Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.03.2015, Az. I R 10/14

1. Senat | REWIS RS 2015, 14242

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Gegenstand

(Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um den Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG)


Leitsatz

Bei dem Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG handelt es sich um einen Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Der Gewinn des inländischen Unternehmens ist deswegen um diesen Betrag nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 zu kürzen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 28. November 2013  16 K 2513/12 G aufgehoben.

Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid wird abgeändert.

Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Festsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine [X.]mbH, war im Streitjahr 2009 alleinige [X.]esellschafterin einer singapurischen Kapitalgesellschaft, der A-Ltd. Letztere erzielte im Streitjahr Einkünfte aus sog. passiver Tätigkeit (Zinsen und Währungsdifferenzen) i.S. von § 10 Abs. 2 (i.V.m. §§ 7 und 8) des [X.]esetzes über die Besteuerung bei [X.] ([X.]) --ASt[X.]-- in Höhe von 110.567 €. Dieser Betrag wurde erklärungsgemäß dem körperschaftsteuerrechtlichen Einkommen hinzugerechnet. In ihrer [X.]ewerbesteuererklärung kürzte die Klägerin jedoch diesen Betrag nach § 7 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 3 des [X.] ([X.]ewSt[X.] 2002). Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--), anders als in den Vorjahren, nicht. Die Klage gegen den hiernach ergangenen [X.] blieb erfolglos (Urteil des [X.] vom 28. November 2013  16 K 2513/12 [X.], abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EF[X.]-- 2014, 304).

2

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das angefochtene F[X.]-Urteil aufzuheben und den [X.]ewerbesteuermessbetrag 2009 dahingehend abzuändern, dass der [X.] auf 0 € festgesetzt wird.

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Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Revision ist begründet. [X.] und [X.] haben die von der Klägerin bei der Ermittlung des [X.] beanspruchte Kürzung des [X.] zu Unrecht abgelehnt. Das [X.]-Urteil ist deshalb aufzuheben und der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid ist antragsgemäß abzuändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

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1. Die Klägerin als unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft (vgl. § 1 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --[X.] 2002--) war im Streitjahr an der singapurischen A-Ltd. als Körperschaft im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland zu mehr als der Hälfte beteiligt. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 [X.] mit den Einkünften, für die die A-Ltd. [X.] ist, mit dem Teil steuerpflichtig, der auf die ihr zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der [X.] entfällt. Die A-Ltd. wiederum ist nach den tatrichterlichen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O) Feststellungen [X.] in diesem Sinne, weil sie mit den hier in Rede stehenden Einkünften aus Zinsen und Währungsdifferenzen Einkünfte erzielt, die einer niedrigen Besteuerung nach § 8 Abs. 3 [X.] unterliegen und die sog. passive Einkünfte sind, weil sie nicht aus dem [X.] stammen, welcher in § 8 Abs. 1 [X.] aufgelistet ist. Damit ist der Tatbestand des § 7 Abs. 1 [X.] erfüllt und die Klägerin unterfällt der [X.], die nach ihrem Zweck der Missbrauchsabwehr dient. Das alles ist unter den Beteiligten einvernehmlich. Der festgestellte Sachverhalt gibt nichts dafür her, dieses Einvernehmen in Frage zu stellen. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich daher.

6

2. Nach § 7 Satz 1 [X.] 2002 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (vgl. § 14 [X.] 2002) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 [X.] 2002 bezeichneten Beträge. Zu den betreffenden Vorschriften des (hier allein einschlägigen) Körperschaftsteuergesetzes (vgl. § 8 Abs. 1 [X.] 2002) gehört auch die außensteuerrechtliche [X.]. Denn der [X.] seinerseits gehört nach § 10 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu den Einkünften [X.] des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (2002). Gehören Anteile an der [X.] zu einem Betriebsvermögen, so gehört der [X.] zu den Einkünften (u.a.) aus Gewerbebetrieb, § 10 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Letzteres ist die Situation des Streitfalls und auch das steht als solches hier nicht in Streit. Und dass der [X.] aus Gründen einer spezielleren gesetzlichen Anordnung überhaupt nicht der Gewerbesteuer unterfallen sollte, lässt sich den Regelungszusammenhängen nicht entnehmen. Die Anwendungsvorschriften in § 21 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 7 [X.] gebieten vielmehr das Gegenteil (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 I R 4/05, [X.], 226, [X.], 555; R 38 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2008). Auch darüber streiten die Beteiligten denn auch nicht.

7

3. Kontrovers ist unter den Beteiligten allerdings, ob der [X.] unter jene Beträge fällt, um welche der Gewinn der Klägerin als Ausgangsgröße nach Maßgabe von § 7 Satz 1 i.V.m. § 9 [X.] 2002 zu kürzen ist. Entgegen der Annahme von [X.] und [X.] ist das zu bejahen.

8

a) Einschlägig ist dafür § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002. Danach wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gekürzt um den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. So verhält es sich hier. Der [X.] bestimmt sich nach dem quotalen Anteil der [X.] und das sind wiederum die Einkünfte der [X.], die ihrerseits aus einer ausländischen Betriebsstätte (nach Maßgabe von § 12 der Abgabenordnung --AO--, vgl. [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 218) resultieren.

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Nun handelt es sich, das liegt auf der Hand, bei jener Betriebsstätte um eine solche der [X.], hier der A-Ltd., nicht aber der Klägerin. Der [X.] des § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 nimmt darauf indessen keine Rücksicht; es genügt, wie beschrieben, wenn die Einkünfte auf "eine" nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallen. Doch selbst dann, wenn man die darin angelegte Verallgemeinerung vernachlässigt und grundsätzlich einfordert, dass es sich um eine Betriebsstätte des gewerbesteuerpflichtigen inländischen Unternehmens --hier also der [X.] handeln muss, liegt jedenfalls unter den hier zu beurteilenden Gegebenheiten der Tatbestand der Vorschrift vor: Zwar verändert die [X.] (anders als die allgemeine Missbrauchsverhinderung nach § 42 Abs. 1 AO) "rechtstechnisch" nicht die Einkünftezurechnung (vgl. § 2 Abs. 1 EStG 2002). Die ausländische [X.] in ihrer subjektiven Existenz und das daraus abgeleitete korporationsrechtliche [X.] bleiben auch aus steuerrechtlicher Sicht unberührt; der entgegenstehenden Annahme des [X.] ist nicht beizupflichten. Indem das Gesetz die Einkünfte der [X.] in solche der an ihr qualifiziert beteiligten Inlandsgesellschaft umformt, eröffnet es aber zugleich ein erweiterndes Regelungsverständnis, wonach die betreffenden Einkünfte beim Gesellschafter nicht als "betriebsstättenlose" [X.] aber das [X.]-- "in der Luft hängen", vielmehr einer [X.] zuzuordnen sind, die die Anforderungen des § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 erfüllt. Die in § 10 Abs. 2 Satz 1 [X.] getroffene Anordnung, dass der [X.] zu den [X.]italeinkünften gehört, bewirkt nichts anderes. Dadurch wird der [X.] lediglich fiktiv einer Einkunftsart zugeordnet; an der Zuordnung des zugrundeliegenden Gewerbeertrags zu der Betriebsstätte der [X.] ändert das jedoch nichts. Diese Zuordnung bestimmt sich nach wie vor allein nach den --hier außer Frage [X.] tatsächlichen Gegebenheiten, sie wird nicht fiktiv durch einen gegenläufigen Regelungsbefehl überlagert.

Alles andere zöge ohne Not systematische Verwerfungen nach sich, die unsachgemäß wären. Es unterwürfe den anteiligen Gewinn der Gewerbesteuer, obschon dieser Gewinn nicht nur auslandsradiziert ist, sondern auch bei dem Gesellschafter [X.] erfasst wird. Das aber widerspräche dem strukturellen Inlandsbezug der Gewerbesteuer (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2002) und das zöge zudem eine unsystematische Doppelbesteuerung nach sich, weil die Steuern, welche im Ausland zu Lasten der [X.] von den dem [X.] zugrundeliegenden Einkünften erhoben worden sind, nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 [X.] nur auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht aber auf die Gewerbesteuer angerechnet werden. Überdies würden ausländische Tochtergesellschaften und Betriebsstätten andernfalls ungleich behandelt. Genau solches soll für die außensteuerrechtliche [X.] aber vermieden werden, wie sich augenfällig aus § 20 Abs. 2 [X.] ergibt, der im [X.] einen Rechtsfolgengleichklang vorsieht, wenn die betreffenden Einkünfte nicht in einer ausländischen selbständigen Tochtergesellschaft, sondern in einer [X.] anfallen (s. zum prinzipiellen Gleichbehandlungsgebot von Tochtergesellschaften und Betriebsstätten in grenzüberschreitenden Zusammenhängen auch aus unionsrechtlicher Sicht Urteile des Gerichtshofs der [X.]en, jetzt Gerichtshof der [X.], CLT-U[X.] vom 23. Februar 2006 [X.]/03, [X.]:[X.], [X.]. 2006, [X.], und [X.] vom 18. Juli 2007 [X.]/05, [X.]:[X.], [X.]. 2007, [X.], und nachgehend Senatsurteile vom 9. August 2006 I R 31/01, [X.], 496, [X.], 838; vom 19. Dezember 2012 I R 73/11, [X.], 99, [X.], 392). Übereinstimmend damit bleiben nach § 10 Abs. 3 Satz 4 [X.] auf den [X.] denn auch bestimmte steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt, welche (u.a.) an das Bestehen eines (inländischen) Betriebs oder einer (inländischen) Betriebsstätte anknüpfen. Ein anderweitiges Regelungsverständnis des § 9 Nr. 3 [X.] 2002 trüge dem nicht hinreichend Rechnung; es bliebe sozusagen auf halber Strecke stecken. Das aber ist nicht nötig, weil der [X.], wie beschrieben, ein sachangemessenes Verständnis ermöglicht (im Ergebnis ebenso z.B. [X.]/ [X.], [X.], 105, 112; [X.] in Mössner/[X.], [X.], 2. Aufl., § 10 Rz 105; [X.], Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2003, 78, 79; [X.]/[X.] in Wöhrle/[X.]/[X.], [X.], § 10 Rz 137; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/[X.], § 10 [X.] Rz 10.1 und 10.2; Edelmann in [X.], [X.], § 10 Rz 358; [X.]/[X.], Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2013, 23; [X.]/[X.], [X.] 2015, 149; wohl auch [X.]/ [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 10 [X.] Rz 187.1; sowie im Ausgangspunkt [X.], [X.] 2014, 706, 707 ff.; s.a. [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 221a; derselbe, [X.] Aspekte der Gewerbesteuer, [X.] Hefte Nr. 177/2011, S. 21; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 9 Nr. 1 Rz 116; anders z.B. Ruf/[X.], [X.] 2009, 496, 498; Schnitger, [X.] 2011, 328, 330; Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 8. Aufl., § 9 Nr. 3 Rz 4; Schnitter in [X.]/[X.], [X.]/[X.]/ [X.], § 9 [X.] Rz 164c; insoweit wohl auch [X.], Internationale [X.] --[X.]-- 2014, 193; Schnorbeger/[X.], [X.] 2014, 271).

b) Ein derartiges Regelungsverständnis lässt nicht außer acht, dass mit § 9 Nr. 7 Satz 1 [X.] 2002 eine weitere Möglichkeit gegeben wird, [X.] als Kürzungsposition anzusetzen, nämlich unter bestimmten Beteiligungs- und Aktivitätsvoraussetzungen die Gewinne aus Anteilen an einer [X.]. Es steht im Streitfall fest, dass die A-Ltd. als Tochtergesellschaft der Klägerin die qualifizierenden Aktivitätsvoraussetzungen dieser Kürzungsvorschrift, die sich mit Abweichungen an jene des [X.]es anlehnen, nicht erfüllt; es wird deswegen darauf verzichtet, diese Voraussetzungen näher vorzustellen. Für den Streitfall genügt es festzuhalten, dass die Auslegung von § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 durch die Kürzungsmöglichkeit nach Nr. 7 Satz 1 der Vorschrift nicht beeinflusst wird. Zwar repräsentieren die Gewinnanteile an der Auslandsgesellschaft beim Gesellschafter aus wirtschaftlicher Sicht auch deren Einkünfte. Und richtig ist es auch, dass, wie bereits dargetan, der [X.] durch § 10 Abs. 2 Satz 1 [X.] als Einkünfte [X.] von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (2002) und damit (auch) als Gewinnanteile bestimmt wird. Doch ändert das nichts daran, dass die der Inlandsgesellschaft über den [X.] zugerechneten Einkünfte der ausländischen [X.] als solche eben keine (bloßen) Gewinnanteile (Dividenden) sind, sondern dass sie unmittelbar aus der Einkunftsermittlung der [X.] (wenn auch in entsprechender Anwendung der Vorschriften des [X.] Steuerrechts, s. § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.]) herrühren. Dieser Unterschied rechtfertigt es, sie als Teil des auf die [X.] entfallenden Gewerbeertrags [X.] von § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 anzusehen und von den Gewinnanteilen [X.] von § 9 Nr. 7 Satz 1 [X.] 2002 abzugrenzen.

[X.] ([X.] 2014, 706, 711) gibt zu bedenken, dass das --auf der anderen [X.] im Ergebnis die Besserstellung des [X.] gegenüber solchen [X.]n zur Folge habe, die zwar ebenfalls "passiv" sind, jedoch keiner niedrigen Besteuerung unterfallen; letztere blieben gewerbesteuerpflichtig. Dieser Einwand trifft im [X.] zu. Er wiegt aber gering, weil er sich eben auf die Referenzgröße für die Kürzung nach § 9 Nr. 7 Satz 1 [X.] 2002 bezieht, nämlich auf den "normalen" Gewinnanteil an der ausländischen [X.]italgesellschaft, nicht jedoch auf die Einkünfte der Auslandsgesellschaft als solche, die aber von der [X.] und auch von § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 erfasst werden. Die konstatierte Ungleichbehandlung ist also eine wirtschaftliche. Dieser Befund erzwingt jedoch nicht notwendigerweise die auch rechtliche Ungleichbehandlung ein und derselben Einkünfte, jedenfalls dann nicht, wenn sich diese Ungleichbehandlung wie hier aufgrund der tatbestandlichen Vorgaben vermeiden lässt. Eine Anwendung von § 9 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 wird folglich nicht durch einen Anwendungsvorrang von § 9 Nr. 7 Satz 1 [X.] 2002 versperrt.

c) Die Unterscheidung von Gewinnanteil und [X.]n betrifft in gleicher Weise den Kürzungsbetrag, den § 9 Nr. 8 Satz 1 [X.] 2002 für die Gewinne aus Anteilen an einer [X.] anordnet, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter der Voraussetzung einer Mindestbeteiligung von der Gewerbesteuer befreit sind. Das ist hier aber nicht einschlägig. Zum einen, weil das im Streitfall anzuwendende Abkommen zwischen der [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 28. Juni 2004 ([X.], 931, [X.], 158) --[X.]-Singapur 2004-- für die aus einer Hinzurechnung nach Maßgabe von §§ 7 ff. [X.] hergeleiteten fiktiven Gewinnanteile mangels hinreichender Aktivität der zugrundeliegenden Tätigkeiten der [X.] keine Steuerfreistellung als Grundvoraussetzung für jene Kürzung zulässt (Art. 24 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Buchst. b und c und Art. 7 und Art. 10 [X.]-Singapur 2004). Zum anderen, weil die [X.] sich nach § 20 Abs. 1 [X.] über etwaige anderweitige Besteuerungszuordnungen in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung allemal hinwegsetzt, und das betrifft dann auch die Gewerbesteuer, wie sich aus § 7 Satz 1 [X.] 2002 und ebenso unmissverständlich aus § 21 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 7 [X.] ergibt.

4. In Anbetracht des Vorstehenden kann hier dahinstehen, ob die [X.] im Allgemeinen gegen die unionsrechtlich verbürgte [X.]italverkehrsfreiheit (Art. 63 des [X.] Arbeitsweise der [X.] i.d.[X.] zur Änderung des [X.] [X.] und des [X.] [X.] --A[X.]V--, Amtsblatt der [X.] 2008, Nr. [X.], 47) verstößt, diese Grundfreiheit ihrerseits trotz des Erfordernisses einer Mindestbeteiligung nicht durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 A[X.]V) verdrängt wird (s. dazu z.B. Senatsurteil vom 29. August 2012 I R 7/12, [X.], 45, [X.], 89, m.w.N.) und deswegen drittstaatenweit --im Streitfall also auch bezogen auf die singapurische A-Ltd.-- wirkt. Es kann gleichermaßen unbeantwortet bleiben, ob auch § 9 Nr. 7 Satz 1 [X.] 2002 und die darin abgeforderte Aktivität der [X.] in ähnlicher Weise gegen das Unionsrecht verstößt (so z.B. [X.] in [X.]/[X.]/Schnitter, Gewerbesteuer, 15. Aufl., [X.]. 7 S. 784; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Nr. 7 Rz 20a; [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 297; derselbe, [X.] Aspekte der Gewerbesteuer, [X.] Hefte Nr. 177/2011, S. 14 f.; [X.], [X.] 2014, 193; Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.[X.], § 9 Nr. 7 Rz 4). Und es soll unbeantwortet bleiben, ob --bejahendenfalls-- die Drittstaatenwirkung an der sog. Stand still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 A[X.]V scheitern könnte. Schließlich ist auch zu den unspezifisch vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwendungen der Klägerin nichts weiter auszuführen.

5. Die Vorinstanz hat eine dem entgegen stehende Rechtsauffassung vertreten. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Steuerbescheid ist antragsgemäß abzuändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Messbetrages wird dem [X.] nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 [X.]O).

6. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

I R 10/14

11.03.2015

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 28. November 2013, Az: 16 K 2513/12 G, Urteil

§ 10 Abs 1 S 1 AStG, § 10 Abs 2 S 1 AStG, § 10 Abs 2 S 2 AStG, § 7 S 1 GewStG 2002, § 9 Nr 3 GewStG 2002, § 9 Nr 7 GewStG 2002, § 9 Nr 8 GewStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 12 AO, Art 7 DBA SGP 2004, Art 10 DBA SGP 2004, Art 24 Abs 1 Buchst a DBA SGP 2004, Art 24 Abs 1 Buchst b DBA SGP 2004, Art 24 Abs 1 Buchst c DBA SGP 2004, GewStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.03.2015, Az. I R 10/14 (REWIS RS 2015, 14242)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14242

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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