Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2016, Az. 1 StR 619/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 15231

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ECLI:DE:BGH:2016:020316B1STR619.15.0

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 619/15
vom
2. März 2016
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges
u.a.

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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. März 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts Würzburg vom 15. Juni 2015
a) im Schuldspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben, soweit der Angeklagte wegen versuchter Steuerhin-terziehung in zwei Fällen verurteilt worden ist;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 der Urteilsgründe die Verurteilung we-gen tateinheitlich begangener Urkundenfälschung entfällt;
c) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 10, 12, DA
1, DA 2 und DA 3 der Urteilsgründe sowie über die Ge-samtstrafe aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.

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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges
in 15 Fällen je-weils in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit drei Fällen der Steuerhinterziehung, zwei Fällen der versuchten Steuerhinterziehung, vorsätzli-cher Insolvenzverschleppung und zwei Fällen des vorsätzlichen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Sei-ne auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet.
1. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Urkundenfälschung in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 der Urteilsgründe kann, wie der Ge-neralbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, keinen Bestand haben, weil in-soweit die Strafverfolgung verjährt ist. Bei Tateinheit läuft für jedes Delikt die Verjährungsfrist gesondert (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 22. Oktober
2008 -
1 StR 503/08, NStZ-RR 2009, 43). Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist (§ 78a StGB). Beendet waren die Urkundenfälschungen mit Vorlage der Unterlagen bei der Bank. Die Vorlage erfolgte in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 vor dem 24. September 2007. Die für den Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) geltende Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3
Nr. 4 StGB). Die erste verjährungsunterbrechende Handlung war der Haftbefehl vom 24. September 2012 (§
78c Abs. 1 Satz 1 Nr.
5 StGB). Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist jedoch bereits abge-laufen.
Der Eintritt der Verjährung begründet ein Verfolgungshindernis
hinsicht-lich des betreffenden Tatvorwurfs, das der Senat von Amts wegen zu beachten 1
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hat. Dies
führt in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 der Urteilsgründe zum Wegfall des jeweils tateinheitlich mit Betrug erfüllten Tatbestands der Ur-kundenfälschung
(vgl. BGH, Beschluss vom 1.
Dezember 2010 -
2 StR
469/10; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO,
58. Aufl.,
§
206a Rn. 5). Inso-weit hat der Senat den Schuldspruch geändert.
2. Der Wegfall der tateinheitlich begangenen Urkundenfälschungen
in den Fällen 10, 12, DA 1, DA 2 und DA 3 führt zur Aufhebung der betroffenen Einzelstrafen. Zwar dürfen
auch verjährte Taten mit dem ihnen noch zukom-menden Gewicht strafschärfend verwertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 18.
Oktober 1989 -
3
StR 173/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 11). Der Senat kann aber nicht
ausschließen, dass der Wegfall der tateinheitlichen De-likte im Schuldspruch bei der Strafzumessung der Einzelstrafen in Kenntnis der Verjährung der Urkundenfälschungen zu einer milderen Bestrafung geführt hät-te,
zumal
die Kammer ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte neben dem Betrug tateinheitlich noch einen weiteren Straftatbe-stand verwirklicht hat.
3. Der Schuldspruch wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fäl-len hat keinen Bestand,
denn der Senat kann anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen, ob das Landgericht die Höhe der für den Veranlagungszeit-raum 2011 festzusetzenden Gewerbe-
und Körperschaftsteuer zutreffend er-rechnet hat. Die Kammer teilt lediglich mit, der Gewerbeertrag der GmbH bzw. deren Einkommen hab

Das Landgericht hat versäumt, ausreichende Feststellungen zu den Be-steuerungsgrundlagen zu treffen. Bei einer Verurteilung wegen Steuerhinter-ziehung
(§ 370 AO) reicht es regelmäßig nicht aus, dass die den Straftatbe-stand ausfüllende steuerrechtliche Norm bezeichnet und die Summe der ver-4
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kürzten Steuern in den Urteilsgründen mitgeteilt wird. Vielmehr müssen die Ur-teilsgründe gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO für jede Steuerart und jeden Be-steuerungszeitraum unter Schuldgesichtspunkten so klare Feststellungen tref-fen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrunde liegenden steuerrechtlichen Gesichtspunkte als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Dazu gehören jedenfalls diejenigen Tatsachen, die den staatlichen Steueranspruch begründen, und diejenigen Tatsachen, die für die Höhe der geschuldeten und der verkürzten Steuern von Bedeutung sind
(st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. September 2015 -
1 StR 12/15, wistra 2015, 477;
vom 19. August 2015 -
1
StR 178/15, wistra 2015, 476;
vom 13. Juli 2011 -
1 StR 154/11 und vom 24. Juni 2009 -
1 StR 229/09, wistra 2009, 396
f.; Urteil vom 12. Mai 2009 -
1 StR 718/08, NJW 2009, 2546 mwN).
Der Rechtsfehler betrifft auch die dem Schuldspruch
jeweils
wegen ver-suchter Steuerhinterziehung zugehörigen Feststellungen, die daher ebenfalls aufzuheben sind (§
353 Abs. 2 StPO).
Die Aufhebung des Schuldspruchs
wegen versuchter Steuerhinterzie-hung in zwei Fällen entzieht den zugehörigen Einzelstrafaussprüchen die Grundlage.
Raum Jäger Radtke

Mosbacher Fischer
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Meta

1 StR 619/15

02.03.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2016, Az. 1 StR 619/15 (REWIS RS 2016, 15231)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15231

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