Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2016, Az. 2 StR 376/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3346

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:261016U2STR376.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 376/15
vom
26. Oktober
2016
in der Strafsa[X.]he
gegen

wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 26. Oktober
2016, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgeri[X.]htshof
Prof. Dr. [X.]

als Vorsitzender,

die [X.] am Bundesgeri[X.]htshof
Dr. [X.],
[X.],
die [X.]innen am Bundesgeri[X.]htshof
Dr. [X.],
[X.],

Erster Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Re[X.]htsanwältin

als Verteidigerin,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle,

für Re[X.]ht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwalts[X.]haft wird das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2015 im Strafausspru[X.]h mit den Feststellungen aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.]he zu neuer Verhand-lung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsmit-tels, an eine andere Jugendkammer des [X.].

Von Re[X.]hts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge in drei Fällen unter Einbeziehung einer Jugendstrafe aus einer anderen Ents[X.]heidung zu [X.] von vier
Jahren verurteilt und eine Verfallsents[X.]hei-dung getroffen. Die auf den Strafausspru[X.]h bes[X.]hränkte Revision der [X.] hat Erfolg.
1. Das [X.] hat hinsi[X.]htli[X.]h des Angeklagten folgende Feststel-lungen getroffen.
Spätestens im [X.] kamen der Angeklagte [X.]

sowie die Mitan-
geklagten

[X.]

und D.

, zusammen mit weiteren, gesondert ver-
folgten Mittätern überein, größere Mengen Kokain zu erwerben, um diese in
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-
K.

gewinnbringend zu veräußern. Etwa im Juni 2013 fassten die Beteiligten,
denen si[X.]h zwis[X.]henzeitli[X.]h weitere Personen anges[X.]hlossen hatten, den Ent-s[X.]hluss, nunmehr au[X.]h Marihuana in größerem Umfang zu erwerben und es unter Nutzung der

zum Kokainvertrieb aufgebauten

Logistik der Gruppie-rung gewinnbringend abzusetzen. Dabei beteiligte der Angeklagte si[X.]h an fünf [X.], wobei die [X.]

na[X.]hdem einer der Fälle
bereits dur[X.]h eine einbezogene Ents[X.]heidung anderweitig abgeurteilt worden war und sie hinsi[X.]htli[X.]h eines weiteren Falles die Strafverfolgung bes[X.]hränkt bzw. das Verfahren insoweit vorläufig eingestellt hatte

folgende drei Fälle ih-rer Verurteilung zugrunde legte:
a)
Mitte April 2013 lagerten in einer von

[X.]

zu diesem Zwe[X.]k
angemieteten Depotwohnung mindestens 808 Gramm Kokain, das in einer Menge von mindestens 533,29 Gramm von

[X.]

mit Wissen und Wol-
len des Angeklagten und weiterer zwei Beteiligter zuvor in B.

oder den
N.

erworben worden war. Das Kokain wurde gestre[X.]kt und in der
[X.] von Mitte April 2013 bis Ende Juli 2013 im Straßenverkauf in [X.] oder auf Bestellung au[X.]h in größeren Mengen au[X.]h vom Ange-klagten gewinnbringend weiterveräußert.
b)
Ab Anfang September 2013 lagerten in der genannten Wohnung [X.] zuvor in B.

oder in den N.

erworbene 591,79 Gramm
Kokain.
221 Gramm der Betäubungsmittel wurden in der Folgezeit im Straßen-verkauf au[X.]h vom Angeklagten weiterverkauft, der Rest wurde bei der [X.] Mitte Oktober 2013 si[X.]hergestellt.
[X.]). Im Juni 2013 bes[X.]hafften si[X.]h der Angeklagte [X.]

,

[X.]

sowie weitere Beteiligte 8 Kilogramm Marihuana zum gewinnbringenden
Wei-4
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terverkauf. Knapp sieben
Kilogramm dieser in der Depotwohnung gelagerten Betäubungsmittel konnten dort Mitte Oktober 2013 si[X.]hergestellt werden.
Das [X.] hat hinsi[X.]htli[X.]h des zur Tatzeit 19 bzw. 20 Jahre alten Angeklagten entspre[X.]hend der Stellungnahme der Vertreterin der Jugendge-ri[X.]htshilfe festgestellt, dass er na[X.]h seiner geistigen und sittli[X.]hen Entwi[X.]klung no[X.]h einem Jugendli[X.]hen glei[X.]hstehe, und hat deshalb Jugendstrafre[X.]ht zur Anwendung gebra[X.]ht. Es ist vom Vorliegen erhebli[X.]her s[X.]hädli[X.]her Neigungen ausgegangen und hat

unter Einbeziehung einer zuvor ergangenen Ents[X.]hei-dung zu Jugendstrafe von einem Jahr und a[X.]ht Monaten

eine zur Erziehung erforderli[X.]he Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verhängt.
2. a)
Die Revision der Staatsanwalts[X.]haft ist trotz des Antrags auf Auf-hebung des gesamten Re[X.]htsfolgenausspru[X.]hs ausweisli[X.]h ihrer Begründung auf den Strafausspru[X.]h bes[X.]hränkt. Diese Bes[X.]hränkung ist wirksam.
b)
Das Re[X.]htsmittel der Staatsanwalts[X.]haft hat Erfolg.
Die Erwägungen, aufgrund derer das [X.] hinsi[X.]htli[X.]h des im Tatzeitraum zwis[X.]hen 19 und 20 Jahre alten Angeklagten gemäß § 105 Abs.
1 Nr.
1 JGG zur Anwendung gebra[X.]ht hat, halten re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand.
Es begegnet zwar no[X.]h keinen dur[X.]hgreifenden Bedenken, dass die [X.] den Inhalt der Stellungnahme der Jugendgeri[X.]htshilfe, der sie im Ergebnis gefolgt ist, ni[X.]ht im Einzelnen mitgeteilt hat. Denn sie führt für ihre Ents[X.]heidung eigenständig Gründe an, die allerdings ni[X.]ht frei von Re[X.]htsfeh-lern
sind.
Für die Frage, ob der heranwa[X.]hsende Täter zur [X.] der Tat na[X.]h seiner sittli[X.]hen und geistigen Entwi[X.]klung no[X.]h einem Jugendli[X.]hen glei[X.]hstand, 7
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kommt es maßgebend darauf an, ob er si[X.]h no[X.]h in einer für Jugendli[X.]he typi-s[X.]hen Entwi[X.]klungsphase befand und in ihm no[X.]h Entwi[X.]klungskräfte in größe-rem Umfang wirksam waren (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.], 218; [X.], 289; NStZ 2015, 230).
Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung seiner Persönli[X.]hkeit unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der [X.] Lebensbedingungen zu [X.]. Dem Tatri[X.]hter steht insoweit ein erhebli[X.]her Beurteilungsspielraum zu. Seine Bewertungen müssen allerdings mit Tatsa[X.]hen unterlegt und na[X.]hvoll-ziehbar sein; sie dürfen keine wesentli[X.]hen Gesi[X.]htspunkte außer Betra[X.]ht [X.] (vgl. [X.],
[X.], 218 f.).
Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil ni[X.]ht in jeder Hinsi[X.]ht gere[X.]ht.
Es fehlt an einer umfassenden Würdigung aller wesentli[X.]hen Gesi[X.]hts-punkte. Das Verhältnis des Angeklagten zu seinen in A.

lebenden Eltern
wird ni[X.]ht erörtert. Ni[X.]ht ausrei[X.]hend in den Bli[X.]k genommen werden au[X.]h die dur[X.]haus erfolgrei[X.]hen Bemühungen des Angeklagten zu seiner s[X.]hulis[X.]hen und berufli[X.]hen Ausbildung. Der s[X.]hlagwortartige Hinweis auf das Fehlen einer Ausbildung oder eines abges[X.]hlossenen Studiums greift mit Bli[X.]k auf den S[X.]hulabs[X.]hluss des zum Verurteilungszeitpunkt 21-jährigen Angeklagten und die Aufnahme eines Fernstudiums zu kurz. Au[X.]h fehlt es an einer hinrei[X.]hen-den Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der Angeklagte eine ni[X.]ht unbedeutende Rolle bei den Drogenges[X.]häften gespielt hat. Denn au[X.]h daraus lassen si[X.]h
Rü[X.]ks[X.]hlüsse ziehen, ob und inwieweit si[X.]h der Angeklagte hin zu einer eigenen Persönli[X.]hkeit entwi[X.]kelt hat. Der insoweit mitgeteilten Erwägung des [X.]s, der Angeklagte habe ni[X.]ht auss[X.]hließbar

[X.]

, sei-

n-Tatsa[X.]hengrundlage. Sie findet weder in den Feststellungen no[X.]h in den Ein-13
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lassungen des Angeklagten und der Mitangeklagten eine Stütze. Dies gilt im Übrigen au[X.]h, soweit die [X.] angenommen hat, der Angeklagte habe bei seiner Lebensführung wie au[X.]h bei Begehung seiner Taten unter dem Ein-dru[X.]k des Lebenswandels und unter der Führung seiner beiden an den Taten beteiligten Onkel gestanden. Hinweise darauf, dass er in seiner Lebensführung jenseits der Tatbegehung von diesen beeinflusst und gelenkt sein könnte, erge-ben si[X.]h aus den Feststellungen ni[X.]ht.
Die Sa[X.]he bedarf deshalb insoweit, ohne dass es no[X.]h auf die [X.] gegen die Höhe der verhängten Jugendstrafe ankäme, neuer Verhand-lung und Ents[X.]heidung. Der [X.] kann ni[X.]ht auss[X.]hließen, dass eine umfang-rei[X.]he Würdigung aller wesentli[X.]hen Gesi[X.]htspunkte zu einer Ni[X.]htanwendung von Jugendstrafre[X.]ht und damit zu einem anderen Strafausspru[X.]h geführt [X.].
[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]
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Meta

2 StR 376/15

26.10.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2016, Az. 2 StR 376/15 (REWIS RS 2016, 3346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3346

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