Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.07.2010, Az. II ZR 250/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4964

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Gegenstand

Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds: Anwendbarkeit der EWG-Richtlinie betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen; Haftung des widerrufenden Verbrauchers


Tenor

Die Beschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf.

Die Fragen, deretwegen die Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung begehrt, sind entweder nicht mehr entscheidungserheblich oder bereits geklärt.

1. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist nur gerechtfertigt, wenn die Entscheidung des Streitfalls gerade zu einer Klärung dieser Frage führt ([X.]/ [X.], 3. Aufl. § 543 Rn. 26). Daran fehlt es in Bezug auf die Fragen, die der [X.] im Zusammenhang mit der Wirksamkeit des Widerrufs für zulassungsrelevant hält. Es kann dahingestellt bleiben, ob der [X.] seine Beteiligung an der Insolvenzschuldnerin wirksam widerrufen hat. Selbst wenn er den Widerruf fristgerecht erklärt hätte, weil die Widerrufsbelehrung - wie der [X.] meint und für grundsätzlich klärungsbedürftig hält - falsch war, bliebe der [X.] nach den Grundsätzen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zur Zahlung der restlichen [X.] verpflichtet (§ 171 Abs. 1, 2 HGB).

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat auf die Vorlagefragen des erkennenden Senats ausgeführt, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den [X.] im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zwar auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck des Beitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer OHG bzw. KG errichtet ist (acte claire). Der Gerichtshof stellt auf die Erklärung des Beitritts zum Zweck der Kapitalanlage ab; nach seiner Auffassung kommt es für die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie in erster Linie auf die Umstände des Vertragsschlusses und nicht auf die Rechtsform der [X.] an.

Die Richtlinie schließt es nach Ansicht des Gerichtshofs in diesen Fällen aber keineswegs aus, dass der Verbraucher gegebenenfalls gewisse Folgen tragen muss, die sich aus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben (Urteil vom 15. April 2010 - [X.]/08, [X.], 772 [X.]. 45). Wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, darf das nationale Recht bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten herstellen (aaO [X.]. 48). Es ist insbesondere zulässig, dem widerrufenden Verbraucher und nicht den Drittgläubigern die finanziellen Folgen des Widerrufs des Beitritts aufzuerlegen, zumal diese an dem Vertrag, der widerrufen wird, nicht beteiligt waren (aaO [X.]. 49).

Für die Rechtsfolgen eines etwaigen Widerrufs bleibt es bei den Grundsätzen für die fehlerhafte Gesellschaft. Die Beteiligung wird nur ex nunc rückabgewickelt. Damit schließt Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie auch nicht aus, die widerrufenden Verbraucher auf ihre [X.] gem. § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch zu nehmen.

2. [X.] erfordert auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und ist richtig entschieden.

3. Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.

Der [X.] trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 ZPO).

Streitwert: 20.451,68 €

Goette                Strohn                Caliebe

         Reichart                       [X.]

Meta

II ZR 250/09

12.07.2010

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Bamberg, 12. Oktober 2009, Az: 4 U 50/09, Urteil

Art 1 Abs 1 S 1 EWGRL 577/85, Art 5 Abs 2 EWGRL 577/85, Art 7 EWGRL 577/85, § 171 Abs 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.07.2010, Az. II ZR 250/09 (REWIS RS 2010, 4964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4964

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Referenzen
Wird zitiert von

IV ZR 76/11

IV ZR 76/11

II ZR 250/09

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