Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.03.2015, Az. 29 W (pat) 511/13

29. Senat | REWIS RS 2015, 14236

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "SCHLOSS SHOP HEIDELBERG (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 045 099.4

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 11. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richterinnen [X.] und Akintche

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 17. August 2011 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Waren der

3

Klasse 08: Messerschmiedewaren;

4

Klasse 14: Schmuckwaren, Schmuckkästen; Uhren; Medaillen; Krawattennadeln;

5

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse (Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Postkarten, Glückwunschkarten, Kunstdrucke, Poster), Buchbinderartikel, Photographien, Bilder, Schreibwaren, Briefbeschwerer, Verpackungsmaterial aus Papier und Kunststoff;

6

Klasse 18: Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke; Taschen, Einkaufstaschen, Sporttaschen; Koffer, Rucksäcke; Etuis;

7

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (soweit in Klasse 21 enthalten); Kämme und Schwämme, rohes und teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von [X.]); Glaswaren, Kristallwaren, Porzellan und Steingut; Leuchter; voranstehende Waren soweit in Klasse 21 enthalten;

8

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

9

Klasse 28: [X.], Spielzeug; Spielkarten (soweit in Klasse 28 enthalten);

Klasse 30: Backwaren, Konditorwaren; Speiseeis; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke);

Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);

angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2012 hat die Markenstelle für Klasse 16 des [X.] die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Zeichen setze sich aus den glatt beschreibenden [X.] [X.] [X.] und dem die beschreibende Aussage unterstützenden Schattenriss des [X.] zusammen. Das angesprochene Publikum sehe in dem Anmeldezeichen keinen individuellen Herkunftshinweis auf einen ganz bestimmten Anbieter, sondern nur einen Sachhinweis auf irgendeinen Souvenirladen im Umfeld des [X.]. Zwischen dem Zeichen und den beanspruchten Waren bestehe auch ein enger beschreibender Bezug, weil alle Produkte zum typischen Sortiment eines modernen Andenkenladens gehörten. Der Umstand, dass für die [X.] früher bereits ein identisches Zeichen eingetragen worden war, verhelfe der Anmeldung nicht zum Erfolg. Denn eine Bindungswirkung selbst identischer Voreintragungen bestehe nicht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder, mit der sie sinngemäß beantragen,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des [X.] vom 7. Dezember 2012 aufzuheben.

Die Beschwerdeführer nehmen Bezug auf ihre Ausführungen im Amtsverfahren. Bereits seit Jahrzehnten betrieben die Anmelder den [X.] im [X.]. Bei dem Bildbestandteil des [X.] handle es sich um eine entfremdete, abstrakte Darstellung des [X.], die bereits für sich gesehen Unterscheidungskraft aufweise. Da die Grafik von den [X.] entwickelt worden sei, könne ein Dritter kaum ein Freihaltungsbedürfnis für sich, d. h. für den Wettbewerb, beanspruchen. Diese Rechtsauffassung wäre bereits vor vielen Jahren vom [X.] bestätigt worden, nämlich in Bezug auf die mittlerweile aufgegebene Marke 397 21 830 der hiesigen [X.]. Diese bereits 1997 angemeldete und 2007 gelöschte Marke sei lediglich wegen eines Versehens aufgegeben worden, nämlich in Unkenntnis der Konsequenz einer Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr.

Den hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 ([X.]. 18 d. A.) wieder zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung des angemeldeten [X.] als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht hinsichtlich der beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintragung versagt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 228 Rn. 33 - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 731 Rn. 11 - [X.]; [X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 825 Rn. 13 - [X.]; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. O. - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 233 Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229 Rn. 27 - BioID; [X.], 949 Rn. 10 - My World; GRUR, 2008, 710 Rn. 12 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Rn. 8 – [X.]; [X.], 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; a. a. O. - My World). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 - [X.]; [X.], 1151 - marktfrisch; [X.] 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Besteht eine Marke - wie im vorliegenden Fall - aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen ([X.], 1204 Rn. 9 - [X.]; [X.], 943 Rn. 28 - [X.]). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt ([X.], 872 Rn. 13 - Gute Laune Drops).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.], 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; GRUR a. a. O., Rn. 24 - SAT.2; [X.], 449 Rn. 11 - [X.]).

SHOP [X.]“ erschöpfen sich in einem sachlichen Hinweis auf einen Souvenirladen im Umfeld und mit Bezug zum [X.].

SHOP [X.]“ unmittelbar auch ein Hinweis auf das „[X.]“ zu entnehmen, weil nur das dazwischenstehende Wort SHOP in Fettdruck gehalten ist, sich dadurch etwas absetzt und die beiden anderen Wörter als zusammengehörig erscheinen lässt.

Das Publikum wird der Wortfolge daher lediglich einen branchenüblichen, beschreibenden Hinweis auf eine Vertriebsstätte und deren Ausrichtung sowie die geografische Lage entnehmen.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass Bezeichnungen allgemeiner Betriebs- oder Vertriebsstätten in der Regel nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zur unmittelbaren Beschreibung von dort hergestellten oder vertriebenen Waren geeignet sind (vgl. dazu [X.], 988, 989 - HOUSE OF [X.]), stellen sie gleichwohl für diese Waren in der Regel keine unterscheidungskräftigen Angaben im Sinne konkreter betrieblicher Herkunftshinweise dar. Denn die Unterscheidungskraft ist nicht nur solchen Angaben abzusprechen, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren einen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen; vielmehr kann diese auch aus anderen Gründen fehlen. So mangelt es vor allem auch solchen Angaben an einer (hinreichenden) Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, die zwar die Ware selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 543 Rn. 44 – [X.]; BGH [X.], 1044, Rn. 15 - [X.]). Ein solcher enger beschreibender Bezug zwischen der Angabe einer Verkaufs- bzw. Angebotsstätte und bestimmten Waren ist jedenfalls dann gegeben, wenn es sich um die ohne weiteres verständliche Bezeichnung einer üblichen Verkaufsstätte handelt und die konkret beanspruchten Waren dort auch üblicherweise vertrieben werden (vgl. hierzu

So verhält es sich auch hier. Die hier beanspruchten Waren gehören zum üblichen Sortiment eines Souvenirladens. Diese werden typischerweise als Reiseandenken und zur Deckung des Bedarfs der Touristen an Speisen, Getränken und sonstigen Artikeln in oder im Umfeld einer Sehenswürdigkeit – wie hier der [X.] – vertrieben. In Bezug zu den Waren wird der Verkehr daher den [X.] nur einen schlagwortartigen Hinweis darauf entnehmen, dass diese in irgendeinem Andenkenladen im Umfeld des [X.] zu erwerben sind.

Die Wortbestandteile weisen mithin einen beschreibenden Begriffsinhalt auf; dieser Begriffsinhalt erschließt sich den angesprochenen Verkehrskreisen sofort und ohne besonderen analytischen Aufwand. Dagegen bringt die Beschwerde im Übrigen auch nichts vor.

b) Auch durch die grafische Ausgestaltung erhält das angemeldete Zeichen nicht die Funktion eines Unterscheidungsmittels. Bereits die Markenstelle hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Schattenriss des [X.] lediglich die beschreibende Aussage der Wortkombination unterstützt.

Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke, unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht ([X.], [X.], 229, Rn. 73, 74 - BioID/[X.] [BioID]; BGH [X.], 640 f. - hey!; [X.], 1153 - anti Kalk). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können (vgl. [X.], 573, Rn. 32 - [X.]; [X.], 376, Rn. 18 - [X.]). Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen ([X.] 1153, 1154 - anti Kalk). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.

SHOP [X.]“ hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck zu bewirken.

3. Der Umstand, dass für die [X.] beim [X.] das angemeldete Zeichen bereits für einen großen Teil der Waren im Markenregister eingetragen war (mit Anmeldetag 15.05.1997), führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn zum einen ist für die Beurteilung, ob der Eintragung Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegenstehen, das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke - mithin hier August 2011 - zugrunde zu legen. Zum anderen ist die Beurteilung der Eintragungsfähigkeit unabhängig von der Person des Anmelders/Inhabers vorzunehmen; selbst wenn für einen Anmelder daher bereits ein identisches Zeichen für dieselben Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, sind aus diesem Grunde keine noch geringeren Anforderungen an das Vorliegen der Unterscheidungskraft zu stellen als sonst (vgl. [X.], 411 Rn. 14 - [X.]).

Meta

29 W (pat) 511/13

11.03.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.03.2015, Az. 29 W (pat) 511/13 (REWIS RS 2015, 14236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14236

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Wird zitiert von

28 W (pat) 507/20

29 W (pat) 24/20

29 W (pat) 584/17

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