Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2015, Az. 3 StR 102/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 4535

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 102/15
vom
1. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen

1.
2.

3.

4.

5.

wegen gewerbsmäßigen [X.]
u.a.

hier:
Revisionen der Angeklagten S.

und D.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] -
zu 2.
auf dessen Antrag -
am 1.
Oktober 2015 gemäß §
349 Abs. 2 und 4, § 357 [X.] einstimmig
beschlossen:

1. Auf die Revisionen
der Angeklagten S.

und D.

wird das Urteil des [X.] vom 4. September 2014

a)
soweit es den Angeklagten S.

betrifft,

aa) im Schuldspruch zu Fall II.2. der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist,

bb) hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II.3. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen [X.] mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex [X.]) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre") aufrecht erhal-ten,

[X.]) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall [X.] der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über das Absehen von einer Verfallsanordnung;

b)
soweit es den Angeklagten D.

betrifft,

aa) im Schuldspruch zu Fall [X.] der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist,
-
3
-

bb) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme
derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex [X.]) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphä-re") und zur Einbindung des Angeklagten in das [X.]) der Urteilsgründe ("[X.]") aufrecht erhalten,

[X.]) mit
den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall [X.] der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe;

c)
soweit es die Mitangeklagten [X.]

und

M.

betrifft,

mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall [X.] der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die je-weilige Gesamtstrafe;

d)
soweit es die Mitangeklagte K.

betrifft,

aa) hinsichtlich der Einzelstrafe zu Fall II.3. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen [X.] mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex [X.]) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre") aufrecht erhal-ten,
-
4
-

bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall [X.] der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über das Absehen von einer Verfallsanordnung, soweit der von der [X.] fest-

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwie-sen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten S.

wegen "gewerbsmäßigen" Betruges und gewerbsmäßigen [X.] in drei Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und festge-s-halb nicht auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz erkannt wird, weil An-sprüche Verletzter entgegenstehen. Den Angeklagten D.

hat es des gewerbsmäßigen [X.] in drei Fällen und des "gewerbsmäßigen" Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verhängt. Die nicht revidierenden [X.]
-
5
-
ten [X.]

,

M.

und K.

hat das [X.] wegen deren jeweiliger Beteiligung an diesen Fällen zu Bewährungsstrafen verurteilt; hin-sichtlich der Mitangeklagten K.

hat es zusätzlich festgestellt, dass einer Verfallsanordnung Ansprüche Verletzter entgegenstehen, jedoch an sich ein h-rer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der allgemeinen Sachrüge und beanstanden das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entschei-dungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

I. Revision des Angeklagten S.

1. Aus den in der Antragsschrift des [X.] ausgeführ-ten zutreffenden Gründen fehlt es nicht an der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklage und ist die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge nicht begründet.

2. [X.] [X.] der Urteilsgründe ("[X.]") hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Weder tragen die Feststellungen die Annahme eines vollendeten gewerbsmäßigen [X.] (§ 263 Abs. 5 St[X.]) noch sind diese ausreichend belegt. Im Einzelnen:

a) Nach den diesbezüglichen Feststellungen fasste der Angeklagte zu-sammen mit dem Angeklagten D.

und der Mitangeklagten K.

den Entschluss, gemeinsam sogenanntes Forderungsmanagement zu betrei-ben. Über die Firmen [X.]

und SK

schlos-sen sie Verträge mit anderen Unternehmen, den sog. Produktgebern, ab, für die sie Forderungen gegenüber den ihnen genannten Personen geltend ma-2
3
4
5
-
6
-
chen sollten. Die einzuziehenden Forderungen sollten aus dem telefonischen Vertrieb von Gewinnspieleintragungsdiensten und [X.] resultieren. 50% der generierten Einnahmen sollten an die jeweiligen Produkt-geber zurückfließen, den Rest sollten die Angeklagten S.

, D.

und K.

vereinnahmen.

Auf dieser Grundlage versendeten die Angeklagten Schreiben an die von ihren Vertragspartnern mitgeteilten Kunden, mit denen sie die Zahlung der ihnen genannten Ansprüche anmahnten. In den Fällen der Forderungen, die mit dem Vertrieb des [X.] "[X.]" in [X.] standen, wurden die Kunden in den von den Angeklagten ver-s-beendigung zu zahlen. Die Geschädigten wurden zum Teil durch die in den Mahnschreiben aufgeführte Drohung, dass rechtliche Schritte eingeleitet [X.] bzw. dass im Falle von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen höhere Kosten entstünden, zu Zahlungen veranlasst, obwohl weitere Maßnahmen gar nicht geplant waren. In einigen Fällen wurde bei den überwiegend älteren Adressa-ten der Eindruck hervorgerufen, dass sie tatsächlich einen Vertrag geschlossen hatten und damit ein entsprechender Irrtum erregt. Insgesamt erwirkten die An-

Hinsichtlich der aus dem Gewinnspieleintragungsdienst "[X.]" geltend gemachten Ansprüche sah der Angeklagte die Möglichkeit, dass es sich um nicht bestehende Forderungen handelte, und billigte dies ([X.]). Bezüglich der Forderungen aus den vertriebenen [X.] sowie einem Teil der anderen Gewinnspieleintragungsdienste wusste der Angeklagte S.

, "dass diese Forderungen tatsächlich nicht berechtigt waren, d.h. dass entweder gar keine Forderungen bestanden oder aber dass 6
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7
-
entsprechende Verträge aufgrund von Betrugshandlungen zustande gekom-men waren" ([X.] f.). Hinsichtlich des verbleibenden Teils der Gewinn-spieleintragungsdienste, aus denen die angemahnten Zahlungsansprüche re-sultierten ("[X.]", "[X.]", "[X.]" und "WinTotal 24"), wusste er zumindest, "dass derartige Gewinnspiele unter falschen Versprechungen vertrieben wurden, was hinsichtlich dieser Gewinnspiele auch tatsächlich der Fall war" ([X.]).

b) Diese Feststellungen genügen nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach im Urteil die für erwiesen erachteten Tatsachen anzugeben sind, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der
Tatrichter die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen ([X.], Beschluss vom 13. Januar 2005 -
3 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs.
1 Satz 1 Sachdarstellung 13). Rechtsbegriffe müssen durch die ihnen zu-grunde liegenden Vorgänge aufgelöst werden, sofern sie nicht allgemein geläu-fig sind oder sich die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen aus dem Urteilszu-sammenhang ergänzen lassen ([X.], [X.], 7. Aufl., § 267 Rn. 9; [X.], [X.], 26. Aufl., § 267 Rn. 38 jeweils mwN).

Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe das Tatbestands-merkmal des Vermögensschadens (§ 263 Abs. 1 [X.]) nicht hinreichend. Ein solcher scheidet aus, wenn durch die [X.] erwirkte Zahlung eine entsprechende Zahlungspflicht des [X.] erlischt ([X.] Rspr.;
vgl. etwa [X.], Urteil vom 22. Januar 2014 -
5 StR 468/12, [X.]R St[X.] § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 80). Dies kommt vorliegend in den Fällen in Betracht, in denen die angeschriebenen Kunden zunächst tatsächlich einen Vertrag mit den 8
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Produktgebern geschlossen hatten. Dass die Befreiung von der vertraglichen Zahlungspflicht keinen kompensationsfähigen Vorteil begründete, weil es sich um nach § 123 B[X.] anfechtbare Verträge handelte (vgl. [X.] aaO), lässt sich anhand der Urteilsfeststellungen nicht nachvollziehen. Allein die pauschale, nicht näher ausgeführte Feststellung, die Verträge seien aufgrund von Betrugs-handlungen oder
falschen Versprechungen zustande gekommen, zeigt die
Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts nach § 123 B[X.] oder anderer auf Vertragsaufhebung gerichteter Rechte der Kunden nicht auf; der Rechtsbegriff des Betrugs ist ebenso ausfüllungsbedürftig wie die Deutungsspielräume zu-lassende Wendung "falsche Versprechungen". Insbesondere wird nicht ersicht-lich, dass die Kunden über den
Wert der erworbenen Gegenleistung getäuscht worden waren. Mangels näherer Feststellungen zu den vertriebenen Gewinn-spieleintragungsdiensten und [X.] lässt sich deren Wert nicht in Beziehung zu den jeweils geltend gemachten Forderungen setzen; dass die Teilnahme an Gewinnspieleintragungsdienste oder erworbene [X.]-schriftenabonnements per se wertlos sind, versteht sich nicht von selb[X.]

Schon aus diesem Grund bedarf der Schuldspruch der Aufhebung. Die Urteilsgründe lassen offen, ob die bei der Bestimmung des Vermögensscha-dens berücksichtigten Einzelzahlungen der Geschädigten auch auf Fälle zu-rückgingen, in denen gar kein Vertragsschluss zwischen den Kunden und den Produktgebern zustande gekommen war. Die in den Urteilsgründen enthaltene tabellarische Auflistung differenziert insoweit -
was für sich genommen [X.] noch keinen Rechtsfehler begründet -
nicht.

c) Daneben besteht ein durchgreifender Rechtsfehler darin, dass das [X.] seinen Schluss, die in die Bestimmung des Vermögensschadens eingestellten Zahlungen seien ausschließlich auf Fälle zurückgegangen, in de-10
11
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9
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nen zuvor mit den angeschriebenen Kunden entweder gar kein [X.] gekommen oder ein solcher aufgrund von Betrugshandlungen bzw. unter falschen Versprechungen erwirkt worden war, nicht auf eine tragfähige [X.] gestützt hat. Auch der Beweiswürdigung zum Vorsatz des Angeklag-ten S.

lässt sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände die [X.] die Überzeugung gewonnen hat, dass die -
für sich betrachtet rechts-fehlerfrei begründeten -
subjektiven Vorstellungen des Angeklagten auch in objektiver Hinsicht zutrafen. Dies gilt insbesondere auch für die anhand der Beweiswürdigung nicht nachvollziehbare Differenzierung, wonach den hinsicht-lich der Produkte "[X.]", "[X.]", "[X.]" und "WinTotal 24" geltend gemachten Zahlungsansprüchen sämtlich zunächst zustande gekom-mene Vertragsabschlüsse zugrunde lagen, die jedoch auf falsche Verspre-chungen zurückgingen ([X.]), hinsichtlich der übrigen Gewinnspieleintra-gungsdienste und [X.] jedoch entweder gar keine Forde-rungen bestanden oder solche aufgrund von Betrugshandlungen zustande [X.] waren (UA S.
58).

Darüber hinaus entbehrt die Annahme des [X.], sämtliche fest-gestellten Zahlungen seien irrtumsbedingt geleistet worden, einer sie tragenden Beweiswürdigung. Dem Urteil lässt sich -
auch im Gesamtzusammenhang -
nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände sich die [X.] hiervon überzeugt hat. Dass ein Teil der Adressaten auf die Mahnschreiben und [X.] zur Vertragsaufhebung in Kenntnis der Rechtslage und unbeeinflusst von der Drohung, es würden andernfalls rechtliche Schritte eingeleitet, nur deshalb zahlten, weil sie mit der Angelegenheit nicht weiter belästigt werden wollten, liegt im Hinblick darauf, dass sich der festgestellte Gesamtschaden aus mehre-ren hundert Einzelzahlungen zusammensetzt, nicht derart fern, dass sich weite-re Ausführungen hierzu erübrigten (vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 23. Juni 12
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2015 -
1 [X.] juris Rn. 4; vom 7. August 2014 -
3 [X.], juris Rn.
3).

3. Im Fall II.3. der Urteilsgründe ("Verbraucherschutz") tragen bereits die -
rechtsfehlerfrei getroffenen -
Feststellungen zum Komplex "Der [X.]" ([X.]) der Urteilsgründe) den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen [X.]. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben,
weil nicht auszuschließen ist, dass die [X.] im Komplex "Aktion Privatsphä-re" ([X.]) der Urteilsgründe) den Vermögensschaden fehlerhaft bestimmt hat und damit für Tat II.3. der Urteilsgründe von einem unzutreffenden Schuldum-fang ausgegangen i[X.]

a) Nach den zum Komplex "Aktion Privatsphäre" getroffenen [X.] erbrachte der Angeklagte S.

ab dem [X.] unter dem Produkt-namen "Aktion Privatsphäre" -
später auch "Meine Privatsphäre" -
Leistungen auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes. Gegen Zahlung eines [X.] bot er insbesondere Hilfestellungen bei unerwünschten Vertragsschlüs-sen an. Diese Leistungen bestanden in der Weiterleitung von Widerrufs-
und Kündigungsschreiben, der Ausgabe von Gutscheinen hinsichtlich der Beratung durch qualifizierte Rechtsbeistände sowie der Einrichtung einer Kundenhotline. [X.] agierte der Angeklagte hierbei über die von ihm geleitete Firma [X.]

, deren eingetragene Geschäftsführerin seine Le-bensgefährtin
war. Nachdem die [X.] im Laufe des Jahres 2011 zu-nehmend in immer größere finanzielle Schwierigkeiten geraten war, übernahm die neu gegründete [X.]

, deren Geschäftsführer der Angeklagte D.

war, ca. 13.000 Bestandskunden der "Aktion
Privatsphäre/Meine Privatsphäre". Die Angeklagten S.

, D.

und K.

fassten dabei den Entschluss, den Mitarbeiterstab und das Leis-13
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tungsprogramm erheblich einzuschränken. So wurden die Kundenhotline ein-gestellt und -
mangels finanzieller Mittel -
Gutscheine für die anwaltliche Bera-tung von Kunden nicht mehr zur Verfügung gestellt. Die Kunden unterrichteten sie hierüber nicht, stattdessen mahnten sie den nächsten Jahresbeitrag in Hö-ä-l-sche Eindruck vermittelt, der ursprüngliche Leistungsumfang könne noch er-bracht werden bzw. eine Vertragsaufhebung sei nur einvernehmlich möglich und nicht auch wegen der tatsächlich eingetretenen Leistungsunfähigkeit. Die daraufhin zahlenden Kunden hätten ihre Zahlungen nicht erbracht, wenn sie um die mangelnde Leistungsfähigkeit der [X.]

(richtig: [X.]

) gewusst hätten. Dies war den Angeklagten S.

,
D.

und K.

auch bewusst, wobei sie dies billigten. In der [X.] vom 1. September 2011 bis 30. April 2012 kam es hierdurch zu Zahlungen der Ku

b) Die Annahme der [X.], die in die Berechnung des [X.] eingestellten Zahlungen gingen sämtlich auf [X.]e Irrtümer der angeschriebenen Kunden zurück, ist nicht ausreichend belegt. Der Schluss des [X.] beruht ausschließlich auf der Erwägung, es wider-spreche der Lebenserfahrung, dass Kunden für allenfalls noch rudimentäre Leistungen einen vollen Jahresbeitrag zahlen oder noch Zahlungen für die vor-zeitige Beendigung eines Vertrages erbringen, aus dem ihnen ohnehin keine nennenswerten Gegenleistungen mehr zufließen ([X.]). Dabei begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhal-ten, ob das [X.] seinen Schluss auch aus der Vernehmung (eines Teils) der Geschädigten gewonnen hat. Die [X.] konnte ihren Schluss auf die [X.]e Fehlvorstellung der [X.] insoweit auch auf 15
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Indizien stützen (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2013 -
3 [X.], [X.], 215, 216; Beschluss vom 4. September 2014 -
1 [X.], [X.], 98, 100 mwN). Allerdings hat sie sich nicht mit der Möglichkeit auseinanderge-setzt, dass die Kunden jedenfalls teilweise -
insbesondere auf die Angebote zur Vertragsbeendigung hin -
unbeeinflusst von Gedanken zur Leistungsfähigkeit bzw. -willigkeit der Angeklagten in dem Bestreben, nicht weiter belästigt zu werden, gezahlt haben könnten. Angesichts des Umstandes, dass sich der [X.] festgestellte Gesamtschaden aus über 1.600 Einzelzahlungen zusam-mensetzte, liegt es nicht fern, dass zumindest bei einigen Zahlenden eine sol-che Motivation handlungsleitend war.

Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der [X.] auf dem Rechtsfehler beruht. Auch wenn angesichts der Erwägung des [X.] nahe liegt, dass dem Großteil der festgestellten Einzelzahlungen [X.]e Irrtümer zugrunde lagen und diese zur Bestimmung des Vermögensschadens heranzuziehen sind, obliegt die Prüfung und Entschei-dung, ob und in welchem -
gegebenenfalls unter Anwendung des Zweifelssat-zes im Wege der Schätzung zu ermittelnden (vgl. auch [X.], Urteil vom 14.
August 2008 -
3 [X.], [X.]St 54, 69, 125) -
Maß dies der Fall war, dem Tatrichter. In diesem Umfang sind die ansonsten rechtsfehlerfrei getroffe-nen Feststellungen aufzuheben (§
353 Abs. 2 [X.]).

4. Die Feststellung bezüglich des [X.] von der Verfallsanordnung nach §
111i Abs. 2 [X.] erweist sich bereits aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler im Fall [X.] der Urteilsgründe, die sich auf die
Bestimmung des aus der Tat [X.] im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 St[X.] erstrecken, als rechtsfehlerhaft. Die rechtsfehlerhafte Bestimmung des Vermögensschadens im Fall II.3. der Urteilsgründe wirkt sich demgegenüber nicht aus, weil mit Blick 16
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13
-
auf § 73 Abs. 1 Satz 2 St[X.] -
entgegengesetzt zu der Interessenlage des [X.] bei der Frage nach der Vollendung des Betruges -
davon auszuge-hen ist, dass die jeweiligen Geschädigten irrtumsbedingt gezahlt haben (vgl. hierzu und zur Anwendung des § 73 St[X.] in der Konstellation des Versuchs [X.], Beschluss vom 12. Dezember 2013 -
3 [X.], juris Rn. 27 f.).

Allerdings ist die vom [X.] getroffene Feststellung nach § 111a Abs. 2 [X.] darüber hinaus vollständig aufzuheben, weil die [X.] nicht geprüft hat, ob bereits aufgrund der Härtevorschrift des § 73c St[X.] von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen wäre. Hierzu hätte es sich angesichts der Feststellungen gedrängt sehen müssen, denn es ist fraglich, in welchem Umfang die aus den Straftaten erlangten Vermögensvorteile im Ver-mögen des Angeklagten noch vorhanden waren (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18.
März 2015 -
3 [X.], [X.], 270; vom 6. November 2014
-
4 [X.], [X.], 70, 71).

Das neue Tatgericht wird zu beachten haben, dass der einem Auffangs-rechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 [X.] unterliegende [X.] den Angeklagten als Gesamtschuldner treffen könnte (vgl. [X.], [X.] vom 18. März 2015 -
3 [X.], [X.], 270; vom 17. Sep-tember 2013 -
5 [X.], [X.], 474, 475; Urteil vom 28. Oktober 2010 -
4 [X.], [X.]St 56, 39, 45 ff.).

5. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge veranlasste umfassende
materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfeh-ler zum Nachteil des Angeklagten S.

ergeben. Der näheren Erörterung [X.] nur Folgendes:

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20
-
14
-
Im Fall II.2. ("Lichtenheimer") wird der Schuldspruch durch die rechtsfeh-lerfrei begründete Feststellung getragen, dass den auf die Entgegennahme der versendeten Nachnahmeschreiben erbrachten Zahlungen [X.]e Irrtümer der zahlenden Kunden zugrunde lagen. Dass daneben auch sämtliche auf die Versendung von Mahnschreiben und [X.] ge-leisteten Zahlungen irrtumsbedingt waren, hat das [X.] indes nicht aus-reichend belegt; der [X.] nimmt insoweit auf die zu den Fällen [X.] und II.3. der Urteilsgründe dargelegten Gründe Bezug. Es ist allerdings auszuschließen, dass sich der Rechtsfehler bei der Bestimmung des Schuldumfangs zum Nach-teil des Angeklagten ausgewirkt hat. In die Schadensberechnung eingestellt hat die [X.] ausschließlich eingegangene Zahlung
r-schiedenen Schreiben geltend gemachten Beträge ist jedoch ersichtlich, dass diesen Zahlungen ausschließlich Nachnahmesendungen zugrunde lagen, so dass die [X.] mit Blick auf deren im Vergleich zu Mahnschreiben oder [X.] unterschiedlichen Bedeutungsgehalt ohne Rechtsfehler von einem entsprechenden Irrtum der Kunden hat ausgehen [X.].

Der Schuldspruch war hinsichtlich des Falles II.2. der Urteilsgründe
allerdings neu zu fassen. Die Verwirklichung des [X.] Handelns gemäß §
263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 St[X.] wird nicht in die Urteils-formel aufgenommen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Juli 2006 -
2 [X.], juris Rn. 2; [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).

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-
15
-
II. Revision des Angeklagten D.

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§
344 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

2. Die Verurteilung des Angeklagten D.

wegen gewerbsmäßigen [X.] (§ 263 Abs. 5 St[X.]) im Fall [X.] der Urteilsgründe hält aus den zur Revision des Angeklagten S.

dargestellten Gründen [X.] Überprüfung ebenfalls nicht stand.

3. In den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe weist der Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, da der Schuldumfang in die-sen Fällen jeweils rechtsfehlerhaft bestimmt i[X.] Hierzu gilt:

a)
Wie bereits zur Revision des Angeklagten S.

ausgeführt tragen die Feststellungen zum Komplex [X.]) der Urteilsgründe ("Der [X.]") den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen [X.] (§ 263 Abs. 5 St[X.]) im Fall 3.
der Urteilsgründe. Für den dortigen Teilabschnitt [X.]) ("Aktion Privatsphäre") ist der festgestellte Vermögensschaden jedoch nicht rechtsfehlerfrei belegt. Der [X.] nimmt insoweit ebenfalls Bezug auf die dies-bezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten S.

. Die [X.] unterliegen in demselben Umfang der Aufhebung.

b) Im Fall II.4. der Urteilsgründe tragen die dort unter [X.]) und b) rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen [X.].

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28
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-
Allerdings ist das [X.] auch im Komplex [X.]) der Urteilsgründe ("[X.]") von einem mittäterschaftlichen Zusammenwirken der Angeklag-ten D.

und S.

ausgegangen und hat die insoweit erwirkten [X.] zur Bestimmung des Vermögensschadens herangezogen ([X.]). Den Schluss, dass der Angeklagte D.

auch in dieser Tatphase mittäter-schaftlich mit dem Angeklagten S.

agierte, tragen die Feststellungen jedoch nicht. [X.], die der Angeklagte D.

in
diesem Abschnitt leistete, werden in den Urteilsgründen nicht geschildert; auch dem [X.] des Urteils lassen sich solche nicht entnehmen. Sie ergeben sich insbe-sondere nicht daraus, dass der Angeklagte D.

eingetragener Ge-schäftsführer der [X.]

war, die in dem vorange-gangenen Geschehen ([X.]) der Urteilsgründe) in die Tat eingebunden war. Dass der Angeklagte S.

über diese Firma auch im Komplex "[X.]" agierte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Hiergegen spricht überdies, dass die insoweit zur Bestimmung des Vermögensschadens vom [X.] berücksichtigten Zahlungen der Geschädigten auf dem Geschäfts-konto der der Angeklagten K.

zuzurechnenden Firma SK

eingin-gen. Auch die von der [X.] in der Beweiswürdigung als Beleg für ihre Feststellungen herangezogene und für glaubhaft erachtete Einlassung des [X.] S.

zeigt die Beteiligung des Angeklagten D.

nicht auf. Hieraus folgt lediglich, dass dieser im Fall II.4. der Urteilsgründe "als [X.] der [X.]-

n-bindung des Angeklagten D.

während der Phase "[X.]" im Jahr 2012 folgt hieraus ebenso
wenig wie aus seiner Einlassung, wonach er "Kennt-nis von sporadischen Nachnahmesendungen in 2012 für den Angeklagten [X.]

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17
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Auch wenn die im Komplex "[X.]" eingegangenen Zahlungen in [X.] ausfallen, kann der [X.] nicht ausschließen, dass die Bemessung der
für Fall II.4.
der
Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe von einem Jahr auf dem Rechtsfehler beruht. Der Aufhebung bedürfen die Feststellungen [X.] nur, soweit die Einbindung des Angeklagten D.

in das im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte Geschehen unter [X.]) der Urteilsgründe betroffen ist (§ 353 Abs. 2 [X.]).

4. Hinsichtlich der verbleibenden Verurteilung im Fall [X.] der Urteils-gründe weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Jedoch war der Schuldspruch neu zu fassen, da die Begehung des Betruges als gewerbsmäßig (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 St[X.]) -
wie bereits zur Revision des Angeklagten S.

dargelegt -
nicht in die Urteilsformel aufzunehmen i[X.]

5. Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass das neue Tatgericht bei Bildung der Gesamtstrafe die Vorverurteilung des Angeklagten durch das [X.] vom 9. November 2012 entsprechend den Ausführungen des [X.] in der
Antragsschrift vom 20.
März 2015 zu berücksichtigen haben wird. Sollten in der neuen Hauptverhandlung keine Feststellungen bezüglich einer strafbaren Beteiligung des Angeklagten D.

im Komplex [X.]) der Urteilsgründe ("[X.]") möglich sein, wäre allerdings auch die für Fall II.4. der Urteilsgründe neu festzusetzende [X.] mit der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 9.
November 2012 gesamtstrafenfähig.

30
31
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-
III. Gemäß § 357 [X.] war die Aufhebung des Urteils wie folgt auf die [X.] zu erstrecken:

1. Die Aufhebung des Urteils auf die Revision des Angeklagten S.

im Fall [X.] ("Forderungsmanagement") der Urteilsgründe erfasst aufgrund der materiell-rechtlichen Akzessorietät der Teilnahme auch die jeweilige [X.] der Mitangeklagten [X.]

und

M.

wegen Beihilfe zum
"gewerbsmäßigen" Betrug.

2. Hinsichtlich der Mitangeklagten K.

ist deren Verurteilung im Fall [X.] der Urteilsgründe ("Forderungsmanagement") wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs sowie der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.3. der Ur-teilsgründe aufzuheben. Beides entzieht auch dem Ausspruch über die Ge-samtstrafe die Grundlage. Der Aufhebung unterliegt ferner die Feststellung nach §
111i Abs. 2 [X.], soweit das [X.] in die Bestimmung des aus der Tat [X.] im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 St[X.] auch die im Rahmen hat. Insoweit beruht das Urteil auf demselben sachlichrechtlichen Mangel, was zur Anwendung von § 357 [X.] auf die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 [X.] führt (vgl. [X.], Beschluss vom 6. November 2014 -
4 [X.], [X.], 70, 71 mwN). Ausgehend von der von der [X.] festgestellten Gesamt-e Ansprüche Verletzter einer [X.] gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 [X.] entgegenstehen, verbleibt ein nicht von der Erstreckung erfasster Betrag in Höhe von 159.301

kommt eine Aufhebung wegen der Nichterörterung der Vorschrift des § 73c St[X.] nicht in Betracht (vgl. [X.] aaO). Jedoch wird das neue Tatgericht -
auch -
darüber zu [X.] haben, ob die Mitangeklagte hinsichtlich des dem Auffangrechtser-33
34
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-
19
-
werb unterliegenden Zahlungsanspruchs des Staates (§ 111i Abs. 5 [X.]) nur als Gesamtschuldnerin haftet.

[X.][X.]Schäfer

Gericke Spaniol

Meta

3 StR 102/15

01.10.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2015, Az. 3 StR 102/15 (REWIS RS 2015, 4535)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4535

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Anwendung des Verschlechterungsverbots auf die Einziehungsanordnung


4 StR 70/14 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Bandendiebstahl: Beteiligung an einer "gemischten" Bande von Dieben und Hehlern


3 StR 291/16 (Bundesgerichtshof)


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