Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.05.2016, Az. 25 W (pat) 89/14

25. Senat | REWIS RS 2016, 11660

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "The Earl of Grey" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 031 741.6

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 10. Mai 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]

3

ist am 15. Mai 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für folgende Waren angemeldet worden:

4

Klasse 5:

5

Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert;

6

Klasse 30:

7

Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für [X.], auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von [X.]n und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen, überwiegend bestehend aus [X.] und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, [X.], Kaffee, [X.], [X.], [X.], Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kakaoextrakte für Nahrungs- und [X.]; [X.]; Schokoladenpulver (auch in Mischung mit Milchpulver), insbesondere als Trinkschokoladenpulver; Kaffee; [X.]; Zuckerwaren; Schokoladenwaren; Back- und Konditorwaren; Zucker; Kandiszucker;

8

Klasse 32:

9

Alkoholfreie Getränke; Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); [X.] und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke.

Mit Beschluss vom 11. April 2014 hat die Markenstelle für Klasse 30 des [X.] die unter der Nummer 30 2013 031 741.6 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

Zur Begründung führt die Markenstelle aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren nur als Sachhinweis auffassen würden. Die angemeldete Bezeichnung sei eine ohne weiteres erkennbare Variante des Begriffs „[X.]“, mit dem ein mit Bergamotte aromatisierter Tee bezeichnet werde. Die sprachregelgerechten, ergänzenden Zusätze „[X.]“ und „of“ führten lediglich zu einer Personalisierung im Sinne von „[X.]“. Eine Personalisierung mit konkret beschreibendem Warenbezug sei den Verkehrskreisen bekannt. Aus der Voreintragung vergleichbarer Marken könne kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden. Die Markenstelle habe bei ihrer Entscheidung kein Ermessen. Entscheidend sei allein, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines absoluten Schutzhindernisses gegeben seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Es treffe zu, dass „[X.]“ einen mit [X.] aromatisierten schwarzen Tee bezeichne, so dass für diesen Begriff ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die Bezeichnung sei dem Teeexperten ebenso bekannt wie dem Verbraucher. Es hätten sich aber im allgemeinen Sprachgebrauch keine Varianten entwickelt, die sich von dem Begriff „[X.]“ ableiten würden. So würde der Verbraucher nicht den Begriff „[X.]“ verwenden, um einen „[X.] Tee“ zu bestellen. Der Abwandlung eines beschreibenden Begriffs komme schon dann Unterscheidungskraft zu, wenn der Verkehr in dieser Abwandlung lediglich eine inhaltliche Bezugnahme sehe. Bei Fachbegriffen würden die Abwandlungen besonders auffallen. Der Begriff „[X.]“ sei eine spielerische Abwandlung bzw. Verfremdung mit einem lediglich thematischen Bezug, was die Bezeichnung unterscheidungskräftig mache. Zudem erkenne der Verbraucher die schriftbildlichen und klanglichen Unterschiede zwischen den Begriffen „[X.]“ und „[X.]“. Entsprechende Abwandlungen, die vom Verbraucher auch als solche erkannt würden, seien bereits für die Ware Tee als Marke eingetragen worden, wie beispielsweise: „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“, [X.] Green“ oder [X.]s Tea“. Im Übrigen würden in der Eintragungspraxis des [X.] auch Marken mit einem personalisierten beschreibenden Bezug eingetragen wie „[X.]“ für Kaffee oder „[X.]“ für Popcorn.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s vom 11. April 2014 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angemeldeten Wortfolge fehlt im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klassen 5, 30 und 32 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - [X.]; [X.], 850 Rn. 17 - [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850 Rn. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 -Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - [X.] a. a. O.). Hier wird der Verkehr in der angemeldeten Wortkombination lediglich einen beschreibenden Hinweis auf den Geschmack bzw. auf die Zutaten der beanspruchten Waren sehen.

Bei der angemeldeten Wortkombination handelt es sich um die Aneinanderreihung der ohne weiteres erkennbaren und verständlichen vier [X.] Wörter „[X.]“, [X.]“, „of“ und „[X.]“. Wie auch die Anmelderin einräumt, wird mit „[X.]“ seit dem 19. Jh. eine bestimmte Sorte Tee bezeichnet, die ein typisches Bergamotte-Aroma aufweist. Der Tee wurde nach dem 2. [X.] bzw. Earl of [X.] benannt, der als [X.] Premierminister ein Preismonopol auf Tee aufgehoben hatte. Die Teesorte findet breiten Absatz. Sie wird nicht nur von Fachhändlern, sondern auch von Discountern wie [X.] oder [X.] angeboten. Für den Verkehr ist die angemeldete Wortfolge mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit der Wörter zum [X.] Grundwortschatz bzw. angesichts der überaus bekannten Teesorte „[X.]“ und wegen der sprachlichen Nähe zur [X.] Satzbildung („[X.]“ – „Der Graf von [X.]/Grau“) ohne weiteres in seiner Bedeutung verständlich. Der Verkehr wird daher die angemeldete Wortfolge allein als einen Hinweis darauf verstehen, dass die so bezeichneten Waren Earl-[X.]-Tee oder Teebestandteile enthalten oder einen solchen Teegeschmack aufweisen.

Soweit die Markenanmelderin vorträgt, dass die angemeldete Wortfolge „[X.]“ in ihrer Gesamtheit mit allen Einzelelementen zur Bezeichnung dieser Teesorte nicht gebräuchlich sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zwar hat sich die Wortfolge bei der Recherche des [X.]s in Deutschland nur bei einer Konzernschwester der Anmelderin nachweisen lassen. Jedoch benutzen einzelne inländische Anbieter für verschiedene, wohl mit Bergamotte-Aroma versehene Teesorten, u. a. auch für „Rooibostee“, statt der Bezeichnung „[X.]“ auch die Abwandlung [X.] of [X.]“ (siehe hierzu die als Anlage 4 zum [X.] vom 14./15. Januar 2016, [X.], beigefügten Unterlagen). Zudem wird der Verkehr in beiden Wortfolgen einen bzw. denselben Namen erkennen. Die angemeldete Wortfolge weicht vom üblichen Sprachgebrauch für die Gattungsbezeichnung „[X.]“ nur durch den Artikel „the“ und die Präposition „of“ ab. Berücksichtigt man auch den abweichenden Sprachgebrauch [X.] of [X.]“ statt „[X.]“, beschränkt sich die Abweichung letztlich nur noch auf den Artikel „[X.]“. Unabhängig davon, ob dieser Artikel überhaupt kennzeichenrechtlich relevant ist, kann damit werbemäßig hervorgehoben werden, dass es sich um „Den“ [X.]. den „einzig Wahren“ oder den „besten“ „[X.]“-Tee handelt (vgl. dazu die aktuelle [X.] mit der Wortfolge „[X.]“). Sofern der Artikel „[X.]“ für den Verkehr nicht relevant sein sollte, würde die angemeldete Wortfolge für wesentliche Teile der beanspruchten Waren sogar als bloße „Gattungsbezeichnung“ angesehen werden müssen, so dass dann sogar das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu bejahen wäre.

Sämtliche mit der Markenanmeldung beanspruchte Waren sind solche, die Tee oder Teebestandteile enthalten oder Teegeschmack aufweisen können. Es werden insbesondere nicht nur Tee und Teemischgetränke angeboten, die ein „[X.]“-mäßiges Teearoma aufweisen, sondern auch „[X.] Kuchen“, „[X.] Brot“, „[X.] Bonbons“, „[X.] Schokolade“, „[X.] Kakao bzw. [X.] Kakao Mischgetränke“, „[X.] Marmelade“, „[X.] Sirup“, „[X.] Zucker“ und „[X.] Kandiszucker“. Der [X.] hat die Anmelderin mit Verfügungen vom 14./15. Januar 2016 und 16./17. März 2016 entsprechende Rechercheunterlagen übersandt (siehe dazu [X.] 50/66 und [X.] 75/127 d.A.).

Von den in der Anmeldung beanspruchten Waren werden derzeit allein Kaffee und [X.] nicht mit „[X.] Geschmack“ oder mit aufgebrühtem [X.] Tee als Zutat angeboten. Das aktuelle Angebot im Bereich von Kaffee und [X.] gibt aber im Hinblick auf die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens für die genannten Waren zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Speziell Kaffee wird verstärkt auch in aromatisierter Form angeboten. Die Auswahl an Geschmacksrichtungen ist mittlerweile vielfältig. So findet sich Kaffee mit dem Geschmack von Karamell, Vanille, Chili, [X.], Bananen, Erdbeeren, Spekulatius, Tiramisu und ähnlichem. Es wird insbesondere auch Kaffee mit Orangengeschmack angeboten, so dass eine Aromatisierung mit der Bitterorange (eine andere Bezeichnung für die Bergamotte) nicht fern liegt. Der Verkehr wird  daher bei einem mit „[X.]“ bezeichneten Kaffee – unabhängig vom tatsächlichen Geschmack des Kaffees – davon ausgehen, dass der Kaffee in der Art des [X.] Tees mit Bitterorangenöl aromatisiert ist. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für [X.] bzw. [X.]. Auch [X.] wird aromatisiert angeboten, wenn auch hinsichtlich der Geschmacksrichtungen derzeit nicht dieselbe Vielfalt aufgefunden werden kann wie bei Kaffee. Nachdem der Verkehr aber grundsätzlich auch an aromatisierten [X.] gewöhnt ist, gilt entsprechend der Beurteilung bei Kaffee, dass der Verkehr bei Wahrnehmung der Wortfolge „[X.]“ lediglich ein Produkt mit „[X.] Geschmack“ erwartet, mag diese Geschmacksrichtung auch (derzeit) ungewöhnlich erscheinen. Hinzu kommt, dass den aus Kaffee und [X.] zubereiteten Heißgetränken Sirup zugesetzt werden kann. Die Zugabe von Sirup wird insbesondere in Cafés und Kaffeehausketten angeboten. Sirupe werden auch in der Geschmacksrichtung „[X.]“ hergestellt, so dass bei einem entsprechenden Angebot im Kaffeehaus der Verkehr lediglich einen Kaffee mit „[X.] Geschmack“ erwarten wird. Der Verkehr wird daher auch bezüglich Kaffee und [X.] die angemeldete Wortfolge lediglich als einen Hinweis auf den Geschmack des Kaffees und nicht als Herkunftshinweis verstehen.

Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen von Wortfolgen für die Ware Tee bzw. von personifizierten Wortfolgen war nicht veranlasst, weil zum einen aus nicht mit Gründen versehenen Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können (vgl. dazu [X.] GRUR 2013, 522 Rn. 20 – [X.] schönste Seiten). Zum anderen darf nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden ([X.] GRUR 2014, 376 Rn. 19 - [X.]; [X.], 276 Rn. 18 - Institut der Nord[X.] Wirtschaft e.V.).

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

[X.]

Der [X.] hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da weder von der Anmelderin ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist (§ 69 Nr. 1 [X.]) noch der [X.] eine mündliche Verhandlung für sachdienlich erachtet hat (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

25 W (pat) 89/14

10.05.2016

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.05.2016, Az. 25 W (pat) 89/14 (REWIS RS 2016, 11660)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11660

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