Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.04.2014, Az. 30 W (pat) 543/12

30. Senat | REWIS RS 2014, 6576

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "thebodyclinicAG (IR-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 1 036 793

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 3. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 - [X.] - des [X.] vom 13. August 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die in den Farben „Bleu clair et vert-jaune“ international registrierte Marke 1 036 793

Abbildung

2

sucht um Schutz für das Gebiet der [X.] nach.

3

Das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen lautet:

4

„[X.]. 3: Huiles essentielles; cosmétiques; crèmes cosmétiques.[X.]. 5: Produits pour l'hygiène.[X.]. 44: [X.]; franchisage, à savoir agences de savoir-faire technique”.

5

Die Markenstelle für [X.]asse 44 - [X.]  des [X.] hat der [X.] mit Beschluss vom 13. August 2012 den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt, die im [X.]teil aus „the“, „body“, „clinic“ und „AG“ gebildete [X.] vermittle in der Bedeutung „Die Körperklinik AG" die Aussage, dass dem Verkehr für den Körper bestimmte Produkte und Dienstleistungen (irgend-)einer [X.]inik mit der Rechtsform Aktiengesellschaft angeboten würden. Dieser im Vordergrund stehenden, für den Verkehr ohne weiteres verständlichen Sachaussage fehle die Unterscheidungskraft. Die einfachen, unauffälligen und üblichen Gestaltungselemente seien nicht geeignet, der [X.] die erforderliche Unterscheidungskraft zu verschaffen. Voreintragungen, auch in [X.], seien unbehelflich.

6

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der [X.]ninhaberin. Sie hält mit näheren Ausführungen die [X.] in ihrer Gesamtheit für schutzfähig. Schon die Wortelemente wiesen isoliert betrachtet keinen unmittelbar beschreibenden Charakter auf. Eine „Körper [X.]inik" existiere nicht; der [X.]teil „the body clinic AG“ sei eine interpretationsbedürftige Wortneuschöpfung ohne hinreichenden Sachbezug zu den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen. Die Waren der [X.] und Gesundheitspflege und diesbezügliche Dienstleistungen stünden in keinem Zusammenhang mit den in Krankenhäusern erbrachten medizinischen Dienstleistungen und dabei verwendeten Produkten. Der Verkehr erwarte nicht, dass solche Waren und Dienstleistungen in [X.]iniken, auch nicht in Schönheitskliniken, angeboten oder hergestellt würden. Jedenfalls begründe die grafische Gestaltung die Unterscheidungskraft. Auffälligstes Merkmal der Marke sei die Gestaltung der unterschiedlichen Größe der vier Markenwörter mit treppenartigem Aufstieg, der zum letzten Element „AG“ hin unvermittelt einbreche, wodurch ein spezieller optischer Effekt erzielt werde. Dazu seien die Schriftfarbe (hellblau) und die Farbe des zentral positionierten Quadrats (grüngelb) mit abgerundeten Ecken merklich kontrastierend. Zu schutzbegründenden grafischen Gestaltungen weist die Markeninhaberin auf die Entscheidungen [X.] 1991, 136 „[X.]“ und [X.] 2001, 1153 „antiKALK“ sowie [X.] GRUR 1997, 283 „TAX FREE“ hin.

7

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

8

den Beschluss der Markenstelle für [X.]asse 44 - [X.] - des [X.] vom 13. August 2012 aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der [X.]ninhaberin hat in der Sache Erfolg. Dem Schutz der [X.] 1 036 793 stehen für das Gebiet der [X.] keine absoluten Schutzhindernisse gemäß §§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.], Art. 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art. 6 quinquies Abschnitt [X.] [X.] entgegen. Insbesondere kann der [X.] nicht jede Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], Art. 6 quinquies Abschnitt [X.], [X.]. [X.] abgesprochen werden.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.], 610, Rn. 42 - [X.]; [X.], 608, 611, Rn. 66 f. - [X.]; [X.] 2013, 731, Rn. 11 - [X.]; [X.], 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.], 1044, 1045, Rn. 9 - [X.]; [X.], 825, 826, Rn. 13 - [X.]; [X.], 935, Rn. 8 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230, Rn. 27 - BioID; [X.], 608, 611, Rn. 66 - [X.]; [X.] 2008, 710, Rn. 12 - [X.]; [X.], 949, Rn. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2012, 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.], 1044, 1045, Rn. 9 - [X.]; [X.], 270, Rn. 8 - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rn. 24 - SAT.2; [X.] 2010, 935, Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826, Rn. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 18 - [X.]). Durch die Wortwahl „und/oder“ ist klargestellt, dass auch das Verständnis der beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 100).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken bzw. die [X.]teile von Wort-/Bildmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271, Rn. 11 - Link economy; [X.], 952, 953, Rn. 10 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] 2006, 850, 854, Rn. 19 - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2010, 1100, Rn. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855, Rn. 28 f. - [X.]).

Hinsichtlich der bildlichen Ausgestaltung einer Wort-/Bildmarke gilt sodann, dass der Marke - unbeschadet der gegebenenfalls fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. [X.] 1991, 136, 137 - [X.]; [X.], 1153 - antiKALK), wobei an die Ausgestaltung aber um so größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. [X.] 2008, Rn. 20 - [X.]; [X.], 954, Rn. 17 - Kinder III; vgl. auch [X.] GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke (vgl. auch [X.] GRUR Int. 2005, 1012, 1017, Rn. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen ([X.] 2001, 1153 - antiKALK).

2. Ausgehend von diesen Maßstäben verfügt die vorliegenden Wort-/Bildmarke in ihrer Gesamtheit über die erforderliche Unterscheidungskraft.

a) Allerdings ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass die Kombination „thebodyclinicAG“ insgesamt „die Körperklinik Aktiengesellschaft“ bedeutet. Die Wörter „the“ und „body“ gehören zum Grundwortschatz der [X.] (vgl. Weis, Grund- und Aufbauwortschatz [X.], S. 23; 104), das [X.] Wort „clinic“ ist in gleicher Bedeutung in der Schreibweise „[X.]inik“ (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl., S. 1004) im [X.] gebräuchlich und die Abkürzung „AG“ steht für die Gesellschaftsform „Aktiengesellschaft“ ([X.], a. a. O., [X.]); für die angesprochenen Verkehrskreise ist diese Kombination in der genannten Bedeutung deshalb ohne weiteres verständlich. Es fehlt auch nicht jeder Sinnbezug. Wie die Markenstelle erwogen hat, mag es daher sein, dass „thebodyclinicAG“ die Vorstellung vermittelt, dass für den Körper bestimmte Produkte und Dienstleistungen irgendeiner [X.]inik in der Rechtsform der Aktiengesellschaft angeboten werden sollen. Ob aus dieser Feststellung allerdings ohne analysierende Zwischenschritte der Schluss gezogen werden kann, diese Wortkombination sei geeignet, die in den [X.]assen 3, 5 und 44 beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben, erscheint indessen fraglich. Die nach der Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die Körper- und Schönheitspflege bzw. auch Gesundheitspflege betreffenden Produkte und darauf bezogene Dienstleistungen dürften, worauf die Markeninhaberin verweist, nach Art, Beschaffenheit, Bestimmung sowie Herstellungs- bzw. Erbringungsort kaum Überschneidungen mit dem Angebot einer medizinischen Behandlungen und medizinischen Eingriffen dienenden [X.]inik aufweisen. So könnte es, wie die Markeninhaberin meint, zutreffen, dass der Verkehr auch nicht erwartet, dass spezielle, auf Kosmetik und Gesundheitspflege bezogene Waren und Dienstleistungen in [X.]iniken, auch nicht in Schönheitskliniken, hergestellt, eingesetzt oder angeboten werden. Von daher spricht einiges dafür, dass der oben genannte Aussagekern bei der [X.] nicht im Vordergrund steht, sondern dem Publikum nach Art eines sprechenden Zeichens in eher vager und unterschwelliger Form nahegebracht wird. Ob deshalb von suggestiven Andeutungen auszugehen ist, die einer Marke grundsätzlich nicht die erforderliche Unterscheidungskraft nehmen (vgl. [X.] [X.], 333 - ZEIG DER WELT DEIN SCHÖNSTES [X.] [schutzfähig u. a. für Zahnputzmittel]; EuG [X.], 332, 333 f., Rn. 23 und Rn. 29 f. - [X.]), bedarf indessen keiner abschließenden [X.]ärung.

b) Denn ein auch geringe Unterscheidungskraft ausschließendes Verständnis der Wortkombination wird hier, zumal keine deutlich beschreibende Angabe feststellbar ist, durch die grafische Komposition so weit überlagert, dass der [X.] ein Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.

Die in unterschiedlicher Schriftgröße in Minuskeln in eckiger Schriftart ohne Leerstellen zusammengeschriebenen Wörter „the“, „body“ und „clinic“ erwecken, worauf die Markeninhaberin zutreffend hinweist, in der Zusammenfügung den Eindruck eines treppenartigen Anstiegs, der gegenüber der abschließend in geringerer Schriftgröße in Versalien gestalteten Abkürzung „AG“ markant hervortritt. Die hellblaue Schrift der Buchstaben bildet zudem einen Kontrast zu dem zentral in [X.] Farbe hinterlegten Quadrat mit abgerundeten Ecken, was ein weiteres auffallendes Element ergibt. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann die grafische Gestaltung in der Gesamtheit damit nicht als einfach und unauffällig eingestuft werden. Dafür, dass eine solche Gestaltung in der Kombination werbeüblich ist, fehlen Nachweise.

Da es auf die Gesamtbetrachtung und nicht auf eine Analyse der Einzelelemente ankommt, werden die angesprochenen Verkehrskreise die [X.] in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Produkten und Dienstleistungen als Herkunftszeichen wahrnehmen.

3. Da die [X.] im [X.] keinen glatt beschreibenden Charakter aufweist, begründet die grafische Ausgestaltung in ihrer Kombination den erforderlichen schutzbegründenden „Überschuss“ (vgl. [X.]/[X.], a. a. O., § 8 Rdn. 410 f.), so dass dem Schutz in [X.] auch nicht das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], Art. 6 quinquies Abschnitt [X.], [X.]. [X.] entgegensteht.

Der Beschwerde war deshalb stattzugeben.

Meta

30 W (pat) 543/12

03.04.2014

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.04.2014, Az. 30 W (pat) 543/12 (REWIS RS 2014, 6576)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6576

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