis derart, dass ein Weniger in einem Bereich durch ein Mehr in einem anderen Bereich kompensiert werden kann und umgekehrt ([X.] a. a. O. § 15 Rdnr. 36 ff).

bb) Hier stehen sich identische Kennzeichen gegenüber.

[X.]a in dem Unternehmenskennzeichen 1) “[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ – wie bereits ausgeführt – die Bestandteile „[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ lediglich beschreibend sind, weil sie „Lebensmittelvertrieb Industrie und Handel Aktiengesellschaft“ bedeuten und der Verkehr dazu neigt, längere Gesamtkennzeichnungen in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen ([X.], a. a. O., § 15 Rdnr. 45), ist davon auszugehen, dass der Verkehr lediglich das Firmenschlagwort „[X.]“ benennen wird und „[X.]“ mithin prägender Bestandteil ist.

Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, dass der Verkehr keine Veranlassung habe, das [X.] auf „lezzo“ zu verkürzen, weil er den beschreibenden Gehalt der verbleibenden Bestandteile mangels Sprachkenntnissen nicht verstehe, so kann sie damit keinen Erfolg haben. Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit können grundsätzlich die im Markenrecht geltenden Grundsätze angewandt werden (vgl. [X.] [X.], 705, 707, Rdnr. [X.] – [X.]onText; [X.] a. a. O. § 15 Rdn. 42). Hierbei ist anerkannt, dass bei der Beurteilung einer möglichen [X.] auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise abzustellen ist, die auch dadurch gekennzeichnet sein kann, dass sich die Waren oder [X.]ienstleistungen an eine spezielle Verbrauchergruppe wendet, zum Beispiel [X.] Verbraucher (vgl. [X.] GRUR 2015, 587, 589 Rdnr. 23 ff. – [X.]; [X.] GRUR 2015, 794, 796, Rdnr.22 – [X.]/[X.] u. a. – für muslimische Verbraucher [X.] Herkunft; [X.] a. a. O. § 9 Rdn. 257 f.). Im vorliegenden Fall zeigen die eingereichten [X.] aufgrund der weiteren Angaben in [X.]r Sprache, dass vorrangig türkisch sprechende Kunden angesprochen sind, die dann auch die Bedeutung der beschreibenden Bestandteile im Unternehmenskennzeichen verstehen und deshalb auf das erste Wort verkürzen werden. Zudem gilt bei Beurteilung der Zeichenähnlichkeit bei mehrbestandteiligen Unternehmenskennzeichen der allgemeine Erfahrungssatz, dass der Verkehr dazu neigt, längere [X.]en in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen; dafür besteht bei [X.] ein besonderes Bedürfnis, weil solche häufig eine erhebliche Länge aufweisen (vgl. [X.] a. a. O. § 15 Rdn. 45).

[X.]emgemäß liegt es nahe, dass die im vorliegenden Fall angesprochenen [X.] Kunden das Zeichen auf „[X.]“ verkürzen werden, weil sie den lediglich beschreibenden [X.]harakter der zusätzlichen Bestandteile „Lebensmittelvertrieb Industrie und Handel Aktiengesellschaft“ ohne weiteres erkennen.

cc) Zutreffend ist das [X.]PMA mangels anderer Anhaltspunkte von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft des [X.] ausgegangen.

dd) Aufgrund des [X.] ist eine [X.] zu bejahen, soweit [X.] besteht.

[X.]er Begriff der [X.] tritt bei der Prüfung der [X.] im Rahmen des § 15 Abs. 1 [X.] an die Stelle der markenrechtlichen Waren- und [X.]ienstleistungsähnlichkeit des § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ([X.] GRUR 1995, 216, 210 – [X.]; [X.] in: Kur / v. [X.] / [X.], 2. Auflage 2018, § 15 Rdnr. 44). Er entzieht sich bislang einer verlässlichen abstrakten [X.]efinition ([X.], § 15 Rdnr. 45 mit Verweis auf [X.] / [X.], [X.], 3. Auflage 2010, § 15 Rdnr. 88). Nach [X.] definiert sie sich nicht positiv, sondern negativ-abgrenzend ([X.], a. a. O., § 15 Rdnr. 59). An der erforderlichen [X.] fehlt es, wenn die Geschäftsbereiche der beteiligten Unternehmen so weit voneinander entfernt sind, dass die Gefahr ausscheidet, angesprochene Verkehrskreise könnten durch gleiche oder verwechslungsfähige Bezeichnungen zu der irrigen Annahme verleitet werden, die von den Unternehmen produzierten Waren/[X.]ienstleistungen stammten aus ein und demselben Unternehmen. Anhaltspunkte für eine [X.] können Berührungspunkte der Waren/ [X.]ienstleistungen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte sein ([X.]; GRUR; 2011, 831, 833 Rdnr. 23 – B[X.][X.]; [X.], a. a. O., § 15 Rdnr. 57).

Hiervon ausgehend ist hinsichtlich aller Waren der angegriffenen Marke [X.] und auch [X.] zu bejahen.

Soweit die angegriffene Marke Milch und Milchprodukte ([X.]. 29), Kaffee, Tee, Kaffee-Ersatzmittel ([X.]. 30) und Fruchtsäfte, Sirupe und anderen Präparate für die Zubereitung von Getränken ([X.]. 32) beansprucht, besteht Identität zu den Waren der Beschwerdegegnerin. Hinsichtlich weiterer Waren ist eine Branchenähnlichkeit zu bejahen. So sind „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse“ ([X.]asse 29) ähnlich zu Suppen [X.]/[X.], [X.]ie Ähnlichkeit von Waren und [X.]ienstleistungen, 17. Aufl. 2017 S. 281, Stichwort „Suppen“). Kakao ([X.]asse 30) ist ohne weiteres ähnlich zu Kaffee. Saucen (Würzmittel) und Gewürze (beide [X.]asse 30) sind ähnlich zu [X.] [X.]/ [X.], a. a. O., S. 98, Stichwort „Fleischbrühwürfel“).

Hinsichtlich der übrigen Waren ist – ungeachtet einer etwaigen [X.] –ebenfalls [X.] zu bejahen. [X.]enn die gegenüberstehenden Waren sind allesamt Lebensmittel und weisen wegen der gemeinsamen Vertriebswege und Verkaufsstätten entsprechende Berührungspunkte auf. Es besteht daher die Gefahr, dass der Verkehr durch gleiche Bezeichnungen zu der irrigen Annahme verleitet wird, die von den Unternehmen produzierten Waren stammten aus demselben Unternehmen.

2. Firmenschlagwort Abbildung

So trifft die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu, dass es sich um einen ausschließlich markenmäßigen Gebrauch des [X.]s handele, der keinen namensmäßigen Gebrauch darstelle, weil er nicht eine nach außen in Erscheinung tretende Benutzung als Hinweis auf das Unternehmen erkennen lasse.

[X.]as Firmenschlagwort „[X.]“, das, wie oben ausgeführt, in der geschäftlichen Bezeichnung “[X.]. [X.]. [X.]. [X.]“ enthalten ist, ist mit einfachsten grafischen Mitteln, nämlich einer Umrandung und Farbe (rot), verwendet worden, die Wortschöpfung „[X.]“ steht im Vordergrund. Lediglich durch grafische Gestaltung kann ein Firmenschlagwort nicht seine eigentliche Funktion als solche verlieren.

Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, das Firmenschlagwort „L…“ habe sich auf dem [X.]n Markt nicht durchgesetzt und sei dort nicht bekannt, ist dieses Vorbringen in rechtlicher Hinsicht unerheblich. Wird das Vorliegen eines [X.]s, wie geschehen, bejaht, weil es sich um einen unterscheidungskräftigen Bestandteil handelt, so kommt es nicht darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet wird und ob sie sich im Verkehr durchgesetzt hat ([X.], Urteil vom 15. Februar 2018, [X.] – [X.]. 28, juris). [X.]er Schutz eines in einer Firmenbezeichnung enthaltenen Bestandteils als Unternehmensschlagwort gemäß § 5 Abs. 2 [X.] setzt neben der Unterscheidungskraft lediglich voraus, dass er nach der Verkehrsauffassung seiner Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken ([X.], a. a. O., [X.]).

[X.]ies ist vorliegend der Fall.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich im Schriftsatz vom 18. Mai 2018 und 5. Juli 2018 die Benutzung des Unternehmenskennzeichen gemäß § 43 Abs. 1 [X.] bestreitet, so ist darauf zu verweisen, dass nach der genannten Vorschrift eine derartige Einrede nur gegenüber eingetragenen Marken zulässig ist; im übrigen hat die Widersprechende die Existenz des [X.] durch Benutzung im erforderlichen Umfang – wie ausgeführt – dargelegt.

Nach alledem konnte die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg haben

[X.]ie Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst. Weder war über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]. Vielmehr handelt es sich um Fragen aus dem Gebiet der geschäftlichen Bezeichnung nach §§ 5, 12 [X.], die gerade angesichts der neueren Entscheidung des [X.] (Urteil vom 15. Februar 2018, [X.] – [X.]) hinreichend geklärt sind und nun im Rahmen des markenrechtlichen Widerspruchsverfahrens anzuwenden sind. [X.]em Senat ist nicht ersichtlich, welche Rechtsfrage dennoch geklärt werden müsste, zumal die Beschwerdeführerin selbst eine solche nicht zu formulieren vermochte.

Meta

27 W (pat) 28/16

10.07.2018

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.07.2018, Az. 27 W (pat) 28/16 (REWIS RS 2018, 6329)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6329

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Markenbeschwerdeverfahren – "LEZZO (Wort-Bild-Marke)/LEZZO" – Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit – deutlich erkennbarer Hinweis auf …


30 W (pat) 20/20 (Bundespatentgericht)


29 W (pat) 25/13 (Bundespatentgericht)

(Markenbeschwerdeverfahren – "ned tax/NeD Tax (geschäftliche Bezeichnung)/NeD Tax Kanzlei Günter Heenen (geschäftliche Bezeichnung)" –zur Zulässigkeit …


27 W (pat) 26/17 (Bundespatentgericht)


28 W (pat) 7/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "EBERTH (Wort-Bild-Marke)/eberth (geschäftliche Bezeichnung)" – überwiegend fehlende Branchennähe – überwiegend fehlende Berechtigung zur …


Referenzen
Wird zitiert von

30 W (pat) 20/20

Zitiert

I ZR 201/16

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