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Vergütung des Berufsbetreuers: Vergleichbarkeit des von der BeckAkademie veranstalteten Fernlehrgangs „Berufsbetreuer(in) mit Hochschulzertifikat“ mit einer Hochschulausbildung
Der erfolgreiche Abschluss des im Jahr 2020 von der BeckAkademie in Zusammenarbeit mit der Hochschule Neubrandenburg angebotenen reformierten Fernkurses "Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung" ist mit einer Ausbildung an einer Hochschule vergleichbar und rechtfertigt eine Erhöhung des dem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 31. Mai 2017 - XII ZB 590/16, NJW-RR 2017, 965).
Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 21. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 hat die Staatskasse zu tragen.
Wert: 14 €
I.
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin), die mit Beschluss des Amtsgerichts vom 3. Januar 2019 zur [X.] des Betroffenen bestellt wurde, schloss am 18. Juni 2020 erfolgreich einen von der [X.] und der [X.] Fernkurse veranstalteten Fernlehrgang „[X.] mit Hochschulzertifikat“ ab. Die Qualifizierungsmaßnahme umfasst ein Arbeitspensum von 2.880 Stunden (96 E[X.]TS-Punkte).
Mit Schreiben vom 22. Juli 2020 hat die Betreuerin beantragt, die Vergütung für ihre Betreuertätigkeit in dem [X.]raum vom 6. April 2020 bis zum 5. Juli 2020 in Höhe von 248,40 € zu Lasten der Staatskasse (Beteiligte zu 2) festzusetzen. Dabei hat die Betreuerin für den [X.]raum bis zum 17. Juni 2020 den Pauschalbetrag aus der Vergütungstabelle [X.] zu § 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.] und für den [X.]raum ab dem 18. Juni 2020 den aus der Vergütungstabelle [X.] 5.1.1. zu § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] zugrunde gelegt.
Das Amtsgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das [X.] die amtsgerichtliche Entscheidung geringfügig abgeändert und die Vergütung auf 247,60 € festgesetzt. Im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Betreuerin stehe für die [X.] ab dem 19. Juni 2020 eine Pauschale nach der Vergütungstabelle [X.] zu, weil sie durch den verfahrensgegenständlichen Fernlehrgang besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse erworben habe.
Aus der vorgelegten Modul- und Leistungsübersicht ergebe sich, dass der in fünf Module aufgeteilte Fernlehrgang das wesentliche Anforderungsprofil einer Betreuung in rechtlicher, betriebswirtschaftlicher, sozialpädagogischer und medizinisch-psychologischer Hinsicht abdecke. Die Lerninhalte gingen über Grundwissen deutlich hinaus und befähigten die Betreuerin dazu, ihre Aufgaben besser und effektiver zu erfüllen.
Inhalt und Ausgestaltung des Fernlehrgangs seien mit einer Hochschulausbildung vergleichbar. Die Ausbildung sei staatlich reglementiert und anerkannt. Die Kooperation der [X.] Fernkurse und der [X.] finde ihre Grundlage in § 32 Abs. 2 Satz 1 Landeshochschulgesetz [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Januar 2011 (GVOBl. M-V S. 18; fortan [X.]). Die Anforderungen dieser Vorschrift seien durch den Kooperationsvertrag vom 11. November 2013 umgesetzt. In dessen Präambel sei festgehalten, dass der Fernlehrgang unter der wissenschaftlichen Leitung der [X.] steht. Durch die Regelungen in dem Kooperationsvertrag und der Zulassungs- und Prüfungsordnung für den „Fernlehrgang Berufsbetreuer(in) mit Hochschulzertifikat“ in der hier maßgeblichen Fassung werde der [X.] so viel Einfluss auf Gestaltung und Inhalt des Fernstudiums eingeräumt, dass dieses als eine staatlich reglementierte Ausbildung zu bewerten sei.
Der Zugang zu dem Lehrgang setze gemäß § 1 Abs. 2 der Zulassungs- und Prüfungsordnung eine Zulassungsentscheidung voraus. Zulassungsvoraussetzung sei gemäß § 1 Abs. 1 der Zulassungs- und Prüfungsordnung eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten einschlägigen Beruf mit mindestens dreijähriger Berufspraxis oder die allgemeine (Fach-)Hochschulreife.
Die Hochschule sei auch maßgeblich für die Ausbildungsinhalte verantwortlich. Die inhaltliche und didaktische Entwicklung des Lehrangebots erfolge durch die Prüfungskommission, die aus Lehrbeauftragten der [X.] bestehe. Auch die Lernbriefe und die Prüfungsaufgaben würden von Hochschullehrern konzipiert und erstellt.
Schließlich weise der Lehrgang auch einen formalen Abschluss auf. Gemäß § 9 Abs. 2 der Zulassungs- und Prüfungsordnung sei das Erreichen von mindestens 40 Punkten bei zwölf eingereichten Einsendeaufgaben Voraussetzung für die Zulassung zur Abschlussprüfung. Diese bestehe aus einer vierstündigen Klausur und einem Kolloquium, bei dem für jeden Prüfling eine Prüfungsdauer von mindestens 15 Minuten vorgesehen sei. Die Abschlussprüfung sei bestanden, wenn Studierende von den maximal erreichbaren 100 Punkten mindestens 40 erreichen, wobei in die Abschlussnote auch die Ergebnisse der zwölf Einsendeaufgaben [X.]. 40 Punkte entsprächen der Note „ausreichend“.
Hinzu komme, dass die Fernkurse der [X.] Fernkurse von der [X.] staatlich geprüft und zugelassen seien.
Der Vergleichbarkeit mit einer Hochschulausbildung stehe schließlich nicht entgegen, dass der zeitliche Umfang der Ausbildung mit 96 E[X.]TS-Punkten (2.880 Stunden) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern hinter dem eines [X.] zurückbleibe. Weil vorliegend ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Kenntnisse vermittelt würden, sei sie trotz des geringeren Umfangs einem regulären Bachelor-Studium in den von der Rechtsprechung anerkannten Studiengängen vergleichbar. Der Umfang der vermittelten Kenntnisse lasse die Bedeutung des geringeren Arbeitseinsatzes zurücktreten.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es nicht zu beanstanden, dass das [X.] die vom Amtsgericht vorgenommene Festsetzung der Vergütung der Betreuerin für die [X.] ab dem 19. Juni 2020 auf der Grundlage der Vergütungstabelle [X.] 5.1.1. bestätigt hat.
a) Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] in der hier maßgeblichen ab dem 27. Juli 2019 geltenden Fassung (Art. 4 des Gesetzes zur Anpassung der [X.] vom 22. Juni 2019; [X.] I S. 866) richtet sich die Vergütung eines Berufsbetreuers nach der Vergütungstabelle [X.], wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, verfügt und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene [X.]aufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist ([X.]sbeschluss vom 4. Dezember 2019 - [X.] 338/19 - FamRZ 2020, 448 Rn. 11 mwN).
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat ([X.]sbeschluss vom 4. Dezember 2019 - [X.] 338/19 - FamRZ 2020, 448 Rn. 12 mwN).
b) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des [X.]s, wonach der von der Betreuerin erfolgreich abgeschlossene Fernlehrgang „[X.] mit Hochschulzertifikat“ mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer [X.]. § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] vergleichbar ist, stand.
Allerdings hat der [X.] mit Beschluss vom 31. Mai 2017 ([X.] 590/16 - NJW-RR 2017, 965) für den im Jahr 2016 von der [X.] in Zusammenarbeit mit der [X.] angebotenen Fernkurs „Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung“ entschieden, dass dieser nicht mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer [X.]. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] aF vergleichbar war. Zum damaligen [X.]punkt sah jedoch die maßgebliche Modul- und Leistungsübersicht für den auf die Dauer von neun Monaten angelegten Fernlehrgang lediglich ein Arbeitspensum („workload“) von 1.080 Stunden (36 E[X.]TS-Punkte) vor und es fehlte an besonderen Zugangsvoraussetzungen für die Fortbildungsmaßnahme.
Nach den im vorliegenden Verfahren getroffenen Feststellungen wurde die Ausgestaltung des Fernlehrgangs zwischenzeitlich in diesen beiden Punkten maßgeblich geändert. Nach § 1 Abs. 1 der Zulassungs- und Prüfungsordnung setzt die Zulassung zu dem Fernlehrgang nunmehr eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten einschlägigen Beruf mit mindestens dreijähriger Berufspraxis oder die allgemeine (Fach-)Hochschulreife voraus. Zudem ist gemäß § 1 Abs. 2 der Zulassungs- und Prüfungsordnung eine von der [X.] Fernkurse in Kooperation mit der [X.] erteilte Zulassungsentscheidung erforderlich. Auch der zeitliche Umfang der Ausbildung wurde erweitert und umfasst nun einen zeitlichen Aufwand von 2.880 Stunden (96 E[X.]TS-Punkte) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern. Zwar bleibt der zeitliche Umfang der Ausbildung damit immer noch hinter dem eines [X.] zurück, der sich in der Regel auf mindestens 180 E[X.]TS-Punkte bei sechs Studiensemestern erstreckt. Der [X.] hat jedoch für die vergleichbare Fortbildung zum „Zertifizierten Betreuer - [X.]urator de jure“ an der [X.] die tatrichterliche Würdigung gebilligt, wonach mit 90 E[X.]TS-Punkten (2.700 Stunden) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern diese zeitliche Abweichung nicht so gewichtig ist, wenn die Ausbildung zusätzlich noch andere Kriterien erfüllt, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend sind ([X.]sbeschluss vom 12. April 2017 - [X.] 86/16 - NJW-RR 2017, 900 Rn. 15). Dabei war insbesondere von Bedeutung, dass durch die Ausbildung zum „Zertifizierten Betreuer - [X.]urator de jure“ ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Ausbildungsinhalte vermittelt wurden und dadurch der gegenüber einem Bachelor-Studium in einem von der Rechtsprechung als vergütungserhöhend anerkannten Studiengang geringere zeitliche Aufwand ausgeglichen wird.
Da auch im vorliegenden Fall der von der Betreuerin absolvierte Fernlehrgang ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Kenntnisse vermittelt hat und das [X.] zudem weitere Kriterien festgestellt hat, die nach der Rechtsprechung des [X.]s für die Vergleichbarkeit sprechen, ist gegen die angegriffene Entscheidung aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Die von der Rechtsbeschwerde hiergegen erhobenen Einwände greifen ebenfalls nicht durch.
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose |
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[X.] |
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Schilling |
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Günter |
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Guhling |
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Meta
09.02.2022
Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Kassel, 21. Juli 2021, Az: 3 T 592/20, Beschluss
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.02.2022, Az. XII ZB 378/21 (REWIS RS 2022, 1387)
Papierfundstellen: MDR 2022, 463-464 REWIS RS 2022, 1387
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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