Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2016, Az. V ZR 185/15

5. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14323

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Gegenstand

Wohnungseigentumssache: Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bei geltend gemachten Schäden am Gemeinschaftseigentum in Übergangsfällen nach Gesetzesänderung


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] - 13. Zivilsenat - vom 20. Juli 2015 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000 €.

Gründe

I.

1

Dem Kläger zu 1 steht (nach seiner Behauptung gemeinsam mit den Klägern zu 2 und 3) das Sondereigentum an einer Erdgeschosswohnung zu, die sich in einem am [X.] gelegenen Zweifamilienhaus befindet. [X.] der Wohnung im Obergeschoss war die Beklagte. An der Grundstücksgrenze wachsen mehrere hohe Bäume auf einer Fläche, an der ein Sondernutzungsrecht des Klägers zu 1 (bzw. der Kläger zu 1 bis 3) besteht. Im Oktober 2010 beschnitt bzw. fällte ein [X.] elf dieser Bäume. Im Dezember 2010 verkaufte die Beklagte ihre Wohnung zum Preis von 1,375 Mio. €.

2

Die Kläger behaupten, die Beklagte habe den Auftrag an den [X.] erteilt und durch den freigelegten Seeblick einen Wertzuwachs ihrer Wohnung in Höhe von 100.000 € erlangt. Gestützt auf eine Ermächtigung des neuen Eigentümers der [X.] hinsichtlich etwaiger Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen sie von der Beklagten Zahlung von 50.000 €. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. In zweiter Instanz ist diese hilfsweise auf den durch die Kappung bzw. Beseitigung der Bäume entstandenen Schaden von mindestens 50.000 € gestützt worden. Das [X.] hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision wenden sich die Kläger mit der Beschwerde.

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die vor dem 31. Dezember 2015 verkündete  Entscheidung des Berufungsgerichts ist gemäß § 62 Abs. 2 [X.] nicht statthaft. Die auf die Beschädigung der Bäume durch die Beklagte als damalige Wohnungseigentümerin gestützte Klage unterfällt insgesamt § 43 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.].

4

1. Soweit die Kläger mit Ermächtigung des weiteren Wohnungseigentümers in gewillkürter Prozessstandschaft für den Verband handeln (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 19. Juli 2013 - [X.], [X.] 2014, 25 Rn. 9), wollen sie eine geborene [X.]  der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 [X.] wahrnehmen. Insoweit ergibt sich die Einordnung als Wohnungseigentumssache aus § 43 Nr. 1 oder [X.] (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2013 - [X.], [X.], 247 Rn. 7 mwN); welche dieser Bestimmungen einschlägig ist, ist nicht entscheidungserheblich. Der erforderliche innere Zusammenhang mit dem [X.] der Wohnungseigentümer und den sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten folgt schon daraus, dass die Ansprüche aus einer Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums hergeleitet werden (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 907, 908). Als dauerhafte Bepflanzung sind die Bäume nämlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks gemäß § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB und stehen als solche im gemeinschaftlichen Eigentum (vgl. [X.], 7. Aufl., § 94 Rn. 19; [X.], [X.] 2015, 109). Infolgedessen hängt die Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit des behaupteten Verhaltens der Beklagten von den Rechten und Pflichten des einzelnen Wohnungseigentümers ab, die sich aus dem [X.] ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 907, 908). Dass die Klage auf das Bereicherungsrecht gestützt wird, ändert hieran - entgegen der Auffassung der Kläger - nichts.

5

2. Soweit die Klage auf eigene Ansprüche der Kläger gestützt wird, die sich allenfalls aus der Beeinträchtigung ihres Sondernutzungsrechts ergeben könnten (vgl. [X.], [X.] 2015, 109, 112), handelt es sich gemäß § 43 Nr. 1 [X.] um eine Wohnungseigentumssache. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer sind bereits deshalb betroffen, weil die Bäume im gemeinschaftlichen Eigentum stehen; ob und unter welchen Voraussetzungen Rechtsstreitigkeiten von Wohnungseigentümern untereinander wegen der Beschädigung von Allein- oder Sondereigentum als Wohnungseigentumssache anzusehen sind, kann dahinstehen.

6

3. Der Umstand, dass die Beklagte zwischenzeitlich aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden ist, ändert nichts daran, dass Grundlage der Auseinandersetzung das [X.] ist (Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - [X.], [X.] 2012, 334 Rn. 3 mwN).

7

4. Nach ständiger Rechtsprechung ist unerheblich, dass das [X.] über die Berufung entschieden hat. Der Regelungstechnik des Gesetzes zufolge ist der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde nicht darauf bezogen, dass das [X.] als Berufungsgericht entschieden hat, sondern auf das in der Berufungsinstanz angewandte materielle Recht (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - [X.], [X.] 2012, 334 Rn. 4 mwN).

8

5. Schließlich rügen die Kläger erfolglos einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Zwar haben die Vorinstanzen die Sache fälschlich als allgemeine [X.] eingeordnet. Der Senat hat den Klägern aber Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der von ihnen herangezogene Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 17. Oktober 1986 - [X.], [X.]Z 98, 362, 364 f.) eröffnet die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Denn das [X.] hat in prozessual zulässiger Weise über die Berufung entschieden, nämlich durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO. Der Ausschluss der Beschwerde gegen die hiermit verbundene Nichtzulassung der Revision beruht nicht auf der gewählten Entscheidungsform, sondern auf der Sondervorschrift des § 62 Abs. 2 [X.]; die Kläger stünden nicht anders, wenn das an sich zuständige [X.] als Berufungsinstanz entschieden hätte.

III.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                      Brückner                           Weinland

                      Kazele                        [X.]

Meta

V ZR 185/15

17.03.2016

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 20. Juli 2015, Az: 13 U 4290/14, Beschluss

§ 10 Abs 6 S 3 Halbs 1 WoEigG, § 43 Abs 1 Nr 1 WoEigG, § 43 Abs 1 Nr 2 WoEigG, § 62 Abs 2 WoEigG, § 94 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2016, Az. V ZR 185/15 (REWIS RS 2016, 14323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14323


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V ZR 185/15

Bundesgerichtshof, V ZR 185/15, 17.03.2016.


Az. 13 U 4290/14

OLG München, 13 U 4290/14, 20.07.2015.

OLG München, 13 U 4290/14, 30.06.2015.


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