Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.07.2012, Az. 7 ABR 21/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 4538

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Anfechtung einer Betriebsratswahl - Zeitpunkt der Prüfpflicht - Auswirkung eines Verstoßes auf Wahlergebnis


Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 14. Januar 2011 - 9 [X.] - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. [X.]ie [X.]eteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte [X.]ahl des zu 4. beteiligten [X.]etriebsrats an.

2

Zur [X.]urchführung dieser [X.]ahl bestellte der [X.]etriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, [X.] und [X.] in den [X.]ahlvorstand. Vorsitzender des [X.] wurde [X.] [X.]er [X.]ahlvorstand erließ ein [X.]ahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der [X.]ahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des [X.]etriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im [X.]ahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer [X.]ahlvorschlag mindestens fünf [X.] voraussetze.

3

An der [X.]ahl wollte sich [X.]. die Vorschlagsliste „[X.]“ beteiligen. [X.] war der [X.]eteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, [X.] und [X.] als [X.]ahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich [X.] zugunsten dieser Liste. [X.]anach sammelten [X.]. die [X.]eteiligten zu 1. und 3. weitere [X.]. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, [X.] und [X.] als [X.]ahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der [X.]eteiligte zu 1. die Liste „[X.]“ gegen 14:10 Uhr beim [X.]ahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des [X.] anwesend. [X.]as Mitglied des [X.] Frau [X.] las den [X.]ahlvorschlag und hielt dem [X.]eteiligten zu 1. vor, der [X.]andidat [X.] müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die [X.]mitglieder [X.] und [X.] eine eigene Liste ein, die Liste „[X.]“. [X.]ie Arbeitnehmer [X.]e, Mo, [X.], [X.] leisteten für beide Listen [X.]. [X.]er [X.]vorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

[X.]er [X.]eteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „[X.]“ noch im [X.]üro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. [X.]as dauerte mindestens 15 Minuten. [X.]ährend dieser Zeit suchte das Mitglied des [X.] Herr [X.] den [X.]eteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der [X.]vorsitzende wolle ihn sprechen.

7

[X.]ei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der [X.]ahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „[X.]“ enthalte einen heilbaren Mangel. [X.]ieser wurde mit „gem. § 14 [X.]VG Änderung der [X.]ahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. [X.]ies wurde dem [X.]eteiligten zu 1. als [X.] der Liste „[X.]“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur [X.]ehebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den [X.]ahlvorstand am gleichen [X.]ag ein Schreiben der Arbeitnehmerin [X.]. [X.]arin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „[X.]“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs [X.]andidaten aufgeführt waren.

8

[X.]araufhin beraumte der [X.]ahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache [X.]. mit dem [X.]eteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „[X.]“ sei unheilbar ungültig. [X.]ies teilte er dem [X.]eteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. [X.]em widersprach der [X.]eteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die [X.]. acht statt neun [X.]andidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen [X.]ag lehnte der [X.]ahlvorstand auch diese Liste ab.

9

[X.]ie [X.]etriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den [X.]andidaten der einzig zugelassenen „[X.]“ durchgeführt und das [X.]ahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die [X.]etriebsratswahl angefochten.

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der [X.]ahlordnung zum [X.]etriebsverfassungsgesetz (künftig: [X.]) vor. [X.]er [X.]ahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. [X.]ie zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun [X.]andidaten bezogen. [X.]amit habe die erforderliche Anzahl von [X.] vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 [X.] vor. [X.]er [X.]ahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der [X.]eteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. [X.]er Vorsitzende des [X.] habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der [X.]andidat [X.] nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. [X.]ies sei dem [X.]ahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der [X.]ahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der [X.]eteiligte zu 1. als [X.] noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf [X.] zu sammeln.

Schließlich habe der [X.]ahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 [X.] verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer [X.] angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte [X.] geleistet hätten.

[X.]ie Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die [X.]etriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

[X.]er [X.]etriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 [X.]G[X.] verloren gegangen, weil der [X.]eteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden [X.] beigetragen habe.

Zu Recht seien weder die Liste „[X.]“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. [X.]ie Liste „[X.]“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

[X.]er [X.]ahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 [X.] nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine [X.]edenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des [X.] Frau [X.] habe der [X.]eteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn [X.] bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive [X.]enntnisse darüber, dass nach Anmeldung von [X.] weitere [X.]andidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die [X.]mitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von [X.] ein solches [X.]ssen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von [X.]etriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem [X.]ahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das [X.]ahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere [X.] einzusammeln. [X.]ies folge auch daraus, dass der [X.]eteiligte zu 1., nachdem das [X.]mitglied [X.] ihm mitgeteilt habe, der [X.]vorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit [X.] beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu [X.] gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. [X.]ie übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „[X.]“ [X.] geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor [X.] geleistet hätten, alle im Lager [X.] tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager [X.] habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

[X.]as Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im [X.]eschwerdeverfahren haben [X.]etriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. [X.]as [X.] hat die [X.]eschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der [X.]etriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. [X.]ie [X.]eteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

[X.]. [X.]ie Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das [X.] die [X.]eschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. [X.]ie [X.]ahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 [X.]etrVG).

I. [X.]ie drei Antragsteller sind im [X.]etrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die [X.]etriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 [X.]etrVG). [X.]em [X.]eteiligten zu 1. als [X.] oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des [X.] sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit [X.] versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der [X.]eteiligte zu 1. zudem als [X.] die Liste eingereicht hat.

1. [X.]a das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden ([X.]/[X.] 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; Mü[X.]o[X.]G[X.]/[X.]/[X.] 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). [X.]as Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. [X.]/[X.]/[X.] ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. [X.]ie Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „[X.]“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des [X.]eteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen [X.], die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. [X.]AG 3. Juni 1969 - 1 A[X.]R 3/69 - zu II der Gründe, [X.]AGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von [X.]reu und Glauben dem [X.]urchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der [X.]egründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des [X.] nach § 246 AktG durch einen Aktionär: [X.]GH 15. Juni 1992 - II [X.] - zu I 2 b der Gründe, NJ[X.]-RR 1992, 1338).

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei [X.]ochen nach der [X.]ekanntmachung des [X.]ahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 [X.]etrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 [X.]G[X.]).

III. Zu Recht hat das [X.] - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im [X.]etrieb der Arbeitgeberin durchgeführte [X.]etriebsratswahl anfechtbar ist. [X.] ist das [X.] bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 [X.] niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter [X.]ahlvorschläge vorliegt. [X.]ie [X.]etriebsratswahl ist anfechtbar, da es der [X.]ahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „[X.]“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem [X.] schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. [X.]arin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das [X.]ahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das [X.]ahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 [X.]etrVG).

1. [X.]er [X.]ahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „[X.]“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen [X.]ag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] hat der [X.]ahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser [X.]estimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.]). [X.]ie im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist ([X.]AG 21. Jan[X.]r 2009 - 7 A[X.]R 65/07 - Rn. 25, AP [X.]etrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA [X.]etrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 A[X.]R 39/04 - zu [X.] II 2 a der Gründe, [X.]AGE 115, 34). Ob der [X.]ahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter [X.]ürdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter [X.]erücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. [X.]ie Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der [X.]ahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des [X.]s über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen ([X.]AG 20. Jan[X.]r 2010 - 7 A[X.]R 39/08 - Rn. 22, [X.]AGE 133, 114; 21. Jan[X.]r 2009 - 7 A[X.]R 65/07 - Rn. 25, aaO). [X.]ementsprechend hat der [X.]ahlvorstand am letzten [X.]ag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende [X.]ahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des [X.]ahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den [X.]ahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können ([X.]AG 21. Jan[X.]r 2009 - 7 A[X.]R 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 A[X.]R 39/04 - zu [X.] II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines [X.]ahlvorschlags in Frage zu stellen und die der [X.]ahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der [X.]ahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. [X.]AG 21. Jan[X.]r 2009 - 7 A[X.]R 65/07 - Rn. 27, aaO).

b) [X.]ieser Prüfpflicht ist der [X.]ahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von [X.]ahlvorschlägen und damit auch der vom [X.]mitglied Frau [X.] aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein [X.]andidat nach der Einholung von [X.] auf die Liste „[X.]“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. [X.]ie vom [X.]etriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des [X.] war nicht ausreichend. [X.]er Umstand, dass der [X.]ahlvorstand die Prüfung der [X.]ahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der [X.]ahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorgeschriebene Prüfung erachtete.

2. § 7 Abs. 2 [X.] ist eine iSv. § 19 Abs. 1 [X.]etrVG „wesentliche Vorschrift über das [X.]ahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. [X.]as ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von [X.]ahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

3. [X.]ie Anfechtbarkeit der [X.]ahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das [X.]ahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. [X.]as hat das [X.] in [X.] nicht zu beanstandender [X.]eise im Ergebnis zu Recht angenommen.

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. [X.]etrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche [X.]ahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der [X.]ahl, wenn er das [X.]ahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. [X.]afür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen [X.]etrachtungsweise eine [X.]ahl ohne den Verstoß gegen wesentliche [X.]ahlvorschriften unter [X.]erücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben [X.]ahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte [X.]etriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der [X.]ahlvorschriften kein anderes [X.]ahlergebnis erzielt worden wäre. [X.]ann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der [X.]ahl (st. Rspr., [X.]AG 15. [X.]ezember 2011 - 7 A[X.]R 56/10 - Rn. 41, [X.] 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 [X.]rittelbG; 21. Jan[X.]r 2009 - 7 A[X.]R 65/07 - Rn. 29, AP [X.]etrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA [X.]etrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 A[X.]R 39/04 - zu [X.] II 2 d aa der Gründe, [X.]AGE 115, 34).

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem [X.] nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des [X.]ahlvorschlags „[X.]“ durch den [X.]ahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer [X.]ahlvorschlag eingereicht worden wäre.

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem [X.]ahlvorstand das [X.]ssen des [X.]vorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der [X.]andidatenliste „[X.]“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der [X.]vorsitzende dieses [X.]ssen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen [X.]iskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom [X.]ahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „[X.]“ aufgefallen und der [X.]ahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der [X.]ahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorsieht, dem [X.]eteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „[X.]“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

bb) [X.]ie Annahme des [X.]s, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des [X.] und den [X.]n möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei [X.] zu leisten und die weiteren drei notwendigen [X.] noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist [X.] nicht zu beanstanden. [X.]as gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

4. [X.]er [X.]erücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von [X.]reu und Glauben (§ 242 [X.]G[X.]) nicht entgegen.

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem [X.]eteiligten zu 1. als [X.] der Liste „[X.]I[X.]EX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom [X.]eteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

aa) [X.]abei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines [X.]ahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von [X.]reu und Glauben überhaupt der [X.]erücksichtigung von [X.] entgegenstehen können. [X.]agegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von [X.]ahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner [X.]ahlberechtigter oder Personen, die einen [X.]ahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen [X.]llensbildungsprozess im [X.]etrieb.

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden [X.]onstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. [X.]ie Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das [X.]ahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. [X.]ie Prüfpflicht des [X.] besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die [X.]ahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des [X.], wann er die Prüfung des [X.]ahlvorschlags „[X.]“ vornahm. [X.]a es wegen der Äußerungen des [X.]mitglieds [X.] Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von [X.]andidaten nach der Leistung von [X.] nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem [X.] zuzurechnen, dass der [X.]ahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der [X.] vorträgt, dem [X.]eteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines [X.]ahlbewerbers und den damit verbundenen [X.]ündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 [X.]SchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. [X.]ieser kann in der [X.] nach dem auch im [X.]eschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

5. [X.] hat das [X.] offengelassen, ob ein Verstoß gegen [X.]ahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 [X.]etrVG zur Anfechtung der [X.]ahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der [X.]ahlvorstand die Liste „[X.]“ zurückgewiesen hat.

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der [X.]ahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein [X.]ahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. [X.]rd er, nachdem bereits [X.] angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des [X.]ahlvorschlags, wenn nachträglich [X.]andidaten gestrichen werden ([X.]AG 15. [X.]ezember 1972 - 1 A[X.]R 8/72 - zu II [X.] 1 der Gründe, [X.]AGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein [X.]andidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten [X.] das Quorum nicht erfüllen (vgl. [X.]AG 21. Jan[X.]r 2009 - 7 A[X.]R 65/07 - Rn. 23, AP [X.]etrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA [X.]etrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in [X.]etracht kommt - nach der Anbringung von [X.] weitere [X.]andidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere [X.] gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 [X.]etrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der [X.]andidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. [X.]enn die Einreichung von [X.]ahlvorschlägen ist [X.]eil des innerbetrieblichen [X.]llensbildungsprozesses. [X.]a nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer [X.]llensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

b) [X.]arauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom [X.]ahlvorstand später angenommene [X.]ahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die [X.]ahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. [X.]äre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der [X.]ahl jedenfalls daraus, dass - wie die [X.] auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das [X.]ahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    [X.]el    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    [X.]usch    

        

    [X.]llms    

                 

Meta

7 ABR 21/11

18.07.2012

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 28. Juli 2010, Az: 4 BV 80/10, Urteil

§ 7 Abs 2 S 2 BetrVGDV1WO, § 19 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.07.2012, Az. 7 ABR 21/11 (REWIS RS 2012, 4538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4538


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 7 ABR 21/11

Bundesarbeitsgericht, 7 ABR 21/11, 18.07.2012.


Az. 4 BV 80/10

Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 BV 80/10, 28.07.2010.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 ABR 11/16 (Bundesarbeitsgericht)

Anfechtung einer Betriebsratswahl - Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen - Nachträgliche Ergänzung der Vorschlagsliste - …


7 ABR 4/15 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsratswahl - Gewerkschaftsliste - Kennwort


9 TaBV 65/10 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


12 BV 380/18 (Arbeitsgericht Köln)


9 TaBV 74/15 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

7 BV 98/22

6 TaBV 64/14

12 BV 380/18

10 TaBV 71/18

12 TaBV 60/15

13 Ta 70/16

1 TaBV 23/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.